Gesetz, betreffend den außerordentlichen Geldbedarf des
Norddeutschen Bundes zum Zwecke der Erweiterung der Bundes-Kriegsmarine und der
Herstellung der Küstenvertheidigung.
Vom 9. November 1867.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes
und des Reichstages, was folgt:
§. 1.
Zur Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben für die
Bundesmarine, soweit dieselben während der nächsten Jahre nach Maaßgabe der
Bestimmungen des Artikels 70. der Verfassung
des Norddeutschen Bundes ihre Deckung nicht finden, sowie zu den Kosten der
Küstenvertheidigung sind die erforderlichen Geldmittel bis auf Höhe von zehn Millionen
Thaler durch eine verzinsliche Anleihe zu beschaffen, welche nach Maaßgabe des Bedarfs
allmälig zu realisiren und der Marine-, resp. Militairverwaltung zu überweisen ist.
§. 2.
Die Zinsen dieser Anleihe und die Termine, in welchen dieselben zu
zahlen sind, werden von dem Bundespräsidium festgesetzt. Nach dessen besonderer Anordnung
werden über die Anleihe Schuldverschreibungen, versehen mit Coupons über die Zinsen für
vier Jahre und Talons zur Erhebung neuer Zinscoupons, von der Bundes-Schuldenverwaltung
ausgefertigt. Die folgenden Serien der Zinscoupons werden den Inhabern der mit der
vorhergehenden Serie ausgegebenen Talons gegen deren Rückgabe verabfolgt; wird hiergegen
vor der Ausreichung der neuen Coupons Widerspruch erhoben, so erfolgt dieselbe an die
Besitzer der Schuldverschreibungen gegen besondere Quittung.
§. 3.
[1] Die Anleihe ist vom Jahre 1873. ab jährlich mit mindestens
Einem Prozent des Schuldkapitals zu tilgen. Außerdem werden zur Tilgung der Anleihe die
durch allmälige Abtragung des Schuldkapitals ersparten Zinsen in der Art verwendet, daß
dieselben dem Tilgungsfonds in ununterbrochener Zeitfolge zuwachsen. Unerhoben gebliebene
Zinsen verjähren binnen vier Jahren, von der Verfallszeit an gerechnet, und fallen
demnächst dem Tilgungsfonds zu.
[2] Dem Norddeutschen Bundes bleibt das Recht vorbehalten, den hiernach zu
berechnenden Tilgungsfonds, welcher niemals verringert werden darf, zu verstärken, oder
auch die sämmtlichen Schuldverschreibungen zur Rückzahlung nach sechsmonatiger Frist auf
einmal zu kündigen.
[3] Den Inhabern der Schuldverschreibungen steht kein Kündigungsrecht gegen den
Norddeutschen Bunde zu.
§. 4.
Die zur Tilgung und Verzinsung dieser Anleihe erforderlichen
Mittel müssen der Bundes-Schuldenverwaltung aus den bereitesten Einkünften des
Norddeutschen Bundes zur Verfallzeit zur Verfügung gestellt werden.
§. 5.
[1] Die Tilgung geschieht in der Art, daß die für jedes Jahr
dazu bestimmten Fonds (§. 3.) zum Ankauf eines entsprechenden Betrages
von Schuldverschreibungen verwendet werden. Insoweit jedoch der Ankauf nicht unter dem
Nennwerthe bewirkt werden kann, werden die in dem betreffenden Jahre einzulösenden
Schuldverschreibungen in halbjährigen Raten in den Monaten März und September
öffentlich ausgelooset und die gezogenen Nummern zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Sechs Monate nach erfolgter Bekanntmachung der gezogenen Nummern können die Inhaber der
ausgelooseten Schuldverschreibungen den Kapitalbetrag baar in Empfang nehmen. Ueber diesen
Termin hinaus werden die etwa unabgehoben gebliebenen Kapitalbeträge nicht weiter
verzinset. Die letzteren verjähren in dreißig Jahren nach eingetretener Fälligkeit zu
Gunsten der Bundeskasse.
[2] Mit den Schuldverschreibungen sind zugleich die ausgereichten, nach deren
Zahlungstermine fälligen Zinscoupons einzuliefern.
[3] Geschieht dies nicht, so wird der Betrag der fehlenden Zinscoupons von dem
Kapitale gekürzt und zur Einlösung dieser Coupons verwendet.
§. 6.
In Ansehung der verlorenen oder
vernichteten Schuldverschreibungen oder Zinscoupons finden auf die Preußischen
Staatsschuldscheine und deren Zinscoupons Bezug habenden §§. 1. bis 13. der Verordnung
vom 16. Juni 1819. wegen des Aufgebots und der Amortisation verlorener oder vernichteter
Staatspapiere (Preußische Gesetz-Samml. von 1819. S. 157) mit nachstehend näheren
Bestimmungen Anwendung: |
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a) Die §. 1. jener Verordnung vorgeschriebene Anzeige muß der
Bundes-Schuldenverwaltung gemacht werden. Dieser werden alle diejenigen Geschäfte und
Befugnisse beigelegt, welche nach der angeführten Verordnung dem Staatsministerium
zukommen.
b) Das im §. 5. gedachte Aufgebot erfolgt bei dem Stadtgerichte zu Berlin.
c) Die in den §§. 6. 9. und 12. vorgeschriebenen Bekanntmachungen sollen durch den
Preußischen Staatsanzeiger oder die Zeitung, welche an seine Stelle tritt, und durch je
eine der in Leipzig, Hamburg und Frankfurt a. M. erscheinenden Zeitungen, deren Bestimmung
der Bundes-Schuldenverwaltung überlassen bleibt, erfolgen. |
§. 7.
An Stelle der Anleihe von zehn Millionen Thaler (§. 1.)
können vorübergehend verzinsliche Schatzanweisungen, längstens auf Ein Jahr lautend,
ausgegeben werden. Dieselben sind aus dem Ertrage der Anleihe, je nachdem dieselbe
realisirt wird, wieder einzulösen, inzwischen aber aus den bereitesten Einkünften des
Norddeutschen Bundes zu verzinsen, beziehungsweise einzulösen.
§. 8.
[1] Die Ausgabe der Schatzanweisungen ist durch die Bundeskasse zu
bewirken.
[2] Die Zinsen auf Schatzanweisungen verjähren binnen vier Jahren, die
verschriebenen Kapitalbeträge binnen dreißig Jahren nach Eintritt des in jeder
Schatzanweisung auszudrückenden Fälligkeitstermins.
§. 9.
Die auf Grund dieses Gesetzes jährlich zu verwendenden Beträge
sind in den Bundeshaushalts-Etat des betreffenden Jahres aufzunehmen. Für das Jahr 1868.
werden der Marineverwaltung 3,100,000 Thaler und der Militairverwaltung zur
Küstenbefestigung 500,000 Thaler zur Verfügung gestellt.
§. 10.
Die Ausführung dieses Gesetzes wird dem Bundeskanzler übertragen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Bundes-Insiegel.
Gegeben Berlin, den 9. November 1867.
(L. S.) Wilhelm.
Gr. v. Bismarck-Schönhausen.
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