Konsular-Konvention zwischen Deutschland und den Vereinigten
Staaten von Amerika.
Vom 11. Dezember 1871.[1]
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König
von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs, und der Präsident der Vereinigten Staaten
von Amerika, von dem Wunsche geleitet, die Rechte, Privilegien, Immunitäten und
Verpflichtungen der beiderseitigen konsularischen Agenten festzustellen, sind
übereingekommen, einen Konsular-Vertrag abzuschließen, und haben zu diesem Behufe zu
Ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich:
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen: |
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Allerhöchstihren Geheimen Legationsrath Bernhard König, |
der Präsident der Vereinigten Staaten von
Amerika: |
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den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der
gedachten Staaten bei Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser Georg Bancroft, |
welche die folgenden Artikel vereinbart und unterzeichnet
haben. |
Art. 1.
Jeder der vertragenden Theile willigt ein, General-Konsuln,
Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten des anderen Theils in allen seinen Häfen,
Städten und Plätzen zuzulassen, mit Ausnahme derjenigen Orte, wo es nicht
angemessen erscheinen sollte, solche Beamten anzuerkennen. Dieser Vorbehalt soll
jedoch auf keinen der vertragenden Theile angewendet werden, ohne jeder anderen Macht
gegenüber ebenfalls Anwendung zu finden.
Art. 2.
Die General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder Konsular-Agenten
sollen nach Vorlegung ihrer mit Beobachtung der in ihren bezüglichen Ländern bestehenden
Förmlichkeiten ausgefertigten Bestallung gegenseitig zugelassen und anerkannt werden. Das
zur Ausübung ihrer Amtsverrichtungen erforderliche Exequatur soll ihnen kostenfrei
ertheilt werden und nach Vorweisung dieser Urkunde sollen dieselben sofort und
unbeanstandet von den Landesbehörden in den Häfen, Städten und Plätzen ihres
Amtssitzes und Amtsbezirks, dieselben seien Bundes-, Staats- oder Gemeinde-Behörden,
Gerichts- oder Verwaltungsbehörden, zum Genusse der ihnen gegenseitig zugesicherten
Vorrechte zugelassen werden. Die das Exequatur ertheilende Regierung behält sich das
Recht vor, dieses Exequatur zurückzunehmen und zwar unter Darlegung der Gründe, aus
denen sie für angemessen erachtet hat, so zu handeln.
Art. 3.
Die resp. General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder
Konsular-Agenten sowohl als deren Kanzler und Sekretaire sollen in beiden Ländern alle
Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten genießen, welche den Beamten desselben Ranges der
meistbegünstigten Nation bewilligt sind oder in Zukunft bewilligt werden.
Konsular-Beamten, welche nicht Angehörige des Landes sind, wo sie beglaubigt sind, sollen
in dem Lande, wo sie ihren Sitz haben, persönliche Immunität von Verhaftung oder
Gefangenhaltung genießen, ausgenommen im Falle von Verbrechen; sie sollen ferner von
Militair-Einquartierung und Kontributionen, von Waffendiensten aller Art und von
anderen öffentlichen Dienstleistungen, sowie von allen direkten Leistungen und
Beiträgen, dieselben seien Bundes-, Staats- oder Gemeinde-Abgaben, frei sein. Wenn aber
die gedachten Konsular-Beamten in dem Lande, wo sie ihrem Amtssitz haben,
Grundeigenthümer sind oder werden, oder Handelsgeschäfte betreiben, so sollen sie
denselben Abgaben und Auflagen und demselben gerichtlichen Verfahren unterworfen sein,
wie die Grundbesitzer oder Kaufleute, welche Angehörige des Landes sind. Unter
keinen Umständen jedoch soll das Einkommen von ihrem Amte irgend einer Abgabe
unterliegen. Konsular-Beamte, welche kaufmännische Geschäfte betreiben, sollen
nicht auf ihre Konsular-Vorrechte sich berufen dürfen, um sich ihren kaufmännischen
Verbindlichkeiten zu entziehen. Konsular-Beamte jedweden Karakters sollen in keinem
Falle in der Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen weiter gestört werden, als zur
Handhabung der Landesgesetze unvermeidlich ist.
Art. 4.
