Ausführungsbestimmungen zu der Verordnung über die
Außenhandelskontrolle vom 20. Dezember 1919.
Vom 8. April 1920.
Auf Grund der Verordnung über die Außenhandelskontrolle vom 20. Dezember 1919
(Reichs-Gesetzbl. S. 2128) wird von der Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats
folgendes bestimmt:
§ 1
[1] Die Außenhandelsstellen werden als fachliche
Selbstverwaltungsorgane der verschiedenen Wirtschaftsgruppen mit räumlicher
Zuständigkeit für das ganze Reich gebildet. Im Rahmen der Außenhandelsstellen können
für fachliche Untergruppen Außenhandelsnebenstellen errichtet werden, auf welche die
für die Außenhandelsstellen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden.
[2] Ferner wird eine nichtfachliche "Außenhandelsstelle für den
Exporthandel" gebildet, welche über Ausfuhranträge besonders zugelassener Firmen
des Exporthandels auf Grund der von den fachlichen Außenhandelsstellen aufgestellten
Richtlinien entscheidet.
Der Reichswirtschaftsminister kann den Außenhandelsstellen Rechtsfähigkeit verleihen. Er
ist ermächtigt, die Außenhandelsstellen aufzulösen.
§ 2
Die Außenhandelsstellen unterstehen der Aufsicht und den
Weisungen des Reichskommissars, der über Beschwerden entscheidet und für die
einheitliche und den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Gesamtwirtschaft
entsprechende Handhabung der Außenhandelskontrolle zu sorgen hat. Die
Außenhandelsstellen werden von einem Reichsbevollmächtigten und der erforderlichen
Anzahl von Stellvertretern geleitet, welche nach Anhörung der beteiligten Kreise vom
Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung bestellt werden. Der
Reichsbevollmächtigte ist gesetzlicher Vertreter der Außenhandelsstelle.
§ 3
[1] Für jede Außenhandelsstelle und, soweit die Satzung (§
4) nichts anderes vorschreibt, für jede Außenhandelsnebenstelle wird
ein Außenhandelsausschuß gebildet, welcher sich aus Vertretern der Erzeugung, des
Handels und des Verbrauchs unter paritätischer Beteiligung von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern zusammensetzt. Soweit Unterausschüsse gebildet werden, sind diese
entsprechend zu besetzen, sofern sich nicht ein Teil der beteiligten Gruppen mit einer
geringeren Vertretung begnügt.
[2] Der Ausschuß hat die Aufgabe, Richtlinien für die Handhabung der
Außenhandelskontrolle aufzustellen, den Geschäftsgang zu überwachen und den
Reichskommissar in Fragen, welche die Außenhandelskontrolle betreffen, zu beraten.
§ 4
[1] Die Organisation und die Geschäftsführung der
Außenhandelsstellen wird im übrigen durch eine von dem Außenhandelsausschusse zu
beschließenden Satzung und durch eine in gleicher Weise zu erlassende Geschäftsordnung
geregelt. Satzung und Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Reichskommissars.
Die Satzung hat insbesondere darüber Bestimmung zu treffen, in welchen Zeiträumen
Sitzungen des Ausschusses stattzufinden haben. Regelmäßige Sitzungen des Ausschusses
sollen mindestens einmal im Vierteljahre stattfinden.
[2] Für die Zeit bis zur Errichtung einer Satzung erläßt der Reichskommissar die
erforderlichen Anordnungen über die Organisation und die Geschäftsordnung der
Außenhandelsstellen.
§ 5
[1] Der Reichskommissar erläßt die
erforderlichen allgemeinen Vorschriften und Weisungen über die Bedingungen, von denen die
Erteilung der Aus- und Einfuhrbewilligungen abhängig zu machen ist.
[2] Die Entrichtung besonderer Abgaben und Beiträge darf nur für wirtschaftliche
Zwecke und nur mit Genehmigung des Reichswirtschaftsministers zur Bedingung von Aus- und
Einfuhrbewilligungen gemacht werden.
