Vertrag
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Deutschen Demokratischen Republik
über die Herstellung der Einheit Deutschlands
Einigungsvertrag
[Vom 31. August 1990]
Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische
Republik
entschlossen, die Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit als gleichberechtigtes
Glied der Völkergemeinschaft in freier Selbstbestimmung zu vollenden,
ausgehend von dem Wunsch der Menschen in beiden Teilen Deutschlands, gemeinsam in Frieden
und Freiheit in einem rechtsstaatlich geordneten, demokratischen und sozialen Bundesstaat
zu leben,
in dankbarem Respekt vor denen, die auf friedliche Weise der Freiheit zum Durchbruch
verholfen haben, die an der Aufgabe der Herstellung der Einheit Deutschlands unbeirrt
festgehalten haben und sie vollenden,
im Bewußtsein der Kontinuität deutscher Geschichte und eingedenk der sich aus unserer
Vergangenheit ergebenden besonderen Verantwortung für eine demokratische Entwicklung in
Deutschland, die der Achtung der Menschenrechte und dem Frieden verpflichtet bleibt,
in dem Bestreben, durch die deutsche Einheit einen Beitrag zur Einigung Europas und zum
Aufbau einer europäischen Friedensordnung zu leisten, in der Grenzen nicht mehr trennen
und die allen europäischen Völkern ein vertrauensvolles Zusammenleben gewährleistet,
in dem Bewußtsein, daß die Unverletzlichkeit der Grenzen und der territorialen
Integrität und Souveränität aller Staaten in Europa in ihren Grenzen eine grundlegende
Bedingung für den Frieden ist
sind übereingekommen, einen Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands mit
den nachfolgenden Bestimmungen zu schließen:
Kapitel I
Wirkung des Beitritts
Artikel 1
Länder
(1) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 werden die
Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Länder der Bundesrepublik Deutschland. Für die Bildung und die Grenzen dieser Länder
untereinander sind die Bestimmungen des Verfassungsgesetzes zur Bildung von Ländern in
der Deutschen Demokratischen Republik vom 22. Juli 1990 Ländereinführungsgesetz
(GBl. I Nr. 51 S. 955) gemäß Anlage II[1]
maßgebend.
(2) Die 23 Bezirke von Berlin bilden das Land Berlin.[2]
Artikel 2
Hauptstadt, Tag der Deutschen Einheit
(1) Hauptstadt Deutschlands ist Berlin. Die Frage des Sitzes von
Parlament und Regierung wird nach der Herstellung der Einheit Deutschlands entschieden.[3]
(2) Der 3. Oktober ist als Tag der Deutschen Einheit
gesetzlicher Feiertag.[4]
Kapitel II
Grundgesetz
Artikel 3
Inkrafttreten des Grundgesetzes
Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten
bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1983 (BGBl. I S.
1481), in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem es bisher nicht galt, mit den sich
aus Artikel 4 ergebenden Änderungen in Kraft, soweit in diesem Vertrag
nichts anderes bestimmt ist.
Artikel 4
Beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes
Das Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland wird wie folgt geändert: |
- Die Präambel wird wie folgt gefaßt:
"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden
der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt
dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen,
Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen
haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit
gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk."
- Artikel 23 wird aufgehoben.
- Artikel 51 Abs. 2 des Grundgesetzes wird wie folgt gefaßt:
"(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen
Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit
mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen."
- Der bisherige Wortlaut des Artikels 135 a
wird Absatz 1. Nach Absatz 1 wird folgender Absatz angefügt:
"(2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung auf Verbindlichkeiten der Deutschen
Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger sowie auf Verbindlichkeiten des Bundes
oder anderer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die mit dem Übergang
von Vermögenswerten der Deutschen Demokratischen Republik auf Bund, Länder und Gemeinden
im Zusammenhang stehen, und auf Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der Deutschen
Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger beruhen."
- In das Grundgesetz wird folgender neuer
Artikel 143 eingefügt:[5]
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"Artikel 143 |
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(1) Recht in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags
genannten Gebiet kann längstens bis zum 31. Dezember 1992 von Bestimmungen dieses Grundgesetzes abweichen, soweit und solange
infolge der unterschiedlichen Verhältnisse die völlige Anpassung an die grundgesetzliche
Ordnung noch nicht erreicht werden kann. Abweichungen dürfen nicht gegen Artikel 19 Abs. 2 verstoßen und müssen mit den in
Artikel 79 Abs. 3 genannten Grundsätzen
vereinbar sein.
(2) Abweichungen von den Abschnitten II, VIII, VIII a, IX, X und XI sind längstens bis zum 31. Dezember
1995 zulässig.
(3) Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des
Einigungsvertrags und Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit Bestand, als sie
vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses
Vertrags genannten Gebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden." |
Artikel 146 wird wie
folgt gefaßt:
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"Artikel 146 |
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Dieses Grundgesetz, das nach
Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt,
verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem
deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist." |
Artikel 5
Künftige Verfassungsänderungen
Die Regierungen der beiden Vertragsparteien empfehlen den
gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands, sich innerhalb von zwei Jahren
mit den im Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung oder
Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen,
insbesondere
in bezug auf das Verhältnis zwischen Bund und Ländern entsprechend dem
Gemeinsamen Beschluß der Ministerpräsidenten vom 5. Juli 1990,
in bezug auf die Möglichkeit einer Neugliederung für den Raum
Berlin/Brandenburg abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 des Grundgesetzes durch Vereinbarung der
beteiligten Länder,
mit den Überlegungen zur Aufnahme von Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz sowie
mit der Frage der Anwendung des Artikels 146 des Grundgesetzes und in deren Rahmen einer
Volksabstimmung.
Artikel 6
Ausnahmebestimmung
Artikel 131 des Grundgesetzes wird in dem in Artikel 3 genannten Gebiet vorerst nicht in Kraft gesetzt.
Artikel 7
Finanzverfassung
(1) Die Finanzverfassung der Bundesrepublik
Deutschland wird auf das in Artikel 3 genannte Gebiet erstreckt, soweit
in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist.
(2) Für die Verteilung des Steueraufkommens auf den Bund sowie auf die Länder und
Gemeinden (Gemeindeverbände) in dem in Artikel 3 genannten Gebiet gelten
die Bestimmungen des Artikels 106 des Grundgesetzes mit der Maßgabe, daß |
- bis zum 31. Dezember 1994 Absatz 3 Satz 4 und Absatz 4 keine Anwendung finden;
- bis zum 31. Dezember 1996 der Anteil der Gemeinden an dem Aufkommen der Einkommensteuer
nach Artikel 106 Abs. 5 des Grundgesetzes von den Ländern an die Gemeinden
nicht auf der Grundlage der Einkommensteuerleistung ihrer Einwohner, sondern nach der
Einwohnerzahl der Gemeinden weitergeleitet wird;
- bis zum 31. Dezember 1994 abweichend von Artikel 106 Abs. 7 des Grundgesetzes den Gemeinden
(Gemeindeverbänden) von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern und
dem gesamten Aufkommen der Landessteuern ein jährlicher Anteil von mindestens 20 vom
Hundert sowie vom Länderanteil aus den Mitteln des Fonds "Deutsche Einheit"
nach Absatz 5 Nr. 1 ein jährlicher Anteil von 40 vom Hundert zufließt.
|
(3) Artikel 107 des Grundgesetzes gilt in dem in Artikel 3 genannten Gebiet mit der Maßgabe, daß bis zum 31. Dezember 1994 zwischen
den bisherigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern in dem in Artikel 3 genannten Gebiet die Regelung des Absatzes 1 Satz 4 nicht angewendet wird
und ein gesamtdeutscher Länderfinanzausgleich (Artikel 107 Abs. 2 des Grundgesetzes) nicht stattfindet. Der
gesamtdeutsche Länderanteil an der Umsatzsteuer wird so in einen Ost- und Westanteil
aufgeteilt, daß im Ergebnis der durchschnittliche Umsatzsteueranteil pro Einwohner in den
Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in
den Jahren 1991 55 vom Hundert 1992 60 vom Hundert 1993 65 vom Hunden 1994 70 vom Hundert
des durchschnittlichen Umsatzsteueranteils pro Einwohner in den Ländern
Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein beträgt. Der Anteil des Landes Berlin
wird vorab nach der Einwohnerzahl berechnet. Die Regelungen dieses Absatzes werden für
1993 in Ansehung der dann vorhandenen Gegebenheiten überprüft.
(4) Das in Artikel 3 genannte Gebiet wird in die Regelungen der Artikel 91 a,
91 b und 104 a Abs. 3 und 4 des Grundgesetzes einschließlich der hierzu ergangenen
Ausführungsbestimmungen nach Maßgabe dieses Vertrags mit Wirkung vom 1. Januar 1991
einbezogen.
