Verordnung zur Durchführung des Reichswahlgesetzes.

Vom 3. Februar 1933*.


  Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten über Änderung des Reichswahlgesetzes (Reichsgesetzbl. I S. 45) wird verordnet:

I. Stimmscheine für Auslandsdeutsche und Angehörige der Besatzungen von See- oder Binnenschiffen

§ 1

  Außer in den Fällen des § 9 der Verordnung über Reichswahlen und -abstimmungen (Reichsstimmordnung) vom 14. März 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 173) erhält einen Stimmschein auf Antrag ein Wähler, der nicht in eine Stimmliste oder Stimmkartei eingetragen oder darin gestrichen ist,

  1. wenn er Auslandsdeutscher ist und sich am Wahltag (Abstimmungstag) im Inland aufhält;
  2. wenn er zur Besatzung von See- oder Binnenschiffen gehört und für keinen festen Landwohnsitz polizeilich gemeldet ist.

§ 2

  Auslandsdeutsche im Sinne des § 1 Nr. 1 sind Reichsangehörige, die im Auslande ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Als Auslandsdeutsche gelten auch Reichsangehörige, die im Ausland als Beamte, Angestellte oder Arbeiter des Reichs, eines deutschen Landes oder der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft angestellt sind oder als Familienangehörige und Hausangestellte in ihrem Haushalt leben.

§ 3

  Stimmscheine für Auslandsdeutsche (§ 1 Nr. 1) stellt die für den Wohnort im Auslande zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung des Reichs oder die Gemeindebehörde des Aufenthaltsortes im Inland, für See- oder Binnenschiffer (§ 1 Nr. 2) die Gemeindebehörde des Aufenthaltsortes aus.

§ 4

  (1) Die Antragsteller haben sich über ihre Berechtigung, den Antrag zu stellen und den Stimmschein in Empfang zu nehmen, gehörig auszuweisen. Auslandsdeutsche weisen sich durch einen Reisepaß oder einem im kleinen Grenzverkehr eingeführten Ausweis aus. Beamte, Angestellte oder Arbeiter des Reichs, eines Landes oder der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft können sich durch die erwähnten Ausweispapiere oder einen Dienstausweis oder eine Bescheinigung der Beschäftigungsbehörde ausweisen. Seeleute weisen sich durch ihr Seefahrtsbuch aus; Binnenschiffer müssen ihren Beruf nachweisen.
  (2) Anträge auf Ausstellung von Stimmscheinen für Auslandsdeutsche sind auch in größeren Gemeinden noch am letzten Tage vor der Abstimmung (Wahl) innerhalb der an diesem Tage üblichen Dienststunden entgegenzunehmen und zu erledigen.
  (3) Die Tatsache der Erteilung des Stimmscheins ist auf dem vorgelegten Ausweis, in Reisepässen möglichst auf der letzten Seite, unter Bezeichnung der Wahl oder Abstimmung durch die den Stimmschein ausstellende Behörde zu vermerken. Der Vermerk wird mit Amtsstempel versehen.

§ 5

  (1) Über die ausgestellten Stimmscheine führt die ausstellende Behörde ein Verzeichnis.
  (2) Die diplomatische und konsularische Vertretung des Reichs, die Stimmscheine nach § 3 dieser Verordnung erteilt hat, zeigt die Zahl der ausgestellten Stimmscheine spätestens am Tage nach dem Wahltage (Abstimmungstage) dem Reichswahlleiter an.

