Kaiserliche Ratifikation des Reichsgutachtens über den
Reichsdeputations-Hauptschluß.
[Vom 27. April 1803.]
Von der Römisch Kaiserl. Majestät etc. etc.
Da die zur Erfüllung des fünften und siebenten Artikels des Lüneviller
Friedens bevollmächtigte außerordentliche Reichsdeputation das ihr anvertraute Werk
nunmehr zu Stande gebracht hat, und von Kurfürsten, Fürsten und Ständen des deutschen
Reichs in ihrem gemeinsamen Gutachten vom 24. März
auf dessen Bestätigung angetragen worden ist; so wollen Se. Majestät der Kaiser nicht
verweilen, diesem in seiner Beschaffenheit und in seinen Folgen so wichtigen Werke aus
reichsväterlicher Sorgfalt für die Erhaltung des Friedens und der Ruhe Deutschlands nach
Maaßgabe ihrer Pflichten die gesetzliche Vollendung zu ertheilen.
Der Endzweck, auf welchen in diesem entscheidenden Augenblicke Ihre Aufmerksamkeit
sich richtet, besteht darin, die Erfüllung der von Sr. Kaiserl. Majestät und dem
deutschen Reiche übernommenen Verbindlichkeiten einerseits mit der Erhaltung der
hergebrachten Reichsverfassung, andererseits mit den freundschaftlichen
Rücksichten thunlichst zu vereinbaren, die Allerhöchstdieselben für die Vorschläge der
zwei als Vermittler eingeschrittenen Mächte, so wie für die Wünsche und
Zufriedenheit der Reichsstände tragen.
Es ist dieses der nämliche Zweck, der alle Schritte und Bemühungen Sr.
Majestät des Kaisers bei Zusammenberufung und bei allen Verhandlungen der erwähnten
Reichsdeputation geleitet hat. In Gemäßheit desselben haben Sie Sich während dem Laufe
dieser Verhandlungen dem von den vermittelnden Mächten vorgeschlagenen, von der
Deputation durch entschiedene Stimmenmehrheit angenommenen Entschädigungsplane so
beförderlich erwiesen, als es immer die Vorschrift der maaßgebenden Friedensartikel und
die Gränzen der auf die Erfüllung dieser Artikel und auf die Aufrechterhaltung der damit
vereinbarlichen Reichsverfassung abgezielten Deputationsvollmacht erlauben konnten.
Und mit welcher freiwilligen Mäßigung und großen Rücksichten für die
vermittelnden Mächte und die mit interessirten Reichsstände Se. Kaiserl. Majestät sich
hierbei bestrebt hat, die Behebung der sich ergebenden Anstände, wenn selbe von den
rechtmäßigen Interessen Allerhöchst Ihres Hauses herrührten, zu erleichtern, solches
hat Ihre zu Paris den 26. December v. J. geschlossene Convention an den Tag gelegt, worin
Sie die Verbindlichkeiten des Lüneviller Tractats freiwillig erweitert und die einem
Fürsten Ihres Hauses gebührende volle Entschädigung möglichst beschränket haben.
Eben so haben Se. Kaiserl. Majestät die thunlichste Beförderung in Ansehung
der dem Entschädigungsplane beigerückten, aus der angenommenen Entschädigungs-Basis
nicht geflossenen, oder in die innere Verfassung des deutschen Reichskörpers
eingeschlagenen weitern Anträge bewiesen. Auch hierüber haben Sie Sich durch die
angeführten Rücksichten bewogen gefunden, in vorgedachter Pariser Convention Ihre
Beistimmung zu dem Deputationshauptschlusse vom 23. November v. J. in der Maaßgebung
zuzusagen, daß Sie dabei sämmtliche mit dem Entschädigungsplane an sich vereinbarlichen
Gerechtsame ausdrücklich verwahrten, die Allerhöchstdenenselben theils Ihrer
reichsoberhauptlichen Würde, theils als Regent Ihrer Erbstaaten gebühren; da Sie in
dieser letzten Eigenschaft, gleich wie Sie Ihre Kriegsverluste an den Entschädigungen
keinen Theil bekommen, auch den damit verknüpften Einschränkungen nur in so fern, als es
die Ausführungsmöglichkeit der allgemeinen Entschädigungs-Basis erheischet, unterliegen
können.