(5) Nach Herstellung der deutschen Einheit werden die jährlichen Leistungen
des Fonds "Deutsche Einheit" |
- zu 85 vom Hundert als besondere Unterstützung den Ländern Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem Land Berlin zur
Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs gewährt und auf diese Länder im Verhältnis
ihrer Einwohnerzahl ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) verteilt
sowie
- zu 15 vom Hundert zur Erfüllung zentraler öffentlicher Aufgaben auf dem Gebiet der
vorgenannten Länder verwendet.
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(6) Bei grundlegender Veränderung der
Gegebenheiten werden die Möglichkeiten weiterer Hilfe zum angemessenen Ausgleich der
Finanzkraft für die Länder in dem in Artikel 3 genannten Gebiet von Bund und Ländern
gemeinsam geprüft. |
Kapitel III
Rechtsangleichung
Artikel 8
Überleitung von Bundesrecht
Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt in dem in Artikel 3 genannten Gebiet Bundesrecht in Kraft, soweit es nicht in seinem
Geltungsbereich auf bestimmte Länder oder Landesteile der Bundesrepublik Deutschland
beschränkt ist und soweit durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I[1], nichts anderes bestimmt wird.
Artikel 9
Fortgeltendes Recht der Deutschen Demokratischen Republik
(1) Das im Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags geltende
Recht der Deutschen Demokratischen Republik, das nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes Landesrecht ist, bleibt in Kraft,
soweit es mit dem Grundgesetz ohne
Berücksichtigung des Artikels 143, mit
in dem in Artikel 3 genannten Gebiet in Kraft gesetztem Bundesrecht sowie
mit dem unmittelbar geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar ist und
soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt wird. Recht der Deutschen Demokratischen
Republik, das nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes
Bundesrecht ist und das nicht bundeseinheitlich geregelte Gegenstände betrifft, gilt
unter den Voraussetzungen des Satzes 1 bis zu einer Regelung durch den Bundesgesetzgeber
als Landesrecht fort.
(2) Das in Anlage II[1] aufgeführte
Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt mit den dort genannten Maßgaben in
Kraft, soweit es mit dem Grundgesetz unter
Berücksichtigung dieses Vertrags sowie mit dem unmittelbar geltenden Recht der
Europäischen Gemeinschaften vereinbar ist.
(3) Nach Unterzeichnung dieses Vertrags erlassenes Recht der Deutschen
Demokratischen Republik bleibt in Kraft, sofern es zwischen den Vertragsparteien
vereinbart wird. Absatz 2 bleibt unberührt.
(4) Soweit nach den Absätzen 2 und 3 fortgeltendes Recht Gegenstände der
ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes betrifft, gilt es als Bundesrecht fort. Soweit
es Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung oder der Rahmengesetzgebung betrifft,
gilt es als Bundesrecht fort, wenn und soweit es sich auf Sachgebiete bezieht, die im
übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes
bundesrechtlich geregelt sind.
(5) Das gemäß Anlage II[1] von
der Deutschen Demokratischen Republik erlassene Kirchensteuerrecht gilt in den in Artikel 1 Abs. 1 genannten Ländern als Landesrecht fort.[6]
Artikel 10
Recht der Europäischen Gemeinschaften
(1) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts gelten in dem in Artikel 3 genannten Gebiet die Verträge über die Europäischen Gemeinschaften
nebst Änderungen und Ergänzungen sowie die internationalen Vereinbarungen, Verträge und
Beschlüsse, die in Verbindung mit diesen Verträgen in Kraft getreten sind.
(2) Die auf der Grundlage der Verträge über die Europäischen Gemeinschaften
ergangenen Rechtsakte gelten mit dem Wirksamwerden des Beitritts in dem in Artikel 3 genannten Gebiet, soweit nicht die zuständigen Organe der Europäischen
Gemeinschaften Ausnahmeregelungen erlassen. Diese Ausnahmeregelungen sollen den
verwaltungsmäßigen Bedürfnissen Rechnung tragen und der Vermeidung wirtschaftlicher
Schwierigkeiten dienen.
(3) Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften, deren Umsetzung oder Ausführung
in die Zuständigkeit der Länder fällt, sind von diesen durch landesrechtliche
Vorschriften umzusetzen oder auszuführen.
Kapitel IV
Völkerrechtliche Verträge und Vereinbarungen
Artikel 11
Verträge der Bundesrepublik Deutschland
Die Vertragsparteien gehen davon aus, daß völkerrechtliche
Verträge und Vereinbarungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei
angehört, einschließlich solcher Verträge, die Mitgliedschaften in internationalen
Organisationen oder Institutionen begründen, ihre Gültigkeit behalten und die daraus
folgenden Rechte und Verpflichtungen sich mit Ausnahme der in Anlage I[1] genannten Verträge auch auf das in Artikel 3 genannte Gebiet beziehen. Soweit im Einzelfall Anpassungen erforderlich
werden, wird sich die gesamtdeutsche Regierung mit den jeweiligen Vertragspartnern ins
Benehmen setzen.
Artikel 12
Verträge der Deutschen Demokratischen Republik
(1) Die Vertragsparteien sind sich einig, daß die
völkerrechtlichen Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Zuge der Herstellung
der Einheit Deutschlands unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der
Interessenlage der beteiligten Staaten und der vertraglichen Verpflichtungen der
Bundesrepublik Deutschland sowie nach den Prinzipien einer freiheitlichen, demokratischen
und rechtsstaatlichen Grundordnung und unter Beachtung der Zuständigkeiten der
Europäischen Gemeinschaften mit den Vertragspartnern der Deutschen Demokratischen
Republik zu erörtern sind, um ihre Fortgeltung, Anpassung oder ihr Erlöschen zu regeln
beziehungsweise festzustellen.
(2) Das vereinte Deutschland legt seine Haltung zum Übergang
völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik nach Konsultationen mit
den jeweiligen Vertragspartnern und mit den Europäischen Gemeinschaften, soweit deren
Zuständigkeiten berührt sind, fest.
(3) Beabsichtigt das vereinte Deutschland, in internationale Organisationen
oder in sonstige mehrseitige Verträge einzutreten, denen die Deutsche Demokratische
Republik, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland angehört, so wird Einvernehmen mit
den jeweiligen Vertragspartnern und mit den Europäischen Gemeinschaften, soweit deren
Zuständigkeiten berührt sind, hergestellt.
Kapitel V
Öffentliche Verwaltung und Rechtspflege
Artikel 13
Übergang von Einrichtungen
(1) Verwaltungsorgane und sonstige der
öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen in dem in Artikel 3 genannten Gebiet unterstehen der Regierung des Landes, in dem sie örtlich
gelegen sind. Einrichtungen mit länderübergreifendem Wirkungskreis gehen in die
gemeinsame Trägerschaft der betroffenen Länder über. Soweit Einrichtungen aus mehreren
Teileinrichtungen bestehen, die ihre Aufgaben selbständig erfüllen können, unterstehen
die Teileinrichtungen jeweils der Regierung des Landes, in dem sich die Teileinrichtung
befindet. Die Landesregierung regelt die Überführung oder Abwicklung. § 22 des
Ländereinführungsgesetzes vom 22. Juli 1990 bleibt unberührt.
(2) Soweit die in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Teileinrichtungen
bis zum Wirksamwerden des Beitritts Aufgaben erfüllt haben, die nach der Kompetenzordnung
des Grundgesetzes vom Bund wahrzunehmen
sind, unterstehen sie den zuständigen obersten Bundesbehörden. Diese regeln die
Überführung oder Abwicklung.[7]
(3) Zu den Einrichtungen nach den Absätzen 1 und 2 gehören auch |
- Einrichtungen der Kultur, der Bildung und Wissenschaft sowie des Sports,
- Einrichtungen des Hörfunks und des Fernsehens,
|
deren Rechtsträger die öffentliche Verwaltung ist.[8] |
Artikel 14
Gemeinsame Einrichtungen der Länder
(1) Einrichtungen oder Teile von Einrichtungen, die bis zum
Wirksamwerden des Beitritts Aufgaben erfüllt haben, die nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern wahrzunehmen
sind, werden bis zur endgültigen Regelung durch die in Artikel 1 Abs. 1
genannten Länder als gemeinsame Einrichtungen der Länder weitergeführt. Dies gilt nur,
soweit die übergangsweise Weiterführung für die Erfüllung der Aufgaben der Länder
unerläßlich ist.
(2) Die gemeinsamen Einrichtungen der Länder unterstehen bis zur Wahl der
Ministerpräsidenten der Länder den Landesbevollmächtigten. Danach unterstehen sie den
Ministerpräsidenten. Diese können die Aufsicht dem zuständigen Landesminister
übertragen.
