[Wahlprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) für die Bundestagswahl 2002

vom 2. Juni 2002]

ERNEUERUNG UND ZUSAMMENHALT - WIR IN DEUTSCHLAND
Regierungsprogramm 2002 - 2006


PRÄAMBEL 4

POLITIK MUSS NACHHALTIG SEIN
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1. Deutschlands Rolle in Europa und der Welt
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  • Verantwortung übernehmen
  • Eine gerechte Weltordnung
  • Deutschland in Europa
  • Unsere Bundeswehr
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2. Wirtschaft und Beschäftigung
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  • Wohlstand sichern und steigern
  • Industrie- und Dienstleistungsstandort Deutschland
  • Mittelstand stärken
  • Wissen und Können aktivieren
  • Qualität der Arbeit
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3. Solide Finanzen und gerechte Steuern
21
  • Steuerreform 2003 und 2005
  • Steuergerechtigkeit und -ehrlichkeit
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4. Arbeitsmarkt
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  • Die Weichen sind gestellt
  • Die nächsten Schritte
  • Reform der Bundesanstalt für Arbeit
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5. Rechte der Arbeitnehmer
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6. Bildung und Qualifizierung
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  • Von Anfang an
  • Mehr Ganztagsschulen
  • Autonomie der Schulen
  • Ausbildungschancen
  • Mehr akademische Abschlüsse
  • Wichtige Säule Weiterbildung
  • Stiftung Bildungstest
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7. Forschung, Innovation, Nachhaltigkeit
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  • Werkstätten der Zukunft
  • Schlüsseltechnologien für die Märkte von morgen stärken
  • Nachhaltige Energiepolitik
  • Mobilität - integrierte Verkehrspolitik
  • Gesunde Umwelt
  • Moderne Landwirtschaft
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8. Der Osten - ein starkes Stück Deutschland
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  • Demokratie und Freiheit
  • Perspektiven für den Osten
  • Innovationspotentiale nutzen
  • Arbeit und Qualifikation
  • Infrastruktur ausbauen
  • Die Hälfte des Weges ist zurückgelegt
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9. Lebensqualität in Städten und Gemeinden
42
  • Kommunale Handlungsspielräume in Europa erhalten
  • Gemeindefinanzreform
  • Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe verzahnen
  • Sozialhilfe reformieren - Hilfe zur Selbsthilfe stärken
  • Familienfreundliche Städte schaffen
  • Soziale Stadt
  • Bezahlbarer Wohnraum für alle
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10. Sport ist Spitze für alle
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11. Familien im Zentrum
45
  • Familienfreundliche Politik seit 1998
  • Kinderbetreuung - dringlichste Aufgabe
  • Arbeitswelt familienfreundlich gestalten
  • Familienförderung entwickeln
  • Gemeinsam für die Familie
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47
47

12. Zusammenhalt fördern - Gewalt ächten
48

13. Generationen miteinander
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  • Jugend braucht Chancen
  • Die Chancen des längeren Lebens
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14. Gleichstellung der Geschlechter
52

15. Für ein leistungsfähiges und solidarisches Gesundheitswesen
53
  • Solidarität erhalten
  • Qualität sichern und stärken
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  • Die Finanzierungsgrundlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sichern
56
  • Wirtschaftsfaktor Gesundheitswesen
  • Pflege
56
56

16. Verbraucherschutz
57

17. Innere Sicherheit
58
  • Sicherheit: Ein Bürgerrecht
  • Vorbeugen ist der beste Schutz
  • Wir bekämpfen Korruption
  • Sichere Wege - sichere Städte
  • Unsere Kinder schützen
  • International kooperieren
  • Dem Terrorismus den Boden entziehen
  • Hilfe für Opfer verbessern
  • Datenschutz und IT-Sicherheit gewährleisten
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18. Zuwanderung
63
  • Integration braucht Bereitschaft
  • Zuwanderung steuern und begrenzen
  • Asylrecht schützen - Missbrauch verhindern
  • Ein einheitliches europäisches Asylrecht schaffen
63
63
64
64

19. Moderner Staat
64
  • Verlässlicher Partner
  • Verwaltung geht online
  • Dienstrecht
  • Klare Zuständigkeiten
  • Modernes Recht - moderne Justiz
64
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65
65

20. Politik für ein demokratisches Land mit offener Kultur und freien Medien
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  • Demokratie bestimmt politische Partizipation
  • Kultur - offen und fürs ganze Land
  • Medienvielfalt
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SPD: POLITIK DER MITTE - POLITIK FÜRS LAND
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PRÄAMBEL

Wir haben mit unserer Politik der Mitte die Erneuerung in Deutschland begonnen. Und wir wollen sie fortsetzen und den Zusammenhalt sichern.

Diese vier Jahre haben sich gelohnt für unser Land. Der Reformstau ist aufgelöst. Deutschland ist in Bewegung gekommen. Unser Land ist wirtschaftlich robuster, moderner, gerechter und weltoffener geworden. Der Stillstand ist überwunden.

Diese Politik der sozialen und ökologischen Modernisierung bleibt richtig. Denn die Herausforderungen von heute und morgen sind nicht mit Rezepten von gestern und vorgestern zu meistern.

Deutschland braucht die Politik der Erneuerung und des Zusammenhalts. Das ist unsere Politik der Mitte.

Wir hatten Innovation und Gerechtigkeit versprochen. Wir haben Wort gehalten. Das gilt auch für die Zukunft. Wir sagen, was wir tun und wir tun, was wir sagen. Deshalb gibt es bei uns keine unerfüllbaren Versprechungen. Manches Wünschenswerte ist nicht machbar, mindestens nicht sofort.

Wir haben Sicherheit im Wandel und Sicherheit durch Wandel gefordert und dies
bleibt Orientierung für unsere Politik:

  • Wir wollen Deutschlands Rolle in Europa und in der Welt gerecht werden,
  • Wir wollen das bewährte Sozialstaatsmodell nachhaltig fortentwickeln, Wohlstand sichern, Beschäftigung für alle erreichen, eine gesunde Umwelt garantieren.
  • Und wir wollen eine lebendige Demokratie ermöglichen, mit einer freien und offenen Kultur.

Die Richtung stimmt. Wir werden den Weg weitergehen. Deutschland ist ein starkes Land, es hat alle Chancen.


Vertrauen in Bundeskanzler Gerhard Schröder
Gerhard Schröder hat als Bundeskanzler mit neuen politischen Ideen und mit neuem politischen Stil Deutschland erfolgreich ins neue Jahrhundert geführt.

Er ist mit Leidenschaft in der Sache und mit Augenmaß seiner Verantwortung gerecht geworden.

Gerhard Schröder sucht den gesellschaftlichen Konsens und er führt entschieden. Er macht Mut und hat Zuversicht in die Gestaltbarkeit der Zukunft. Er zeigt, dass er das Leben mag. Er stellt sich Herausforderungen.

Gerhard Schröder macht gute Arbeit für unser Land. Er genießt Vertrauen. Und es gibt noch viel zu tun.

Gerhard Schröder muss Bundeskanzler unseres Landes bleiben.


Die deutsche Sozialdemokratie in der Mitte der Gesellschaft
Wir leben in Zeiten des Wandels. Die Herausforderungen von heute und morgen sind nicht mit Rezepten von gestern zu meistern. In den letzten vier Jahren haben wir mit der Auflösung des Reformstaus begonnen. Diese Politik der sozialen Modernisierung werden wir fortsetzen. Die Menschen verlangen nach Orientierung und Sicherheit im Wandel. Daher wird die Bundestagswahl auch eine Entscheidung über die Prägung unserer Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts sein. Es geht um grundlegende Alternativen:

um sinnvolle Regeln für die Globalisierung der Wirtschaft oder sich selbst überlassene Märkte;

um sozialen Zusammenhalt oder Polarisierung der Gesellschaft;

um eine moderne Familienpolitik oder ein Zurück zur Ausgrenzung der Frauen aus dem Erwerbsleben;

um eine liberale und weltoffene Politik oder nationalistische Engstirnigkeit;

um Konsolidierung der öffentlichen Haushalte oder ungedeckte Schecks auf die Zukunft;

um Vorrang für Qualifizierung und Aktivierung für den Arbeitsmarkt oder bloße Verwaltung der Arbeitslosigkeit.

Deutschland braucht auch weiterhin den Mut zu Veränderung und Erneuerung.

Dafür wollen wir auch in der kommenden Zeit die politische Verantwortung in Deutschland tragen. Für eine soziale und demokratische Politik.


Erneuerung
Die Investitionen in Bildung und Forschung steigen deutlich. Wer morgen ernten will, muss heute säen. Wir denken nicht nur von Wahltag zu Wahltag. Wir setzen auf Nachhaltigkeit.

Deshalb hat auch die Konsolidierung der Staatsfinanzen ein so großes Gewicht in unserer Politik; der Marsch in den Schuldenstaat ist beendet. Ab 2006 kommen keine neuen Schulden mehr hinzu.

Das JUMP-Programm für die Jungen, die Ausbildung brauchen, und die staatlich geförderte kapitalgedeckte Altersvorsorge - das sind Beispiele für gelungene Erneuerung. Sie weisen in die Zukunft. Der Generationenvertrag gilt.

Unbürokratisch dafür sorgen, dass rechtzeitig qualifiziert und zielgerichtet vermittelt wird - darauf kommt es an. Mit dem Job-AQTIV-Gesetz und der Neugestaltung der Bundesanstalt für Arbeit haben wir den Arbeitsmarkt verstärkt in die Erneuerung einbezogen.

Wir haben eine Energiepolitik begonnen, die - auf der Grundlage eines belastbaren Energiemix - stärker erneuerbare Energien berücksichtigt, Sparpotentiale nutzt und den Ausstieg aus der Kernenergie durchsetzt.

Wir haben wesentliche Schritte zur Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen in Beruf und Gesellschaft unternommen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.

Und wir haben die Familie in den Mittelpunkt der Politik gerückt, materiell und ideell. Denn Familie ist wichtig für die Entwicklungschancen der Kinder.

Jetzt ist die Betreuung der Kinder im Schulalter vordringlich. Der Ganztagsschule und ihrem Ausbau kommt dabei große Bedeutung zu - auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Interesse der Mütter und im Interesse unserer Volkswirtschaft, die auf Wissen und Kreativität der Frauen angewiesen ist.


Zusammenhalt
Die Steuerreform senkt den Eingangssteuersatz von 25,9 % in 1998 auf 15 % im Jahr 2005 und hebt den Grundfreibetrag deutlich an. 2003 gibt es die nächste Steuersenkung. Das gilt für alle Einkommensgruppen bis hin zum Spitzensteuersatz in gleicher Weise. Das hilft auch den kleinen und mittleren Unternehmen. Durch unsere umfassenden Steuerreformen 1998 - 2005 bleiben insgesamt rd. 41 Mrd. Euro mehr auf den privaten Konten, wandern nicht zum Finanzamt.

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und der generelle Kündigungsschutz wurden wieder eingeführt und die betriebliche Mitbestimmung ausgebaut. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen sich in gleicher Augenhöhe begegnen. Auch in Zukunft.

Eine große Leistung dieser Legislaturperiode ist das neue Recht für behinderte Menschen, ein Fortschritt, der überfällig war. Aber in der Praxis gibt es auch hier noch viel zu tun.

Die von uns gesetzlich geregelte Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vollzieht nach, was in der gesellschaftlichen Wirklichkeit längst akzeptiert ist. Die Konservativen waren dazu nicht fähig.

Das neue Staatsbürgerschaftsrecht und jetzt das Zuwanderungsgesetz schaffen Klarheit und Steuerbarkeit, wo über Jahrzehnte die Realität missachtet und verdrängt wurde. Hier wird sich die politische Reife unserer Demokratie beweisen müssen.


CDU und CSU - immer dagegen
Die meisten dieser Initiativen für Erneuerung und Zusammenhalt mussten gegen den oft massiven Widerstand von CDU und CSU durchgesetzt werden. Ohne unsere Politik seit 1998 wäre Deutschland heute weniger modern, weniger sozial, auch weniger liberal.


Beschäftigung - Aufgabe Nr. 1
Arbeit für alle ist und bleibt zentrales Ziel unserer Politik.

Mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind wir vorangekommen, von 4.279.200 im Jahresdurchschnitt 1998 auf 3.851.636 in 2001. Die Beschäftigtenzahl stieg um 1,2 Millionen.

Aber das ist nicht genug. Außeneinwirkungen bremsten die anfangs zügigen Fortschritte. Wir finden uns mit der Arbeitslosigkeit nicht ab.