Nachdem endlich nach dem Schlusse der Convention vom 26. December zu den
Deputationshauptschlusse vom 23. November noch verschiedene Zusätze, Aenderungen und
Anträge hinzugekommen sind, und daraus der neue Deputationshauptschluß
vom 25. Hornung entstanden ist, auf dessen Gutheißung das Reichsgutachten unter einigen ausdrücklichen
Vorbehaltungen anträgt; so sehen Se. Kaiserl. Majestät Sich nach reiflicher Abwägung
aller bisher angeführten Umstände, und nach dem Gefühle Ihrer aufhabenden theuersten
Pflichten veranlaßt, dem eben genannten Reichsgutachten
Ihre reichsoberhauptliche Genehmigung unter folgenden Bedingnissen zu ertheilen:
Daß die zu Paris am 26. December v. J. geschlossene und zur Kenntniß der
Reichsversammlung vorgelegte Convention in ihrer Kraft und Verbindlichkeit, nach dem
wörtlichen Inhalte ihrer Artikel, insonderheit in Ansehung der in dem 4. Artikel
enthaltenen Vorbehaltungen, aufrecht zu bestehen habe.
Daß, in so fern diese Vorbehaltungen die Sr. Majestät als Kaiser und
Reichsoberhaupte zustehenden Gerechtsamen betreffen, die gesetz- und herkommensmäßige
Ausübung dieser Gerechtsame sowohl die Ausführung des gegenwärtigen Reichsschlusses, als für alle zukünftigen Zeiten
ungeschmälert erhalten werde.
Daß die in dem Reichsgutachten vom 24. December erwähnte Bestätigung der
Reichsgrundgesetze, insonderheit des westphälischen Friedens, und der darauf erfolgten
Friedensschlüssem in so fern solche durch den Lüneviller Tractat und den gegenwärtigen Reichsschluß nicht ausdrücklich abgeändert werden,
deßgleichen die darin angetragene Verwahrung der deutschen Reichsverfassung in allen
übrigen nicht ausdrücklich geänderten Puncten, wie solche für Kurfürsten und Stände
des Reichs, wohin auch der hohe deutsche Orden zu rechnen, und die unmittelbare
Reichsritterschaft mit eingeschlossen, bisher bestanden ist, in wirkliche Ausführung und
Handhabung übergehe.
Daß, nachdem die Bedenken, welche von Sr. Kaiserl. Majestät bei Gelegenheit der
in den früheren Deputationsvorschlägen gemachte Anträge zur Vermehrung der Virilstimmen
im Reichsfürstenrathe geäußert wurden, durch die späteren Vorschläge keineswegs
gehoben worden sind, Se. Kaiserliche Majestät Sich durch Ihre für die Erhaltung der
Reichsverfassung und die Beschützung der katholischen Religion heilig beschwornen
Pflichten gemüßigt sehen, Ihre Ratification über diesen Gegenstand
einstweilen zu suspendiren, und Sich vorzubehalten, durch ein unverzügliches ferneres
Commissiondecret die Erstattung eines weiteren Reichsgutachtens zu dem Ende zu verlangen,
damit durch angemessene Vorschläge dafür gesorgt werde, daß, nachdem dem
protestantischen Religionstheile schon in den Kurfürstlichen und Reichsstädtischen
Collegien eine so entschieden Stimmenmehrheit zufällt, die hergebrachten Verhältnisse
der zwei Religionstheile nicht auch in dem fürstlichen Collegium, bis zur wesentlichen
Ueberschreitung der Stimmenparität, abgeändert werden.
Daß endlich in Ansehung derjenigen Puncte des letzten allgemeinen Deputationsschlusses, deren Erörterung erst noch künftigen
Anträgen und Unterhandlungen zu unterliegen hat, wie dergleichen namentlich in dem
Schlusse des 2. und 39.
§. vorkommen, Sr. Kaiserl. Majestät und dem Reiche die weitere gebührende Einschreitung
vorbehalten bleibe.
Indem nun Se. Kaiserl. Majestät unter diesen vorausgesetzten Bedingnissen dem Reichsgutachten vom 24. März Ihre
reichsoberhauptliche Genehmigung hiemit förmlich ertheilen, so ergreifen Sie auch diese
Gelegenheit, um Ihren und des gesammten Reichs aufrichtigsten Dank für die von den zwei
vermittelnden Mächten in der vorliegenden wichtigen Angelegenheit verwendete Sorgfalt und
Bemühungen öffentlich hiemit abzustatten; gleich wie Sie mit Zuversicht hoffen, daß
gedachte Mächte die hiebei von Seiten Kaisers und Reichs erhaltenen überzeugendsten
Beweise bereitwilliger Rücksicht für Ihre Wünsche und Vorschläge freundschaftlich
erkennen werden, und daß nunmehr gänzlich zu Stande gebrachte Friedenswerk auf das
dauerhafteste versichert und befestigt worden sey.
Es verbleiben übrigens des Höchstansehnlichen Kaiserl. Herrn
Principalcommissarius Hochfürstl. Gnaden den allhier versammelten vortrefflichen Räthen,
Bothschaftern und Gesandten mit freundlichem, auch geneigtem und gnädigen Willen
beständig wohl zugethan.
Signatum Regensburg den 27. April 1803.
(Dictatum 28. ej.) (L. S.)
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Karl, Fst. v. Thurn u. Taxis, mppr.
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