Artikel 15
Übergangsregelungen für die Landesverwaltung
(1) Die Landessprecher in den in Artikel 1 Abs. 1
genannten Ländern und die Regierungsbevollmächtigten in den Bezirken nehmen ihre
bisherigen Aufgaben vom Wirksamwerden des Beitritts bis zur Wahl der Ministerpräsidenten
in der Verantwortung der Bundesregierung wahr und unterstehen deren Weisungen. Die
Landessprecher leiten als Landesbevollmächtigte die Verwaltung ihres Landes und haben ein
Weisungsrecht gegenüber den Bezirksverwaltungsbehörden sowie bei übertragenen Aufgaben
auch gegenüber den Gemeinden und Landkreisen. Soweit in den in Artikel 1
Abs. 1 genannten Ländern bis zum Wirksamwerden des Beitritts Landesbeauftragte bestellt
worden sind, nehmen sie die in den Sätzen 1 und 2 genannten Aufgaben und Befugnisse des
Landessprechers wahr.
(2) Die anderen Länder und der Bund leisten Verwaltungshilfe beim Aufbau der
Landesverwaltung.
(3) Auf Ersuchen der Ministerpräsidenten der in Artikel 1 Abs. 1
genannten Länder leisten die anderen Länder und der Bund Verwaltungshilfe bei der
Durchführung bestimmter Fachaufgaben, und zwar längstens bis zum 30. Juni 1991. Soweit
Stellen und Angehörige der Länder und des Bundes Verwaltungshilfe bei der Durchführung
von Fachaufgaben leisten, räumt der Ministerpräsident ihnen insoweit ein Weisungsrecht
ein.
(4) Soweit der Bund Verwaltungshilfe bei der Durchführung von Fachaufgaben
leistet, stellt er auch die zur Durchführung g der Fachaufgaben erforderlichen
Haushaltsmittel zur Verfügung. Die eingesetzten Haushaltsmittel werden mit dem Anteil des
jeweiligen Landes an den Leistungen des Fonds "Deutsche Einheit" oder an der
Einfuhr-Umsatzsteuer verrechnet.[9]
Artikel 16
Übergangsvorschrift bis zur Bildung einer gesamtberliner Landesregierung
Bis zur Bildung einer gesamtberliner Landesregierung nimmt der
Senat von Berlin gemeinsam mit dem Magistrat die Aufgaben der gesamtberliner
Landesregierung wahr.[10]
Artikel 17
Rehabilitierung
Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Absicht, daß unverzüglich
eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen wird, daß alle Personen rehabilitiert werden
können, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer
rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind. Die
Rehabilitierung dieser Opfer des SED-Unrechts-Regimes ist mit einer angemessenen
Entschädigungsregelung zu verbinden.[11]
Artikel 18
Fortgeltung gerichtlicher Entscheidungen
(1) Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Entscheidungen
der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam und können nach
Maßgabe des gemäß Artikel 8 in Kraft gesetzten oder des gemäß
Artikel 9 fortgeltenden Rechts vollstreckt werden. Nach diesem Recht
richtet sich auch eine Überprüfung der Vereinbarkeit von Entscheidungen und ihrer
Vollstreckung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen. Artikel 17 bleibt
unberührt.
(2) Den durch ein Strafgericht der Deutschen Demokratischen Republik Verurteilten
wird durch diesen Vertrag nach Maßgabe der Anlage I[1]
ein eigenes Recht eingeräumt, eine gerichtliche Kassation rechtskräftiger Entscheidungen
herbeizuführen.
Artikel 19
Fortgeltung von Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung
Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der
Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie
mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar
sind. Im übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten
unberührt.
Artikel 20
Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst
(1) Für die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des
öffentlichen Dienstes zum Zeitpunkt des Beitritts gelten die in Anlage I[1] vereinbarten Übergangsregelungen.
(2) Die Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben (hoheitsrechtliche Befugnisse im
Sinne von Artikel 33 Abs. 4 des Grundgesetzes) ist sobald wie möglich Beamten
zu übertragen. Das Beamtenrecht wird nach Maßgabe der in Anlage I[1] vereinbarten Regelungen eingeführt. Artikel 92 des Grundgesetzes bleibt unberührt.
(3) Das Soldatenrecht wird nach Maßgabe der in Anlage I[1]
vereinbarten Regelungen eingeführt.[12]
Kapitel VI
Öffentliches Vermögen und Schulden
Artikel 21
Verwaltungsvermögen
(1) Das Vermögen der Deutschen Demokratischen Republik, das
unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Verwaltungsvermögen), wird
Bundesvermögen, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989
überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden
(Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägem öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind.[13] Soweit Verwaltungsvermögen überwiegend für Aufgaben des
ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/ des Amtes für Nationale Sicherheit genutzt
wurde, steht es der Treuhandanstalt zu, es sei denn, daß es nach dem genannten Zeitpunkt
bereits neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt worden ist.
(2) Soweit Verwaltungsvermögen nicht Bundesvermögen gemäß Absatz 1 wird, steht
es mit Wirksamwerden des Beitritts demjenigen Träger öffentlicher Verwaltung zu, der
nach dem Grundgesetz für die
Verwaltungsaufgabe zuständig ist.
(3) Vermögenswerte, die dem Zentralstaat oder den Ländern und Gemeinden
(Gemeindeverbänden) von einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts
unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, werden an diese Körperschaft oder ihre
Rechtsnachfolgerin unentgeltlich zurückübertragen; früheres Reichsvermögen wird
Bundesvermögen.
(4) Soweit nach den Absätzen 1 bis 3 oder aufgrund eines Bundesgesetzes
Verwaltungsvermögen Bundesvermögen wird, ist es für die Erfüllung öffentlicher
Aufgaben in dem in Artikel 3 genannten Gebiet zu verwenden. Dies gilt
auch für die Verwendung der Erlöse aus Veräußerungen von Vermögenswerten.
Artikel 22
Finanzvermögen
(1) Öffentliches Vermögen von Rechtsträgern in dem in Artikel 3 genannten Gebiet einschließlich des Grundvermögens und des Vermögens in
der Land- und Forstwirtschaft, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient
(Finanzvermögen), ausgenommen Vermögen der Sozialversicherung, unterliegt, soweit es
nicht der Treuhandanstalt übertragen ist, oder durch Gesetz gemäß § 1 Abs. 1 Sätze 2
und 3 des Treuhandgesetzes Gemeinden, Städten oder Landkreisen übertragen wird, mit
Wirksamwerden des Beitritts der Treuhandverwaltung des Bundes. Soweit Finanzvermögen
überwiegend für Aufgaben des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/ des Amtes
für Nationale Sicherheit genutzt wurde, steht es der Treuhandanstalt zu, es sei denn,
daß es nach dem 1. Oktober 1989 bereits neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken
zugeführt worden ist. Durch Bundesgesetz ist das Finanzvermögen auf den Bund und die in
Artikel 1 genannten Länder so aufzuteilen, daß der Bund und die in
Artikel 1 genannten Länder je die Hälfte des Vermögensgesamtwerts
erhalten. An dem Länderanteil sind die Gemeinden (Gemeindeverbände) angemessen zu
beteiligen. Vermögenswerte, die hiernach der Bund erhält, sind zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben in dem in Artikel 3 genannten Gebiet zu verwenden.
Die Verteilung des Länderanteils auf die einzelnen Länder soll grundsätzlich so
erfolgen, daß das Verhältnis der Gesamtwerte der den einzelnen Ländern übertragenen
Vermögensteile dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen dieser Länder mit Wirksamwerden
des Beitritts ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) entspricht.
Artikel 21 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Bis zu einer gesetzlichen Regelung wird das Finanzvermögen von den
bisher zuständigen Behörden verwaltet, soweit nicht der Bundesminister der Finanzen die
Übernahme der Verwaltung durch Behörden der Bundesvermögensverwaltung anordnet.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Gebietskörperschaften gewähren sich
untereinander auf Verlangen Auskunft über und Einsicht in Grundbücher, Grundakten und
sonstige Vorgänge, die Hinweise zu Vermögenswerten enthalten, deren rechtliche und
tatsächliche Zuordnung zwischen den Gebietskörperschaften ungeklärt oder streitig ist.
(4) Absatz 1 gilt nicht für das zur Wohnungsversorgung genutzte
volkseigene Vermögen, das sich in Rechtsträgerschaft der volkseigenen Betriebe der
Wohnungswirtschaft befindet. Gleiches gilt für volkseigenes Vermögen, für das bereits
konkrete Ausführungsplanungen für Objekte der Wohnungsversorgung vorliegen. Dieses
Vermögen geht mit Wirksamwerden des Beitritts mit gleichzeitiger Übernahme der
anteiligen Schulden in das Eigentum der Kommunen über. Die Kommunen überführen
ihren Wohnungsbestand unter Berücksichtigung sozialer Belange schrittweise in eine
marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft. Dabei soll die Privatisierung auch zur Förderung
der Bildung individuellen Wohneigentums beschleunigt durchgeführt werden. Hinsichtlich
des volkseigenen Wohnungsbestandes staatlicher Einrichtungen, soweit dieser nicht bereits
unter Artikel 21 fällt, bleibt Absatz 1 unberührt.[14]
Artikel 23
Schuldenregelung
(1) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts wird die
bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufene Gesamtverschuldung des Republikhaushalts der
Deutschen Demokratischen Republik von einem nicht rechtsfähigen Sondervermögen des
Bundes übernommen, das die Schuldendienstverpflichtungen erfüllt. Das Sondervermögen
wird ermächtigt, Kredite aufzunehmen |
- zur Tilgung von Schulden des Sondervermögens,
- zur Deckung anfallender Zins- und Kreditbeschaffungskosten,
- zum Zwecke des Ankaufs von Schuldtiteln des Sondervermögens im Wege der Marktpflege.
|
(2) Der Bundesminister der Finanzen verwaltet das
Sondervermögen. Das Sondervermögen kann unter seinem Namen im rechtsgeschäftlichen
Verkehr handeln, klagen und verklagt werden. Der allgemeine Gerichtsstand des
Sondervermögens ist der Sitz der Bundesregierung. Der Bund haftet für die
Verbindlichkeiten des Sondervermögens.