[1] General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten können über
dem äußeren Eingange ihrer Amtsräume oder ihrer Wohnungen das
Wappen ihrer Nation mit einer ihr Amt bezeichnenden Inschrift anbringen. Auch dürfen sie
die Flagge ihres Landes auf dem Konsulats-Gebäude aufziehen, ausgenommen an solchen
Plätzen, wo sich die Gesandtschaft ihres Landes befindet.
[2] Desgleichen könne sie ihre Flagge auf jedem Fahrzeug aufziehen, dessen sie
sich im Hafen bei Ausübung ihrer Dienstverrichtungen bedienen.
Art. 5.
[1] Die Konsular-Archive sollen jeder Zeit unverletzlich sein und
unter keinem Vorwande soll es den Landebehörden erlaubt sein, die Papiere, welche zu
diesen Archiven gehören, zu durchsuchen oder mit Beschlag zu belegen. Betreibt ein
Konsular-Beamter nebenbei Geschäfte, so sollen die auf das Konsulat bezüglichen Papiere
unter abgesondertem Verschluß aufbewahrt werden.
[2] Die Amtsräume und Wohnungen der Berufskonsuln (consules missi), welche
nicht Angehörige des Lande sind, wo sie ihren Amtssitz haben, sollen jederzeit
unverletzlich sein. Die Landesbehörden sollen, soweit es sich nicht um Verfolgung von
Verbrechen handelt, unter keinem Vorwande dort eindringen. In keinem Falle dürfen sie die
daselbst niedergelegten Papiere durchsuchen oder in Beschlag nehmen. Unter keinen
Umständen dürfen diese Amtsräume oder Wohnungen als Asylorte benutzt werden.
Art. 6.
Im Falle des Todes, der Verhinderung oder Abwesenheit der
General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten dürfen deren Kanzler oder
Sekretaire, wenn ihr amtlicher Karakter zuvor zur Kenntnis der betreffenden
deutschen oder amerikanischen Behörden gebracht worden ist, zeitweise deren
Amtsverrichtungen ausüben, und sie sollen während dieser
Amtsführung alle Rechte, Vorrechte und Immunitäten genießen, welche
durch diese Uebereinkunft den Titularen zugesichert sind.
Art. 7.
Die General-Konsuln und Konsuln sollen mit Genehmigung ihrer resp.
Regierungen Vize-Konsuln und Konsular-Agenten in den Städten, Häfen und Plätzen
innerhalb ihres Konsular-Bezirks bestellen dürfen. Diese Beamten können Angehörige
Deutschlands oder der Vereinigten Staaten von Amerika oder eines anderen Landes sein. Es
soll ihnen von dem Konsul, der sie bestellt und unter dessen Befehlen sie zu fungiren
haben, oder von der Regierung des Landes, welche derselbe vertritt, eine Bestallung
ertheilt werden. Sie sollen die in dieser Uebereinkunft zu Gunsten der Konsular-Beamten
bedungenen Vorrechte genießen, vorbehaltlich der in Artikel 3
aufgeführten Ausnahmen.
Art. 8.
General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten sollen
das Recht habe, behufs der Abhülfe irgend einer Verletzung der zwischen beiden Ländern
bestehenden Verträge und Uebereinkünfte oder des Völkerrechts, an die in ihrem
Amtsbezirke fungirenden Behörden des bezüglichen Landes, dieselben seien Bundes- oder
Landesbehörden, Gerichts- oder Verwaltungs-Behörden, sich zu wenden, Auskunft von den
gedachten Behörden zu verlangen und an dieselben Anträge zum Schutz der Rechte und
Interessen ihrer Landsleute zu richten, insbesondere in Fällen der Abwesenheit dieser
letzteren, in welchen Fällen die Konsuln u. s. w. als die gesetzlichen Vertreter der
Abwesenden angesehen werden sollen. Falls ein solches Ansuchen die gebührende Beachtung
nicht fände, sollen die vorgedachten Konsular-Beamten, falls ein diplomatischer Vertreter
ihres Landes nicht anwesend sein sollte, sich unmittelbar an die Regierung des Landes, wo
sie ihren Sitz haben, wenden dürfen.
Art. 9.
