Verordnung
über die Verleihung akademischer Grade.
Vom 6. September 1956
Die Fakultäten der Universitäten und wissenschaftlichen
Hochschulen, die wissenschaftlichen Hochschulen ohne Fakultäten sowie sonstige
wissenschaftliche Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik verleihen bei
Nachweis besonderer wissenschaftlicher Leistungen akademische Grade, wobei sie sich von
dem Bestreben leiten lassen, das Ansehen der wissenschaftlichen Arbeit durch Förderung
des wissenschaftlichen Fortschritts und ständiger Erhöhung der wissenschaftlichen
Qualifikation zu gewährleisten.
I.
Allgemeines
§ 1
Die Fakultäten der Universitäten
und wissenschaftlichen Hochschulen, die wissenschaftlichen Hochschulen ohne Fakultäten
sowie sonstige wissenschaftliche Einrichtungen verleihen folgende akademische Grade: |
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a) den Grad eines Doktors,
b) den Grad eines habilitierten Doktors. |
§ 2
Die Fakultäten der Universitäten und wissenschaftlichen
Hochschulen sowie Hochschulen ohne Fakultäten können das Diplom einer Fachrichtung als
akademischen Grad nach ordnungsgemäß abgelegtem Abschlußexamen eines Universitäts-
oder Hochschulstudiums bzw. eines Examens für Werktätige ohne abgeschlossenes
Hochschulstudium verleihen. Entsprechende Bestimmungen sind in den Prüfungsordnungen
festzulegen.
II.
Verleihung akademischer Grade
Der Grad eines Doktors
§ 3
Der Grad eines Doktors wird nach ordnungsgemäßem Abschluß eines
Promotionsverfahrens durch die Fakultät einer Universität oder wissenschaftlichen
Hochschule, durch eine wissenschaftliche Hochschule ohne Fakultäten sowie durch sonstige
wissenschaftliche Einrichtungen verliehen.
§ 4
Voraussetzung für die Zulassung zur Promotion ist der Nachweis
eines erfolgreich abgeschlossenen Universitäts- oder Hochschulstudiums bzw. eines
erfolgreich abgelegten Examens für Werktätige ohne abgeschlossenes Hochschulstudium.
§ 5
Auf den Nachweis gemäß § 4 kann nur in
besonders begründeten Ausnahmefällen (bei bereits vorliegenden wissenschaftlichen
Leistungen) mit Zustimmung des für die wissenschaftliche Institution zuständigen
Ministeriums bzw. Staatssekretariats verzichtet werden.
§ 6
Die Verleihung des Doktorgrades setzt die Erfüllung
folgender Bedingungen voraus: |
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a) Annahme der eingereichten Dissertation,
b) Bestehen der mündlichen Prüfung,
c) erfolgreiche öffentliche Verteidigung der Dissertation. |
§ 7
Als Ausdruck der hohen Ehrung für besondere Verdienste um den
wissenschaftlichen Fortschritt können die Fakultäten der Universitäten und
wissenschaftlichen Hochschulen nach Anhören des Senats, die wissenschaftlichen
Hochschulen ohne Fakultäten sowie sonstige wissenschaftliche Einrichtungen hervorragenden
deutschen oder ausländischen Persönlichkeiten den akademischen Grad eines Doktors
ehrenhalber verliehen. Die Verleihung bedarf der Zustimmung des Staatssekretärs für
Hochschulwesen im Einvernehmen mit dem für die wissenschaftliche Institution zuständigen
Ministerium.
Der Grad eines habilitierten Doktors
§ 8
Der Grad eines habilitierten Doktors wird nach ordnungsgemäßem
Abschluß eines Habilitationsverfahrens durch die Fakultät einer Universität oder
wissenschaftlichen Hochschule, durch eine wissenschaftliche Hochschule ohne Fakultäten
sowie durch sonstige wissenschaftliche Einrichtungen verliehen.
§ 9
(1) Voraussetzungen für die Zulassung zur Habilitation sind der
Besitz des Doktorgrades sowie eine in der Regel mindestens dreijährige wissenschaftliche
Tätigkeit zwischen Promotion und Meldung zur Habilitation.
(2) Ausländische Doktorgrade können als ausreichende Voraussetzung für die
Bewerbung um die Habilitation anerkannt werden, wenn sie unter Bedingungen erworben
wurden, die den für die Erlangung des deutschen Grades geltenden Bestimmungen
gleichwertig sind.
§ 10
Die Verleihung des Grades eines habilitierten Doktors
setzt die Erfüllung folgender Bedingungen voraus: |
|
a) Annahme der Habilitationsschrift,
b) Bestehen des Kolloquiums,
c) erfolgreicher öffentlicher Probevortrag und Verteidigung der Habilitationsschrift. |
III.