(3) Vom Tage des Wirksamwerdens des Beitritts bis zum 31. Dezember 1993 erstatten
der Bund und die Treuhandanstalt jeweils die Hälfte der vom Sondervermögen erbrachten
Zinsleistungen. Die Erstattung erfolgt bis zum Ersten des Monats, der dem Monat folgt, in
dem das Sondervermögen die in Satz 1 genannten Leistungen erbracht hat.
(4) Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 übernehmen der Bund und die in Artikel 1 genannten Länder und die Treuhandanstalt, die beim Sondervermögen zum
31. Dezember 1993 aufgelaufene Gesamtverschuldung nach Maßgabe des Artikels 27 Abs. 3 des
Vertrags vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und
Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik. Die Verteilung der Schulden im einzelnen wird durch besonderes Gesetz gemäß
Artikel 34 des Gesetzes vom 25. Juli 1990 zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 (BGBl. 1990 II
S. 518) geregelt. Die Anteile der in Artikel 1 genannten Länder an dem
von der Gesamtheit der in Artikel 1 genannten Länder zu übernehmenden
Betrag werden im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des
Beitritts ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) berechnet.
(5) Das Sondervermögen wird mit Ablauf des Jahres 1993 aufgelöst.
(6) Die Bundesrepublik Deutschland tritt mit Wirksamwerden des Beitritts in die von
der Deutschen Demokratischen Republik zu Lasten des Staatshaushalts bis zur Einigung
übernommenen Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen ein. Die in Artikel 1 Abs. 1 genannten Länder und das Land Berlin für den Teil, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, übernehmen für
die auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangenen Bürgschaften, Garantien und
Gewährleistungen gesamtschuldnerisch eine Rückbürgschaft in Höhe von 50 vom Hundert.
Die Schadensbeträge werden zwischen den Ländern im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl zum
Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von
Berlin (West) aufgeteilt.
(7) Die Beteiligung der Deutschen Demokratischen Republik an der Staatsbank Berlin
kann auf die in Artikel 1 genannten Länder übertragen werden. Bis zu
einer Übertragung der Beteiligung nach Satz 1 oder einer Übertragung nach Satz 3 stehen
die Rechte aus der Beteiligung der Deutschen Demokratischen Republik an der Staatsbank
Berlin dem Bund zu. Die Vertragsparteien werden, unbeschadet einer kartellrechtlichen
Prüfung, die Möglichkeit vorsehen, daß die Staatsbank Berlin ganz oder teilweise auf
ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut in der Bundesrepublik Deutschland oder auf
andere Rechtsträger übertragen wird. Werden nicht alle Gegenstände oder
Verbindlichkeiten von einer Übertragung erfaßt, ist der verbleibende Teil der Staatsbank
Berlin abzuwickeln. Der Bund tritt in die Verbindlichkeiten aus der Gewährträgerhaftung
der Deutschen Demokratischen Republik für die Staatsbank Berlin ein. Dies gilt nicht für
Verbindlichkeiten, die nach der Übertragung der Beteiligung nach Satz 1 oder
nach einer Übertragung nach Satz 3 begründet werden. Satz 5 gilt für von der
Staatsbank Berlin in Abwicklung begründete neue Verbindlichkeiten entsprechend. Wird der
Bund aus der Gewährträgerhaftung in Anspruch genommen, wird die Belastung in die
Gesamtverschuldung des Republikhaushalts einbezogen und mit Wirksamwerden des Beitritts in
das nicht rechtsfähige Sondervermögen nach Absatz 1 übernommen. |
Artikel 24
Abwicklung der Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland und der
Bundesrepublik Deutschland
(1) Die Abwicklung der beim Wirksamwerden des Beitritts noch
bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten, soweit sie im Rahmen des Außenhandels- und
Valutamonopols oder in Wahrnehmung anderer staatlicher Aufgaben der Deutschen
Demokratischen Republik bis zum 1. Juli 1990 gegenüber dem Ausland und der Bundesrepublik
Deutschland begründet worden sind, erfolgt auf Weisung und unter Aufsicht des
Bundesministers der Finanzen. In Umschuldungsvereinbarungen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland, die nach Wirksamwerden des Beitritts getroffen werden, sind
auch die in Satz 1 genannten Forderungen einzubeziehen. Die betroffenen Forderungen werden
durch den Bundesminister der Finanzen treuhänderisch verwaltet oder auf den Bund
übertragen, soweit die Forderungen wertberichtigt werden.
(2) Das Sondervermögen gemäß Artikel 23 Abs. 1 übernimmt
bis zum 30. November 1993 gegenüber den mit der Abwicklung beauftragten Instituten die
notwendigen Verwaltungsaufwendungen, die Zinskosten, die durch eine Differenz der
Zinsaufwendungen und Zinserlöse entstehen, sowie die sonstigen Verluste, die den
Instituten während der Abwicklungszeit entstehen, soweit sie durch eigene Mittel nicht
ausgeglichen werden können. Nach dem 30. November 1993 übernehmen der Bund und die
Treuhandanstalt die in Satz 1 genannten Aufwendungen, Kosten und den Verlustausgleich je
zur Hälfte. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
(3) Forderungen und Verbindlichkeiten, die auf die Mitgliedschaft der
Deutschen Demokratischen Republik oder ihrer Einrichtungen im Rat für Gegenseitige
Wirtschaftshilfe zurückgehen, können Gegenstand gesonderter Regelungen der
Bundesrepublik Deutschland sein. Diese Regelungen können auch Forderungen und
Verbindlichkeiten betreffen, die nach dem 30. Juni 1990 entstehen oder entstanden sind.
Artikel 25
Treuhandvermögen
Das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen
Vermögens Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 (GBl. I Nr. 33 S. 300) gilt mit
Wirksamwerden des Beitritts mit folgender Maßgabe fort:
(1) Die Treuhandanstalt ist auch künftig damit beauftragt, gemäß den
Bestimmungen des Treuhandgesetzes die früheren volkseigenen Betriebe wettbewerblich zu
strukturieren und zu privatisieren. Sie wird rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des
öffentlichen Rechts. Die Fach- und Rechtsaufsicht obliegt dem Bundesminister der
Finanzen, der die Fachaufsicht im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und
dem jeweils zuständigen Bundesminister wahrnimmt. Beteiligungen der Treuhandanstalt sind
mittelbare Beteiligungen des Bundes. Änderungen der Satzung bedürfen der Zustimmung der
Bundesregierung.
(2) Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt wird von 16 auf
20, für den ersten Verwaltungsrat auf 23, erhöht. Anstelle- der beiden aus der Mitte der
Volkskammer gewählten Vertreter erhalten die in Artikel 1 genannten
Länder im Verwaltungsrat der Treuhandanstalt je einen Sitz. Abweichend von § 4 Abs. 2
des Treuhandgesetzes werden der Vorsitzende und die übrigen Mitglieder des
Verwaltungsrats von der Bundesregierung berufen.
(3) Die Vertragsparteien bekräftigen, daß das volkseigene Vermögen
ausschließlich und allein zugunsten von Maßnahmen in dem in Artikel 3
genannten Gebiet unabhängig von der haushaltsmäßigen Trägerschaft verwendet wird.
Entsprechend sind Erlöse der Treuhandanstalt gemäß Artikel 26 Abs. 4 und Artikel 27
Abs. 3 des Vertrags vom 18. Mai 1990 zu verwenden. Im Rahmen der Strukturanpassung der
Landwirtschaft können Erlöse der Treuhandanstalt im Einzelfall auch für
Entschuldungsmaßnahmen zu Gunsten von landwirtschaftlichen Unternehmen verwendet werden.
Zuvor sind deren eigene Vermögenswerte einzusetzen. Schulden, die auszugliedernden
Betriebsteilen zuzuordnen sind, bleiben unberücksichtigt. Hilfe zur Entschuldung kann
auch mit der Maßgabe gewährt werden, daß die Unternehmen die gewährten Leistungen im
Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten ganz oder teilweise zurückerstatten.
