Gesetz über die vorübergehende Rechtspflegemaßnahmen im
Hinblick auf das Saargebiet.
Vom 10. März 1922.
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit
Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird:
§ 1
Die §§ 4 bis 7 des Strafgesetzbuchs finden auf die im Deutschen
Reiche innerhalb des Saargebiets begangenen Straftaten und die im Saargebiete vollzogenen
Strafen entsprechende Anwendung.
§ 2
(1) Der § 8 Abs. 2 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend,
wenn der Angeschuldigte seinen Wohnsitz nicht im Deutschen Reiche außerhalb des
Saargebiets hat.
(2) Der § 9 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend, wenn die Straftat im
Deutschen Reiche innerhalb des Saargebiets begangen ist und ein Gerichtsstand im
Gemäßheit des § 8 der Strafprozeßordnung außerhalb des Saargebiets nicht begründet
ist.
§ 3
(1) Die oberste Landesbehörde ist ermächtigt, zu bestimmen, daß
strafrechtlich verfolgte oder verurteilte Personen Behörden des Saargebiets übergeben
werden.
(2) Die Vollstreckung rechtskräftiger Strafurteile der Gerichte des Saargebiets
ist im Deutschen Reiche außerhalb des Saargebiets nur mit Zustimmung der obersten
Landesbehörde zulässig.
§ 4
Der § 10 des Gesetzes über beschränkte Auskunft aus dem
Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 (Reichsgesetzbl. S.
507) gilt bei der Verwertung von Auszügen aus Strafregistern des Saargebiets
entsprechend.
§ 5
(1) Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, auf dem
Gebiete der Rechtspflege weitere Anordnungen zu treffen, die sich im Hinblick auf das
Saargebiet als notwendig erweisen.
(2) Die Anordnungen bedürfen der Zustimmung des Reichsrats und sind im
Reichsgesetzblatt zu verkünden.
§ 6
(1) Das Gesetz tritt mit dem 20. Mai 1922 in Kraft.
(2) Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, das Gesetz ganz oder teilweise
außer Kraft zu setzen. Die Außerkraftsetzung kann auch vorübergehend erfolgen.
Berlin, den 10. März 1922.
Der Reichspräsident
Ebert
Der Reichsminister der Finanzen
Dr. Radbruch
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