Gesetz, betreffend die Stellvertretung des Reichskanzlers.
["Stellvertretungsgesetz"]
Vom 17. März 1878.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen
etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des
Reichstags, was folgt:
§. 1.
Die zur Gültigkeit der Anordnungen und Verfügungen des
Kaisers erforderliche Gegenzeichnung des Reichskanzler, sowie die sonstigen demselben
durch die Verfassung und die Gesetze des Reichs
übertragenen Obliegenheiten können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen[1] durch Stellvertreter wahrgenommen werden, welche der
Kaiser auf Antrag des Reichskanzler in Fällen der Behinderung desselben ernennt.[2]
§. 2.
Es kann ein Stellvertreter allgemein für den
gesammten Umfang der Geschäfte und Obliegenheiten des Reichskanzlers ernannt werden.[3] Auch können für diejenigen einzelnen Amtszweige, welche
sich in der eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reichs befinden, die Vorstände
der dem Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der
Stellvertretung desselben im ganzen Umfang oder in einzelnen Theilen ihres
Geschäftskreises beauftragt werden.[4]
§. 3.
Dem Reichskanzler ist vorbehalten, jede Amtshandlung auch während der Dauer
einer Stellvertretung selbst vorzunehmen.
§. 4.
Die Bestimmung des Artikel 15 der Reichsverfassung wird durch dieses Gesetz nicht berührt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 17. März 1878.[5]
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(L. S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck.
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