[3] Die Bewilligung kann nur widerrufen werden: |
- von dem Reichskommissar, sofern dringende öffentliche Interessen gefährdet sind,
- von der Stelle, die sie erteilt hat, sofern sie auf Grund unrichtiger Angaben oder durch
unlautere Mittel erlangt sind.
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§ 6
Der Reichskommissar und die gemäß § 3 der Verordnung über die
Außenhandelskontrolle mit Befugnissen des Reichskommissars ausgestatteten Stellen sind
berechtigt, die dem Reichskanzler in der Verordnung über Auskunftspflicht vom 11. April
1918 (Reichs-Gesetzbl. S. 187) übertragenen Befugnisse auszuüben.
§ 7
[1] Zur Deckung der durch die Außenhandelskontrolle dem Reiche
erwachsenden Kosten werden für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen Gebühren in Höhe
von 50 Pfennig für je volle oder angefangene eintausend Mark erhoben. Die Wertbemessung
erfolgt nach § 9 Abs. 1. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt,
entsprechend dem Bedarfe die Gebühren zu erhöhen oder zu ermäßigen.
[2] Die Gebühren werden durch die Stelle erhoben, welche die Ausfuhrbewilligung
erteilt und von dieser an den Reichskommissar abgeführt. Soweit diese Stelle eigene
Gebühren erhebt, können durch Anordnung des Reichskommissars die im Abs. 1 vorgesehenen
Gebühren dadurch ersetzt werden, daß die Stelle monatlich von dem Gesamtwert der von ihr
erteilten Ausfuhrbewilligungen den nach Abs. 1 festgestellten Tausendsatz an den
Reichsminister abführt.
§ 8
[1] Die gemäß § 5 der Verordnung über die
Außenhandelskontrolle von den Außenhandelsstellen zu erhebenden Gebühren werden durch
eine von ihnen aufzustellenden Gebührenordnung festgesetzt. Die Gebührenordnung bedarf
der Genehmigung des Reichskommissars.
[2] Die Gebühren sollen nicht höher sein, als zur Bestreitung der durch die
Tätigkeit der Außenhandelsstellen erwachsenden Kosten notwendig ist.
[3] Sofern bei der Auflösung von Außenhandelsstellens Überschüsse vorhanden
sind, sind diese nach näherer Bestimmung des Reichswirtschaftsministers für allgemein
wirtschaftliche Zwecke zu verwenden.
§ 9
[1] Die Abgaben gemäß § 6 der Verordnung über die
Außenhandelskontrolle werden nach einem von dem Reichswirtschaftsminister und dem
Reichsminister der Finanzen aufzustellenden Tarife von den Werte erhoben, der dem
ausländischen Empfänger insgesamt berechnet wird. Liegt der Ausfuhr ein Kaufgeschäft
nicht zugrunde, so wird die Abgabe nach dem Ausfuhrwerte des ausgeführten Gegenstandes,
im Falle der Lohnveredelung von dem Werte der Gegenleistung berechnet.
[2] Hinsichtlich der Ausfuhr von Kohle (Steinkohle, Braunkohle, Koks und Briketts)
sowie von Salz, Kali und Holz bewendet es bei dem zur Zeit bestehenden Verfahren. Der
Reichswirtschaftsminister und der Reichsminister der Finanzen sind gehalten, auf Verlangen
des Reichsrats Änderungen in der Bemessung der Abgaben vorzunehmen.
§ 10
Wird die Wahre in ausländischer Währung berechnet, so ist vor
der Berechnung der Abgabe der Wert nach den vom Reichswirtschaftsminister
und dem Reichsminister der Finanzen festzusetzenden Umrechnungssätzen in deutsche
Währung umgerechnet.
§ 11
Die Abgabe wird von der Stelle, welche die Ausfuhrbewilligung
erteilt, bei Erteilung der Ausfuhrbewilligung berechnet. Die Abgabe ist von der
zollamtlichen Abfertigung der Ware an die vom Reichskommissar für Aus- und
Einfuhrbewilligung zu bezeichnenden Stelle zu entrichten. Die Ausfuhrbewilligung gilt als
unter der Bedingung rechtzeitiger Entrichtung der Abgabe erteilt.