Der wirtschaftliche Aufschwung weltweit und auch in Deutschland wird Beschäftigung sichern und neue Arbeitsplätze schaffen. Eine offensive Mittelstands- und Existenzgründerpolitik bedeutet zusätzliche Beschäftigung.

Am Arbeitsmarkt selbst müssen die große Nachfrage und das erhebliche Angebot für zielgerichtete Qualifikation und zielgenaue Vermittlung genutzt werden. Der Trend in die illegale Beschäftigung muss gebrochen und umgekehrt werden.

Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit bleibt eine unverzichtbare Plattform beim gemeinsamen Bemühen aller gesellschaftlichen Kräfte um Beschäftigung.


Aufbau Ost - Die zweite Hälfte des Weges
Es ist das Verdienst der Regierung Gerhard Schröder, die Prioritäten neu geordnet, die Investitionen erhöht, Wachstumskerne entwickelt, die Regionen in ihrer eigenen Kraft gestärkt und die Realitäten ehrlich benannt zu haben.

Der Solidarpakt II, der den ostdeutschen Ländern die gesamtstaatliche finanzielle Solidarität bis 2019 sichert und eine verlässliche Aufbauperspektive bietet, zeigt zweierlei: Wir sind beim Aufbau konkret. Die Hälfte des Weges ist geschafft. Wir sind zu großen weiteren Anstrengungen bereit.

Der Aufbau Ostdeutschlands ist auch Voraussetzung für den Wohlstand in ganz Deutschland, für eine starke Wirtschaft, starke Regionen und gute Lebensperspektiven.


Deutschlands Rolle in Europa und der Welt
Die Welt ist in einer Zeit großen Wandels, mit tiefgreifenden Konsequenzen auch für unser Land. Die Rückkehr des Bürgerkriegs und der Völkermord in Südosteuropa, direkt vor unserer Haustür, und die schrecklichen Ereignisse des 11. September 2001 in den USA haben uns unsere sicherheitspolitischen Aufgaben in der Völkergemeinschaft vor Augen geführt.

Wir haben Verantwortung im Rahmen unserer Kräfte übernommen und helfen politisch-diplomatisch, humanitär und auch mit dem Einsatz der Bundeswehr. Es geht darum, Gewalt zu stoppen, Terrorismus zu bekämpfen.

Wir wollen beitragen zu einer Friedenspolitik, die Konflikten vorbeugt und Krieg verhindert. Dabei bleibt es beim Vorrang für die Möglichkeiten der Außenpolitik und der Politik wirtschaftlicher Zusammenarbeit.

Deutschland ist ein selbstverständlicher gleichberechtigter Partner in der internationalen Politik geworden.


Deutschland in Europa
Über Jahrhunderte zerstrittene Völker haben sich im Frieden zu einer Gemeinschaft verbündet.

Ein Erdteil mit einer großen Geschichte und mit bedeutenden Potentialen vereint sein Wissen und seine Kräfte zum Nutzen aller.

Es lohnt, sich für Europa zu engagieren.

Dabei wissen wir: Je kleiner die Welt, desto nötiger die Europäische Union. Die epochalen Veränderungen und die Entwicklungen der Weltwirtschaft generell erfordern - auch zum Nutzen unseres eigenen Landes - ein geeintes und friedliches und wirtschaftlich starkes Europa.

Dabei achten wir darauf, dass die europäische und vor allem auch deutsche Idee und Tradition von sozialer Marktwirtschaft und Sozialstaat lebendig bleibt und dass nicht Gesellschaftsordnungen vorherrschen, die unter dem Vorwand der absoluten Freiheit das Prinzip der Macht des Stärkeren ungebremst realisieren.


Freiheit und Sicherheit
Wir fördern Individualität als Bedingung und als Ausdruck der Freiheit. Individualität gibt die Chance, Lebensweg und Lebensweise selbst zu wählen und eigenverantwortlich zu handeln.

Eigenverantwortung und gesellschaftlicher Zusammenhalt bedingen einander. Unsere Politik der Mitte erweitert Freiheitsspielräume und ermutigt zu solidarischem Handeln.

Der Staat behält dabei seine Aufgaben, Regeln zu setzen und im Wandel und durch Wandel Sicherheit zu gewährleisten.

Das gilt für die soziale, aber auch für die innere Sicherheit, für den Schutz vor Gewalt und den Schutz des Eigentums, für den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität und Korruption, für das Verbot des Rechtsextremismus.

Wir beugen der Kriminalität vor, aber wir bekämpfen sie auch energisch, im eigenen Land und in der Völkergemeinschaft.


Der Staat
In dieser Welt des Wandels müssen auch die Staatsaufgaben überprüft werden.

Das tun wir unvoreingenommen. Im Großen wie im Kleinen. Wir achten das Prinzip der Subsidiarität und fördern die Idee der Zivilgesellschaft.

Was an Aufgaben vor Ort, von gesellschaftlichen Gruppen und von Einzelnen in Eigenverantwortung erfüllt werden kann, das sollte der Staat nicht reglementieren.

Dementsprechend müssen aber auch Ansprüche an den Staat zurückgenommen werden, die ihn überfordern.

Wir sehen den Staat als Partner in der freien Bürgergesellschaft.

Wir sehen und bejahen aber auch die Verantwortlichkeit des Staates. Wir bekennen uns zu dieser Verantwortlichkeit der Politik.

Der Staat muss Grundlagen schaffen und Leitlinien bestimmen und Entscheidungen treffen für eine humane Gesellschaft. Das kann nur der Staat.

Die Ideologie der totalen Entstaatlichung lehnen wir ab. Der Staat darf nicht nur Reparaturbetrieb sein für Interessengegensätze, die in der Zivilgesellschaft ungeklärt bleiben.

Der Staat hat Lenkungsfunktion.


Politik der Mitte
Uns geht es um eine wertorientierte Politik, die Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verbindet - das ist Politik der Mitte. Gleiche Chancen für alle zu gewährleisten gehört zu dieser Politik ebenso, wie die Anerkennung der vielfältigen Fähigkeiten und Interessen der Menschen. Gerechtigkeit bedeutet für uns, alle auf faire Weise an den Chancen unserer Gesellschaft teilhaben zu lassen. Und sie zu Innovation und Zuversicht in die Gestaltbarkeit der Zukunft zu ermutigen.

Solche Reformpolitik ist auf breite gesellschaftliche Unterstützung angewiesen. Nicht alle Weichenstellungen sind bequem, aber sie führen in eine gute Zukunft und wirken weit über die Phase einer Legislatur hinaus.

Wir laden alle gesellschaftlichen Kräfte ein, jede Frau, jeden Mann und insbesondere auch die Jugend, gemeinsam mit uns an der Verwirklichung unserer pragmatischen Vision für ein modernes und gerechtes Deutschland mitzuwirken.

In der Koalition mit den Bürgerinnen und Bürgern werden wir dafür sorgen, dass es voran geht mit Deutschland.

Wir in Deutschland!




POLITIK MUSS NACHHALTIG SEIN
Politik braucht lange Linien und den Blick über die nächste Legislaturperiode hinaus.

Schuldenberge und Abfallberge sind so unverantwortlich wie Forschungslücken und Instandhaltungslücken. Wer das Saatgut verspeist, kann morgen nicht ernten.

Nachhaltigkeit verbindet sich in der politischen Debatte vor allem mit einem konsequenten Umweltschutz. Mit dem Anspruch also, Luft und Wasser und Boden und vor allem die Menschen zu schützen.

Wir unterstützen dieses Ziel des nachhaltigen Umweltschutzes mit Nachdruck. Damit nicht morgen oder irgendwann von Menschen verursachte Naturkatastrophen den Lebensraum zerstören.

Ökologische Modernisierung bringt Arbeit und Umwelt zusammen.

Aber nachhaltige Politik in diesem Sinne ist auch erforderlich:

  • für die dauerhafte Stabilität des Wohlstandes,
  • für die langfristige Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme,
  • für die Sicherung von Freiheit und Frieden.

Viele Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, reichen mit ihren Wirkungen weit in dieses Jahrzehnt und auch darüber hinaus.

Mit dem besonderen Engagement bei Bildung und Forschung, mit der ergänzenden Regelung zur Alterssicherung und mit humanitärem und friedenssicherndem Einsatz weltweit haben wir gute Beispiele für nachhaltige Politik gesetzt.

Die Idee des Generationsvertrages hat sich bewährt. Sie bleibt gültig, ergänzt um die wachsende Gewissheit, dass sie auch einen erheblichen internationalen Bezug hat.

Wir vertreten die Interessen der Menschen heute und die Interessen unseres Landes. Gerade deshalb aber bedenken und beachten wir dabei auch die Interessen zukünftiger Generationen und anderer Länder. Unsere Politik hat Zukunft.




1. Deutschlands Rolle in Europa und der Welt

Verantwortung übernehmen

Deutschlands Rolle in der Welt hat sich verändert. Unsere Stimme hat an Gewicht gewonnen. Unser Rat und unsere Hilfe sind gefragt. Die Staatengemeinschaft zählt auf Deutschland, und sie kann sich auf Deutschland verlassen. Dazu haben wir mit unserer Politik entscheidend beigetragen.

Weil wir Mitverantwortung tragen für die gemeinsame Sicherheit in unserer einen Welt, haben wir die Außenpolitik, die Politik der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und die Sicherheitspolitik schrittweise weiter entwickelt. Diesen Prozess wollen wir fortsetzen und durch die Geltung gemeinsamer Rechtsgrundsätze weltweit stärken.

Unser Ziel ist die Sicherung des Friedens weltweit. Interessengegensätze müssen friedlich ausgeglichen werden.

Mit uns wird von Deutschland niemals Aggression ausgehen. Aber die Wirklichkeit der Welt ist nicht nur friedlich. Unsere Aufgabe besteht heute in der Prävention von Konflikten und der Eindämmung von Gewalt. Wir engagieren uns für eine aktive Friedenspolitik. Dabei ergibt sich unsere Rolle in dieser Politik aus der geografischen und politischen Lage Deutschlands im Herzen Europas, unserer Mitgliedschaft in der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und als Partner im Atlantischen Bündnis. Unsere Friedenspolitik wird bestimmt durch unsere Werte und Überzeugungen und unsere nationalen Interessen.

Ob auf dem Balkan, bei der Neuordnung und dem Wiederaufbau in Afghanistan, bei der Lösung regionaler Konflikte oder im Kampf gegen den internationalen Terrorismus - seit 1998 war Deutschland auch sicherheitspolitisch verstärkt gefordert und ist seiner internationalen Verantwortung gerecht geworden. Und zwar so, wie es unserem Selbstverständnis entspricht und wie unsere Partner und die Staatengemeinschaft es von uns erwarten können.

Mit der staatlichen Einheit haben wir nicht nur unsere nationale Souveränität in vollem Umfang zurückgewonnen, sondern zugleich auch das Recht und die Pflicht zur internationalen Solidarität. Wir sind ein normales europäisches Land geworden.

Wir stehen zum Einsatz unserer Soldaten international, wo er durch Beschlüsse der Vereinten Nationen und des Deutschen Bundestages legitimiert und den Soldaten gegenüber verantwortbar ist. Man darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen, wenn Völkermord oder die Eskalation gewaltsamer Konflikte drohen oder geschehen. Das ist auch eine Lehre aus unserer eigenen Geschichte.


Die Vereinten Nationen stärken
Frieden und die weltweite Achtung der Menschenrechte sind unser Ziel. Der Weg dorthin führt über verstärkte Zusammenarbeit, über aktive Hilfe bei der wirtschaftlichen Entwicklung und ein gemeinsames System der Sicherheit und des Rechts. Wir haben den Menschen nicht nur Märkte anzubieten - sondern auch Chancen und Solidarität.

Die Vereinten Nationen sind unverzichtbar für die Zusammenarbeit auf dieser Welt. Die Mehrzahl der 189 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verfügt über keine andere Instanz zu ihrer Interessenvertretung.

Die Vereinten Nationen zu stärken und ihnen durch mehr Rechte und eine innere Reform bessere und erweiterte Arbeitsmöglichkeiten zu geben, bleibt deshalb unser Ziel. Deutschland ist bereit, sich in den Vereinten Nationen noch stärker zu engagieren.

Die Anforderungen an Sicherheit sind vielfältiger, komplexer und weniger berechenbar geworden. Deutschland ist heute ein Partner für Sicherheit und Stabilität in Europa und der Welt und verfolgt eine konsequente Politik des Interessenausgleiches und des Multilateralismus.