II. Kreiswahlvorschläge

§ 6

  (1) Bei Kreiswahlvorschlägen von Wählergruppen (Parteien), die mindestens einen Abgeordneten in den letzten Reichstag entsandt hatten, genügt die Unterzeichnung durch mindestens zwanzig Wähler des Wahlkreises. Andere Kreiswahlvorschläge müssen von mindestens 60 000 Wählern des Wahlkreisverbandes unterzeichnet sein.
  (2) Werden Kreiswahlvorschläge mit Unterschriften von mindestens 60 000 Wählern eingereicht, so sind die Unterschriften gemeindeweise in Unterschriftsbogen in Größe 210 zu 297 mm (Din A 4) nach dem in der Anlage beigefügten Vordruck abzugeben. In städtischen Gemeinden sind die Unterschriftsbogen nach dem in der Gemeinde eingeführten System der Stimmkartei (Stimmliste) nach Stadtbezirken, Straßen und Hausnummern oder in der sonst in der Gemeinde eingeführten Aufteilung zu gliedern. Jeder Unterschriftsbogen hat am Kopfe die Namen der Bewerber unter Angabe ihres Berufes oder Standes und ihrer Wohnung zu enthalten. Die Unterschriften sind innerhalb eines Bogens mit fortlaufenden Zahlen zu versehen. Auf einer Seite des Unterschriftsblattes sollen nicht mehr als zwanzig Unterschriften stehen.
  (3) Die Unterzeichner des Kreiswahlvorschlags haben ihr Stimmrecht durch eine Bestätigung der Gemeindebehörde nachzuweisen. Die Bestätigung ist in der Regel auf den Unterschriftsbogen selbst zu erteilen. Sie geschieht auf Grund der in der Gemeinde zuletzt benutzten oder laufend geführten Stimmliste oder Stimmkartei oder nach besonderer Feststellung, wenn die Unterzeichner in die Stimmliste oder Stimmkartei nicht eingetragen sind.
  (4) Die Unterzeichner des Kreiswahlvorschlags haben sich in die Unterschriftsbogen eigenhändig, sorgfältig und leserlich einzutragen. Bei der Unterschrift sind Zu- und Vorname, Beruf oder Stand sowie die Wohnung anzugeben.
  (5) Bei Einreichung der Unterschriftsbogen an den Kreiswahlleiter müssen diese nach Gemeinden und Bezirken der unteren Verwaltungsbehörde geordnet und mit fortlaufenden Nummern versehen sein. Gleichzeitig ist einen Zusammenstellung über die Zahl der in den einzelnen Unterschriftsbogen bestätigten Unterschriften einzureichen; in dieser Zusammenstellung sind die laufenden Nummern der Bogen einzutragen und ist die Zahl der Unterschriften aufzurechnen.

§ 7

  Weist eine Wählergruppe (Partei) durch die Bescheinigung eines Kreiswahlleiters nach, daß sie der Bedingung des § 6 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung entsprechend für einen ihrer Kreiswahlvorschläge 60 000 Unterschriften beigebracht hat, so genügt für jeden ihrer anderen Kreiswahlvorschläge die Unterzeichnung von fünfzig Wählern des Wahlkreises, wenn diese Kreiswahlvorschläge durch Verbindung im Verbande oder durch Anschluß an einen Reichswahlvorschlag mit dem Kreiswahlvorschlag mit mindestens 60 000 Unterzeichnern in Zusammenhang gebracht sind. Diese Kreiswahlvorschläge werden unter dem Vorbehalt der Zulassung des Kreiswahlvorschlags mit mindestens 60 000 Unterschriften zugelassen.

§ 8

  Die Vorschrift des § 49 Abs. 4 der Verordnung über Reichswahlen und -abstimmungen vom 14. März 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 173) tritt insoweit außer Kraft, als sie sich auf Kreiswahlvorschläge bezieht.


  Berlin, den 3. Februar 1933.

Der Reichsminister des Innern
Frick


* Veröffentlicht im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 31 vom 6. Februar 1933.

Anlage
Gemeinde: ................................. Wahlkreis: .................................
Kreis: ......................................... Wahlkreisverband: .....................

Kreiswahlvorschlag

der ............................................... (Partei)
für die Reichstagswahl am
..........................

Lfde. Nr. Zu- und Vorname Stand oder Beruf
der Bewerber
Wohnort und Wohnung
1 ................ ................ ................
2 ................ ................ ................
3
usw.
................ ................ ................

Vertrauensmann: ..........................

Stellvertreter: .............................
Anschrift: .................................... Anschrift: ...................................

Wir unterstützen vorstehenden Kreiswahlvorschlag hiermit durch unsere eigenhändige Unterschrift:

Lfde. Nr. Zu- und Vorname Stand oder Beruf Wohnung
1 ................ ................ ................
2 ................ ................ ................
3 ................ ................ ................
4 ................ ................ ................
5
usw.
................ ................ ................

Es wird hiermit bestätigt, daß die unter den laufenden Nummern .................... eingetragenen Unterzeichner vorstehenden Kreiswahlvorschlags stimmberechtigt sind.

 ................................................. , den ......................... 19..........

(Ort)

Der .............................................
..................................................

(Unterschrift)

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 46-48.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Verordnung zur Durchführung des Reichswahlgesetzes (03.02.1933), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/wahlges-drchf.html, Stand: aktuelles Datum.


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