§ 12
[1] Ist die Abgabe entrichtet, die Ausfuhr jedoch tatsächlich
nicht erfolgt, so wird die Abgabe auf Antrag gegen Rückgabe der Bewilligung
zurückerstattet. Eine Zinsvergütung findet nicht statt.
[2] In Fällen von Wiedereinfuhr oder Wiederausfuhr von Waren können der
Reichswirtschaftsminister und der Reichsminister der Finanzen über die Frage der Zahlung
der Abgabe besondere Anordnungen treffen; ferner könne sie für besonders gelagerte
Fälle Anordnungen über den Erlaß oder die Ermäßigung der Abgabe treffen.
§ 13
Die Beitreibung der Gebühren nach §§ 7 und 8 und der Abgaben nach § 9 erfolgt erforderlichenfalls
unter Anwendung der Reichsabgabenordnung.
§ 14
Die Vorschriften der §§ 10 bis 13
finden auf die gemäß § 5 Abs. 2 festgesetzten Abgaben entsprechende
Anwendung.
§ 15
Für das Verfahren hinsichtlich der im § 8 der Verordnung über
die Außenhandelskontrolle vorgesehenen Verfallerklärung finden die Vorschriften
entsprechende Anwendung, die gemäß § 3 der Verordnung über die Regelung der Einfuhr
vom 16. Januar 1917 (Reichs-Gesetzbl. S. 41) in der Fassung der Verordnung vom 22. März
1920 (Reichs-Gesetzbl. S. 334) für das Verfahren hinsichtlich der Verfallerklärung bei
Zuwiderhandlungen gegen die Einfuhrbewilligung festgesetzten Bedingungen gelten.
§ 16
[1] Zur Beratung der Reichsregierung in allen grundsätzlichen
Fragen der Außenhandelskontrolle dient für die Zeit bis zum Zusammentreten eines
Reichswirtschaftsrats der beim Reichswirtschaftsministerium bestehende Wirtschaftsrat, der
aus Vertretern der Industrie, der Landwirtschaft, des Handels, des Handwerkes und der
Verbraucher besteht unter paritätischer Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Der Reichswirtschaftsrat soll vor dem Erlasse weiterer Ausführungsbestimmungen
gutachtlich gehört werden. Auf Verlangen ist ihm über grundsätzliche Fragen der
Außenhandelskontrolle Auskunft zu erteilen und Gelegenheit zur gutachtlichen
Stellungnahme zu geben.
[2] Nach dem Zusammentreten eines Reichswirtschaftsrats wird dieser einen Ausschuß
zwecks Übernahme der Obliegenheiten des Wirtschaftsrats in Fragen der
Außenhandelskontrolle errichten.
§ 17
Diese Ausführungsbestimmungen treten mit dem Tage der
Verkündung, die §§ 7 bis 14 jedoch erst zu einem von
dem Reichswirtschaftsminister zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft.
§ 18
Die Vorschriften des § 1 Abs. 1 und 3 sowie der
§§ 2 bis 4, § 8 finden auf die Reichsstelle der
Textilwirtschaft, soweit ihr nach den Vorschriften der Verordnung vom 27. Juni 1918 über
wirtschaftliche Maßnahmen während der Übergangswirtschaft auf dem Textilgebiete
(Reichs-Gesetzbl. S. 671) in Verbindung mit der Verordnung vom 1. Februar 1919 über
wirtschaftliche Maßnahmen während der Übergangszeit auf dem Textilgebiete
(Reichs-Gesetzbl. S. 174) und der Bekanntmachung über Befugnisse der Reichsstelle für
Textilwirtschaft und der Reichswirtschaftsstellen auf dem Textilgebiete vom 1. Februar
1919 (Reichs-Gesetzbl. S. 175) die Regelung der Ein- und Ausfuhr obliegt, keine Anwendung.
Zu dem im § 5 Abs. 3 Nr. 1 vorgesehenen Widerruf ist die Reichsstelle
für Textilwirtschaft ermächtigt.
Berlin, den 8. April 1920.
Der Reichswirtschaftsminister
Schmidt
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