Einsprüche gegen die Verleihung akademischer Grade
§ 11
Über die Einsprüche gegen die Zulassung oder Nichtzulassung zur
Promotion und Habilitation, gegen die Ablehnung von Dissertationen und
Habilitationsschriften sowie gegen die Verleihung des akademischen Grades eines Doktors
oder eines habilitierten Doktors entscheidet der Staatssekretär für Hochschulwesen im
Einvernehmen mit dem Minister, dem die wissenschaftliche Institution untersteht.
IV.
Führung ausländischer akademischer Grade
§ 12
(1) Deutsche Staatsangehörige, die einen akademischen Grad einer
ausländischer Universität oder Hochschule erworben haben, bedürfen zur Führung des
Grades im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik der Genehmigung des
Staatssekretariats für Hochschulwesen.
(2) Die Genehmigung zur Führung der an bestimmten ausländischen Universitäten
oder Hochschulen erworbenen akademischen Grade kann allgemein erteilt werden.
§ 13
Die Bestimmungen des § 12 finden auf Ausländer
entsprechend Anwendung. Halten sich diese im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik
ausschließlich in amtlichem Auftrag ihres Staates oder nur besuchsweise auf, so dürfen
sie den in ihrem Heimatland erworbenen akademischen Grad ohne besondere Genehmigung
führen.
V.
Entzug akademischer Grade
§ 14
(1) Der von einer Fakultät einer
Universität oder wissenschaftlichen Hochschule, von einer wissenschaftlichen Hochschule
ohne Fakultäten sowie einer sonstigen wissenschaftlichen Einrichtung verliehene
akademische Grad kann wieder entzogen werden, |
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a) wenn sich herausstellt, daß der Inhaber durch sein späteres Verhalten
sich der Führung eines akademischen Grades unwürdig erweisen hat, insbesondere wenn ihm
das Wahlrecht entzogen wurde;
b) wenn sich nachträglich herausstellt, daß der akademische Grad durch Täuschung
erworben worden ist oder wenn nach der Verleihung Tatsachen festgestellt werden, die,
wären sie bekanntgewesen, die Verleihung ausgeschlossen hätten. |
(2) Ist der akademische Grad von
einer Fakultät einer Universität oder wissenschaftlichen Hochschule, von einer
wissenschaftlichen Hochschule ohne Fakultäten oder von einer sonstigen wissenschaftlichen
Einrichtung der Deutschen Demokratischen Republik verliehen worden, so entscheidet die
Fakultät bzw. Hochschule oder sonstige wissenschaftliche Einrichtung, die den Grad
verliehen hat, über den Entzug. Der Entzug ist dem Staatssekretariat für Hochschulwesen
mitzuteilen.
(3) Ist der akademische Grad von einer Fakultät einer Universität oder
wissenschaftlichen Hochschule, von einer wissenschaftlichen Hochschule ohne Fakultäten
oder von einer sonstigen wissenschaftlichen Einrichtung außerhalb der Deutschen
Demokratischen Republik verliehen worden, so kann der Staatssekretariat für
Hochschulwesen die Genehmigung zur Führung des akademischen Grades zurücknehmen. |
VI.
Strafbestimmungen
§ 15
(1) Wer unberechtigt einen in- oder ausländischen akademischen
Grad oder eine Bezeichnung führt, die den Anschein erweckt, als handele es sich um einen
in- oder ausländischen akademischen Grad, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und
Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft, sofern nicht nach anderen Bestimmungen
eine höhere Strafe verwirkt ist.
(2) Ebenso wird bestraft, wer durch wissentlich falsche Angaben die Verleihung
eines akademischen Grades herbeiführt.
VII.
Schlußbestimmungen
§ 16
Der Staatssekretär für Hochschulwesen hat bekanntzumachen,
welche Fakultäten, wissenschaftliche Hochschule und sonstige wissenschaftliche
Einrichtungen das Recht zur Verleihung akademischer Grade bereits besitzen. Er ist
berechtigt, an Fakultäten, wissenschaftliche Hochschulen und sonstige wissenschaftliche
Einrichtungen, die noch nicht das Recht zur Verleihung akademischer Grade besitzen, das
Promotions- und Habilitationsrecht zu verleihen.
§ 17
(1) Die §§ 2, 4, 5
und 6 gelten nicht in den medizinischen und veterinärmedizinischen
Wissenschaften.
(2) Der Staatssekretär für Hochschulwesen wird ermächtigt, das
Promotionsverfahren in den medizinischen und veterinärmedizinischen Wissenschaften neu zu
regeln.
§ 18
Durchführungsbestimmungen erläßt der Staatssekretär für Hochschulwesen.
§ 19
(1) Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. September 1956 in Kraft.
(2) Das Gesetz vom 7. Juni 1939 über die Führung akademischer Grade (RGBl. I S.
985) und alle bisher geltenden Bestimmungen treten gleichzeitig außer Kraft.
Berlin, den 6. September 1956
Der Ministerrat
der Deutschen Demokratischen Republik |
Der Ministerpräsident
Grotewohl
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Staatssekretariat
für Hochschulwesen
Prof. Dr. Harig
Staatssekretär
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