[1] General-Konsuln, Konsuln,
Vize-Konsuln oder Konsular-Agenten der beiden Länder oder deren Kanzler sollen, soweit
sie nach den Gesetzen und Verordnungen ihres Landes dazu befugt sind, das Recht haben, |
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1) in ihren Amtsräumen oder Wohnungen, in den Wohnungen der Betheiligten
oder am Bord der Nationalschiffe die Erklärungen der Schiffsführer, der
Schiffsmannschaften, der Schiffspassagiere, von Kaufleuten oder sonstigen Angehörigen
ihres Landes entgegenzunehmen; |
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2) einseitige Rechtsgeschäfte und letztwillige Verfügungen ihrer
Landsleute, imgleichen Verträge, welche zwischen Angehörigen ihres eigenen Landes, sowie
zwischen diesen und Angehörigen oder anderen Einwohnern des Landes ihres Amtssitzes
geschlossen werden, auszunehmen und zu beglaubigen; nicht minder alle Verträge zwischen
Personen der letzteren Kategorie, soweit solche Verträge auf ein im Gebiete der Nation,
von welcher die gedachten Konsular-Beamten bestellt sind, belegenes Grundeigenthum oder
auf ein daselbst abzuschließendes Geschäft sich beziehen. |
[2] Alle solche Verträge
und andere Urkunden, sowie Abschriften und Uebersetzungen davon sollen, wenn sie von dem
General-Konsul, Konsul, Vize-Konsul oder Konsular-Agenten gehörig beglaubigt und mit
dessen Amtssiegel versehen sind, von den öffentlichen Beamten und den Gerichtshöfen als
öffentliche Urkunde beziehungsweise als beglaubigte Uebersetzungen oder Abschriften
angesehen werden, und sie sollen dieselbe Kraft und Wirkung haben, als wenn sie
von den kompetenten öffentlichen Beamten des einen oder des anderen der beiden Länder
aufgenommen oder beglaubigt wären. |
Art. 10.
[1] Im Falle, daß ein Angehöriges des Deutschen
Reichs in den Vereinigten Staaten, oder daß ein Angehöriger der Vereinigten Staaten im
Deutschen Reiche sterben sollte, ohne in dem Lande seines Ablebens bekannte Erben oder von
ihm ernannte Testamentsvollstrecker zu hinterlassen, so sollen die kompetenten
Landesbehörden den nächsten Konsular-Beamten der Nation, welcher der Verstorbene
angehörte, von diesem Umstande alsbald in Kenntniß setzen, damit die erforderliche
Benachrichtigung den betheiligten Parteien unverzüglich übermittelt werde.
[2] Der gedachte Konsular-Beamte soll das Recht haben, persönlich oder durch
einen Beauftragten bei allen Amtshandlungen für die abwesenden Erben oder Gläubiger
aufzutreten, bis diese einen Bevollmächtigten ernannt haben.
[3] In allen Erbfällen sollen die Angehörigen eines jeder der kontrahirenden
Theile in dem Gebiete des anderen Theiles nur diejenigen Abgaben entrichten, welche
sie entrichten müßten, wenn sie Angehörige desjenigen Landes wären, in welchem
der Nachlaß sich befindet oder die gerichtliche Verwaltung desselben stattfindet.
Art. 11.
Den General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten
der beiden Länder steht ausschließlich die Inventarisirung und Sicherstellung der Güter
und Gegenstände jeder Art zu, welche von Schiffsleuten oder Schiffspassagieren auf
Schiffen ihrer Nationalität hinterlassen sind, sei es, daß diese Personen am Bord der
Schiffe oder am Lande, während der Fahrt oder im Bestimmungs-Hafen sterben.
Art. 12.
[1] Die General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und
Konsular-Agenten können sich in Person an Bord der zum freien Verkehr zugelassenen
Schiffe ihrer Nationalität begeben oder einen Bevollmächtigten an Bord
schicken, um die Offiziere und Mannschaften zu vernehmen, die Schiffspapiere einzusehen,
die Erklärungen über ihre Reise, ihren Bestimmungsort und die
Zwischenfälle während der Reise entgegenzunehmen, Ladungsverzeichnisse (Manifeste)
aufzunehmen, den Eingang und die Klarirung ihrer Schiffe zu fördern, endlich mit den
gedachten Offizieren und Mannschaften vor den Gerichts- oder Verwaltungsbehörden des
Landes zu erscheinen, um ihnen als Dolmetscher oder Agenten zu dienen.
[2] Die Gerichtsbehörden und Zollbeamten dürfen in keinem Falle zur Besichtigung
oder Durchsuchung von Handelsschiffen schreiten, ohne den Konsular-Beamten der Nation,
welcher die gedachten Schiffe angehören, behufs ihrer etwaigen Gegenwart vorher Nachricht
gegeben zu haben.
