Vereinbarung
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Deutschen Demokratischen Republik
zur Durchführung und Auslegung des am 31. August 1990
in Berlin unterzeichneten Vertrages
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Deutschen Demokratischen Republik
über die Herstellung der Einheit Deutschlands
Einigungsvertrag
vom 18. September 1990
Auszug
Die Bundesrepublik Deutschland
und
die Deutsche Demokratische Republik
in dem Bestreben, die Durchführung und Auslegung des am 31. August
1990 in Berlin unterzeichneten Vertrages zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung
der Einheit Deutschlands Einigungsvertrag sicherzustellen,
in Ausfüllung des Artikels 9 Abs. 3 des Einigungsvertrags
sind übereingekommen, eine Vereinbarung mit den nachfolgenden Bestim[m]ungen zu
schließen:
Artikel 1
Zu der Frage der weiteren Vorgehensweise hinsichtlich der vom
ehemaligen Staatssicherheitsdienst der Deutschen Demokratischen Republik gewonnenen
personenbezogenen Informationen stellen die Regierungen der beiden Vertragsparteien
übereinstimmend fest:
1. Sie erwarten, daß der gesamtdeutsche Gesetzgeber die Grundsätze, wie sie
in dem von der Volkskammer am 24. August 1990 verabschiedeten Gesetz über die Sicherung
und Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/
Amtes für Nationale Sicherheit zum Ausdruck kommen, umfassend berücksichtigt.
2. Sie erwarten, daß der gesamtdeutsche Gesetzgeber die Voraussetzungen
dafür schafft, daß die politische, historische und juristische Aufarbeitung der
Tätigkeit des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/ Amtes für Nationale
Sicherheit gewährleistet bleibt.
3. Sie gehen davon aus, daß ein angemessener Ausgleich zwischen
der politischen, historischen und juristischen Aufarbeitung,
der Sicherung der individuellen Rechte der Betroffenen und
dem gebotenen Schutz des einzelnen vor unbefugter Verwendung seiner
persönlichen Daten
geschaffen wird.
4. Sie gehen davon aus, daß von den in Artikel 1 des Einigungsvertrags
genannten Ländern bestellte Beauftragte den Sonderbeauftragten bei der Erfüllung seiner
gesetzlichen Aufgaben beraten und unterstützen, damit die Interessen der Bürger der
neuen Bundesländer in besonderer Weise Berücksichtigung finden.
5. Sie stellen Einvernehmen darüber fest, daß bei zentraler Verwaltung die
sichere Verwahrung, Archivierung und Nutzung der Unterlagen zentral und regional erfolgen
kann. In wichtigen Angelegenheiten der sicheren Verwahrung, Archivierung und Nutzung der
Unterlagen soll sich der Sonderbeauftragte mit dem Beauftragten des jeweiligen Landes
ins Benehmen setzen.
6. Sie gehen davon aus, daß so bald wie möglich den Betroffenen ein
Auskunftsrecht unter Wahrung der schutzwürdigen Interessen Dritter
eingeräumt wird.
7. Sie gehen davon aus, daß der Sonderbeauftragte unverzüglich eine
Benutzerordnung erläßt, die die gesetzlichen Vorgaben ausfüllt. Mit dieser
Benutzerordnung werden zugleich Inhalt, Art und Umfang der Beratung und Unterstützung
durch die Landesbeauftragten näher bestimmt.
8. Sie gehen davon aus, daß bis auf die unumgängliche Mitwirkung bei der
Aufklärung und Verfolgung von Straftaten entsprechend § 2 Abs. 1 Nr. 4 der Maßgabe b)
zum Bundesarchivgesetz die Nutzung oder Übermittlung von Daten für
nachrichtendienstliche Zwecke ausgeschlossen wird. Der Bundesminister des Innern wird das
Bundesamt für Verfassungsschutz anweisen, bis zum Erlaß der in Nummer 7
genannten Benutzerordnung keine diesbezüglichen Anfragen an den Sonderbeauftragten zu
richten. Die verwendeten Informationen aus den Akten sind so zu kennzeichnen, daß
Art, Umfang und Herkunft der übermittelten Daten kontrollierbar und eine abschließende
gesetzgeberische Entscheidung über den Verbleib der Daten möglich bleibt.
9. Die Regierungen der beiden Vertragsparteien gehen davon aus, daß die
Gesetzgebungsarbeit zur endgültigen Regelung dieser Materie unverzüglich nach dem 3.
Oktober 1990 aufgenommen wird. Dabei soll das Volkskammergesetz in Verbindung mit dem Einigungsvertrag als Grundlage dienen.
Artikel 2
Die vertragschließenden Seiten geben ihrer Absicht Ausdruck,
gemäß Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik vom 14. April 1990
für eine gerechte Entschädigung materieller Verluste der Opfer des NS-Regimes
einzutreten. In der Kontinuität der Politik der Bundesrepublik Deutschland ist die
Bundesregierung bereit, mit der Claims Conference Vereinbarungen über eine
zusätzliche Fondslösung zu treffen, um Härteleistungen an die Verfolgten vorzusehen,
die nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland bisher keine
oder nur geringfügige Entschädigungen erhalten haben.
Artikel 3
Das nachfolgend aufgeführte
Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt nach Wirksamwerden des Beitritts in
Kraft. Artikel 9 Abs. 4 des Vertrags gilt entsprechend.
Zu Kapitel II (Geschäftsbereich des Bundesministers des
Innern)
1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu Landtagen in der
Deutschen Demokratischen Republik vom 22. Juli 1990 (Länderwahlgesetz LWG) vom 30.
