Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz.
Vom 22. Juli 1913.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen
etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des
Reichstags, was folgt:
Erster Abschnitt.
Allgemein Vorschriften.
§ 1.
Deutscher ist, wer die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat (§§ 3 bis 32) oder die unmittelbare Reichsangehörigkeit (§§
3 bis 35) besitzt.
§ 2.
[1] Elsaß-Lothringen gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bundesstaat.
[2] Die Schutzgebiete gelten im Sinne dieses Gesetzes als Inland.
Zweiter Abschnitt.
Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate.
§ 3.
Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird erworben |
- durch Geburt (§ 4),
- durch Legitimation (§ 5),
- durch Eheschließung (§ 6),
- für einen Deutschen durch Aufnahme (§§ 7, 14, 16),
- für einen Ausländer durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16).
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§ 4.
[1] Durch die Geburt erwirbt das eheliche Kind eines Deutschen die
Staatsangehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind eines Deutschen die
Staatsangehörigkeit der Mutter.
[2] Ein Kind, das in dem Gebiet eines Bundesstaates aufgefunden wird (Findelkind),
gilt bis zum Beweise des Gegenteil als Kind eines Angehörigen dieses Bundesstaats.
§ 5.
Eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation durch einen
Deutschen begründet für das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters.
§ 6.
Durch die Eheschließung mit einem Deutschen erwirbt die Frau die
Staatsangehörigkeit des Mannes.
§ 7.
[1] Die Aufnahme muß einem Deutschen von jedem Bundesstaat, in
dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, auf seinen Antrag erteilt
werden, falls kein Grund vorliegt, der nach den §§ 3 bis 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November
1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) die Abweisung eines Neuanziehenden oder die Versagung
der Fortsetzung des Aufenthalts rechtfertigt.
[2] Der Antrag einer Ehefrau bedarf der Zustimmung des Mannes; die
fehlende Zustimmung kann durch die Vormundschaftsbehörde ersetzt werden. Für eine
unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehende Person wird, wenn sie
das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, der Antrag von dem
gesetzlichen Vertreter gestellt; hat sie das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so
bedarf ihr Antrag der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
§ 8.
[1] Ein Ausländer, der sich im Inland
niedergelassen hat, kann von dem Bundesstaat, in dessen Gebiete der Niederlassung erfolgt
ist, auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn er |
- nach den Gesetzen seiner bisherigen Heimat unbeschränkt geschäftsfähig ist oder nach
den deutschen Gesetzen unbeschränkt geschäftsfähig sein würde oder der Antrag in
entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 von seinem gesetzlichen
Vertreter oder mit dessen Zustimmung gestellt wird,
- einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat,
- an dem Orte seiner Niederlassung eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat
und
- an diesem Orte sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
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[2] Vor der Einbürgerung ist über die
Erfordernisse unter Nr. 2 bis 4 die Gemeinde des Niederlassungsorts und, sofern diese
keine selbständigen Armenverband bildet, auch der Armenverband zu hören. |
§ 9.
[1] Die Einbürgerung in einem Bundesstaat
darf erst erfolgen, nachdem durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß
keiner der übrigen Bundesstaaten Bedenken dagegen erhoben hat;
erhebt ein Bundesstaat Bedenken, so entscheidet der Bundesrat. Die Bedenken können
nur auf Tatsachen gestützt werden, welche die Besorgnis rechtfertigen, daß die
Einbürgerung des Antragstellers das Wohl des Reichs oder eines
Bundesstaats gefährden würde.
[2] Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung |
- auf ehemalige Angehörige des Bundesstaats, bei dem der Antrag gestellt wird, auf deren
Kinder oder Enkel sowie auf Personen, die von einem Angehörigen des Staates an Kindes
Statt angenommen sind, es sei denn, daß der Antragsteller einem ausländischen Staate
angehört,
- auf Ausländer, die im Deutschen Reiche geboren sind, wenn sie sich in dem Bundesstaate,
bei dem der Antrag gestellt wird, bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs
dauernd aufgehalten haben und die Einbürgerung innerhalb zweier Jahre nach diesem
Zeitpunkt beantragen.
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§ 10.
Die Witwe oder geschiedene Ehefrau eines Ausländers, die zur Zeit
ihrer Eheschließung eine Deutsche war, muß auf ihren Antrag von dem Bundesstaat, in
dessen Gebiet sie sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn sie den
Erfordernissen des § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 entspricht. Über das Erfordernis
unter Nr. 2 ist vor der Einbürgerung die Gemeinde des Niederlassungsorts zu hören.[1]
§ 11.
