Verordnung
über den Waffengebrauch der Wehrmacht.
Vom 17. Januar 1936.
Auf Grund des § 37
Abs. 1 des Wehrgesetzes vom 21. Mai 1935
(Reichsgesetzbl. I S. 609) verordne ich unter Aufhebung der Vorschrift über den
Waffengebrauch des Militärs und seiner Mitwirkung zur Unterdrückung innerer Unruhen vom
19. März 1914 (nicht veröffentlicht):
§ 1
Waffengebrauch beim Einschreiten
der Wehrmacht im Innern
Schreitet die Wehrmacht zur Aufrechterhaltung
oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein, so steht den hieran
beteiligten Soldaten und Wehrmachtbeamten in Ausübung ihres Dienstes
der Waffengebrauch ohne weiteres zu: |
- um einen Angriff oder eine Bedrohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
abzuwehren oder um Widerstand zu brechen;
- um der Aufforderung, die Waffen abzulegen oder bei Menschenansammlungen
auseinanderzugehen, Gehorsam zu verschaffen;
- gegen Gefangene oder vorläufig Festgenommene, die einen Fluchtversuch unternehmen,
obwohl ihnen bei ihrer Übernahme oder Festnahme angedroht worden ist, daß bei
Fluchtversuch die Waffe gebraucht werde;
- um Personen anzuhalten, die sich der Befolgung rechtmäßiger Anordnungen trotz
lauten Haltsrufs durch die Flucht zu entziehen suchen;
- zum Schutz der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen. Auch in diesem
Fall hat dem Waffengebrauch, wenn die Lage es zuläßt, ein lauter Haltruf
voranzugehen.
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§ 2
Waffengebrauch in Ausübung
des militärischen Wach- und Sicherheitsdienstes
In demselben Umfang (§ 1) steht der
Waffengebrauch den Soldaten zu, die den militärischen Wach- oder Sicherheitsdienst
ausüben.
§ 3
Waffengebrauch zur Beseitigung
einer Störung der dienstlichen Tätigkeit
Die Wehrmacht ist ferner jederzeit zum Waffengebrauch berechtigt,
um eine Störung ihrer dienstlichen Tätigkeit zu beseitigen.
§ 4
Maß und Art des Waffengebrauchs
(1) Die Waffe darf nur insoweit gebraucht werden, als es für die
zu erreichenden Zwecke erforderlich ist.
(2) Die Schußwaffe ist nur zu verwenden, wenn die blanke Waffe nicht
ausreicht. Wird mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen
angegriffen oder Widerstand geleistet, so ist der Gebrauch der Schußwaffe ohne
weiteres zulässig. Der Schußwaffe stehen Sprengmittel (Handgranaten, Sprengmunition,
geballte Ladungen usw.) gleich.
(3) Ist der Gebrauch der Schußwaffe zum Zerstreuen von
Menschenansammlungen erforderlich, so hat eine Warnung vorherzugehen, deren Form der
jeweiligen Lage anzupassen ist.
§ 5
Notwehr und disziplinarischer Notstand
Außerdem gelten für jeden Wehrmachtangehörigen im Fall der
Notwehr oder des Notstands §§ 53 und 54 des Strafgesetzbuchs und für Vorgesetzte im
Fall des disziplinarischen Notstands §§ 124, 125 Abs. 2 des Militärstrafgesetzbuchs.
§ 6
Ausführungsbestimmungen
Zu Ausführungsbestimmungen ist der Reichskriegsminister ermächtigt.
§ 7
Inkrafttreten der Verordnung
Diese Verordnung tritt mit der Verkündung in Kraft.[1]
Berlin, den 17. Januar 1936.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichskriegsminister
und Oberbefehlshaber der Wehrmacht
von Blomberg
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