Wir werden auch in Zukunft eine aktive Friedens- und Sicherheitspolitik voranbringen, die
  • die Prävention - wie in Makedonien erfolgreich geschehen - in den Mittelpunkt der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik rückt,
  • die Unteilbarkeit der Sicherheit anerkennt und
  • auf die Zusammenarbeit über nationale und regionale Grenzen hinweg setzt.

Prävention erfordert Unterstützung für politische Konfliktlösungen in den Regionen, für Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung, für wirtschaftliche Entwicklung, für sozialen Ausgleich. Eine umfassende und wirksame Friedenspolitik benötigt auch die Verfügbarkeit leistungsfähiger militärischer Fähigkeiten. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der Beitrag der Bundeswehr zu einer solchen Politik der Friedenssicherung noch wichtiger geworden.

Deutschland ist gefordert, wenn Vereinte Nationen, NATO, EU und OSZE sich zur Abwehr von Gefahren und zur Sicherung des Friedens engagieren und wird seine internationalen Verpflichtungen erfüllen. Dabei müssen unsere nationalen Interessen und Fähigkeiten beachtet werden.

Die Fortsetzung einer Politik der Abrüstung und Rüstungskontrolle leistet Beiträge zu einer vorausschauenden Friedenspolitik. Zu einer Weiterentwicklung der vertragsgestützten Abrüstungspolitik gibt es keine Alternative. Das Ziel der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen steht bei uns weiter an erster Stelle.

Die Verträge zur Non-Proliferation, das Chemiewaffenübereinkommen, das B-Waffen-Übereinkommen und das Regime der Nichtverbreitung von Trägerwaffentechnologie (MTCR) sind zu stärken. Der START-Prozess muss fortgesetzt und der Atomteststopp-Vertrag (CTBT) ratifiziert werden.



Eine gerechte Weltordnung

Die Globalisierung ist Realität. Sie stoppen zu wollen, ist illusionär. Ihr freien Lauf zu lassen, ist gefährlich. Sie zu gestalten und ihre Potentiale für alle zu nutzen - darauf kommt es an.

Wir wollen eine weltwirtschaftliche Ordnung, die sich am Ziel einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft ausrichtet. Dafür treten wir ein, dafür werben wir, das wollen wir allen Schwierigkeiten zum Trotz durchsetzen.

Wir setzen uns für gerechtere Welthandelsbeziehungen im Interesse der Entwicklungsländer ein. Mit Blick auf die neue Welthandelsrunde heißt das, dass wir für eine weitere Marktöffnung eintreten. Es geht dabei um Zollabbau, um Beseitigung nichttarifärer Handelsbarrieren, um einen besseren Schutz der Umwelt, um die Beachtung von Arbeitnehmerrechten.

Die internationale Finanzarchitektur muss gerecht fortentwickelt werden. Wir setzen uns für die Sicherung stabiler und funktionierender Finanzmärkte als Motor für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ein. Wir brauchen einen europaweit abgestimmten Maßnahmen-Mix zur Regelung der internationalen Finanzmärkte als Einstieg für eine globale Einigung.

Die Entwicklungsländer müssen eine bessere Chance bekommen für ihre Produkte und für die Versorgung der Bevölkerung mit wirksamen und preiswerten Medikamenten.

Wir haben uns seit jeher für die Stärkung des Rechts weltweit eingesetzt. Wir haben das Zustandekommen des ständigen Internationalen Strafgerichtshofs gefördert und unterstützen seine Arbeit. Es geht darum, das Recht des Stärkeren durch die Stärke des Rechts abzulösen.


Für eine wirksame Entwicklungs-Zusammenarbeit
Wohlstandssteigerungen in armen Regionen sind nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern Teil unserer Bemühungen um eine weltweite Stärkung demokratischer Strukturen und gleichberechtigter Entwicklung. Wir wollen Armut und Hunger entscheidend mindern und durch Entwicklung Frieden sichern. Nur so können Krieg, Armutswanderungen und internationaler Terrorismus langfristig und effektiv bekämpft werden.

Mit der Kölner Entschuldungsinitiative im Sommer 1999 haben wir den Grundstein für bessere Lebenschancen in den Entwicklungsländern gelegt. Die Entschuldung ist verknüpft mit den nationalen Strategien der Armutsbekämpfung, die unter Beteiligung der Bevölkerung erarbeitet werden. So soll sicher gestellt werden, dass die Entlastungen vor allem den armen Bevölkerungsschichten zu gute kommen.

Mit einem konsequenten Aktionsprogramm 2015 zur weltweiten Armutsbekämpfung haben wir wichtige Verpflichtungen übernommen. Wir werden dazu beitragen, die von der internationalen Gemeinschaft beschlossenen Ziele zu verwirklichen: Die weltweite Halbierung der extremen Armut, Grundbildung für alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr, drastische Reduzierung der Kinder- und Müttersterblichkeit und die Bekämpfung von AIDS.

Das internationale Ziel, 0,7 % des Bruttosozialprodukts jedes Landes für die Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen, gilt. Die Realität ist aber noch weit davon entfernt. Das Ziel muss stufenweise umgesetzt werden. Wir wollen, wie auf dem EU-Gipfel in Barcelona verabredet, auch in Deutschland unseren Teil dazu beitragen und. bis zum Jahr 2006 unseren Anteil auf 0,33 % des BSP steigern. Gleichzeitig werden wir neue Finanzierungsmöglichkeiten für Entwicklung prüfen.

Die Nichtregierungsorganisationen, die Kirchen und Stiftungen leisten eine wichtige Arbeit. Mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen sind sie unsere wichtigen Partner bei der Gestaltung der Globalisierung, der Bekämpfung der Armut und der Friedenssicherung. In enger Kooperation mit diesen Organisationen werden wir den zivilen Friedensdienst weiter ausbauen.

Das wirtschaftliche und technisch-organisatorische Potential der Unternehmen fließt in die Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft ein, die wir weiter ausbauen werden.

Die Länder des Südens und Ostens brauchen eine faire Integration in den Welthandel. Durch eine bessere Beteiligung an den WTO-Strukturen müssen ihre Interessen im Welthandelssystem stärker berücksichtigt werden.

Die Europäische Union ist für viele dieser Länder der wichtigste Handelspartner. Die EU muss für die ärmsten Entwicklungsländer einen freien Zugang zu ihren Märkten sicherstellen. Die von der EU beschlossene Marktöffnung für die 48 ärmsten Entwicklungsländer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im Rahmen der WTO müssen Zölle und Handelsbarrieren für weiterverarbeitete Produkte zurückgeführt und gleichzeitig soziale und ökologische Mindeststandards im Welthandel stärker verankert werden. Entsprechend den Beschlüssen zur neuen Welthandelsrunde müssen die Exportsubventionen für Agrarprodukte beendet werden, die zu einem unfairen Wettbewerb mit den Entwicklungsländern führen.



Deutschland in Europa

Wir gehören zu Europa und Europa gehört zu uns. Deutschland mit seinen Regionen ist und bleibt dabei unsere Heimat.

Das Zusammenwachsen Europas in der Europäischen Union ist weltweit eine der hoffnungsvollsten Entwicklungen überhaupt.

Die Stabilität, die die europäische Integration gefunden hat, begründet Frieden und Wohlstand für unseren Kontinent dauerhaft.

Jetzt stehen weitere wichtige Entscheidungen darüber an, wie es weitergeht in Europa und welches unverwechselbare Gesicht Europa bekommen soll.

Im diesem Jahrzehnt muss eine Erweiterung der EU gelingen, die vor allem die europäischen Länder des ehemals kommunistischen Herrschaftsbereichs einbezieht.

Und es muss die EU eine Gestaltungskraft entwickeln, die - demokratisch legitimiert und politisch effizient - der neuen Aufgabe gerecht wird.

Die europäische Idee hat ihren eigenen Wert, aber sie ist auch die unverzichtbare Antwort auf die Globalisierung.

Wir tun alles, den europäischen Integrationsprozess voranzubringen und dabei die wohlbegründeten deutschen Interessen zu berücksichtigen.


Das europäische Gesellschafts- und Sozialmodell stärken
Der Euro stärkt Europa im weltweiten Wettbewerb und trägt zu einer Stabilität im Weltfinanzsystem bei, von der alle Volkswirtschaften profitieren. Durch die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion ist die EU zu einer großen Volkswirtschaft mit einem ausgedehnten Binnenmarkt sowie einem relativ geringen Außenhandel geworden. Dadurch wachsen die Notwendigkeiten und Chancen die Geld- und Finanzpolitik zu koordinieren, um die Beschäftigung unter Wahrung der Geldwertstabilität so verbindlich wie möglich zu fördern.

Wir wollen auf EU-Ebene darauf hinwirken, dass die bislang schon gegebenen Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Abstimmung zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB), den Tarifvertragsparteien und den Regierungen der Mitgliedstaaten verstärkt und ausgeschöpft werden. Ziel ist dabei ein beständiges, nicht inflationäres und umweltverträgliches Wachstum sowie ein hohes Beschäftigungsniveau.

Wir leisten mit der Konsolidierung des Bundeshaushalts unseren Beitrag zur Stabilität des Euro, mit sozialer Vernunft und klaren Prioritäten bei den öffentlichen Investitionen. Auch deshalb werden wir an unserem Konzept der strukturellen Reformen festhalten und Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland modernisieren.

Europa soll in den nächsten zehn Jahren zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt werden und es soll in zehn Jahren bei Forschung und Entwicklung weltweit an der Spitze stehen. Deshalb muss die EU stärker in Innovation und Modernisierung investieren. Wir müssen den europäischen Forschungsraum konsequent weiterentwickeln und Spitzenforschern sowie Unternehmen höhere Anreize bieten, in Europa zu arbeiten bzw. mit europäischen Forschungseinrichtungen zusammenzuarbeiten.

Das europäische Sozialstaatsmodell muss erhalten und weiterentwickelt werden. Es hat sich bewährt und es gibt keines sonst, das vergleichbar in akzeptabler Weise Leistungswilligkeit und Eigenverantwortung einerseits und gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität andererseits miteinander verbindet. Die, die in Not geraten, können sich auf die Gemeinschaft verlassen.


Europäische Außen- und Sicherheitspolitik ausbauen
Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist Voraussetzung für gleichberechtigte transatlantische Partnerschaft, für eine engere Zusammenarbeit Europas mit Russland und für ein abgestimmteres Auftreten der EU in internationalen Organisationen wie der OSZE und den Vereinten Nationen.

Eine stärkere Rolle der Europäer in der Allianz und eine stärkere sicherheitspolitische Rolle der EU wird die NATO stärken. Die transatlantische Partnerschaft bleibt die Grundlage europäischer Sicherheit und die NATO die entscheidende politische und institutionelle Klammer für die euroatlantische Gemeinschaft.

Die europäische Union muss mit der GASP ein umfassendes Sicherheitskonzept entwickeln, das politische, militärische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Elemente umfasst, die europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungs- und Entwicklungspolitik verzahnt und die Fähigkeit zur Konfliktprävention verstärkt.

Künftig wird die EU auch militärisch selbständig im Krisenmanagement handeln können, wenn sich die NATO als Ganzes nicht engagiert. Eine gemeinsame europäische Grenzpolizei wird an den künftigen Außengrenzen der Europäischen Union für einen wirkungsvollen Schutz gegen organisierte Kriminalität und illegale Einwanderung sorgen.


Die europäische Einigung vollenden
Politisch und wirtschaftlich wird die Osterweiterung der EU sowohl für die Beitrittskandidaten als auch für Deutschland und die jetzigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ein Gewinn. Mit der Erweiterung wird die Europäische Union zum weltweit größten Binnenmarkt. Ihre globale Wettbewerbsfähigkeit wird weiter gestärkt, denn die hinzukommenden Länder sind Wachstumsmärkte. In Deutschland als einem der wichtigsten Wirtschaftspartner der mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer sichert der Handel mit Mittel- und Osteuropa schon jetzt viele Arbeitsplätze.

Wir werden auch weiterhin unseren Beitrag leisten, um

  • die Erweiterungsverhandlungen zügig und sorgfältig zum Erfolg zu bringen, so dass die meisten Kandidatenländer - wenn möglich - bereits an den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 2004 teilnehmen können. Dazu ist auch eine grundlegende Reform aller Politikbereiche der Europäischen Union notwendig, die Mittel für die Beitrittsländer freimacht.
  • 7-jährige Übergangsfristen in den besonders sensiblen Bereichen wie der Arbeitnehmerfreizügigkeit oder Dienstleistungsfreiheit zu vereinbaren, die einerseits ein hohes Schutzniveau gegen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt bieten, andererseits jedoch durch flexible Ausgestaltung eine schnelle Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen erlauben.



