Drittes Gesetz zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich.
Vom 24. Januar 1935.
Nachdem die Leitung der Justizverwaltung der Länder in der Hand
des Reichsministers der Justiz vereinigt worden ist, übernimmt das Reich als Träger der
Justizhoheit die gesamte Justiz mit allen Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten, mit
allen Justizbehörden und Justizbediensteten. Demgemäß hat die Reichsregierung das
folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
Mit dem 1. April 1935 werden die Justizbehörden der Länder
Reichsbehörden, die Justizbeamten der Länder unmittelbare Reichsbeamte; die Angestellten
und Arbeiter der Landesjustizbehörden treten in den Dienst des
Reichs.
§ 2
(1) Die Einnahmen und Ausgaben für die Landesjustizverwaltungen
einschließlich der Ausgaben für Ruhegehälter, Wartegelder und Hinterbliebenenbezüge
gehen vom 1. April 1935 ab auf Rechnung des Reichs. Welche Einnahmen und Ausgaben, die mit
der Justizverwaltung im Zusammenhang stehen, außerdem auf das Reich übergehen,
entscheidet nach Anhörung der obersten Landesbehörden der Reichsminister der Justiz im
Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen.
(2) Absatz 1 gilt jedoch nicht für Einnahmen und Ausgaben, die noch beim Haushalt
für das Rechnungsjahr 1934 zu buchen sind.
§ 3
(1) Das Reich tritt mit dem 1. April 1935 in alle
vermögensrechtlichen Pflichten und Rechte ein, die mit der Justizverwaltung der Länder
verbunden sind; Grundstücke und bewegliche Sachen der Länder gehen in das Eigentum des
Reichs über, wenn sie ausschließlich oder überwiegend von Justizbehörden benutzt
werden. Ist für ein entbehrlich oder unbrauchbar gewordenes Grundstück ein Ersatz nicht
notwendig, so ist es in dem Zustande, in welchem es sich befindet, unentgeltlich und ohne
Ersatzleistung für etwaige Verbesserungen oder Verschlechterungen dem Lande
zurückzugeben, das zuvor Eigentümer war.
(2) Aus Anlaß des Übergangs von Pflichten und Rechten auf das Reich werden
Steuern, Gebühren oder andere Abgaben nicht erhoben; bare Auslagen bleiben außer Ansatz.
§ 4
(1) Die für die Justizbehörden und -bediensteten geltenden
Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes sind übergangsweise sinngemäß weiter
anzuwenden, soweit nicht dieses oder ein anderes Gesetz, eine Verordnung, eine
Tarifordnung oder ein Erlaß des Reichsministers der Justiz eine andere Regelung trifft.
Jedoch richtet sich die Zuständigkeit zur Ernennung und Entlassung der Beamten nach den
für die unmittelbaren Reichsbeamten bestehenden Bestimmungen.
(2) Bestehen zwischen mehreren Ländern Staatsverträge oder sonstige
Vereinbarungen für den Bereich der Justizverwaltungen, so bleiben die Bestimmungen dieser
Verträge als Vorschriften des Reichs in Kraft, bis der Reichsminister der Justiz eine
andere Bestimmung trifft. Entschädigungen, Beiträge und ähnliche Zahlungen sind jedoch
für die Zeit nach dem 31. März 1935 nicht mehr zu leisten.
§ 5
Soweit Behörden des Reichs, der Länder, der Gemeinden und
Gemeindeverbände für Zwecke der Justizverwaltung Einrichtungen oder Bedienstete zur
Verfügung stellen oder Geschäfte führen, verbleibt es hierbei, bis der Reichsminister
der Justiz im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden eine andere Regelung trifft;
für diese Leistungen dürfen keine anderen Entschädigungen als bisher beansprucht
werden.
§ 6
Soweit die Justizbehörden für andere Behörden Einrichtungen
oder Bedienstete zur Verfügung stellen oder andere als Justizgeschäfte führen,
verbleibt es hierbei, bis der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit den
zuständigen Behörden eine andere Regelung trifft; für diese Leistungen dürfen keine
anderen Entschädigungen als bisher beansprucht werden.
§ 7
Aus Anlaß der Übernahme der Landesjustiz auf das Reich können
deren Beamte die Versetzung in den Ruhestand beanspruchen, wenn sie das 62. Lebensjahr
vollendet haben. Diese Berechtigung erlischt am 31. Dezember 1935.
§ 8
Ergeben sich bei der Anwendung dieses Gesetzes zwischen Reich,
Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) Zweifelsfragen, so entscheidet nach Anhörung
der obersten Landebehörden der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem
Reichsminister des Innern, in den Fällen der §§ 2 und 3
im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen; die Entscheidung bindet Gerichte und
Verwaltungsbehörden.
§ 9
Die Anteile eines Landes an den Reichssteuerüberweisungen werden
für jedes Rechnungsjahr, erstmals für das Rechnungsjahr 1935, um den Unterschiedsbetrag
zwischen den Ausgaben und Einnahmen (Zuschußbedarf) seiner bisherigen Justizverwaltung
gekürzt; der Zuschußbedarf wird nach dem Durchschnitt der Rechnungsjahre 1925 bis 1933
berechnet.
§ 10
Die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes
erforderlichen Vorschriften erlassen die beteiligten Reichsminister.
Berlin, den 24. Januar 1935.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk
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