[3] Ebenso müssen die gedachten Konsular-Beamten behufs ihrer Anwesenheit
rechtzeitig benachrichtigt werden, wenn die Offiziere oder zur Schiffsmannschaft gehörige
Personen vor den Gerichten oder Behörden des Orts Aussagen oder Erklärungen abzugeben
haben, damit jedes Mißverständniß und jeder Irrthum, welche einer geordneten
Rechtspflege Eintrag thun könnte, vermieden wird. Die bezügliche Mittheilung an die
Konsuln, Vize-Konsuln oder Konsular-Agenten soll die für das Verfahren bestimmte Stunden
enthalten. Beim Nichterscheinen der gedachten Beamten oder ihrer Vertreter kann in ihrer
Abwesenheit in der Sache vorgegangen werden.
Art. 13.
[1] Den General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder
Konsular-Agenten steht auschließlich die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung an Bord
ihrer nationalen Handelsschiffe zu. Sie haben demgemäß Streitigkeiten jeder Art, sei es
auf hoher See, sei es im Hafen, zwischen den Schiffsführern, Offizieren und Matrosen zu
schlichten, insbesondere Streitigkeiten, welche sich auf die Heuer und die Erfüllung
sonstiger Vertragsbestimmungen beziehen. Weder ein Gerichtshof noch eine andere Behörde
soll unter irgend einem Vorwande sich in solche Streitigkeiten mischen dürfen,
außer in Fällen, wenn die an Bord vorfallenden Streitigkeiten der Art
sind, daß dadurch die Ruhe und öffentliche Ordnung im Hafen oder am Lande
gestört wird, oder wenn andere Personen, als die Offiziere und Mannschaften des Schiffes
an den Unordnungen betheiligt sind.
[2] Mit Ausnahme der vorgedachten Fälle sollen die Landesbehörden sich
darauf beschränken, den Konsuln wirksame Hülfe zu leisten, wenn diese darum
nachsuchen, um diejenigen Personen zu verhaften und gefangen zu halten, deren Name in
der Schiffsrolle eingetragen ist und deren Festhaltung jene für erforderlich erachten.
Diese Personen sollen auf eine schriftliche, an die Landesbehörden gerichtete und
von einem beglaubigten Auszuge aus dem Schiffsregister oder der Musterrolle
begleitete Aufforderung verhaftet und während der ganzen Zeit ihres Aufenthalts im
Hafen zur Verfügung der Konsuln festgehalten werden. Ihre Freilassung soll nur in
Folge eines Ersuchsschreibens der gedachten Konsuln erfolgen.
[3] Die Kosten der Verhaftung und der Festhaltung dieser Personen sollen von den
Konsuln getragen werden.
Art. 14.
[1] General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder Konsular-Agenten
können die Offiziere, Matrosen und alle anderen zur Mannschaft der Kriegs- oder
Handelsschiffe gehörigen Personen, welche der Desertion von den gedachten Schiffen
schuldig oder angeklagt sind, festnehmen lassen, um dieselben an Bord oder in ihre Heimath
zu senden.
[2] Zu diesem Zweck sollen die deutschen Konsuln in den Vereinigten Staaten an die
Gerichte oder Behörden des Bundes, des Staats oder der Gemeinde und die Konsuln der
Vereinigten Staaten in Deutschland an irgend eine der kompetenten Behörden bezüglich der
Deserteure ein Ersuchsschreiben richten, begleitet von einem amtlichen Auszuge aus dem
Schiffsregister und der Musterrolle oder von anderen amtlichen Urkunden, welche geeignet
sind, zu beweisen, daß die Leute, deren Auslieferung sie verlangen, zu der gedachten
Schiffsmannschaft gehören. Auf ein dergestalt begründetes Ersuchen und ohne daß es
einer Beeidigung von Seiten der Konsuln bedarf, sollen die Deserteure (vorausgesetzt, daß
dieselben weder zur Zeit ihrer Einschiffung, noch zur Zeit ihrer Ankunft im Hafen
Angehörige des Landes sind, wo das Auslieferungs-Verlangen gestellt wird) an die Konsuln
ausgeliefert werden. Jede Hülfe und jeder Schutz soll denselben gewährt werden bei der
Verfolgung, Ergreifung und Festhaltung der Deserteure, welche in die Gefängnisse des
Landes gebracht und dort auf Ersuchen und auf Kosten der Konsuln so lange festgehalten
werden sollen, bis die gedachten Konsuln eine Gelegenheit zu ihrer Fortsendung gefunden
haben werden.