(4) Die der Treuhandanstalt durch Artikel 27 Abs. 1 des Vertrags vom 18. Mai 1990
eingeräumte Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten wird von insgesamt bis zu 17
Milliarden Deutsche Mark auf bis zu 25 Milliarden Deutsche Mark erhöht. Die vorgenannten
Kredite sollen in der Regel bis zum 31. Dezember 1995 zurückgeführt werden. Der
Bundesminister der Finanzen kann eine Verlängerung der Laufzeiten und bei grundlegend
veränderten Bedingungen eine Überschreitung der Kreditobergrenzen zulassen.
(5) Die Treuhandanstalt wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister
der Finanzen Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen zu übernehmen.
(6) Nach Maßgabe des Artikels 10 Abs. 6 des Vertrags vom 18. Mai 1990 sind
Möglichkeiten vorzusehen, daß den Sparern zu einem späteren Zeitpunkt für den bei der
Umstellung 2 : 1 reduzierten Betrag ein verbrieftes Anteilrecht am volkseigenen Vermögen
eingeräumt werden kann.
(7) Bis zur Feststellung der DM-Eröffnungsbilanz sind die Zins- und
Tilgungsleistungen auf Kredite, die vor dem 30. Juni 1990 aufgenommen wurden, auszusetzen.
Die anfallenden Zinszahlungen sind der Deutschen Kreditbank AG und den anderen Banken
durch die Treuhandanstalt zu erstatten.
Artikel 26
Sondervermögen Deutsche Reichsbahn
(1) Das Eigentum und alle sonstigen Vermögensrechte der Deutschen
Demokratischen Republik sowie das Reichsvermögen in Berlin (West), die zum
Sondervermögen Deutsche Reichsbahn im Sinne des Artikels 26 Abs. 2 des Vertrags vom 18.
Mai 1990 gehören, sind mit Wirksamwerden des Beitritts als Sondervermögen Deutsche
Reichsbahn Vermögen der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören auch alle
Vermögensrechte, die nach dem 8. Mai 1945 entweder mit Mitteln des Sondervermögens
Deutsche Reichsbahn erworben oder die ihrem Betrieb oder dem ihrer Vorgängerverwaltungen
gewidmet worden sind, ohne Rücksicht darauf, für welchen Rechtsträger sie erworben
wurden, es sei denn, sie sind in der Folgezeit mit Zustimmung der Deutschen Reichsbahn
einem anderen Zweck gewidmet worden. Vermögensrechte, die von der Deutschen Reichsbahn
bis zum 31. Januar 1991 in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 4 der Verordnung über
die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom 11. Juli 1990 (GBl. I Nr. 44 S. 718)
benannt werden, gelten nicht als Vermögen, das mit Zustimmung der Deutschen Reichsbahn
einem anderen Zweck gewidmet wurde.
(2) Mit den Vermögensrechten gehen gleichzeitig die mit ihnen im Zusammenhang
stehenden Verbindlichkeiten und Forderungen auf das Sondervermögen Deutsche Reichsbahn
über.
(3) Der Vorsitzer des Vorstands der Deutschen Bundesbahn und der Vorsitzer des
Vorstands der Deutschen Reichsbahn sind für die Koordinierung der beiden Sondervermögen
verantwortlich. Dabei haben sie auf das Ziel hinzuwirken, die beiden Bahnen technisch und
organisatorisch zusammenzuführen.
Artikel 27
Sondervermögen Deutsche Post
(1) Das Eigentum und alle sonstigen Vermögensrechte, die zum
Sondervermögen Deutsche Post gehören, werden Vermögen der Bundesrepublik Deutschland.
Sie werden mit dem Sondervermögen Deutsche Bundespost vereinigt. Dabei gehen mit den
Vermögensrechten gleichzeitig die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten
und Forderungen auf das Sondervermögen Deutsche Bundespost über. Das den hoheitlichen
und politischen Zwecken dienende Vermögen wird mit den entsprechenden Verbindlichkeiten
und Forderungen nicht Bestandteil des Sondervermögens Deutsche Bundespost. Zum
Sondervermögen Deutsche Post gehören auch alle Vermögensrechte, die am 8. Mai 1945 zum
Sondervermögen Deutsche Reichspost gehörten oder die nach dem 8. Mai 1945 entweder mit
Mitteln des früheren Sondervermögens Deutsche Reichspost erworben oder die dem Betrieb
der Deutschen Post gewidmet worden sind, ohne Rücksicht darauf, für welchen
Rechtsträger sie erworben wurden, es sei denn, sie sind in der Folgezeit mit Zustimmung
der Deutschen Post einem anderen Zweck gewidmet worden. Vermögensrechte, die von der
Deutschen Post bis zum 31. Januar 1991 in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 4 der
Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom 11. Juli 1990 benannt
werden, gelten nicht als Vermögen, das mit Zustimmung der Deutschen Post einem anderen
Zweck gewidmet wurde.
(2) Der Bundesminister für Post und Telekommunikation regelt nach Anhörung der
Unternehmen der Deutschen Bundespost abschließend die Aufteilung des Sondervermögens
Deutsche Post in die Teilsondervermögen der drei Unternehmen. Der Bundesminister für
Post und Telekommunikation legt nach Anhörung der drei Unternehmen der Deutschen
Bundespost innerhalb einer Übergangszeit von drei Jahren fest, welche
Vermögensgegenstände den hoheitlichen und politischen Zwecken dienen. Er übernimmt
diese ohne Wertausgleich.
Artikel 28
Wirtschaftsförderung
(1) Mit Wirksamwerden des Beitritts wird das in Artikel 3 genannte Gebiet in die im Bundesgebiet bestehenden Regelungen des Bundes
zur Wirtschaftsförderung unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Europäischen
Gemeinschaften einbezogen. Während einer Übergangszeit werden dabei die besonderen
Bedürfnisse der Strukturanpassung berücksichtigt. Damit wird ein wichtiger Beitrag zu
einer möglichst raschen Entwicklung einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur unter
besonderer Berücksichtigung des Mittelstands geleistet.
(2) Die zuständigen Ressorts bereiten konkrete Maßnahmenprogramme zur
Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums und des Strukturwandels in dem in Artikel 3 genannten Gebiet vor. Die Programme erstrecken sich auf folgende Bereiche:
Maßnahmen der regionalen Wirtschaftsförderung unter Schaffung eines besonderen
Programms zugunsten des in Artikel 3 genannten Gebiets; dabei wird ein
Präferenzvorsprung zugunsten dieses Gebiets sichergestellt;
Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Gemeinden
mit besonderem Schwerpunkt in der wirtschaftsnahen Infrastruktur;
Maßnahmen zur raschen Entwicklung des Mittelstandes;
Maßnahmen zur verstärkten Modernisierung und strukturellen Neuordnung der
Wirtschaft auf der Grundlage von in Eigenverantwortung der Industrie erstellten
Restrukturierungskonzepten (zum Beispiel Sanierungsprogramme, auch für
RGW-Exportproduktion);
Entschuldung von Unternehmen nach Einzelfallprüfung.
Artikel 29
Außenwirtschaftsbeziehungen
(1) Die gewachsenen außenwirtschaftlichen Beziehungen der
Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere die bestehenden vertraglichen
Verpflichtungen gegenüber den Ländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe,
genießen Vertrauensschutz. Sie werden unter Berücksichtigung der Interessen aller
Beteiligten und unter Beachtung marktwirtschaftlicher Grundsätze sowie der
Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaften fortentwickelt und ausgebaut. Die
gesamtdeutsche Regierung wird dafür Sorge tragen, daß diese Beziehungen im Rahmen der
fachlichen Zuständigkeit organisatorisch angemessen geregelt werden.
(2) Die Bundesregierung beziehungsweise die gesamtdeutsche Regierung wird sich mit
den zuständigen Organen der Europäischen Gemeinschaften darüber abstimmen, welche
Ausnahmeregelungen für eine Übergangszeit auf dem Gebiet des Außenhandels im Hinblick
auf Absatz 1 erforderlich sind.
Kapitel VII
Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Gesundheitswesen und Umweltschutz
Artikel 30
Arbeit und Soziales
(1) Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, |
- das Arbeitsvertragsrecht sowie das öffentlich-rechtliche Arbeitszeitrecht
einschließlich der Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit und den besonderen
Frauenarbeitsschutz möglichst bald einheitlich neu zu kodifizieren,
- den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz in Übereinstimmung mit dem Recht der
Europäischen Gemeinschaften und dem damit konformen Teil des Arbeitsschutzrechts der
Deutschen Demokratischen Republik zeitgemäß neu zu regeln.
|
(2) Arbeitnehmer können in dem in Artikel 3 genannten Gebiet ein Altersübergangsgeld nach Vollendung des 57.