Ein ehemaliger Deutscher, der als Minderjähriger die
Reichsangehörigkeit durch Entlassung verloren hat, muß auf seinen Antrag von dem
Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er
den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 entspricht und den Antrag innerhalb
zweier Jahre nach der Volljährigkeit stellt. Die Vorschrift des § 8
Abs. 2 findet Anwendung.[2]
§ 12.
Ein Ausländer, der mindestens ein Jahr wie ein Deutscher im Heere
oder in der Marine aktiv gedient hat, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaat, in
dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er den Erfordernissen
des § 8 Abs. 1 entspricht und die Einbürgerung nicht das Wohl des
Reichs oder eines Bundesstaats gefährden würde. Die Vorschriften des § 8
Abs. 2 und des § 9 finden Anwendung.[3]
§ 13.
Ein ehemaliger Deutscher, der sich im Inland niedergelassen hat, kann von dem
Bundesstaate, dem er früher angehört hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn
er den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 entspricht; dem ehemaligen
Deutschen steht gleich, wer von einem solchen abstammt oder an Kinder Statt angenommen
ist. Vor der Einbürgerung ist dem Reichskanzler Mitteilung zu machen; die Einbürgerung
unterbleibt, wenn der Reichskanzler Bedenken erhebt.
§ 14.
[1] Die von der Regierung oder der Zentral- oder höheren
Verwaltungsbehörde eines Bundesstaats vollzogene oder bestätigte Anstellung im
unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst, im Dienste einer Gemeinde oder
eines Gemeindeverbandes, im öffentlichen Schuldienst oder im Dienste einer von
dem Bundesstaat anerkannten Religionsgemeinschaft gilt für einen
Deutschen als Aufnahme, für einen Ausländer als Einbürgerung,
sofern nicht in der Anstellungs- oder Bestätigungsurkunde ein Vorbehalt gemacht wird.
[2] Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Anstellung als Offizier oder
Beamter des Beurlaubtenstandes.
§ 15.
[1] Die im Reichsdienst erfolgte Anstellung eines Ausländers, der
seinen dienstlichen Wohnsitz in einem Bundesstaate hat, gilt als Einbürgerung in diesen
Bundesstaat, sofern nicht in der Anstellungsurkunde ein Vorbehalt gemacht wird.
[2] Hat der Angestellte seinen dienstlichen Wohnsitz im Ausland und bezieht er ein
Diensteinkommen aus der Reichskasse, so muß er von dem Bundesstaate, bei dem er den
Antrag stellt, eingebürgert werden; bezieht er kein Diensteinkommen aus der
Reichskasse, so kann er mit Zustimmung des Reichskanzlers eingebürgert werden.[4]
§ 16.
[1] Die Aufnahme oder Einbürgerung wird wirksam mit der
Aushändigung der von der höheren Verwaltungsbehörde hierüber ausgefertigten Urkunde
oder der Urkunde über die unter den Voraussetzungen des § 14 oder des
§ 15 Abs. 1 erfolgte Anstellung.
[2] Die Aufnahme oder Einbürgerung erstreckt sich, insofern nicht in der Urkunde
ein Vorbehalt gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren
gesetzliche Vertretung dem Aufgenommenen oder Eingebürgerten kraft elterlicher Gewalt
zusteht. Ausgenommen sind Töchter, die verheiratet sind oder verheiratet gewesen sind.
§ 17.
Die Staatsangehörigkeit geht verloren |
- durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
- durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),
- durch Nichterfüllung der Wehrpflicht (§§ 26, 29),
- durch Ausspruch der Behörde (§§ 27 bis 29),
- für ein uneheliches Kind durch eine von dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats
oder von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation,
- für eine Deutsche durch Eheschließung mit dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats
oder mit einem Ausländer.
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§ 18.
Die Entlassung einer Ehefrau kann nur von dem Manne und, sofern
dieser ein Deutscher ist, nur zugleich mit seiner Entlassung beantragt werden. Der Antrag
bedarf der Zustimmung der Frau.
§ 19.