Die Europäische Verfassung auf den Weg bringen
Wir haben die EU-Grundrechtecharta auf die europäische Tagesordnung gesetzt. Nach ihrer Verabschiedung ist jetzt der Entwurf einer europäischen Verfassung durch den EU-Verfassungskonvent die wichtigste Aufgabe. Die Verfassungsdebatte muss für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger transparent werden. Die nächsten Jahre entscheiden über Wesen und Gesicht des künftigen Europa. Dazu wollen wir in Deutschland eine breite gesellschaftliche Debatte organisieren.

Die Verfassung für Europa soll gewährleisten, dass Europas Strukturen verständlich und dass die Entscheidungen nachvollziehbar sind und parlamentarisch kontrolliert werden.

Deshalb wollen wir, dass der nächste Präsident der EU-Kommission direkt vom Europäischen Parlament gewählt wird und treten dafür ein, dass die Sozialdemokratische Partei Europas für die Europawahlen eine/n Spitzenkandidaten/in benennt, die/der für das Amt des Kommissionspräsidenten antritt.


Europas Zuständigkeiten klar regeln
Die historisch gewachsene Aufgabenverteilung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten entspricht nicht mehr den Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Mitgliedstaaten - und in Deutschland auch die Länder und Kommunen - haben im Verlauf dieses Prozesses an politischem Gestaltungsspielraum verloren, obwohl in vielen Bereichen sachgerechte Entscheidungen besser auf ihrer Ebene getroffen werden. Andererseits verfügt die Europäische Union auch heute noch nicht über die Kompetenzen, die zur Wahrung ihrer Interessen auf internationaler Ebene oder zur Wahrung der inneren Sicherheit erforderlich sind.

Wir haben in Nizza erreicht, dass auf einer weiteren Reformkonferenz der EU im Jahre 2004 eine genauere, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechende Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten vorgenommen wird. Für den Bürger muss klar erkennbar werden, wer welche Politik zu verantworten hat.


Russland unterstützen
Wir werden Russland auf seinem Weg zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft weiter unterstützen und uns dafür einsetzen, dass es einen seiner Bedeutung angemessenen Platz in der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur findet.

Wir befürworten die Aufnahme Russlands in die WTO und eine weitergehende Einbeziehung in die Zusammenarbeit G7/8.



Unsere Bundeswehr

Wir werden die Reform der Bundeswehr weiterführen. Sie
  • richtet die Bundeswehr auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aus,
  • passt die Organisation der Bundeswehr den neuen Anforderungen an und investiert zielgerichtet in Menschen und Ausrüstungen,
  • beseitigt Ungleichgewichte in Personalstruktur und Besoldung,
  • setzt auf moderne Management-Grundsätze

Mit dem Reformprozess werden Aufgabenumfang, Organisation, Ausrüstung und Mittel der Bundeswehr wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht und das Stationierungs- und Standortkonzept bis 2006 abgeschlossen. Mit der mittelfristigen Finanzplanung für die Bundeswehr und dem beschlossenen Programm für Innere und Äußere Sicherheit haben wir finanzielle Planungssicherheit für die Bundeswehr geschaffen. Die materielle Ausstattung der Streitkräfte soll kontinuierlich verbessert werden.

Die allgemeine Wehrpflicht und die große Zahl von Zeitsoldaten, die nur für eine begrenzte Frist Dienst in den Streitkräften leisten und dann in alle Bereiche des zivilen Lebens zurückkehren, stellen sicher, dass die Bundeswehr künftig in der Gesellschaft fest verankert bleibt. Deshalb bleibt es bei der Wehrpflicht.




2. Wirtschaft und Beschäftigung

1998 haben wir den Politikwechsel versprochen: Mehr Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und solide Finanzen.

Wir haben Wort gehalten und kräftige Impulse gegeben für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, für die finanzielle Entlastung der Arbeitnehmer. Und für die Konsolidierung der Staatsfinanzen.

Der Erfolg: Mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslose. 1,2 Mio. Beschäftigte mehr im Vergleich zu 1998 - dies ist auf einem historischen Höchststand der Beschäftigung in Deutschland. Und 2001 rund 428.000 Arbeitslose weniger im Jahresdurchschnitt als 1998. 400.000 jungen Menschen wurde mit dem Sofortprogramm "JUMP" eine neue Chance gegeben.

Das ist eine Trendwende, aber diese Erfolge reichen uns nicht. Wir geben uns damit - insbesondere in Ostdeutschland - nicht zufrieden.

Stetiges und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit bleiben die zentralen Anliegen unserer Politik.

Auch deshalb werden wir das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit fortführen. Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen an einem Strang ziehen.

Weltwirtschaftliche Entwicklungen beeinflussen die nationale Wirtschaft, denn wir sind Teil der Globalisierung. Wir sind aktiver Teil und müssen dazu beitragen, die Weltwirtschaft nach klaren Regeln und sozialen und ökologischen Prinzipien zu organisieren. Auch um dieses Ziel erreichbar zu machen, ist eine starke und einige EU nötig.

Die europäische Politik auf wirtschafts- und finanzpolitischer Ebene muss besser abgestimmt und koordiniert werden. Dies gilt insbesondere für die Harmonisierung der Steuerpolitik.



Wohlstand sichern und steigern

Eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Wirtschaft ist Grundlage für Wohlstand. Wohlstand braucht Beschäftigung für alle und soziale Sicherheit. Durch die Stabilitätspolitik und die Reformen der Bundesregierung hat der Standort Deutschland an Attraktivität gewonnen. Dies zeigt der deutliche Anstieg der Auslandsinvestitionen.

Notwendig bleibt weiterhin eine kluge Kombination aus Angebots- und Nachfragepolitik, die das wirtschaftliche Wachstum stärkt, die öffentlichen und privaten Investitionen unterstützt und die Arbeitsmarktpolitik modernisiert. Stetiges und hohes Wachstum ist die Voraussetzung für einen spürbaren Abbau der Arbeitslosigkeit.

Wir werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verbessern vor allem durch

  • Förderung des Mittelstandes,
  • Stärkung der innovativen Basis unserer Wirtschaft,
  • Qualifizierung und Vermittlung am Arbeitsmarkt, einschließlich Neuorganisation der Bundesanstalt für Arbeit,
  • die weitere Reduzierung der Steuer- und Abgabenlast durch die bereits beschlossenen Reformgesetze,
  • hohe öffentliche Investitionen,
  • Orientierung des Wachstums an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit,
  • den weiteren Abbau von Bürokratie.

Dabei bleibt die Konsolidierung der Staatsfinanzen unverzichtbar.



Industrie- und Dienstleistungsstandort Deutschland

Deutschland wird auch als hoch entwickelte Dienstleistungsgesellschaft eine starke industrielle Basis behalten. Unsere industriellen Fundamente sind stärker als in vielen anderen europäischen Ländern. Von ihnen gehen wesentliche Impulse in die anderen Wirtschaftssektoren aus. Dies muss Niederschlag auch in der Politik der EU finden.

Unsere heute wichtigsten industriellen Leitbranchen - Automobilbau, Chemie, Energiewirtschaft, Elektrotechnik und Maschinenbau - sind auf dem Weltmarkt hoch wettbewerbsfähig. Das muss so bleiben.

Diese Branchen, wie unsere Wirtschaft überhaupt, profitieren von günstigen Standortbedingungen, von hochrangiger Forschung und Entwicklung, von qualifizierten Mitarbeitern, auch von unserer flexiblen mittelständischen Struktur in Gewerbe und Handwerk.

Wir wollen Deutschland zu einem attraktiven Standort für Entwicklung und Anwendung von Zukunftstechnologien und wissensbasierten Dienstleistungen ausbauen. Wir wollen als führende Handelsnation auch die weltweiten Märkte der Zukunft mit hochwertigen Produkten beliefern. Hier liegen Wachstumspotentiale für die Zukunft. Damit leistet Deutschland seinen Beitrag zum gemeinsamen Ziel, die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.



Mittelstand stärken

Mittelstand und Handwerk sind das Herz unserer Wirtschaft. Sie sind Motor für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Wir unterstützen sie.

Und wir verbessern die Rahmenbedingungen für Existenzgründungen und stärken so die Kultur der Selbständigkeit. Wir brauchen in Deutschland mehr mittelständische Unternehmen und mehr Selbständige überhaupt.

Für kleine und mittlere Unternehmen ist eine ausreichende Kreditversorgung entscheidend. Auch die Möglichkeit, Unternehmensentwicklungen über Kapitalbeteiligungen zu finanzieren.

  • Wir konzentrieren die Förderinstrumente der Bundesregierung. Deshalb werden wir eine Mittelstandsbank des Bundes aufbauen.
    Diese wird die Förderprogramme des Bundes für Unternehmen mit geringer Technologieausprägung im gleichen Maße wie für innovative Technologieunternehmen konzentrieren und intensivieren. Diese Bank wird neue Wege in der Kundenberatung beschreiten und Voraussetzungen schaffen, dass die Eigenkapitalbildung im Mittelstand verbessert werden kann.
  • Wir wollen, dass die Bereitstellung von Investitionskapital nicht durch erhöhte Ansprüche der Risikoabdeckung (Basel II) erschwert wird.
  • Existenzgründer bedürfen der gezielten individuellen Beratung zur Minimierung des Verwaltungsaufwandes gerade in der Startphase eines Unternehmens. Dazu müssen Regulierungsvorschriften reduziert und unnötige Bürokratie abgebaut werden.
  • Risikokapital ist eine wichtige Finanzierungsquelle für innovative Unternehmensgründer. Gerade vor dem Hintergrund der Eigenkapitalschwäche vieler kleinerer Unternehmen muss die Versorgung mit Risikokapital sichergestellt, weiter verbessert und der Zugang dazu erleichtert werden.
  • Zur Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen werden wir die Attraktivität der Dienstleistungsagenturen steigern.


Zusätzliche Kosten und Bürokratie hemmen wirtschaftliche Dynamik und behindern Existenzgründer. Wir werden

  • bei den Beiträgen für die Industrie- und Handelskammern sowie bei denen der Handwerkskammern eine angemessene Bagatellgrenze vorsehen, um kleine Unternehmen zu entlasten,
  • regeln, dass junge Existenzgründer in den ersten vier Jahren von den Beitragszahlungen ausgenommen werden.
  • Der Generationenwechsel in den mittelständischen Unternehmen und im Handwerk ist im Fluss. Wir verstärken die bereits eingeleiteten Unterstützungsmaßnahmen für Alteigentümer und für potentielle Übernehmer von Betrieben. Wir tun das gemeinsam mit den Verbänden.

Eine schlechte Zahlungsmoral gefährdet wirtschaftliche Selbständigkeit. Die Wirksamkeit des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen muss erhöht werden. Selbständige dürfen nicht durch Zahlungsverzug in finanzielle Schwierigkeiten gebracht werden.



Wissen und Können aktivieren

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind prädestiniert für die Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte. Dabei sind Fühlungsnähe zu Hochschulen und Technologiezentren hilfreich.

Deutschland muss sein Wissen und seine innovativen Ideen besser nutzen. Patente müssen zur Wertschöpfung gebracht werden, Ideen zu Arbeit. Möglichst im eigenen Land.

Wir organisieren und unterstützen die Idee einer KMU-Börse für Innovationen. Sie soll Wissen, Produkte, Finanzierung und Marketing zusammen und zum Erfolg führen. Sie soll Leitfunktion haben, im Zusammenwirken mit unterschiedlichen Einrichtungen vor Ort und in den Regionen und in den Ländern.



Qualität der Arbeit

Qualität der Arbeit umfasst viele Aspekte von der Arbeitszeitgestaltung bis zum Arbeitsschutz. Der Erhalt der Gesundheit der Arbeitnehmer ist die grundlegende Voraussetzung für deren Beschäftigungsfähigkeit. Wir werden ein Dialogverfahren organisieren, in dem sich Spitzenverbände von Wirtschaft und Arbeitnehmern, Arbeitsschützer und die Unfallversicherungsträger auf gemeinsame Ziele und Konzepte zur weiteren Minimierung der gesundheitlichen Risiken und zur Verbesserung der betrieblichen Organisation und Abläufe verständigen.

Zur Gestaltung der Welt von morgen gehört auch, dass wir Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen weiter sichern und unsere konsequente und erfolgreiche Behindertenpolitik auf der von uns seit 1998 geschaffenen Grundlage Schritt für Schritt fortsetzen.