Lebensjahres für die Dauer von drei Jahren, längstens bis zum frühestmöglichen Bezug
einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Die Höhe des
Altersübergangsgeldes beträgt 65 vom Hundert des letzten durchschnittlichen
Nettoarbeitsentgelts; für Arbeitnehmer, deren Anspruch bis zum 1. April 1991 entsteht,
wird das Altersübergangsgeld für die ersten 312 Tage um einen Zuschlag von 5
Prozentpunkten erhöht. Das Altersübergangsgeld gewährt die Bundesanstalt für Arbeit in
Anlehnung an die Regelungen des Arbeitslosengeldes, insbesondere der Regelung des § 105 c
des Arbeitsförderungsgesetzes. Die Bundesanstalt für Arbeit kann einen Antrag ablehnen,
wenn feststeht, daß in der Region für die bisherige berufliche Tätigkeit des
Antragstellers ein deutlicher Mangel an Arbeitskräften besteht. Das Altersübergangsgeld
wird vom Bund erstattet, soweit es die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld
übersteigt. Die Altersübergangsgeldregelung findet für neu entstehende Ansprüche bis
zum 31. Dezember 1991 Anwendung. Der Geltungszeitraum kann um ein Jahr verlängert werden.
In der Zeit vom Wirksamwerden des Vertrags bis zum 31. Dezember 1990 können Frauen
Altersübergangsgeld nach Vollendung des 55. Lebensjahres für längstens fünf Jahre,
erhalten.
(3) Der in dem in Artikel 3 genannten Gebiet in Verbindung mit dem
Vertrag vom 18. Mal 1990 eingeführte Sozialzuschlag zu Leistungen der Renten-, Unfall-
und Arbeitslosenversicherung wird auf Neuzugänge bis 31. Dezember 1991 begrenzt. Die
Leistung wird längstens bis zum 30. Juni 1995 gezahlt.
(4) Die Übertragung von Aufgaben der Sozialversicherung auf die einzelnen Träger
hat so zu erfolgen, daß die Erbringung der Leistungen und deren Finanzierung sowie die
personelle Wahrnehmung der Aufgaben gewährleistet wird. Die Vermögensaufteilung (Aktiva
und Passiva) auf die einzelnen Träger der Sozialversicherung wird endgültig durch Gesetz
festgelegt.
(5) Die Einzelheiten der Überleitung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
(Rentenversicherung) und der Vorschriften des Dritten Buches der
Reichsversicherungsordnung (Unfallversicherung) werden in einem Bundesgesetz geregelt.
Für Personen, deren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 1.
Januar 1992 bis 30. Juni 1995 beginnt, wird |
- eine Rente grundsätzlich mindestens in der Höhe des Betrags geleistet, der sich am 30.
Juni 1990 nach dem bis dahin geltenden Rentenrecht in dem in Artikel 3
genannten Gebiet ohne Berücksichtigung von Leistungen aus Zusatz- oder
Sonderversorgungssystemen ergeben hätte,
- eine Rente auch dann bewilligt, wenn am 30. Juni 1990 nach dem bis dahin geltenden
Rentenrecht in dem in Artikel 3 genannten Gebiet ein Rentenanspruch
bestanden hätte.
|
Im übrigen soll die Überleitung von der Zielsetzung
bestimmt sein, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter in dem in Artikel 3
genannten Gebiet an diejenigen in den übrigen Ländern auch eine Angleichung der Renten
zu verwirklichen.
(6) Bei der Fortentwicklung der Berufskrankheitenverordnung ist zu prüfen,
inwieweit die bisher in dem in Artikel 3 des Vertrags genannten Gebiet
geltenden Regelungen berücksichtigt werden können. |
Artikel 31
Familie und Frauen
(1) Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, die
Gesetzgebung zur Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen weiterzuentwickeln.
(2) Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, angesichts
unterschiedlicher rechtlicher und institutioneller Ausgangssituationen bei der
Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern die Rechtslage unter dem Gesichtspunkt der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gestalten.
(3) Um die Weiterführung der Einrichtungen zur Tagesbetreuung von Kindern in dem
in Artikel 3 genannten Gebiet zu gewährleisten, beteiligt sich der Bund
für eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 1991 an den Kosten dieser Einrichtungen.
(4) Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, spätestens bis zum 31.
Dezember 1992 eine Regelung zu treffen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die
verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen vor allem
durch rechtlich gesicherte Ansprüche für Frauen, insbesondere auf Beratung und soziale
Hilfen, besser gewährleistet, als dies in beiden Teilen Deutschlands derzeit der Fall
ist. Zur Verwirklichung dieser Ziele wird in dem in Artikel 3 genannten
Gebiet mit finanzieller Hilfe des Bundes unverzüglich ein flächendeckendes Netz von
Beratungsstellen verschiedener Träger aufgebaut. Die Beratungsstellen sind personell und
finanziell so auszustatten, daß sie ihrer Aufgabe gerecht werden können, schwangere
Frauen zu beraten und ihnen notwendige Hilfen auch über den Zeitpunkt der Geburt
hinaus zu leisten. Kommt eine Regelung in der in Satz 1 genannten Frist nicht
zustande, gilt das materielle Recht in dem in Artikel 3 genannten Gebiet
weiter.
Artikel 32
Freie gesellschaftliche Kräfte
Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Träger der
Freien Jugendhilfe leisten mit ihren Einrichtungen und Diensten einen unverzichtbaren
Beitrag zur Sozialstaatlichkeit des Grundgesetzes.
Der Auf- und Ausbau einer Freien Wohlfahrtspflege und einer Freien Jugendhilfe in dem in
Artikel 3 genannten Gebiet wird im Rahmen der grundgesetzlichen
Zuständigkeiten gefördert.
Artikel 33
Gesundheitswesen
(1) Es ist Aufgabe der Gesetzgeber, die Voraussetzungen dafür zu
schaffen, daß das Niveau der stationären Versorgung der Bevölkerung in dem in
Artikel 3 genannten Gebiet zügig und nachhaltig verbessert und der
Situation im übrigen Bundesgebiet angepaßt wird.
(2) Zur Vermeidung von Defiziten bei den Arzneimittelausgaben der
Krankenversicherung in dem in Artikel 3 genannten Gebiet trifft der
gesamtdeutsche Gesetzgeber eine zeitlich befristete Regelung, durch die der
Herstellerabgabepreis im Sinne der Arzneimittelpreisverordnung um einen Abschlag
verringert wird, der dem Abstand zwischen den beitragspflichtigen Einkommen in dem in
Artikel 3 genannten Gebiet und im heutigen Bundesgebiet entspricht.
Artikel 34
Umweltschutz
(1) Ausgehend von der in Artikel 16 des Vertrags vom 18. Mai 1990
in Verbindung mit dem Umweltrahmengesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 29.
Juni 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 649) begründeten deutschen Umweltunion ist es Aufgabe der
Gesetzgeber, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen unter Beachtung des Vorsorge-,
Verursacher- und Kooperationsprinzips zu schützen und die Einheitlichkeit der
ökologischen Lebensverhältnisse auf hohem, mindestens jedoch dem in der Bundesrepublik
Deutschland erreichten Niveau zu fördern.
(2) Zur Förderung des in Absatz 1 genannten Ziels sind im Rahmen der
grundgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen ökologische Sanierungs- und
Entwicklungsprogramme für das in Artikel 3 genannte Gebiet aufzustellen.
Vorrangig sind Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung
vorzusehen.
Kapitel VIII
Kultur, Bildung und Wissenschaft, Sport
Artikel 35
Kultur
(1) In den Jahren der Teilung waren Kunst und Kultur trotz
unterschiedlicher Entwicklung der beiden Staaten in Deutschland eine Grundlage der
fortbestehenden Einheit der deutschen Nation. Sie leisten im Prozeß der staatlichen
Einheit der Deutschen auf dem Weg zur europäischen Einigung einen eigenständigen und
unverzichtbaren Beitrag. Stellung und Ansehen eines vereinten Deutschlands in der Welt
hängen außer von seinem politischen Gewicht und seiner wirtschaftlichen Leistungskraft
ebenso von seiner Bedeutung als Kulturstaat ab. Vorrangiges Ziel der Auswärtigen
Kulturpolitik ist der Kulturaustausch auf der Grundlage partnerschaftlicher
Zusammenarbeit.
(2) Die kulturelle Substanz in dem in Artikel 3 genannten Gebiet
darf keinen Schaden nehmen.
(3) Die Erfüllung der kulturellen Aufgaben einschließlich ihrer Finanzierung ist
zu sichern, wobei Schutz und Förderung von Kultur und Kunst den neuen Ländern und
Kommunen entsprechend der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes obliegen.
(4) Die bisher zentral geleiteten kulturellen Einrichtungen gehen in die
Trägerschaft der Länder oder Kommunen über, in denen sie gelegen sind. Eine
Mitfinanzierung durch den Bund wird in Ausnahmefällen, insbesondere im Land Berlin, nicht
ausgeschlossen.
