[Geleitwort zur Verfassung des Freistaates Sachsen.

von 1920.]


Zum Geleit !

Die durch den Vereinigten revolutionären Arbeiter- und Soldatenrat am 15. November 1918 berufenen Volksbeauftragten schrieben als Gesamtministerium durch Verordnung vom 27. Dezember 1918 die Wahlen zur Volkskammer der Republik Sachsen für den 2. Januar aus.

Das von allen über 20 Jahre alten Männern und Frauen gewählte Parlament, das aus 42 Sozialdemokraten, 22 Demokraten, 15 unabhängigen Sozialdemokraten, 13 Deutschnationalen und 4 Mitgliedern der Deutschen Volkspartei bestand, hatte als vornehmste Aufgabe die Herstellung einer Verfassung, eines Grundgesetzes für den neuen Volksstaat zu erledigen.

Nach der Verabschiedung der Reichsverfassung vom 11. August 1919 durch die Nationalversammlung in Weimar waren die Richtlinien scharf gezeichnet, nach denen nunmehr auch die Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten der Deutschen Republik entworfen und verabschiedet werden konnten.

Die Regierung übergab der Volkskammer am 19. April 1920 den Entwurf einer Verfassung, die endgültig an die Stelle des vorläufigen Grundgesetzes vom 28. Februar 1919 treten sollte. Nach der am 12. Mai 1920 in der Volkskammer stattgefundenen ersten Lesung des Regierungsentwurfs wurde die Vorlage einem aus 18 Mitgliedern bestehenden Sonderausschuß überwiesen, der im Verein mit Ministern und Regierungsbeauftragten den Entwurf in 19 Sitzungen durchberaten und nach unwesentlichen Aenderungen der Regierungsvorlage seinen Bericht am 20. Oktober 1920 der Volkskammer vorgelegt hat. Diese hat am 26. Oktober 1920 einstimmig die Verfassung angenommen.

Der organisatorische Aufbau der Deutschen Republik ist durch die Reichsverfassung vollendet. So wie Artikel 1 der Reichsverfassung verkündet: "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus", tut es auch in der Sächsischen Verfassung Artikel 2. Das Volk in seiner Gesamtheit hat sich durch seine berufenen Vertreter selbst das Grundgesetz gegeben, das nunmehr richtunggebend für alle weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen ist, das allen unseren Volksgenossen weitgehende Rechte gibt, aber auch von jedem einzelnen Pflichten fordert.

Das Bewußtsein auch in der heranreifenden Jugend, in jedem einzelnen, zu fördern und zu festigen, daß der nach dem Zusammenbruch des alten Deutschland und seiner Bundesstaaten neu werdende Volksstaat, sein Staat, sein Vaterland ist, daß das Wohlergehen dieses Staates auch das Wohlergehen jedes seiner gleichberechtigten Volksgenossen bedeutet und daß dieser Gedanke Gemeingut der Zeitgenossen und der zukünftigen Generationen sein und bleiben muß zum Schirm und Schutz der jungen Republik, hat das Gesamtministerium des Freistaates Sachsen bestimmt, in seiner Sitzung vom 18. November 1921 auf die Anregung der Landesstelle Sachsen der Reichszentrale für Heimatdienst zu beschließen, eine größere Auflage dieses Büchleins in Druck zu geben und zur zweckentsprechenden Verteilung zu bringen.

Möge es allen Empfängern ein Berater und Hilfsmittel bei dem staatsbürgerlichen Unterricht sein.

 

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Quelle: Landesabteilung Sachsen der Reichszentrale für Heimatdienst [Hrsg.]: Verfassung des Freistaates Sachsen mit dem Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid, Dresden 1921, S. 2.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Geleitwort zur Verfassung des Freistaates Sachsen (1920), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/wr/1920/verfassung-freistaat-sachsen_glw.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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