August 1990 (GBl. I Nr. 58 S. 1422)
2. Die §§ 4, 8 und 10 des Gesetzes über Rechtsverhältnisse der
Abgeordneten der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. Mai 1990 (GBl.
I Nr. 30 S. 274) gelten mit folgenden Maßgaben fort: |
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a) Abgeordnete der Volkskammer der Deutschen Demokratischen
Republik erhalten Übergangsgeld für die Dauer von drei Monaten gemäß § 8 Abs. 1 in
Höhe der Entschädigung nach § 4 Abs. 1. Übersteigt die Dauer der Mitgliedschaft in der
Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik in der 10. Legislaturperiode drei
Monate, so wird für jeden weiteren Monat der Mitgliedschaft, längstens für drei weitere
Monate, ein um 30 vom Hundert gekürztes Übergangsgeld nach Satz 1 gewährt.
b) Bezüge aus der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, im Europäischen
Parlament oder in einem Landesparlament, aus einem Amtsverhältnis, aus einer Verwendung
im öffentlichen Dienst, aus einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis,
aus einer selbständigen Tätigkeit sowie Renten werden angerechnet. Beim
Zusammentreffen eines Übergangsgeldes nach Nummer 1 mit einem Übergangsgeld aus einer
Tätigkeit als Mitglied des Ministerrates/ Staatssekretär ist § 10 Abs. 1 sinngemäß
anzuwenden.
c) Die Leistungen unterliegen der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
d) Die Zeiten des Bezugs dieser Leistungen sind wie Arbeitsrechtsverhältnisse
im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung einzutragen.
e) Die Zeiten des Bezugs dieser Leistungen gelten bei der Gewährung und
Berechnung von Renten der Sozialversicherung als versicherungspflichtige Tätigkeit. Im
Berechnungszeitraum für Alters- und Invalidenrenten liegende Zeiten des Bezugs dieser
Leistungen bleiben bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes unberücksichtigt, wenn
es für den Rentner günstiger ist.
f) Die von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik in das
Europäische Parlament entsandten Abgeordneten erhalten für die laufende
Legislaturperiode des Europäischen Parlaments die Rechtsstellung eines Mitglieds des
Europäischen Parlaments nach dem Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder
des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland vom 6. April 1979 (BGBl. I
S. 413) in der jeweils geltenden Fassung unter Beibehaltung ihrer beratenden
Funktion, soweit und solange der gesamtdeutsche Gesetzgeber keine andere Regelung
getroffen hat. |
3. Beschluß des Ministerrats der Deutschen Demokratischen Republik über
Regelungen zur sozialen Sicherstellung für ausscheidende Mitglieder des Ministerrates vom
8. Februar 1990 in der Fassung des Beschlusses vom 8. August 1990 (GBl. I Nr. 62 S. . . .)
und Beschluß des Ministerrats der Deutschen Demokratischen Republik zur sozialen
Sicherstellung für aus ihren Funktionen ausscheidende Staatssekretäre vom 29. August
1990 (GBl. I Nr. 62 S. . . .)
mit folgenden Maßgaben:
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a) Mitglieder des Ministerrates, die aus nicht in ihrer
Person liegenden Gründen aus der Regierung ausscheiden, das Rentenalter noch nicht
erreicht haben und nicht sofort eine andere Tätigkeit aufnehmen können oder bei denen
die Aufnahme einer solchen mit einer Einkommensminderung verbunden ist, erhalten ein
Übergangsgeld.
Das Übergangsgeld wird für die auf den Tag des Ausscheidens folgenden drei Monate in
Höhe des im letzten Monat vor dem Ausscheiden gezahlten Gehalts gewährt. Übersteigt die
Dauer der Mitgliedschaft im Ministerrat drei Monate, so wird für jeden weiteren Monat der
Mitgliedschaft, längstens für drei weiter Monate, ein um 30 vom Hundert gekürztes
Übergangsgeld nach, Satz 1 gezahlt.
b) Bezüge aus der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, im
Europäischen Parlament oder in einem Landesparlament, aus einem Amtsverhältnis, aus
einer Verwendung im öffentlichen Dienst, aus einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis
oder aus einer selbständigen Tätigkeit sowie Renten werden angerechnet.
c) Die Leistungen unterliegen der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
d) Die Zeiten des Bezugs dieser Leistungen sind wie
Arbeitsrechtsverhältnisse im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung einzutragen.
e) Die Zeiten des Bezugs dieser Leistungen gelten bei der Gewährung und
Berechnung von Renten der Sozialversicherung als versicherungspflichtige Tätigkeit. Im
Berechnungszeitraum für Alters- und Invalidenrenten liegende Zeiten des Bezugs dieser
Leistungen bleiben bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes unberücksichtigt, wenn
es für den Rentner günstiger ist. |
4. Erste
Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler
Vertretungen Entschädigungsverordnung vom 4. September 1990 (GBl. I Nr. 60
S. 1473)
[...] |
Artikel 6
Bei Zweifeln oder Unstimmigkeiten über den Inhalt des Vertrags oder seiner Anlagen ist diese Vereinbarung
maßgebend.
Artikel 7
Diese Vereinbarung tritt gleichzeitig mit dem am 31. August 1990 unterzeichneten
Vertrag in Kraft.
Bonn, den 18. September 1990
Für die Bundesrepublik Deutschland
Schäuble
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Berlin, den 18. September 1990
Für die Deutsche Demokratische Republik
Günther Krause
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