3. Solide Finanzen und gerechte Steuern

Wir haben den Weg in den Schuldenstaat gestoppt und die Politik der Haushaltskonsolidierung zu unserem Markenzeichen gemacht.

Sparen ist für uns kein Selbstzweck. Eine solide Finanzpolitik bildet vielmehr die Grundlage für mehr Wachstum und Beschäftigung. Sie ist Garant für Preisstabilität und damit auch für eine gesamtwirtschaftlich ausgerichtete Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Sie verbindet soziale Gerechtigkeit mit wirtschaftlicher Vernunft. Sie schafft Gestaltungsspielräume für Investitionen in wichtigen Zukunftsfeldern und verbessert die Lebenschancen künftiger Generationen.

Die jährliche Neuverschuldung des Bundes haben wir kontinuierlich zurückgeführt. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. Unser Ziel bleibt, 2006 einen ausgeglichenen Bundeshaushaushalt vorzulegen. Deshalb machen wir auch in Zukunft keine unbezahlbaren Versprechen.

Neben der Fortsetzung der quantitativen Konsolidierung wollen wir in den kommenden Jahren eine qualitative Konsolidierung einleiten: Zukunftsinitiativen stärken und neue Prioritäten setzen,

  • soziale Leistungen zielgenau einsetzen,
  • Subventionen abbauen und auf zukünftige Wachstumsfelder umschichten sowie
  • Bürokratie abbauen und den öffentlichen Dienst modernisieren.
  • Trotz kontinuierlicher Rückführung der Neuverschuldung haben wir in den letzten Jahren die Investitionen in Zukunftsbereichen neu ausgerichtet und deutlich erhöht: verkehrlicher Infrastrukturausbau mit Priorität in Ostdeutschland
  • Forschung und Innovation
  • Stadtumbau.

Mit der Fortführung des Zukunftsinvestitionsprogramms bis einschließlich 2007 setzen wir wichtige Signale für die langfristige Umsetzung wichtiger Projekte, besonders im Bereich Verkehr, Forschung und Innovation. Die klare Finanzierungsperspektive schafft Planungssicherheit und löst zusätzliche Impulse für mehr Investitionen aus.

Damit legen wir die Grundlage für Wachstumsimpulse in wichtigen Zukunftsfeldern für die kommenden Jahre.

Wir erreichen einen höheren Wachstumspfad dauerhaft nur dann für ganz Deutschland, wenn wir die Wachstumskräfte in Ostdeutschland stärken. Dazu haben wir klare programmatische Ziele formuliert und konkrete Maßnahmen eingeleitet oder in Planung.



Steuerreform 2003 und 2005

Mit der Steuerreform haben wir die größte Steuersenkung in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg gebracht. Wir entlasten vor allem Arbeitnehmer, Familien und die mittelständische Wirtschaft. Damit sind die Rahmenbedingungen mittelfristig bis 2005 festgelegt. Wir schaffen Planungssicherheit für Unternehmen und private Haushalte.

Die Kapitalgesellschaften in Deutschland haben endlich ein auch international konkurrenzfähiges Steuersystem erhalten. Damit haben wir europaweit eine Spitzenposition erreicht. Wir haben es geschafft, dass sich die ausländischen Direktinvestitionen seit 1998 verzehnfacht haben.

2003 und 2005 werden weitere Entlastungsstufen bei der Einkommensteuer in Kraft treten:
  • Der Grundfreibetrag wird von 7.158 Euro (14.000 DM) auf 7.664 Euro (rd. 15.000 DM) im Jahre 2005 angehoben. Der Eingangssteuersatz wird von 25,9 %.23 (1998) auf 15 % gesenkt. Damit entlasten wir Familien mit zwei Kindern bis 2005 um 2.448 Euro (4.788 DM).
  • Alle anderen Einkommensstufen werden in gleicher Weise entlastet. Bis hin zum Spitzensteuersatz (von 53 % auf 42 %).

Mit diesen Steuersätzen haben wir in Deutschland ein Niveau erreicht, das im europäischen und internationalen Vergleich attraktiv ist.

Wenn sich im Zuge einer erfolgreichen Konsolidierungspolitik künftig neue Entlastungsspielräume ergeben, werden wir diese für eine Stärkung der Investitionen, weitere steuerliche Entlastungen und den Abbau der Staatsschulden nutzen.

Das Prinzip der ökologischen Steuerreform ist und bleibt richtig. Die Lohnnebenkosten (Rentenversicherung) werden verringert, Energieverbrauch und Umweltbelastung gedrosselt. Die letzte Stufe der ökologischen Steuerreform wird zum 1.1.2003 in Kraft treten. Danach wird es keine weitere Anhebung geben. Wir werden auf die Beibehaltung von Ausnahmetatbeständen für energieintensive Unternehmen hinwirken.



Steuergerechtigkeit und -ehrlichkeit

Der Staat muss sicherstellen, dass jeder einen seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag im Rahmen einer gerechten und sinnvollen Besteuerung des Einkommens aus Arbeit und Vermögen leistet.

Die Ungleichheit in der Verteilung der Einkommens- und Lebenschancen bleibt aber nach wie vor eine große Herausforderung.

Wir haben bereits 1999 viele Ausnahmeregelungen und Steuervergünstigungen, die vor allem die Bezieher von Spitzeneinkommen ungerechtfertigt begünstigt haben, gestrichen und eingeschränkt. Mit dem dadurch gewonnenen zusätzlichen Steueraufkommen werden die von uns verwirklichten Steuersenkungen für alle mit finanziert. Es hat sich gezeigt: Mehr Steuergerechtigkeit ist auch ökonomisch die bessere Alternative.

Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Stiftungen haben wir Anreize für eine Stiftungskultur in Deutschland gegeben. Damit haben wir ein Instrument geschaffen, mit dem große Einkommen und Vermögen freiwillig einen sinnvollen Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft leisten können.

Die Besteuerung von Kapitalerträgen muss europaweit vereinheitlicht und unfairer Steuerwettbewerb wirksam unterbunden werden. Dafür setzen wir uns ein. Das gebietet die soziale Gerechtigkeit genauso wie das Prinzip des fairen Wettbewerbs.

Mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, illegaler Beschäftigung, Steuerflucht und internationalem Steuerdumping leisten wir auch künftig einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit. Betrug am Finanzamt ist kriminell und kein Kavaliersdelikt.




4. Arbeitsmarkt

Zentrales Ziel der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik ist die Vollbeschäftigung. Dieses Ziel ist schrittweise erreichbar. Wir tun alles, was dazu im eigenen Land und in Europa getan werden kann.

Die zeitgemäße Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik ist dabei ein wichtiges Instrument.

Arbeitsmarktpolitik trägt dazu bei, Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt besser aufeinander abzustimmen. Und sie kann Brücken in den ersten Arbeitsmarkt bauen. Unser Kompass hierbei: die soziale Balance zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und den Sicherheitsbedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Neben den Arbeitslosen müssen auch die sogenannten "Stillen Reserven" unseres Arbeitsmarktes vermittelt werden, bevor offene Stellen durch Zuwanderung besetzt werden:

  • Die Erwerbsquote bei Frauen steigt in Deutschland - auch durch die Erfolge unserer Politik, sie ist aber noch zu niedrig. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann zu einer höheren Frauenerwerbstätigkeit beitragen.
  • Aus der Generation der 55-Jährigen und älteren stehen nur 39 % aktiv im Erwerbsleben. Das tatsächliche Renteneintrittsalter muss mittelfristig über die heute durchschnittlich gut 59 Jahre wieder in Richtung der gesetzlichen Altersgrenze verändert werden. Die Erfahrungen und das Können dieser Generation sind unverzichtbar.




Die Weichen sind gestellt

Wir sorgen für die, die auf dem Arbeitsmarkt nur schwer Fuß fassen können. Wir bekämpfen erfolgreich die Arbeitslosigkeit bei Schwerbehinderten - 50.000 neue Jobs bis Herbst 2002 - und bei Langzeitarbeitslosen. Wir haben mit dem Jugendsofortprogramm "JUMP" schon über 400.000 jungen Menschen eine berufliche Chance geschaffen.

Das seit dem 1.1.2002 gültige Job-AQTIV-Gesetz ist eine strukturelle Neuerung. Es setzt auf Prävention und auf zielgerichtete Vermittlung. Vor dem Hintergrund von 1,2 Mio. offenen Stellen ist eine breit angelegte nachhaltige Vermittlungsoffensive als beschäftigungspolitischer Impulsgeber gefordert.

Das Gesetz muss nun konsequent angewendet werden: Vermittlung muss möglichst beginnen, bevor Arbeitslosigkeit eingetreten ist. Das kann weiterführende Qualifizierung erfordern. Und es muss zwischen Arbeitnehmer und Bundesanstalt für Arbeit früh eine Vereinbarung zur Wiedereingliederung getroffen werden, die für beide Seiten verbindlich ist.

Auch niedrig entlohnte Beschäftigung muss für Arbeitnehmer attraktiv sein. Das "Mainzer Modell" trägt wesentlich dazu bei, wenn es überall aktiv genutzt wird. Nach einer Erprobungsphase werden bundesweit über Sozialversicherungszuschuss und Kindergeldzuschlag Anreize zur Arbeitsaufnahme im Einkommensbereich von 325 bis 800 Euro gegeben.



Die nächsten Schritte

Weitere Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt sind erforderlich:

Vor dem Hintergrund eines beklagten Fachkräftemangels in verschiedenen Arbeitssegmenten ist eine breit angelegte nachhaltige Offensive "Arbeit und Qualifizierung" als beschäftigungspolitischer Impuls gefordert. Qualifikation ist der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit. Erforderlich ist ein breiter Mix von Weiterbildungsangeboten aller Qualifikationsstufen und Berufsbilder mit jeweils klarer Zukunfts- und Marktorientierung. In diesem Sinn ist auch die Weiterbildungslandschaft in Deutschland neu zu strukturieren. Die Qualifizierungsoffensive soll insbesondere Klein- und Mittelbetrieben und den dortigen Beschäftigten zugute kommen. Eine erfolgreiche Umsetzung der Qualifizierungsoffensive muss durch attraktive Leistungsanreize an die Beteiligten unterstützt werden.

Die Verzahnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose ermöglicht konzentrierte Bemühungen im Interesse der Langzeitarbeitslosen für eine bessere, schnellere Vermittlung in Beschäftigung. Wir bekennen uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau. Die finanziellen Auswirkungen für die Kostenträger werden in der Gemeindefinanzreform zu berücksichtigen sein.

Das klassische Regel-Arbeitsverhältnis wird auch künftig dominieren. Es wird jedoch zunehmend ergänzt durch andere Beschäftigungsformen wie z. B. befristete Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeit, Werkverträge, Zeitarbeit, Telearbeit oder Jobrotation. Wir wollen diese flexiblen Ergänzungen zum Regelarbeitsverhältnis gestalten und dabei soziale Sicherheit gewährleisten.

Alle Arbeitsverhältnisse müssen klar normiert, sozial abgesichert und existenzsichernd sein. Flexibilität darf nicht zulasten sozialer Sicherheit gehen.

Der offizielle Arbeitsmarkt für einfache, personenbezogene Dienstleitungen liegt brach. Wir wollen die Beschäftigungspotentiale dieses Sektors stärker erschließen. Arbeit muss sich mehr lohnen als der Bezug sozialer Leistungen.

Die Zahl der regelmäßigen Überstunden ist zu hoch. Das ist volkswirtschaftlich unvernünftig und sozialpolitisch inakzeptabel. Vorrangig die Tarifparteien müssen sich um klare Vereinbarungen zu ihrer sinnvollen Begrenzung bemühen.

Wir brauchen intelligente Arbeitszeitmodelle, die Beschäftigung sichern und neue Arbeitsplätze schaffen. Neue Formen der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeiten bieten große Chancen für den Einzelnen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Einer modernen und flexiblen Arbeitszeitpolitik kommt eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu. In der Nutzung flexibler Arbeitszeitgestaltung liegt ein großes Beschäftigungspotential, das durch die Förderung qualifizierter Teilzeit- und tarifvertraglich vereinbarter Arbeitszeitmodelle stärker erschlossen werden muss.

Wir wollen eine flexiblere Verteilung der Lebensarbeitszeit in Form von Arbeitszeitkonten. Schwankungen im Erwerbsverlauf sind so besser auszugleichen. Dazu ist

  • die Absicherung von Zeitguthaben im Konkursfall,
  • die arbeitsrechtliche Regelung von Langfrist-Arbeitszeitkonten,
  • die Möglichkeit des Ansparens von Arbeitszeit für Qualifizierung,
  • die Ausgestaltung von Langfrist-Arbeitszeitkonten und
  • der Abbau von Überstunden
notwendig.




