Verordnung über das Verbot bestimmter Versammlungen.
Vom 26. Juni 1922.
Mit Rücksicht darauf, daß bei den allgemeinen tiefen Erregung
der Bevölkerung die nachfolgend genannten Veranstaltungen zu schweren Zwischenfällen
führen können, verordne ich auf Grund des Artikels 48
der Verfassung des Deutschen Reichs zur Wiederherstellung der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung für das Reichsgebiet was folgt:
§ 1
[1] Die Landeszentralbehörden werden ermächtigt, die für den
28. Juni 1922 geplanten Veranstaltungen zur Erörterung der Annahme des Friedensvertrags
oder damit zusammenhängender Fragen auch außer den Fällen des Artikels 123 der Reichsverfassung zu
verbieten.
[2] Das gleiche gilt bis auf weiteres für Regimentsfeiern und andere Versammlungen
von Angehörigen ehemaliger Truppenteile.
[3] Wer eine hiernach verbotene Versammlung veranstaltet oder in einer solchen als
Redner auftritt, wird mit Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, neben
dem auf Geldstrafe bis zu fünfhunderttausend Mark erkannt werden kann.
[4] Die Artikel 118 und 123 der Reichsverfassung werden,
soweit sie den Bestimmungen dieser Verordnung entgegenstehen, vorübergehend außer Kraft
gesetzt.
§ 2
Die Verordnung tritt mit der Verkündung in Kraft.
Berlin, den 26. Juni 1922.
Der Reichspräsident
Ebert
Der Reichskanzler
Dr. Wirth
Der Reichsminister des Innern
Dr. Köster
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