[1] Die Entlassung einer Person, die unter elterlicher Gewalt oder
unter Vormundschaft steht, kann nur von dem gesetzlichen Vertreter und nur mit Genehmigung
des deutschen Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Gegen die Entscheidung des
Vormundschaftsgerichts steht auch der Staatsanwaltschaft die Beschwerde zu; gegen den
Beschluß des Beschwerdegerichts ist die weitere Beschwerde unbeschränkt zulässig.
[2] Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn der
Vater oder die Mutter die Entlassung für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für
ein Kind beantragt und dem Antragsteller die Sorge für die Person des Kindes zusteht.
Erstreckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für
die Person des Kindes, so bedarf die Mutter zu dem Antrag auf Entlassung des Kindes die
Genehmigung des Beistandes.
§ 20.
Die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate
bewirkt zugleich die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit in jedem anderen
Bundesstaate, soweit sich der Entlassene nicht die Staatsangehörigkeit in einem anderen
Bundesstaate durch eine Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde des entlassenden
Staates vorbehält. Dieser Vorbehalt muß in der Entlassungsurkunde vermerkt werden.
§ 21.
Die Entlassung muß jedem Staatsangehörigen auf seinen Antrag
erteilt werden, wenn er die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate besitzt und
sich diese gemäß § 20 vorbehält.
§ 22.
[1] Fehlt es an den Voraussetzungen des § 21,
so wird die Entlassung nicht erteilt |
- Wehrpflichtigen, über deren Dienstverpflichtung noch nicht endgültig entschieden ist,
sofern sie nicht ein Zeugnis der Ersatzkommission darüber beibringen, daß nach der
Überzeugung der Kommission die Entlassung nicht in der Absicht nachgesucht wird, die
Erfüllung der aktiven Dienstpflicht zu umgehen,
- Mannschaften des aktiven Heeres, der aktiven Marine oder der aktiven Schutztruppen,
- Mannschaften des Beurlaubtenstandes der im § 56 Nr. 2 bis 4 des Reichsmilitärgesetzes
bezeichneten Art, sofern sie nicht die Genehmigung der Militärbehörde erhalten haben,
- sonstige Mannschaften der Beurlaubtenstandes, nachdem sie eine Einberufung zum aktiven
Dienste erhalten haben,
- Beamten und Offiziere, mit Einschluß derer des Beurlaubtenstandes, bevor sie aus dem
Dienste entlassen sind.
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[2] Aus anderen als den in Abs. 1 bezeichneten
Gründen darf in Friedenszeiten die Entlassung nicht versagt werden. Für die Zeit des
Krieges oder einer Kriegsgefahr bliebt dem Kaiser der Erlaß besonderer Anordnungen
vorbehalten. |
§ 23.
[1] Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung einer von
der höheren Verwaltungsbehörde des Heimatstaats ausgefertigten
Entlassungsurkunde. Die Urkunde wird nicht ausgehändigt an Personen, die
verhaftet sind oder deren Verhaftung oder Festnahme von einer Gerichts- oder
Polizeibehörde angeordnet ist.
[2] Soll sich die Entlassung zugleich auf die Ehefrau oder die Kinder des
Antragstellers beziehen, so müssen auch diese Personen in der Entlassungsurkunde mit
Namen aufgeführt sein.
§ 24.
[1] Die Entlassung gilt als nicht erfolgt, wenn der
Entlassene beim Ablauf eines Jahres nach der Aushändigung der Entlassungsurkunde seinen
Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Inland hat.
[2] Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Entlassene sich die
Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate gemäß § 20
vorbehalten hat.
§ 25.
[1] Ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen
dauernden Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer
ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder den Antrag
des Ehemanns oder des gesetzlichen Vertreters erfolgt, die Ehefrau und der Vertretene
jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 18,
19 die Entlassung beantragt werden könnte.
[2] Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen
Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen
Behörde seines Heimatstaats zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat.
Vor der Erteilung der Genehmigung ist der deutsche Konsul zu hören.
[3] Unter Zustimmung des Bundesrats kann von dem Reichskanzler angeordnet werden,
daß Personen, welche die Staatsangehörigkeit in einem bestimmten ausländischen Staate
erwerben wollen, die im Abs. 2 vorgesehene Genehmigung nicht erteilt werden darf.
§ 26.
[1] Ein militärpflichtiger Deutscher, der im Inland weder seinen
Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit der
Vollendung einunddreißigsten Lebensjahrs, sofern er bis zu diesem Zeitpunkt noch keine
endgültige Entscheidung über seine Dienstverpflichtung herbeigeführt hat, auch eine
Zurückstellung über diesen Zeitpunkt hinaus nicht erfolgt ist.