• Reform der Bundesanstalt für Arbeit

Die Bundesanstalt für Arbeit und insbesondere die Arbeitsvermittlung werden grundlegend reformiert und modernisiert. Die Bundesanstalt behält primär die Aufgabe, Arbeitslosigkeit verhindern zu helfen und - wo sie eintritt - sie schnellstmöglich zu beheben. Aufbau und Arbeitsweise der Bundesanstalt müssen ausgerichtet sein auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt und in der Arbeitsmarktpolitik.

Die Bundesregierung hat die Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (Hartz-Kommission) eingesetzt. Sie hat den Auftrag, bis Sommer 2002 konkrete Vorschläge zur Umgestaltung und zur künftigen Arbeitsweise der BA vorzulegen.




5. Rechte der Arbeitnehmer

Eine verlässliche soziale Sicherung und verbriefte Mitwirkungsrechte für Arbeitnehmer haben in der Vergangenheit wesentlich zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilität Deutschlands beigetragen. Wir setzen auch für die Zukunft auf soziale Sicherheit, Teilhabe und Mitbestimmung. Sie gehören zum erfolgreichen europäischen Sozialstaatsmodell.

Wir haben deshalb zu Beginn unserer Regierungszeit den sozialen Frieden wiederhergestellt:
  • Der Kündigungsschutz gilt auch wieder in kleineren Betrieben mit mehr als fünf Beschäftigten.
  • Die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gilt wieder.
  • Es gibt wieder Schlechtwettergeld.
  • Das Entsendegesetz gilt unbefristet.

Wir haben den Missbrauch der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und der Scheinselbständigkeit zurückgeführt. Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes wurde die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer gestärkt und modernisiert.

Teilhabe am Sagen und Haben bleibt wichtig. Das gilt auch für den Bereich des Personalvertretungsrechts. Auch unter den Bedingungen zunehmender Globalisierung sind informierte und mit Rechten ausgestattete Arbeitnehmer Garanten für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Erfolg. Im Gegensatz dazu gefährden Sozialdumping und der Abbau von Arbeitnehmerrechten nicht nur den sozialen Frieden, sondern auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Die Tarifautonomie und der Flächentarifvertrag haben sich bewährt. Sie haben starke und gut organisierte Sozialpartner zur Voraussetzung, deren Chancengleichheit insbesondere in Tarifauseinandersetzungen gesichert sein muss. Sie ermöglichen bei Bedarf flexible Lösungen, die auf regionale und branchenspezifische Bedürfnisse und auf Beschäftigungssicherung ausgerichtet sind. Sie können gezielt und verstärkt auch betriebliche Aspekte berücksichtigen.

Notwendige Reformen werden wir auch weiterhin im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit mit den Sozialpartnern abstimmen. Das Bündnis hat erfolgreich gearbeitet und wichtige Reformen gestützt sowie Beschäftigung gesichert.

Wir werden das Bündnis fortsetzen und verbindliche Absprachen mit den Sozialpartnern anstreben. Dazu sind effizientere Strukturen im Bündnis erforderlich. Eine zentrale Aufgabe des Bündnisses wird es sein, Wege zum Abbau von bezahlter Mehrarbeit und zur Verbesserung der Angebote von Teilzeitarbeit und familienfreundlichen Arbeitszeiten aufzuzeigen.

Die europäischen Betriebsräte haben sich als ein ganz wesentliches Element bei der sozialen Gestaltung der Europäischen Union erwiesen. Ihre Rechte sind allerdings oft zu eng gefasst. Deshalb müssen die europäische Richtlinie und das deutsche Umsetzungsgesetz weiterentwickelt werden. Dies gilt insbesondere für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der europäischen Betriebsräte (z.B. durch einen gesetzlichen Schulungsanspruch und ein Teilnahmerecht von Gewerkschaftsvertretern an Sitzungen), die Weiterentwicklung der Informations-, Beratungs- und Mitwirkungsrechte, sowie ihre wirksamere Durchsetzung.




6. Bildung und Qualifizierung

Bildung entscheidet über unsere Zukunft. Der rasche Wissenszuwachs, die weltweite Verfügbarkeit von Wissen durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die Internationalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft stellen uns alle vor neue Herausforderungen.

Sozialer Zusammenhalt in der Gesellschaft ist nur möglich, wenn alle Menschen über Bildung einen Zugang zu Arbeit und zum gesellschaftlichen Leben haben. Eine gute Bildungspolitik ermöglicht Chancen für alle, unabhängig von ihrer Herkunft. Sie ist. Voraussetzung, um im weltweiten Wettbewerb um Wachstums- und Beschäftigungschancen erfolgreich zu sein. Deshalb müssen wir alle Bildungspotentiale ausschöpfen. Bildung ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts.

Deutschlands Bildungsinstitutionen waren lange vorbildlich und sind immer noch leistungsfähig. Aber das heutige Niveau ist insgesamt nicht befriedigend. Daran muss gearbeitet werden.

Unsere Bildungspolitik orientiert sich an klaren Prinzipien:
  • Der Zugang zu den Bildungswegen bemisst sich allein an Fähigkeiten und der Leistung, nicht aber an der sozialen Herkunft.
  • Begabtenförderung und Benachteiligtenförderung bedingen sich gegenseitig. Unser Bildungssystem muss fördern und fordern.
  • Bildung ist mehr als reine Wissensvermittlung, sie umfasst die Vermittlung von Werten und Regeln und hat einen Erziehungsauftrag.
  • Die Bildungsinstitutionen müssen durchlässig sein, so dass ein Wechsel zwischen den Schulformen und Bildungswegen möglich ist.
  • Das Bildungssystem hat eine entscheidende Funktion für die soziale Integration unserer Gesellschaft zu leisten.
  • Die Bildungseinrichtungen sollen so weiterentwickelt werden, dass sie höchste Qualität sicherstellen.

Die Bundesregierung hat seit 1998 kontinuierlich die Investitionen in Bildung erhöht. Diese Priorität bleibt. Notwendig sind in Zukunft aber auch privates Kapital und gemeinsame öffentlichprivate Initiativen. Neue Möglichkeiten der Bildungsfinanzierung etwa durch Sponsoring oder durch Stiftungen werden wir nutzen. Dabei darf es zu keiner neuen Ungleichheit von Schulen kommen, wegen der Lage oder des Einzugsgebiets. Um das zu sichern, wird es neue Möglichkeiten der Bildungsfinanzierung nur mit einem solidarischen Ausgleichssystem geben.

Geld allein wird nicht genügen, um das Bildungssystem der Zukunft zu gestalten. Schulen und die Lehrer müssen wieder mehr Wertschätzung erfahren. Die Schülerinnen und Schüler brauchen Vorbilder, an denen sie klare Wertorientierungen und das Einhalten von Regeln lernen können. Schulen sind Orte der Erziehung. Sie ergänzen die Erziehung in den Familien, aber sie ersetzen sie nicht. Nur eine Schule die fordert, kann auch fördern. Dass viele Jugendliche ohne Schulabschluss bleiben, können wir nicht länger hinnehmen. Wir werden auch daraufhin wirken, dass sich die Zahl der mittleren und höheren Schulabschlüsse erhöht.

Es ist für die Zukunft des deutschen Bildungssystems unverzichtbar, dass alle politisch Verantwortlichen zusammenarbeiten. Eine neue Form der Zusammenarbeit hat das Forum Bildung gezeigt. Dessen Empfehlungen müssen nun zügig umgesetzt werden.

PISA hat gezeigt: Auch in Deutschland brauchen wir eine regelmäßige Bestandsaufnahme unseres Bildungssystems. Eine kontinuierliche Bildungsberichterstattung unter Beteiligung der Länder, wäre ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Qualität in der Bildung.



Von Anfang an

Wir wollen, dass die Kinder schon in den Kindergärten spielerisch das Lernen lernen können. Frühe Bildungsschritte setzen den Grundstein für die weiteren Bildungswege. Die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten müssen ausgebildet sein, diesen frühen Bildungsprozess zu begleiten.

Schon im Kindergarten werden die entscheidenden Weichen für die Chancengleichheit auf dem späteren Bildungsweg gestellt und die Fähigkeit zum "lebenslangen Lernen" angelegt. Benachteiligte Kinder, die oftmals aus Migrantenfamilien stammen, brauchen gezielte Hilfen insbesondere beim Erlernen der deutschen Sprache.

Die Grundschulen leisten einen entscheidenden Beitrag für die Lernbereitschaft und Lernfähigkeit der Kinder. Sie sollen auch erste Schritte im Erlernen des Umgangs mit neuen Medien erproben. Auch der erste Zugang zu einer Fremdsprache und zu naturwissenschaftlichem Wissen muss in der Grundschule möglich sein. Es ist sicherzustellen, dass die Kinder sowohl beim Umzug in eine andere Region, als auch auf den weiterführenden Schulen die Fremdsprache weiterführen können.

Die Durchlässigkeit des Ausbildungssystems muss erhöht werden. Dies schafft mehr Motivation, bessere Leistungen und Gerechtigkeit im Schulsystem. Die PISA-Studie zeigt, dass höhere soziale Integration an Schulen zu besseren Leistungen führt. Es ist die Aufgabe der Schule, Begabungen möglichst umfassend zu fördern und die Leistungsbereitschaft sowie die sozialen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen zu stärken.

Deutsch muss als Arbeitssprache im ersten Schuljahr für alle Migrantenkinder möglich sein.



Mehr Ganztagsschulen

Wir brauchen in der Bildungspolitik bei Wahrung der föderalen Zuständigkeiten eine nationale Antwort und eine gemeinsame Kraftanstrengung! Für uns sind Zuständigkeiten kein Vorwand für Untätigkeit!

Wir werden deshalb ein bundesweites Programm "Zukunft Bildung und Betreuung" mit einem Finanzvolumen von 4 Milliarden Euro auflegen, 1 Milliarde Euro pro Jahr. Damit unterstützen wir die Anstrengungen der Länder und Kommunen, um die Betreuungs- und Bildungsangebote auszubauen und zu verbessern.

Durch das Programm kann es bis zum Jahr 2007 in Deutschland 10.000 zusätzliche Ganztagsschulen geben.

Ganztagsschulen sind ein Schlüssel für eine bessere Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Lernen braucht Zeit und Kinder brauchen mehr individuelle Förderung. Ganztagsschulen unterstützen auch die Eltern bei ihrem Wunsch, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können.



Autonomie der Schulen

Schulen brauchen eine größere Autonomie, auch in der Personalrekrutierung. Sie sollen mehr Eigenverantwortung übernehmen in der Gestaltung ihres spezifischen Profils. Dies setzt die Bereitschaft zur Rechenschaftslegung voraus. Die Gestaltung des Schullebens sollte in enger Abstimmung mit allen Beteiligten, insbesondere unter Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler erfolgen. Eltern, Vereine und Unternehmen wollen wir ermutigen, sich stärker in den Bildungseinrichtungen zu engagieren.

Die Lehreraus- und -weiterbildung soll reformiert werden, damit sie den gestiegenen Anforderungen Rechnung trägt. Lehrerinnen und Lehrer sollen verpflichtet sein, einen Teil ihrer unterrichtsfreien Zeit zur Fortbildung - auch in Unternehmen - zu nutzen.



Ausbildungschancen

Die primäre Verantwortung für ausreichende und qualifizierte Ausbildungsplätze liegt bei den ausbildungsfähigen Betrieben. Nicht alle werden dieser Aufgabe gerecht. Aber die Ausbildungssituation hat sich verbessert.

In Deutschland gibt es wieder mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. Alle Jugendlichen können eine Lehrstelle bekommen. Dennoch gibt es immer noch große regionale Unterschiede. Insbesondere in den neuen Bundesländern ist das Verhältnis zwischen Ausbildungsstellen und Ausbildungsstellensuchenden im dualen System weiterhin unbefriedigend.
Deshalb sorgen wir dafür, dass regionale Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Betriebe und Jugendlichen geschaffen werden. Betriebliche Ausbildungsverbünde sollen diese Bemühungen verstärken. In Netzwerken wollen wir Ausbildungsplätze in den besonders innovativen Bereichen fördern.

Um die beruflichen Anforderungen frühzeitig erkennen zu können, bauen wir effiziente Prognoseinstrumente zur Früherkennung der Qualifikationserfordernisse von morgen auf. Die Verbesserung der Berufsorientierung von Jugendlichen durch die Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben soll gefördert werden. Die Berufsberatung muss zu einem festen Bestandteil des Unterrichtes an allen Schulen werden.

