Gesetz über das Paßwesen.
Vom 12. Oktober 1867.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes
und des Reichstages, was folgt:
§. 1.
[1] Bundesangehörige bedürfen zum Ausgange aus dem Bundesgebiet,
zur Rückkehr in dasselbe, sowie zum Aufenthalte und zu Reisen innerhalb desselben keines
Reisepapiers.
[2] Doch sollen ihnen auf ihren Antrag Pässe oder sonstige Reisepapiere ertheilt
werden, wenn ihrer Befugniß zur Reise gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstehen.
§. 2.
Auch von Ausländern soll weder beim Eintritt, noch beim Austritt
über die Grenze des Bundesgebietes, noch während ihres Aufenthalts oder ihrer Reisen
innerhalb desselben ein Reisepapier gefordert werden.
§. 3.
Bundesangehörige wie Ausländer bleiben jedoch verpflichtet, sich
auf amtliches Erfordern über ihre Person genügend auszuweisen.
§. 4.
Pässe oder sonstige Reisepapiere, sowie andere
Legitimations-Urkunden, welche von der zuständigen Behörde eines Bundesstaates
ausgestellt sind, haben, wenn sie nicht eine ausdrückliche Beschränkung in dieser
Beziehung enthalten, Gültigkeit für das ganze Bundesgebiet.
§. 5.
Eine Verpflichtung zur Vorlegung der Reisepapiere Behufs der Visirung findet
nicht statt.
§. 6.
Zur Ertheilung von Pässen an Bundesangehörige zum
Eintritt in das Bundesgebiet sind befugt: |
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1) die Bundesgesandten und Bundeskonsuln;
2) die Gesandten jedes Bundesstaates, jedoch für Angehörige anderer Bundesstaaten nur
insoweit, als die letzteren in ihrem Bezirke nicht vertreten sind;
3) so lange solche nicht vertreten sind (Art. 56. der Bundesverfassung), die Konsuln jedes Bundesstaates, soweit ihnen
nach den in demselben geltenden Bestimmungen diese Befugniß zusteht. |
Zur Ertheilung von Auslandspässen und
sonstigen Reisepapieren sind diejenigen Behörden befugt, welche nach den in den einzelnen
Bundesstaaten geltenden Bestimmungen diese Befugniß haben, oder welche dieselbe von
Bundeswegen oder von den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten fernerhin beigelegt wird. |
§. 7.
Zu Pässen und sonstigen Reisepapieren sind übereinstimmende Formulare
einzuführen und zu benutzen.
§. 8.
[1] Für Pässe und sonstige Reisepapiere darf an Stempelabgaben
und Ausfertigungsgebühren zusammen nicht mehr als höchstens Ein Thaler erhoben werden.
[2] Die Gesandten und Konsuln sind befugt, Pässe stempel- und kostenfrei
auszustellen. In welchen Fällen dies außerdem statthaft ist, bleibt der Bestimmung der
einzelnen Regierungen vorbehalten.
§. 9.
Wenn die Sicherheit des Bundes oder eines einzelnen Bundesstaates,
oder die öffentliche Ordnung durch Krieg, innere Unruhen oder sonstige Ereignisse bedroht
erscheint, kann die Paßpflichtigkeit überhaupt oder für einen bestimmten Bezirk, oder
zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten des Auslandes, durch Anordnung des
Bundespräsidiums vorübergehend eingeführt werden.
§. 10.
[1] Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1868 in
Wirksamkeit.
[2] Alle Vorschriften, welche demselben entgegenstehen, treten außer Kraft.
[3] Dies berührt jedoch nicht die Bestimmungen über Zwangspässe und Reiserouten,
sowie über die Kontrolle neu anziehender Personen und der Fremden an ihrem
Aufenthaltsorte.
[4] Zu letzterem Zwecke dürfen indessen Aufenthaltskarten weder eingeführt, noch,
wo sie bestehen, beibehalten werden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Bundes-Insiegel.
Gegeben Baden-Baden, den 12. Oktober 1867.[1]
(L. S.) Wilhelm.
Gr. v. Bismarck-Schönhausen.
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