[2] Ein fahnenflüchtiger Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch
dauernden Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Ablauf von zwei
Jahren nach Bekanntmachung des Beschlusses, durch den er für fahnenflüchtig erklärt
worden ist (§ 360 der Militärstrafgerichtsordnung). Diese Vorschrift findet keine
Anwendung auf Mannschaften der Reserve, der Landes- oder Seewehr und der Ersatzreserve,
die für fahnenflüchtig erklärt worden sind, weil sie der Einberufung zum Dienste keine
Folge geleistet haben, es sei denn, daß die Einberufung nach Bekanntmachung der
Kriegsbereitschaft oder nach Anordnung der Mobilmachung erfolgt ist.
[3] Wer auf Grund der Vorschriften des Abs. 1 und 2 seine Staatsangehörigkeit
verloren hat, kann von einem Bundesstaate nur nach Anhörung der Militärbehörde
eingebürgert werden. Weist er nach, daß ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt, so
darf ihm die Einbürgerung von dem Bundesstaate, dem er früher angehörte, nicht versagt
werden.[5]
§ 27.
[1] Ein Deutscher, der sich im Ausland aufhält, kann seiner
Staatsangehörigkeit durch Beschluß der Zentralbehörde seines Heimatstaats verlustig
erklärt werden, wenn er im Falle eines Krieges oder einer Kriegsgefahr einer vom Kaiser
angeordneten Aufforderung zur Rückkehr keine Folge leistet.
[2] Gehört er mehreren Bundesstaaten an, so verliert er durch den Beschluß die
Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten.
§ 28.
[1] Ein Deutscher, der ohne Erlaubnis seiner Regierung in
ausländische Staatsdienste getreten ist, kann seiner Staatsangehörigkeit durch Beschluß
der Zentralbehörde seines Heimatstaats verlustig erklärt werden, wenn er einer
Aufforderung zum Austritt nicht Folge leistet.
[2] Gehört er mehreren Bundesstaaten an, so verliert er durch den Beschluß die
Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten.
§ 29.
Der Verlust der Staatsangehörigkeit in den Fällen des § 26 Abs. 1, 2 und der §§ 27, 28 sowie
der Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit in den Fällen des § 26 Abs.
3 Satz 2 erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren
gesetzliche Vertretung dem Ausgeschiedenen oder dem Wiedereingebürgerten kraft
elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die Ehefrau oder die Kinder mit ihm in häuslicher
Gemeinschaft befinden. Ausgenommen sind Töchter, die verheirat sind oder verheiratet
gewesen sind.
§ 30.
Ein ehemaliger Deutscher, der vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes die Reichsangehörigkeit durch Entlassung verloren hat, aber bei Anwendung der
Vorschrift des § 24 Abs. 1 als nicht entlassen gelten würde, muß auf
seinen Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat,
eingebürgert werden, wenn er seit dem im § 24 Abs. 1 bezeichneten
Zeitpunkt seinen Wohnsitz im Inland behalten hat und den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 entspricht, auch den Antrag innerhalb eines Jahres nach dem
Inkrafttreten dieses Gesetzes stellt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2
findet Anwendung.
§ 31.
[1] Ein ehemaliger Deutscher, der vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes die Reichsangehörigkeit nach § 21 des Gesetzes über die Erwerbung
und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870
(Bundes-Gesetzbl. S. 255) durch zehnjährigen Aufenthalt im Ausland verloren hat, muß von
dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn
er keinem Staate angehört.
[2] Das gleiche gilt von dem ehemaligen Angehörigen eines Bundesstaats oder eines
in einem solchen einverleibten Staates, der bereits beim Inkrafttreten des Gesetzes vom 1. Juni 1870
nach Landesrecht seine Staatsangehörigkeit durch Aufenthalt außerhalb seines
Heimatstaats verloren hat.[6]
§ 32.
[1] Ein militärpflichtiger Deutscher, der zur Zeit des
Inkrafttreten dieses Gesetzes im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden
Aufenthalt hat und vor diesem Zeitpunkt das neunundzwanzigste, aber noch nicht das
dreiundvierzigste Lebensjahr vollendet hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem
Ablauf zweier Jahre, sofern er innerhalb dieser Frist keine endgültige Entscheidung über
seine Dienstverpflichtung herbeigeführt hat.