Wir wollen künftig mehr Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungswegen. Hochschulen sollen bei Wahrung der qualitativen Standards für die Absolventinnen und Absolventen der dualen Ausbildung offen stehen. Dazu wird die berufliche Aufstiegsfortbildung weiter entwickelt und verstärkt.

Den eingeschlagenen Weg, die Berufsschulen besser auszustatten, neue Berufsbilder schneller zu entwickeln und die Ausbildungskonzepte flexibler zu gestalten, setzen wir fort.

Auch lernschwache Jugendliche müssen eine Chance im Berufsleben haben. Teilzertifikate auf dem Weg zu einer vollen Berufsausbildung können dabei helfen.

Maßnahmen zur gezielten Förderung ausländischer Jugendlicher sollen verstärkt werden, damit eine bessere Integration in die Gesellschaft gelingen kann.



Mehr akademische Abschlüsse

Deutschland braucht mehr und noch besser ausgebildete Fachkräfte mit akademischen Abschlüssen. Wir wollen die Zahl der Studienanfänger von heute 28 % auf das OECD-Niveau von etwa 40 % steigern.

Deshalb muss der Zugang zu unseren Hochschulen offen und in ganz Deutschland muss Studiengebührenfreiheit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und für das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, bestehen bleiben. Mit der BAföG-Reform haben wir wieder mehr Studierenden aus finanzschwachen Familien den Hochschulzugang ermöglicht. Heute helfen wir rund 80.000 jungen Menschen zusätzlich, ihr Hochschulstudium ohne finanzielle Sorgen zu absolvieren.

Durch ein flächendeckendes Angebot von Bachelor- und Master-Abschlüssen werden die Studienzeiten gesenkt. Die konsequente Einführung von Juniorprofessuren wird Nachwuchswissenschaftler frühzeitig an eigenständige Forschungsprojekte heranführen und andererseits das Durchschnittsalter der Erstberufung absenken.

Die Nutzung der neuen Medien wird für die Hochschulen immer wichtiger werden. Internetgestützte virtuelle Hochschulen werden wir exemplarisch ausbauen.



Wichtige Säule Weiterbildung

Lebensbegleitendes Lernen muss zu einem Grundprinzip der Bildungspolitik werden. Berufsbezogene Weiterbildung wird heute vor allem von denen genutzt, die schon vorher über eine überdurchschnittliche Ausbildung verfügten. Die Strukturen der Weiterbildung müssen offener und transparenter und die Teilnahme an Weiterbildung zur Selbstverständlichkeit werden.


Berufliche Meisterschaft
Wir haben das Meister-BAföG deutlich verbessert und damit eine wichtige Grundlage für bessere Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der beruflichen Bildung gelegt. Die dadurch erlangten Qualifikationen können für eine Existenzgründung in einem eigenen Betrieb oder auch für die Fortsetzung des Bildungsweges an Fachhochschulen oder Hochschulen genutzt werden.



Stiftung Bildungstest

Zur Sicherung der Qualität von Weiterbildungsangeboten wird eine Stiftung Bildungstest auf Bundesebene aufgebaut, die die Weiterbildungsangebote prüft. So ist es möglich, einen produktiven Wettbewerb unter den Weiterbildungsanbietern zu erreichen und Transparenz für die Kunden von Weiterbildung zu schaffen.

Wir werden den Aufbau regionaler Bildungslandschaften fördern, die zu einer Zusammenarbeit von Schulen, Hochschulen, Betrieben und anderen Trägern der Bildungsarbeit führt. Dadurch können die Bildungswege besser aufeinander abgestimmt und Zugänge erleichtert werden.

Volkshochschulen und andere Institutionen der Erwachsenenbildung werden eine wichtige Rolle in der Weiterbildung behalten.




7. Forschung, Innovation, Nachhaltigkeit

Deutschland ist in den letzten Jahren wieder zu einem der attraktivsten Innovationsstandorte der Welt geworden und knüpft an seine einstige Spitzenposition an.

Heute haben wir die höchste Dichte an innovativen Unternehmen in Europa. In Deutschland werden doppelt so viele Patente wie im europäischen Durchschnitt angemeldet. Damit liegen wir weltweit auf Platz Zwei. Bei Gütern hochwertiger Technik weist Deutschland mit fast 20 % den höchsten Welthandelsanteil auf.

Der Wohlstand in Deutschland beruht auf dem Ideenreichtum unserer Forscher und Ingenieure. Forschung und Entwicklung in Deutschland haben Weltruf. Das soll auch in Zukunft so bleiben und noch besser werden. Deswegen haben wir - nach Jahren sinkender Zukunftsinvestitionen - die Ausgaben für Bildung und Forschung seit 1998 um mehr als 21 % erhöht. Seit die Bundesregierung wieder gezielt in Forschung und Entwicklung investiert, steigen auch die privaten Ausgaben in diesem Bereich.

Wir nehmen die Herausforderung an, die an eine Wissensgesellschaft im internationalen Wettbewerb gestellt werden. Noch nie hat eine Bundesregierung so viel Kapital in die Köpfe investiert. Dies wollen wir fortsetzen und eine neue Gründerzeit einläuten. Wir werden die Forschungsausgaben im Bundeshaushalt darum auch in den nächsten vier Jahren auf hohem Niveau verstetigen und steigern.

Wir wollen den besten Forschern aus aller Welt optimale Bedingungen bieten. Unsere Forschungspolitik schafft leistungs- und wettbewerbsfähige Strukturen, fördert die Schlüsseltechnologien von morgen, unterstützt Ausgründungen und vereinfacht den Technologietransfer.

Forschungsergebnisse müssen den Menschen und der Gesellschaft unmittelbar zugute kommen und einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Der Kampf gegen Krankheiten, die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt und der Umgang mit Mobilität haben hierbei höchste Priorität. Forschung im Dienste der Menschen muss die moralischen und ethischen Grenzen achten. Darüber ist ein ständiger Dialog in der Gesellschaft unverzichtbar.



Werkstätten der Zukunft

Unsere Hochschulen müssen Werkstätten der Zukunft sein und die Innovationskultur unseres Landes stärken. Sie stehen im internationalen Wettbewerb. Sie konkurrieren um die besten Köpfe unter den Forschenden und den Studierenden. Und sie konkurrieren auch um die Forschungsaufträge der Wirtschaft.

Die Hochschulen brauchen eigene Profile, um in einem dynamischen Umfeld eine Wettbewerbsposition behaupten zu können. Dazu stärken wir die Autonomie der Hochschulen.

Junge Menschen erwarten von einem Studium zu Recht, dass es in planbarer Zeit absolviert werden kann, dass die Studienstrukturen klar sind, dass sie eine gute Betreuung erhalten und dass der Abschluss auf dem Arbeitsmarkt breit verwertbar ist. Dazu brauchen wir eine Studienstrukturreform.

In Exzellenzzentren der Hochschulen muss sich die Spitzenforschung konzentrieren. Wir fördern Ausgründungen von jungen, innovativen Unternehmen. Ökonomisches Grundwissen und die Fähigkeit, einen Geschäftsplan zu erstellen, soll zum gewohnten und vertrauten Handwerkszeug von Hochschulabsolventen werden. Es werden Lehrstühle für Existenzgründungen an allen Hochschulen gegründet.

Wissenschaft und Wirtschaft müssen durch Kompetenzzentren und Netzwerke enger miteinander verzahnt werden, um die Umsetzung von Forschungsergebnissen in neue Produkte und Dienstleistungen zu beschleunigen. Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat für eine positive Beschäftigungsentwicklung. Deshalb werden wir den Zugang von kleinen und mittleren Unternehmen zur öffentlich geförderten Forschung gewährleisten. Ein neuer "Wissenschaftstarifvertrag" für Forschungseinrichtungen soll die Mobilitätshemmnisse beim Wechsel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft abbauen.

Wir wollen die Förderung der entscheidenden Schlüsseltechnologien in den Mittelpunkt einer Innovationsoffensive stellen. Dazu ist es notwendig, Forschungsziele zu benennen und Leitbilder zu entwickeln. Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung werden so auf die Forschungsfelder der Zukunft ausgerichtet.



Schlüsseltechnologien für die Märkte von morgen stärken

Zur Gestaltung und Beschleunigung des Wandels zur Informationsgesellschaft werden in dem Förderprogramm "IT-Forschung 2006" insbesondere vier Säulen gestärkt: die Nanoelektronik, die Kommunikationstechnologien, die Softwaresysteme und das Internet.

Die Biotechnologie hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Die Zahl der vor allem kleineren und mittleren Biotechnologieunternehmen hat sich seit 1998 um 25 % erhöht. Deutschland steht in der Biotechnologie in Europa an der Spitze. Wir wollen die Arbeitsplätze in diesem Bereich in den nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln. Mit der Initiative B 21 soll ein bundesweites Netz von privaten Unternehmen und öffentlich geförderten Forschungsinstitutionen entstehen.

Die Gesundheits- und Genomforschung liefert neue Erkenntnisse über die Ursachen von Erkrankungen und deren Entstehung. Damit lassen sich die Lebensqualität der Menschen, ihre Lebenserwartung und die Heilung von Krankheiten verbessern. Zugleich können mit Hilfe der Gesundheitsforschung die Effizienz im Gesundheitswesen gesteigert und Kosten reduziert werden. Wir werden deshalb die Gesundheits- und Genomforschung stärken, damit neue Präventions- und Therapieverfahren entwickelt werden können. Wir werden die Grundlagenforschung und klinische Forschung enger miteinander verzahnen, damit Forschungsergebnisse schneller den Patienten zugute kommen.

Die Potentiale der Gentechnik im Bereich der Landwirtschaft müssen weiter erforscht werden. In Abstimmung mit den Unternehmen bringen wir ein sorgfältig ausgearbeitetes Forschungs- und Begleitprogramm zum Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Weg.

Chancen und Grenzen gentechnologischer Forschung müssen daher immer wieder neu bestimmt werden. Forschung im Dienste der Menschen beachtet die moralische und ethische Grenze. Die Debatte über wissenschaftliche und ethische Fragen begrüßen wir und wollen sie auch künftig fördern.



Nachhaltige Energiepolitik

Unsere Energiepolitik orientiert sich am Leitziel der Nachhaltigkeit. Dies schließt Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Preiswürdigkeit sowie Umweltverträglichkeit ein. Diese Ziele erfordern auch in Zukunft einen Energiemix, der einseitige Abhängigkeiten von einzelnen Lieferländern oder Energieträgern vermeidet. Er schließt die heimische Braun- und Steinkohle ebenso ein wie Mineralöl, Erdgas und erneuerbare Energien.

Die heimische Kohle bleibt bei umweltverträglicher Nutzung ein wichtiger Bestandteil einer modernen Energieversorgung. Wir werden den Strukturwandel im Bergbau weiter begleiten, um den Regionen und Beschäftigten klare Zukunftsperspektiven zu bieten.

Wir wollen eine Strategie "Weg vom Öl" und unsere Abhängigkeit von Mineralölimporten weiter reduzieren und Deutschland zum weltweit führenden Land für moderne Energietechniken machen. Wir setzen dabei auf die drei Säulen Kraft-Wärme-Kopplung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien für eine sichere Energiepolitik ohne Atomkraft.

Der Anteil bei erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll bis 2010 mindestens verdoppelt werden. Dazu werden wir in einem nationalen Energieplan die erforderlichen Maßnahmen zusammenführen und fortentwickeln. Ziel ist, die Verwendung umweltfreundlicher Energieträger gegenüber umweltbelastenden Energieträgern kostengünstiger zu gestalten. Sicherheit geht vor: Bei der Umsetzung des Atomausstiegs werden wir besonderes Augenmerk auf die Sicherheit des Reaktorbetriebs während der Restlaufzeit legen.

Die Voraussetzungen für die Genehmigung von Off-Shore-Windparks werden verbessert. Wir wollen innovative Techniken der Energieerzeugung bis zur Marktreife unterstützen. Dazu gehören z. B. der Bereich der Kraftwerkstechnik, die Entwicklung alternativer Kraftstoffe - wie z.B. moderne Biokraftstoffe - neuer Antriebe und die Brennstoffzelle. Damit leiten wir den Weg zum Null-Emissions-Motor ein und verringern die Importabhängigkeit von fossilen Treibstoffen.

Die Exportförderung für neue Energietechnologien wird durch eine Initiative zur Schaffung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien unterstützt, um damit die globale Ausweitung der Energiealternativen voranzutreiben und in der Entwicklungszusammenarbeit Erneuerbare Energien zum Schwerpunkt zu machen.

