Verordnung über den Ausbau des Reichs-Justizprüfungsamtes.

Vom 27. Februar 1935.


  Nachdem das Reich die Führung der gesamten Justizverwaltung übernommen hat, kann die Durchführung der großen Staatsprüfung örtlichen Stellen überlassen bleiben.

  Die große Staatsprüfung soll ferner mehr als bisher mit dem Vorbereitungsdienst verbunden werden und seinen natürlichen Abschluß bilden.

  Demgemäß bestimme ich auf Grund des Artikels 5 des Ersten Gesetzes zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich vom 16. Februar 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 91) folgendes:

§ 1

  (1) Das Reichs-Justizprüfungsamt leitet das gesamte juristische Prüfungswesen.
  (2) Es stellt die Aufgaben, beaufsichtigt die Prüfungsämter und Prüfungsstellen und sorgt dafür, daß im ganzen Reich nach gleichen Grundsätzen verfahren und nach gleichem Maßstab geurteilt wird.

§ 2

  Die große Staatsprüfung wird von örtlichen Prüfungsstellen abgenommen; die Prüfungsstellen führen die Amtsbezeichnung: "Reichs-Justizprüfungsamt. Prüfungsstelle . . ." .

§ 3

  Prüfungsstellen werden errichtet:
  1. in Berlin für den Bezirk des Kammergerichts und die Oberlandesgerichtsbezirke Braunschweig, Breslau, Celle, Kassel, Kiel, Königsberg, Marienwerder, Naumburg, Oldenburg, Rostock, Stettin;
  2. in Dresden für die Oberlandesgerichtsbezirke Dresden und Jena;
  3. in Düsseldorf für die Oberlandesgerichtsbezirke Düsseldorf, Frankfurt (Main), Hamm und Köln;
  4. in Hamburg für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamburg;
  5. in München für die Oberlandesgerichtsbezirke Bamberg, München und Nürnberg;
  6. in Stuttgart für die Oberlandesgerichtsbezirke Darmstadt, Karlsruhe, Stuttgart, Zweibrücken.

§ 4

  (1) Die Prüfungsstellen erhalten haupt- oder nebenamtliche Leiter und außer nebenamtlichen nach Möglichkeit auch hauptamtliche Mitglieder.
  (2) Der Präsident des Reichs-Justizprüfungsamtes kann bei jeder Prüfungsstelle den Vorsitz in der mündlichen Prüfung übernehmen oder ein Mitglied des Reichs-Justizprüfungsamtes mit seiner Vertretung beauftragen.

§ 5

  (1) Jeder Referendar wird von der für seinen Oberlandesgerichtsbezirk zuständigen Stelle geprüft.
  (2) Referendare, die sich besonders mit Außenhandels- und Seerecht beschäftigt haben, können auf Antrag von der Prüfungsstelle im Hamburg geprüft werden.

§ 6

  (1) Der Referendar kann seine Zulassung zur großen Staatsprüfung oder zu ihrer Wiederholung beantragen, wenn er nur noch zwei Monate Vorbereitungsdienst abzuleisten hat.
  (2) Der Oberlandesgerichtspräsident (oder der sonst die Gesamtausbildung leitende Beamte) prüft, ob der Referendar seinen Vorbereitungsdienst bis auf die letzten zwei Monate ordnungsmäßig abgeschlossen hat, und stellt ihn der Prüfungsstelle nach Zahlung der Prüfungsgebühr mit einer abschließenden Beurteilung unter Beifügung des Zeugnisheftes zur Prüfung vor, falls anzunehmen ist, daß der Referendar das Ziel der Ausbildung erreichen wird.
  (3) Hat das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Referendars während des Vorbereitungsdienstes zu Beanstandungen Anlaß gegeben, so hat der Oberlandesgerichtspräsident zunächst die Entscheidung des Justizministers einzuholen.
  (4) Verzögert sich der Eintritt in die Prüfung durch verspätete Meldung, so verlängert sich der Vorbereitungsdienst entsprechend.

§ 7

  (1) Etwa einen Monat nach Einreichung des Gesuchs schreibt der Referendar zunächst die Aufsichtsarbeit am Sitz des Oberlandesgerichts und erhält unmittelbar im Anschluß daran die Akten für die praktische Arbeit.
  (2) Während der schriftlichen Prüfung ist der Referendar von jedem anderen Dienst befreit; diese Zeit wird auf den Vorbereitungsdienst nicht angerechnet.

§ 8

  Nach Abgabe der Hausarbeit setzt der Referendar den Vorbereitungsdienst fort.

§ 9

  Eine Woche vor Abschluß des Vorbereitungsdienstes übersendet der Oberlandesgerichtspräsident der Prüfungsstelle die Dienstakten des Referendars, die Vorgänge über die erste juristische Prüfung und die letzten Zeugnisse.

§ 10

  Die mündliche Prüfung schließt such unmittelbar an den Vorbereitungsdienst an.

§ 11

  Über das Ergebnis der Prüfung berichtet die Prüfungsstelle dem Präsidenten des Reichs-Justizprüfungsamtes, der das Zeugnis über das Bestehen der Prüfung ausstellt.

§ 12

  (1) Die Entscheidungen der Prüfungsstelle, die eine Beurteilung der Prüfungsleistungen enthalten, können unbeschadet der Vorschrift des § 46 Abs. 3 Satz 3 der Justizausbildungsordnung nicht abgeändert werden.
  (2) Im übrigen kann der Referendar die Entscheidung des Präsidenten des Reichs-Justizprüfungsamtes anrufen; dieser entscheidet endgültig.

§ 13

  Es werden aufgehoben: § 41, § 42 Abs. 3, § 47 der Justizausbildungsordnung, § 57 Absätze 2 und 3, § 58 Abs. 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung der Justizausbildungsordnung.

§ 14

  Diese Verordnung tritt am 1. April 1935 in Kraft; bis dahin bleiben die Zweigstellen des Reichs-Justizprüfungsamtes in Tätigkeit.


  Berlin, den 27. Februar 1935.

Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 342-343.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Verordnung über den Ausbau des Reichs-Justizprüfungsamtes (27.02.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/rjustizpramt_vo.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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