Verordnung
über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik
und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands.
Vom 26. Mai 1952
Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat der Bonner
Regierung und den Regierungen der Westmächte Vorschläge über die Durchführung freier
gesamtdeutscher Wahlen und den baldmöglichsten Abschluß eines Friedensvertrages mit
Deutschland zugeleitet. Dabei ließ sich die Regierung der Deutschen Demokratischen
Republik von dem einmütigen Willen des Volkes leiten, der auf die Erhaltung des
Friedens und die Einheit Deutschlands gerichtet ist. Diese Vorschläge wurden von der
Bonner Adenauer-Regierung abgelehnt, die auf Weisung der amerikanischen, englischen und
französischen Besatzungsmächte sich anschickt, den Generalkriegsvertrag abzuschließen,
der gegen den Friedensvertrag und die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands
gerichtet ist.
In Befolgung ihrer Kriegspolitik haben die Bonner Regierung und die westlichen
Besatzungsmächte an der Demarkationslinie einen strengen Grenz- und Zolldienst
eingeführt, um sich von der Deutschen Demokratischen Republik abzugrenzen und dadurch die
Spaltung Deutschlands zu vertiefen.
Das Fehlen eines entsprechenden Schutzes der Demarkationslinie seitens der
Deutschen Demokratischen Republik wird von den Westmächten dazu ausgenutzt, um in
immer größerem Umfange Spione, Diversanten, Terroristen und Schmuggler
über die Demarkationslinie in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu
schleusen. Diese haben nach Ausführung ihrer verbrecherischen Aufgaben bislang leicht die
Möglichkeit, ungehindert über die Demarkationslinie nach Westdeutschland
zurückzukehren.
Auf diese Art versuchen die feindlichen Agenten die Erfolge des friedlichen
wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaus der Deutschen Demokratischen Republik zu
untergraben, die weitere Hebung des Wohlstandes der Bevölkerung der Deutschen
Demokratischen Republik zu erschweren und die demokratische Ordnung und Gesetzlichkeit,
die Stütze des deutschen Volkes im Kampf für Frieden, Einheit und friedlichen Aufbau, zu
erschüttern.
Durch diese Handlungen der amerikanischen, englischen und französischen
Besatzungsmächte und der Bonner Regierung sieht sich die Regierung der Deutschen
Demokratischen Republik gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die die Verteidigung der
Interessen der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik zum Ziele haben und
die ein Eindringen von feindlichen Agenten in das Gebiet der Deutschen
Demokratischen Republik unmöglich machen.
Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik verordnet:
§ 1
Das Ministerium für Staatssicherheit wird beauftragt,
unverzüglich strenge Maßnahmen zu treffen für die Verstärkung der Bewachung der
Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den
westlichen Besatzungszonen, um ein weiteres Eindringen von Diversanten, Spionen,
Terroristen und Schädlingen in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu
verhindern.
§ 2
Alle zur Durchführung dieser Maßnahmen getroffenen
Anordnungen, Bestimmungen und Anweisungen sind unter dem Gesichtspunkt zu
erlassen, daß sie bei einer Verständigung über die Durchführung gesamtdeutscher freier
Wahlen zur Herbeiführung der Einheit Deutschlands auf demokratischer und friedlicher
Grundlage sofort aufgehoben werden können.
§ 3
Diese Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.
Berlin, den 26. Mai 1952
Die Regierung
der Deutschen Demokratischen Republik
Der Ministerpräsident
Grotewohl
|