(5) Die durch die Nachkriegsereignisse getrennten Teile der ehemals
staatlichen preußischen Sammlungen (unter anderem Staatliche Museen, Staatsbibliotheken,
Geheimes Staatsarchiv, Ibero-Amerikanisches Institut, Staatliches Institut für
Musikforschung) sind in Berlin wieder zusammenzuführen. Die Stiftung Preußischer
Kulturbesitz übernimmt die vorläufige Trägerschaft. Auch für die künftige Regelung
ist eine umfassende Trägerschaft für die ehemals staatlichen preußischen Sammlungen in
Berlin zu finden.
(6) Der Kulturfonds wird zur Förderung von Kultur, Kunst und Künstlern
übergangsweise bis zum 31. Dezember 1994 in dem in Artikel 3 genannten
Gebiet weitergeführt. Eine Mitfinanzierung durch den Bund im Rahmen der
Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes
wird nicht ausgeschlossen. Über eine Nachfolgeeinrichtung ist im Rahmen der Verhandlungen
über den Beitritt der Länder der in Artikel 1 Abs. 1 genannten Länder
zur Kulturstiftung der Länder zu verhandeln.
(7) Zum Ausgleich der Auswirkungen der Teilung Deutschlands kann der Bund
übergangsweise zur Förderung der kulturellen Infrastruktur einzelne kulturelle
Maßnahmen und Einrichtungen in dem in Artikel 3 genannten Gebiet
mitfinanzieren.[15]
Artikel 36
Rundfunk
(1) Der "Rundfunk der DDR" und der
"Deutsche Fernsehfunk" werden als gemeinschaftliche staatsunabhängige,
rechtsfähige Einrichtung von den in Artikel 1 Abs. 1 genannten Ländern
und dem Land Berlin für den Teil, in dem das Grundgesetz
bisher nicht galt, bis spätestens 31. Dezember 1991 weitergeführt, soweit sie Aufgaben
wahrnehmen, für die die Zuständigkeit der Länder gegeben ist. Die Einrichtung hat
die Aufgabe, die Bevölkerung in dem in Artikel 3 genannten Gebiet nach
den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks mit Hörfunk und
Fernsehen zu versorgen. Die bisher der Deutschen Post zugehörige Studiotechnik sowie die
der Produktion und der Verwaltung des Rundfunks und des Fernsehens dienenden
Liegenschaften werden der Einrichtung zugeordnet. Artikel 21 gilt
entsprechend.
(2) Die Organe der Einrichtung sind |
- der Rundfunkbeauftragte,
- der Rundfunkbeirat.
|
(3) Der Rundfunkbeauftragte wird auf Vorschlag
des Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik von der Volkskammer
gewählt. Kommt eine Wahl durch die Volkskammer nicht zustande, wird der
Rundfunkbeauftragte von den Landessprechern der in Artikel 1 Abs. 1
genannten Länder und dem Oberbürgermeister von Berlin mit Mehrheit gewählt. Der
Rundfunkbeauftragte leitet die Einrichtung und vertritt sie gerichtlich und
außergerichtlich. Er ist für die Erfüllung des Auftrags der Einrichtung im Rahmen der
hierfür verfügbaren Mittel verantwortlich und hat für das Jahr 1991 unverzüglich einen
in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushaltsplan aufzustellen.
(4) Dem Rundfunkbeirat gehören 18 anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens als Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen an. Je drei Mitglieder werden von
den Landtagen der in Artikel 1 Abs. 1 genannten Länder und von der
Stadtverordnetenversammlung von Berlin gewählt. Der Rundfunkbeirat hat in allen
Programmfragen ein Beratungsrecht und bei wesentlichen Personal-, Wirtschafts- und
Haushaltsfragen ein Mitwirkungsrecht. Der Rundfunkbeirat kann den Rundfunkbeauftragten mit
der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abberufen. Er kann mit der Mehrheit von
zwei Dritteln seiner Mitglieder einen neuen Rundfunkbeauftragten wählen.
(5) Die Einrichtung finanziert sich vorrangig durch die Einnahmen aus dem
Rundfunkgebührenaufkommen der Rundfunkteilnehmer, die in dem in Artikel 3
genannten Gebiet wohnen. Sie ist insoweit Gläubiger der Rundfunkgebühr, im übrigen
deckt sie ihre Ausgaben durch Einnahmen aus Werbesendungen und durch sonstige Einnahmen.
(6) Innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ist die Einrichtung nach Maßgabe
der föderalen Struktur des Rundfunks durch gemeinsamen Staatsvertrag der in Artikel 1 genannten Länder aufzulösen oder in Anstalten des öffentlichen
Rechts einzelner oder mehrerer Länder überzuführen. Kommt ein Staatsvertrag nach Satz 1
bis zum 31. Dezember 1991 nicht zustande, so ist die Einrichtung mit Ablauf dieser Frist
aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt bestehendes Aktiv- und Passivvermögen geht auf die in
Artikel 1 genannten Länder in Anteilen über. Die Höhe der Anteile
bemißt sich nach dem Verhältnis des Rundfunkgebührenaufkommens nach dem Stand vom 30.
Juni 1991 in dem in Artikel 3 genannten Gebiet. Die Pflicht der Länder
zur Fortführung der Rundfunkversorgung in dem In Artikel 3 genannten
Gebiet bleibt hiervon unberührt.
(7) Mit Inkraftsetzung des Staatsvertrags nach Absatz 6, spätestens am 31.
Dezember 1991, treten die Absätze 1 bis 6 außer Kraft. |
Artikel 37
Bildung
(1) In der Deutschen Demokratischen Republik erworbene oder
staatlich anerkannte schulische, berufliche und akademische Abschlüsse oder
Befähigungsnachweise gelten in dem in Artikel 3 genannten Gebiet weiter.
In dem in Artikel 3 genannten Gebiet oder in den anderen Ländern der
Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegte Prüfungen oder
erworbene Befähigungsnachweise stehen einander gleich und verleihen die gleichen
Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind. Die Gleichwertigkeit wird auf Antrag von der
jeweils zuständigen Stelle festgestellt. Rechtliche Regelungen des Bundes und der
Europäischen Gemeinschaften über die Gleichstellung von Prüfungen oder
Befähigungsnachweisen sowie besondere Regelungen in diesem Vertrag haben Vorrang. Das
Recht auf Führung erworbener, staatlich anerkannter oder verliehener akademischer
Berufsbezeichnungen, Grade und Titel bleibt in jedem Fall unberührt.
(2) Für Lehramtsprüfungen gilt das in der Kultusministerkonferenz übliche
Anerkennungsverfahren. Die Kultusministerkonferenz wird entsprechende Übergangsregelungen
treffen.
(3) Prüfungszeugnisse nach der Systematik der Ausbildungsberufe und der Systematik
der Facharbeiterberufe und Abschlußprüfungen und Gesellenprüfungen in anerkannten
Ausbildungsberufen stehen einander gleich.
(4) Die bei der Neugestaltung des Schulwesens in dem in Artikel 3
genannten Gebiet erforderlichen Regelungen werden von den in Artikel 1
genannten Ländern getroffen. Die notwendigen Regelungen zur Anerkennung von Abschlüssen
schulrechtlicher Art werden in der Kultusministerkonferenz vereinbart. In beiden Fällen
sind Basis das Hamburger Abkommen und die weiteren einschlägigen Vereinbarungen der
Kultusministerkonferenz.
(5) Studenten, die vor Abschluß eines Studiums die Hochschule wechseln, werden
bisher erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen nach den Grundsätzen des § 7 der
Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen (ABD) oder im Rahmen der für die
Zulassung zu Staatsprüfungen geltenden Vorschriften anerkannt.
(6) Die auf Abschlußzeugnissen der Ingenieur- und Fachschulen der Deutschen
Demokratischen Republik bestätigten Hochschulzugangsberechtigungen gelten gemäß
Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 10. Mai 1990 und seiner Anlage B. Weitergehende
Grundsätze und Verfahren für die Anerkennung von Fachschul- und Hochschulabschlüssen
für darauf aufbauende Schul- und Hochschulausbildungen sind im Rahmen der
Kultusministerkonferenz zu entwickeln.
Artikel 38
Wissenschaft und Forschung
(1) Wissenschaft und Forschung bilden auch im vereinten
Deutschland wichtige Grundlagen für Staat und Gesellschaft. Der notwendigen Erneuerung
von Wissenschaft und Forschung unter Erhaltung leistungsfähiger Einrichtungen in dem in
Artikel 3 genannten Gebiet dient eine Begutachtung von öffentlich
getragenen Einrichtungen durch den Wissenschaftsrat, die bis zum 31. Dezember 1991
abgeschlossen sein wird, wobei einzelne Ergebnisse schon vorher schrittweise umgesetzt
werden sollen. Die nachfolgenden Regelungen sollen diese Begutachtung ermöglichen sowie
die Einpassung von Wissenschaft und Forschung in dem in Artikel 3
genannten Gebiet in die gemeinsame Forschungsstruktur der Bundesrepublik Deutschland
gewährleisten.