[2] Ein fahnenflüchtiger Deutscher der im § 26 Abs. 2
bezeichneten Art, der zur Zeit des Inkrafttreten dieses Gesetzes im Inland weder seinen
Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat und vor diesem Zeitpunkt das
dreiundvierzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, verliert seine
Staatsangehörigkeit mit dem Ablauf zweier Jahre, sofern er sich nicht innerhalb
dieser Frist vor den Militärbehörden stellt.
[3] Die Vorschriften des § 26 Abs. 3 und der § 29 finden entsprechende Anwendung.[7]
Dritter Abschnitt.
Unmittelbare Reichsangehörigkeit.
§ 33.
Die unmittelbare Reichsangehörigkeit kann verliehen werden |
- einem Ausländer, der sich in einem Schutzgebiete niedergelassen hat, oder einem
Eingeborenen in einem Schutzgebiete;
- einem ehemaligen Deutschen, der sich nicht im Inland niedergelassen hat; dem ehemaligen
Deutschen steht gleich, wer von ihm abstammt oder an Kindes Statt angenommen ist.
|
§ 34.
Einem Ausländer, der im Reichsdienst angestellt ist und seinen
dienstlichen Wohnsitz im Ausland hat, muß auf seinen Antrag die unmittelbare
Reichsangehörigkeit verliehen werden, wenn er ein Diensteinkommen aus der Reichskasse
bezieht; sie kann ihm verliehen werden, wenn er ein solches Einkommen nicht bezieht.[8]
§ 35.
Auf die unmittelbare Reichsangehörigkeit finden die Vorschriften
dieses Gesetzes über die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate mit Ausnahme der
Vorschriften des § 4 Abs. 2, des § 8 Abs. 2, des § 10 Satz 2, des § 11 Satz 2, des § 12
Satz 2 und der §§ 14, 21 mit der Maßgabe
entsprechende Anwendung, daß an die Stelle der Zentralbehörde des Bundesstaats der
Reichskanzler und an die Stelle der höheren Verwaltungsbehörde der Reichskanzler oder
die von ihm bezeichnete Behörde treten.
Vierter Abschnitt.
Schlußbestimmungen.
§ 36.
Unberührt bleiben die Staatsverträge, die von den Bundesstaaten
mit ausländischen Staaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen sind.
§ 37.
Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften
des Gesetzes über die
Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 oder
des Gesetzes, betreffend die Naturalisation von Ausländern, welche im Reichdienst
angestellt sind, vom 20. Dezember 1875 verweisen ist, treten an deren Stelle die
entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes.
§ 38.
[1] In den Fällen des § 7, der §§ 10, 11, 12, 30, 31 und des § 34 erster Halbsatz werden die Aufnahme-
oder Einbürgerungsurkunden kostenfrei erteilt. Das gleiche gilt für die Erteilung von
Entlassungsurkunden in den Fällen des § 21.
[2] Für die Erteilung von Entlassungsurkunden in anderen als in den im § 21 bezeichneten Fällen dürfen an Stempelabgaben und
Ausfertigungsgebühren zusammen nicht mehr als drei Mark erhoben werden.
§ 39.
[1] Der Bundesrat erläßt Bestimmungen über die Aufnahme-,
Einbürgerungs- und Entlassungsurkunden sowie über die Urkunden, die zur Bescheinigung
der Staatsangehörigkeit dienen.
[2] Die Landeszentralbehörden bestimmen, welche Behörden im Sinne dieses Gesetzes
als höhere Verwaltungsbehörden und als Militärbehörden anzusehen sind.
§ 40.
[1] Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufnahme gemäß § 7, auf Einbürgerung in den Fällen der §§ 10, 11, 15, des § 26 Abs. 3, der §§ 30, 31, des § 32 Abs. 3 oder des
Antrags auf Entlassung in den Fällen der §§ 21, 22
ist der Rekurs zulässig.
[2] Die Zuständigkeit der Behörden und das Verfahren bestimmen sich nach den
Landesgesetzen und, soweit landesgesetzliche Vorschriften nicht vorhanden sind, nach den
§§ 20, 21 der Gewerbeordnung.
§ 41.
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1914 gleichzeitig mit einem
Gesetze zur Abänderung des Reichsmilitärgesetzes sowie des Gesetzes, betreffend
Änderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 in Kraft.[9]
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Balholm, an Bord M. Y. "Hohenzollern", den 22.
Juli 1913.
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(L. S.) Wilhelm.
Delbrück.
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