Gesetz, betreffend die vorläufige Regelung des Reichshaushalts
für das Rechnungsjahr 1922.
Vom 30. März 1922.
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit
Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird:
§ 1
[1] Bis zur gesetzlichen Feststellung des Reichshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1922 wird die Reichsregierung ermächtigt, über die in den Entwirf
des Reichshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1922 einschließlich der Ergänzung hierzu
eingestellten Summen insoweit zu verfügen, als nicht bei der Beratung des Entwurfs im
Haushaltsausschuß oder bei der zweiten Lesung des Reichstags, sofern diese bereits
stattgefunden hat, Änderungen vorgenommen sind. Im übrigen dürfen für die Monate April
und Mai alle Ausgaben geleistet werden, die zur Erhaltung gesetzlich bestehender
Einrichtungen und zur Durchführung gesetzlich beschlossener Maßnahmen erforderlich sind,
ferner die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Reichs erfüllt und endlich Bauten,
für die durch den Haushaltsplan eines Vorjahrs bereits Bewilligungen stattgefunden haben,
fortgesetzt werden.
[2] Die Reichsregierung wird ferner ermächtigt, im Haushaltsentwurfe für 1922
vorgesehene Grundstückserwerbungen, bei denen sich der Verkäufer nur bis zum 1. April
1922 gebunden hat, vorzunehmen, wenn andernfalls wirtschaftliche Nachteile für das Reich
zu befürchten wären.
§ 2
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Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt: |
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a) die Mittel zur Bestreitung der nach § 1
zulässigen ordentlichen Ausgaben, soweit die vorhandenen sonstigen Einnahmen nicht
ausreichen, durch Ausgabe von 6.000 Millionen Mark zu beschaffen; |
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b) zur Bestreitung einmaliger außerordentlicher Ausgaben
im Rahmen des § 1 die Summe von 30.000 Millionen Mark im Wege des
Kredits flüssig zu machen; |
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c) zur Befriedigung unabweisbarer, durch die
Nachwirkungen des Krieges hervorgerufener Bedürfnisse nötigenfalls Garantien zu
übernehmen; |
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d) bei Zahlungen für das Reich, die vor der gesetzlichen
oder vertraglichen Fälligkeit erfolgen, einen angemessenen Abzug zu gewähren. |
§ 3
Bis zu einer etwaigen Neuregelung der Bezüge der Reichsbeamten
und der Soldaten der Wehrmacht können Teuerungszuschläge nach Maßgabe dieser
Bestimmungen bewilligt werden.
§ 4
Bis zur gesetzlichen Feststellung des Reichshaushaltsplans für
das Rechnungsjahr 1922 bleiben die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen über den Abbau
der Verwaltung und die Verwendung entbehrlich gewordener Beamten in Kraft.
§ 5
Ist in den Einzelhaushalten eine planmäßige Stelle ohne nähere
Erläuterung als "künftig wegfallend" bezeichnet, so darf die nächste frei
werdende Stelle dieser Gattung nicht wieder besetzt werden.
§ 6
Reichsbeamte, welche ihren dienstlichen Wohnsitz in Danzig oder
Memel haben, erhalten statt des Ortszuschlags und des Teuerungszuschlags eine
Auslandszulage nach Maßgabe der vom Reichsminister der Finanzen aufzustellenden
Grundsätze.
§ 7
Für Zwecke, für die im Reichshaushaltsplane der Verwaltungen der
Reichseisenbahnen und der Reichswasserstraßen für 1922 Mittel vorgesehen sind, stellt
der Reichspräsident die Zulässigkeit der Enteignung fest. Die endgültige Entscheidung
über die Art der Durchführung und den Umfang der Enteignung, soweit sie nicht in einem
Verwaltungsstreitverfahren ergeht, sowie über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von
fremden Grundstücken zur Ausübung von Vorarbeiten trifft der Reichsverkehrsminister. Im
übrigen gelten die Landesenteignungsgesetze.
§ 8
Die zur Ausgabe gelangenden Schuldverschreibungen,
Schatzanweisungen und Reichswechsel sowie die etwa zugehörenden Zinsscheine können
sämtlich oder teilweise auf ausländische oder auch nach einem bestimmten
Wertverhältnisse gleichzeitig auf in- und ausländische Währungen sowie im Ausland
zahlbar gestellt werden.
Die Festsetzung des Wertverhältnisses sowie der näheren Bestimmungen für
Zahlungen im Ausland bleibt dem Reichsminister der Finanzen überlassen.
§ 9
Die Besoldungshaushalte für das Reichsbankdirektorium der
Reichsversicherungsanstalt für Angestellte für das Rechnungsjahr 1921 gelten bis zur
Feststellung des Reichshaushaltsplans auch für das Rechnungsjahr
1922.
Berlin, den 30. März 1922.
Der Reichspräsident
Ebert
Der Reichsminister des Innern
Dr. Köster
Der Reichsminister der Finanzen
Dr. Hermes
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