(2) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts wird die Akademie der Wissenschaften der
Deutschen Demokratischen Republik als Gelehrtensozietät von den Forschungsinstituten und
sonstigen Einrichtungen getrennt. Die Entscheidung, wie die Gelehrtensozietät der
Akademie der Wissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik fortgeführt werden
soll, wird landesrechtlich getroffen. Die Forschungsinstitute und sonstigen Einrichtungen
bestehen zunächst bis zum 31. Dezember 1991 als Einrichtungen der Länder in dem in
Artikel 3 genannten Gebiet fort, soweit sie nicht vorher aufgelöst oder
umgewandelt werden. Die Übergangsfinanzierung dieser Institute und Einrichtungen wird bis
zum 31. Dezember 1991 sichergestellt; die Mittel hierfür werden im Jahr 1991 vom Bund und
den in Artikel 1 genannten Ländern bereitgestellt.
(3) Die Arbeitsverhältnisse der bei den Forschungsinstituten und sonstigen
Einrichtungen der Akademie der Wissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik
beschäftigten Arbeitnehmer bestehen bis zum 31. Dezember 1991 als befristete
Arbeitsverhältnisse mit den Ländern fort, auf die diese Institute und Einrichtungen
übergehen. Das Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung dieser
Arbeitsverhältnisse in den in Anlage I[1] dieses
Vertrags aufgeführten Tatbeständen bleibt unberührt.
(4) Für die Bauakademie der Deutschen Demokratischen Republik und die Akademie der
Landwirtschaftswissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik sowie die
nachgeordneten wissenschaftlichen Einrichtungen des Ministeriums für Ernährung, Land-
und Forstwirtschaft gelten die Absätze 1 bis 3 sinngemäß.
(5) Die Bundesregierung wird mit den Ländern Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen,
die Bund-Länder-Vereinbarungen gemäß Artikel 91 b des Grundgesetzes so anzupassen oder neu
abzuschließen, daß die Bildungsplanung und die Förderung von Einrichtungen und Vorhaben
der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung auf das in Artikel 3 genannte Gebiet erstreckt werden.
(6) Die Bundesregierung strebt an, daß die in der Bundesrepublik Deutschland
bewährten Methoden und Programme der Forschungsförderung so schnell wie möglich auf das
gesamte Bundesgebiet angewendet werden und daß den Wissenschaftlern und
wissenschaftlichen Einrichtungen in dem in Artikel 3 genannten Gebiet der
Zugang zu laufenden Maßnahmen der Forschungsförderung ermöglicht wird. Außerdem sollen
einzelne Förderungsmaßnahmen für Forschung und Entwicklung, die im Bereich der
Bundesrepublik Deutschland terminlich abgeschlossen sind, für das in Artikel 3
genannte Gebiet wieder aufgenommen werden; davon sind steuerliche Maßnahmen ausgenommen.
(7) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik ist
der Forschungsrat der Deutschen Demokratischen Republik aufgelöst.[16]
Artikel 39
Sport
(1) Die in dem in Artikel 3 genannten Gebiet in
Umwandlung befindlichen Strukturen des Sports werden auf Selbstverwaltung umgestellt. Die
öffentlichen Hände fördern den Sport ideell und materiell nach der
Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes.
(2) Der Spitzensport und seine Entwicklung in dem in Artikel 3
genannten Gebiet wird, soweit er sich bewährt hat, weiter gefördert. Die Förderung
erfolgt im Rahmen der in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Regeln und Grundsätze
nach Maßgabe der öffentlichen Haushalte in dem in Artikel 3 genannten
Gebiet. In diesem Rahmen werden das Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport (FKS)
in Leipzig, das vom Internationalen Olympischen Kommittee (IOC) anerkannte
Dopingkontrollabor in Kreischa (bei Dresden) und die Forschungs- und Entwicklungsstelle
für Sportgeräte (FES) in Berlin (Ost) in der jeweils angemessenen Rechtsform
als Einrichtungen im vereinten Deutschland in erforderlichem Umfang fortgeführt
oder bestehenden Einrichtungen angegliedert.
(3) Für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1992 unterstützt der Bund den
Behindertensport.
Kapitel IX
Übergangs- und Schlußbestimmungen
Artikel 40
Verträge und Vereinbarungen
(1) Die Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die
Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik gelten fort, soweit nicht in diesem
Vertrag Abweichendes bestimmt wird oder die Vereinbarungen im Zuge der Herstellung der
Einheit Deutschland gegenstandslos werden.
(2) Soweit Rechte und Pflichten aus sonstigen Verträgen und Vereinbarungen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland oder den Bundesländern und der Deutschen
Demokratischen Republik nicht im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands
gegenstandslos geworden sind, werden sie von den innerstaatlich zuständigen
Rechtsträgern übernommen, angepaßt oder abgewickelt.[17]
Artikel 41
Regelung von Vermögensfragen
(1) Die von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der
Regierung der Deutschen Demokratischen Republik abgegebene Gemeinsame Erklärung vom 15. Juni 1990
zur Regelung offener Vermögensfragen (Anlage III) ist Bestandteil dieses
Vertrages.
(2) Nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelung findet eine Rückübertragung
von Eigentumsrechten an Grundstücken oder Gebäuden nicht statt, wenn das betroffene
Grundstück oder Gebäude für dringende, näher festzulegende Investitionszwecke
benötigt wird, insbesondere der Errichtung einer gewerblichen Betriebsstätte dient und
die Verwirklichung dieser Investitionsentscheidung volkswirtschaftlich förderungswürdig
ist, vor allem Arbeitsplätze schafft oder sichert. Der Investor hat einen die
wesentlichen Merkmale des Vorhabens aufzeigenden Plan vorzulegen und sich zur
Durchführung des Vorhabens auf dieser Basis zu verpflichten. In dem Gesetz ist auch die
Entschädigung des früheren Eigentümers zu regeln.
(3) Im übrigen wird die Bundesrepublik Deutschland keine Rechtsvorschriften
erlassen, die der in Absatz 1 genannten Gemeinsamen Erklärung
widersprechen.
Artikel 42
Entsendung von Abgeordneten
(1) Vor dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen
Demokratischen Republik wählt die Volkskammer auf der Grundlage ihrer Zusammensetzung 144
Abgeordnete zur Entsendung in den 11. Deutschen Bundestag sowie eine ausreichende Anzahl
von Ersatzpersonen. Entsprechende Vorschläge machen die in der Volkskammer vertretenen
Fraktionen und Gruppen.
(2) Die Gewählten erwerben die Mitgliedschaft im 11. Deutschen Bundestag aufgrund
der Annahmeerklärung gegenüber dem Präsidenten der Volkskammer, jedoch erst mit
Wirksamwerden des Beitritts. Der Präsident der Volkskammer übermittelt das Ergebnis der
Wahl unter Beifügung der Annahmeerklärung unverzüglich dem Präsidenten des Deutschen
Bundestages.
(3) Für die Wählbarkeit und den Verlust der Mitgliedschaft im 11. Deutschen
Bundestag gelten im übrigen die Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. September 1975 (BGBl. I S. 2325), zuletzt geändert durch Gesetz vom
29. August 1990 (BGBl. II S. 813). Scheidet ein Mitglied aus, so rückt die nächste
Ersatzperson nach. Sie muß derselben Partei angehören wie das ausgeschiedene Mitglied
zur Zeit seiner Wahl. Die Feststellung, wer als Ersatzperson nachrückt, trifft vor
Wirksamwerden des Beitritts der Präsident der Volkskammer, danach der Präsident des
Deutschen Bundestages.
Artikel 43
Übergangsvorschrift für den Bundesrat
bis zur Bildung von Landesregierungen
Von der Bildung der in Artikel 1 Abs. 1 genannten
Länder bis zur Wahl des Ministerpräsidenten kann der Landesbevollmächtigte an den
Sitzungen des Bundesrates mit beratender Stimme teilnehmen.
Artikel 44
Rechtswahrung
Rechte aus diesem Vertrag zugunsten der Deutschen Demokratischen
Republik oder der in Artikel 1 genannten Länder können nach
Wirksamwerden des Beitritts von jedem dieser Länder geltend gemacht werden.
Artikel 45
Inkrafttreten des Vertrags
(1) Dieser Vertrag einschließlich des anliegenden Protokolls
und der Anlagen I[1] bis III tritt an dem Tag in Kraft, an
dem die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik einander mitgeteilt haben, daß die erforderlichen innerstaatlichen
Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.
(2) Der Vertrag bleibt nach Wirksamwerden des Beitritts als Bundesrecht
geltendes Recht.
Geschehen zu Berlin am 31. August 1990 in zwei Urschriften in
deutscher Sprache.
Für die Bundesrepublik Deutschland |
Für die Deutsche Demokratische Republik |
Schäuble
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Günther Krause
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