[3] Wenn jedoch eine solche Gelegenheit innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten,
vom Tage der Gefangennahme an gerechnet, sich nicht finden sollte, so werden die
Deserteure freigelassen und aus dem nämlichen Grunde nicht wieder festgenommen werden.
Art. 15.
Falls nicht Verabredungen zwischen Rhedern, Befrachtern und
Versicherern entgegenstehen, werden alle während der Fahrt der Schiffe beider Länder
erlittenen Havereien, sei es, daß die Schiffe in den Hafen freiwillig oder als Nothhafner
einlaufen, von den General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsular-Agenten der
betreffenden Länder regulirt. Sollten jedoch Landesunterthanen oder Angehörige einer
dritten Macht bei der Sache betheiligt sein, so müssen in Ermangelung einer gütlichen
Einigung zwischen allen Betheiligten die Havereien von den Landesbehörden regulirt
werden.
Art. 16.
[1] Wenn ein Regierungsschiff oder ein Schiff eines Angehörigen
eines der vertragenden Theile an der Küste des anderen Theiles Schiffbruch leidet oder
strandet, so sollen die Lokalbehörden den General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder
Konsular-Agenten des Bezirks, oder wenn ein solcher nicht vorhanden ist, den dem Orte des
Unfalls nächsten General-Konsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder Konsular-Agenten davon
benachrichtigten.
[2] Alle Rettungsmaßregeln bezüglich amerikanischer in den Territorial-Gewässern
des Deutschen Reichs gescheiterter oder gestrandeter Schiffe sollen nach Maßgabe der
deutschen Gesetze erfolgen, und umgekehrt sollen alle Rettungsmaßregeln in Bezug auf
deutsche in den Territorial-Gewässern der Vereinigten Staaten gescheiterte oder
gestrandete Schiffe in Gemäßheit der Gesetze der Vereinigten Staaten erfolgen.
[3] Die Konsular-Behörden haben in beiden Ländern nur einzuschreiten, um die auf
Ausbesserung oder Neuverproviantirung, oder eintretenden Falls auf den Verkauf des
gescheiterten oder gestrandeten Schiffes bezüglichen Maßregeln zu überwachen.
[4] Für das Einschreiten der Landesbehörden dürfen keine anderen Kosten
erhoben werden, als solche, welche in gleichem Falle die Nationalschiffe zu
entrichten haben.
[5] Ist die Nationalität eines verunglückten Schiffes zweifelhaft, so
sind die Landesbehörden ausschließlich für alle in dem gegenwärtigen Artikel
vorgesehenen Maßregeln zuständig.
[6] Alle Waaren und Güter, welche nicht zum Verbrauche in dem Lande, in welchem
der Schiffbruch stattfindet, bestimmt sind, sollen frei von jeder Abgabe sein.
Art. 17.
In Betreff der Bezeichnung oder Etikettirung der Waaren oder deren
Verpackung, der Muster und der Fabrik- und Handelszeichen sollen die Angehörigen
Deutschlands in den Vereinigten Staaten von Amerika, und die Amerikaner in Deutschland
denselben Schutz, wie die Inländer, genießen.
Art. 18.
[1] Die gegenwärtige Uebereinkunft soll für die Dauer von zehn Jahren, vom
Tage des Austausches der Ratifikationen an gerechnet, Gültigkeit haben. Die
Ratifikationen sollen innerhalb sechs Monaten in Berlin ausgewechselt werden.
[2] Wenn keine der Parteien zwölf Monate vor dem Ablauf des gedachten Zeitraums
von zehn Jahren ihre Absicht kund giebt, diese Uebereinkunft nicht zu erneuern, so soll
dieselbe ein Jahr länger in Kraft bleiben, und so fort von Jahr zu Jahr bis zum Ablauf
eines Jahres nach dem Tage, an welchem eine der Parteien der anderen eine solche Absicht
kund gegeben haben wird.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Uebereinkunft unterzeichnet und
besiegelt.
Berlin, den 11. Dezember 1871.
B. König.
(L. S.)
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Geo. Bancroft.
(L. S.)
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