Auch im Baubereich müssen die Potenziale für eine effizientere Energienutzung in allen Bereichen konsequent genutzt werden. Dazu gehört auch die Entwicklung neuer energetischer Bautechnologien und damit der Architektur der Zukunft, die auf energieautonome Häuser zielt.



Mobilität - integrierte Verkehrspolitik

Mobil sein bedeutet für Menschen ein hohes Maß an Freiheit und Lebensqualität. Mobilität ist Voraussetzung für Wachstum und Entwicklung und trägt selbst erheblich zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Dazu ist eine integrierte Verkehrspolitik notwendig, die die einzelnen Verkehrsträger besser vernetzt.

Ein 90-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm ist für den Erhalt, die Modernisierung, den Ausbau und die bessere Vernetzung der Verkehrswege die nötige finanzielle Basis für dieses Jahrzehnt. Mit dem Investitionsprogramm werden wir

  • die Investitionen dauerhaft verstetigen und gezielt Engpässe und Staupunkte auf den Autobahnen, auf der Schiene und auf den Wasserwegen beseitigen,
  • die Lebensqualität in den Ortschaften deutlich verbessern,
  • den maritimen Standort Deutschland stärken,
  • die Verkehrsinfrastruktur mit einem Schwerpunkt "Ost" im Bundesverkehrswegeplan ausbauen,
  • die modernste Spitzentechnologie im Verkehrsbereich anschieben,
  • die Vernetzung der Verkehrsträger optimieren,
  • modernste Bahntechnik wie z. B. Magnetschwebetechnik fördern.

Die Bahnreform muss konsequent fortgesetzt werden. Unser Ziel ist es, das wachsende Aufkommen von Güterverkehr, das Deutschland aufgrund seiner Mittellage in Europa künftig zu bewältigen hat, vermehrt von der Straße auf die Schiene zu lenken. Dazu werden wir auch die Mittel für den kombinierten Verkehr verdoppeln. Für den Schienenverkehr wollen wir faire Wettbewerbsbedingungen auch zu anderen Verkehrsträgern gewährleisten.

Über 26 Mio. Menschen nutzen täglich den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Wir fördern den ÖPNV deshalb mit hohen Beträgen. Gerade in Großstädten und Ballungsgebieten ist Mobilität ohne ÖPNV undenkbar. Um noch mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen, ist eine weitere Qualitätssteigerung des ÖPNV-Angebots notwendig.

Wir wollen sicherstellen, dass der ÖPNV auch künftig bezahlbar bleibt. Deswegen werden wir für eine dauerhaft verlässliche Förderung durch den Bund sorgen.

Wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen Mobilität ist der Einsatz moderner Antriebstechnik und die Entwicklung neuer Kraftstoffe. Mit der Wirtschaft sind wir überzeugt, dass Wasserstoff der Kraftstoff mit dem größten Zukunftspotential ist. Wir wollen daher den Aufbau von Wasserstoff-Tankstellen finanziell fördern und die Produktion entsprechender Fahrzeuge unterstützen.



Gesunde Umwelt

Wir bekennen uns zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Nachhaltig ist eine Entwicklung, wenn sie die Interessen künftiger Generationen berücksichtigt.

Die Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ist Grundlage unserer Politik. Alle Fachpolitiken stehen dabei in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten. Unsere Vision ist eine Steigerung der Effizienz beim Einsatz von Energie und Rohstoffen um den "Faktor 4" mittelfristig zu realisieren, d.h. wir wollen Güter und Dienstleistungen mit nur noch einem Viertel des heute benötigten Rohstoff- und Energieeinsatzes produzieren. Die parallele Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und Umwelt ist ökonomisch wie ökologisch sinnvoll. Ökologie und Nachhaltigkeit sind Langfrist-Ökonomie.

Um diesen Prozess parlamentarisch zu begleiten, wollen wir die Arbeitsstruktur des Bundestages weiterentwickeln und einen "Zukunftsausschuss 2010" einrichten.

Der Schutz des Klimas ist eine der großen Aufgaben unserer Zeit. Unser Land ist dabei weltweit Vorreiter bei der Verringerung der schädlichen Kohlendioxid-Emissionen. Effektiver Klimaschutz braucht langfristige, berechenbare und verbindliche Ziele. Wir werden das Nationale Klimaschutzprogramm umsetzen, um die CO2-Emissionen bis 2005 um 25 % zu senken.

Ein wichtiger Meilenstein für eine weltweite wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung ist der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Herbst 2002. Wir wollen, dass Deutschland bei der Umsetzung der Leitlinien für eine global nachhaltige Entwicklung eine führende Rolle übernimmt. Die Globalisierung der Wirtschaft muss im Einklang stehen mit den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung. Deshalb werden wir für entsprechende Initiativen in der laufenden Welthandelsrunde und für weitere Anstrengungen zur Stärkung der Umweltorganisationen der Vereinten Nationen eintreten. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist national und international ein wichtiges Anliegen. Deshalb wollen wir den Naturschutz weiter stärken.

Vermeiden - verwerten - beseitigen: Das ist die Hierarchie einer modernen Stoffwirtschaft. Durch klare ökologische Standards, eindeutig abgestimmte Zuständigkeiten, und transparente Kontrollmöglichkeiten verbessern wir sowohl die Planungs- wie die Investitionssicherheit für private wie für öffentliche Unternehmen. Eine leistungsfähige Stoffwirtschaft braucht neben dem Ordnungsrecht auch ökonomische Instrumente. Deshalb werden wir die Verpackungsverordnung reformieren. Wettbewerbsförmige Lösungen zur Umsetzung der Produzentenverantwortung durch die Wirtschaft sind zuzulassen und zu fördern.

Wasser ist das wichtigste Lebensmittel und keine Handelsware wie jede andere. Wir lehnen die Liberalisierung der Wasserversorgung ab. Daher werden wir die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft und den Schutz des Grundwassers verbessern. Mit Ländern, Kommunen, Unternehmen und Verbänden entwickeln wir eine Strategie zur Modernisierung der Wasserwirtschaft im internationalen Wettbewerb entwickeln.



Moderne Landwirtschaft

Mit der Einrichtung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft haben wir einen politischen Neuanfang in der Verbraucher- und Landwirtschaftspolitik gemacht. Die Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz wurden gebündelt, die Kontrolle verbessert und Verbraucherschutz als eigenständige politische Aufgabe etabliert.

Wir wollen eine Neuausrichtung auf eine verbraucherorientierte, tierschutzgerechte, umweltgerechte und wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Wir wollen diese große Gemeinschaftsanstrengung in den nächsten 10 Jahren bewältigen.

Die europäische Landwirtschaftspolitik muss nach 3 Jahrzehnten schwerpunktmäßiger Produktionsorientierung an die veränderten Bedingungen und die veränderten Verbraucherbedürfnisse angepasst werden.

Die Herausforderung der EU-Osterweiterung und die bevorstehenden WTO-Verhandlungen machen ebenfalls eine Neuordnung der EU-Agrarpolitik erforderlich. Hier wird es entscheidend sein, klare Regelungen für ein hohes Niveau im gesundheitlichen Verbraucherschutz sowie im Umwelt- und Tierschutz gemeinschaftsweit festzuschreiben. Dies sichert die Wettbewerbsfähigkeit unserer Land- und Ernährungswirtschaft und gewährleistet den Verbraucherschutz auf hohem einheitlichem Niveau. Der Einsatz von Steuermitteln zur Entwicklung einer nachhaltig wirtschaftenden Landwirtschaft muss nach unseren Vorstellungen daher neu geordnet werden.

Wir werden in Deutschland ab 2003 von der Möglichkeit Gebrauch machen, in begrenztem Umfang produktbezogene Ausgleichszahlungen zurückzuführen und diese Mittel für Programme der ländlichen Entwicklung bereitzustellen.

Die Landwirte sind nicht nur Produzenten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen. Sie haben auch eine zentrale Aufgabe bei der Gestaltung des ländlichen Raumes. Diese Leistungen für die Allgemeinheit wie der Erhalt von Natur, der Kulturlandschaften für den Gewässer-, Boden- und Klimaschutz müssen angemessen bezahlt werden. Besondere Anstrengungen werden wir auch dort unternehmen, wo landwirtschaftliche Betriebe die von ihnen erzeugten Produkte regional verarbeiten und vermarkten. Sie müssen zusätzliche Einkommensquellen erschließen können. Hier spielt auch der Agrartourismus eine wesentliche Rolle.

Bezüglich der speziellen Probleme in den neuen Bundesländern werden wir die Altschuldenproblematik angehen. Sie gehört zu den letzten gravierenden Problemen der deutschen Wiedervereinigung im Agrarbereich. Wir wollen daher Möglichkeiten. eröffnen, die zu einer beschleunigten Ablösung der Altschulden führen. Dabei ist eine Orientierung an der jeweiligen Leistungsfähigkeit wichtig.

In der Bodenpolitik haben wir die letzten Hemmnisse beim Flächenerwerb aus dem Weg geräumt und die Pachtzeiträume für BVVG (Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft)-Flächen deutlich erhöht. Land- und Forstwirtschaft leisten einen wichtigen Beitrag für die Wirtschaftskraft ländlich geprägter Räume in unserem Lande.




8. Der Osten - ein starkes Stück Deutschland

Demokratie und Freiheit

Die Menschen in der DDR haben sich 1989 mit der friedlichen Revolution Demokratie und Freiheit selbst erkämpft. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten waren Teil der ostdeutschen Bürgerrechts- und Demokratiebewegung. Mit allen, die damals beteiligt waren, sind wir stolz auf dieses Kapitel deutscher Geschichte.

Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen sind ein starkes Stück Deutschland. Das hat sich auch in den Jahren seit 1989 erwiesen. Es waren vor allem die Menschen in den Ländern und Regionen selbst, die nach der Revolution auch den Aufbau in ihre Hände nahmen, die die Chancen zur Erneuerung ergriffen.

Die Politik der Kohl-Regierung hat in der frühen Phase des Aufbaus durch falsche Regelungen in der Eigentumsfrage, durch allzu kurzatmige Förderung des Baubereiches und damit verbunden auch durch Begünstigung der Spekulation Weichen falsch gestellt.

Es ist das Verdienst der Regierung Schröder, die Prioritäten neu geordnet, die Investitionen erhöht, Wachstumskerne entwickelt, die Regionen in ihrer eigenen Kraft gestärkt und die Realitäten ehrlich benannt zu haben. Der Solidarpakt II ist ein klares Signal für die Solidarität und Identifikation des ganzen Landes und gibt Sicherheit bis 2019.

Die Stärke Ostdeutschlands ist auch Voraussetzung für den Wohlstand in ganz Deutschland, für eine starke Wirtschaft, starke Regionen und gute Lebensperspektiven für den Einzelnen.



Perspektiven für den Osten

Zur Stärkung der regionalen Entwicklung werden wir uns an folgenden Leitlinien orientieren:
  • eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur und ein attraktives Lebensumfeld schaffen;
  • klare innovative, wirtschaftliche und wissenschaftliche Profile entwickeln;
  • für umfassend qualifizierte, motivierte und flexible Facharbeiter und Absolventen von Fach- und Hochschulen in den Regionen sorgen und
  • ein an die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung angepasstes System der Qualifizierung und Weiterbildung fördern.

Mit der Entscheidung für den Solidarpakt II ist eine wichtige Grundlage bis 2019 geschaffen worden. Dies eröffnet neue Chancen und steht für Ehrlichkeit, die sich zur Dauer des Prozesses offen bekennt. Die Entscheidung für den Solidarpakt II ist der wichtigste Durchbruch für die Zukunft der ostdeutschen Länder und Regionen.

Im Solidarpakt II stellt der Bund für weitere 15 Jahre 156 Mrd. Euro bereit. Davon erhalten die Länder 105 Mrd. Euro für eine moderne Infrastruktur und zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft. Weitere 51 Mrd. Euro stellt der Bund an zusätzlichen Leistungen für den gezielten Aufbau Ost zur Verfügung.


Wirtschaftsentwicklung gezielt fördern
Ostdeutschland hat sich zu einem Unternehmensstandort mit Zukunftsperspektiven entwickelt. Der Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft wird sich fortsetzen. Die wirtschaftliche Entwicklung ist gegenwärtig durch ein stabiles Wachstum des Verarbeitenden Gewerbes aber auch durch schmerzhafte Anpassungen vor allem in der Bauwirtschaft geprägt.

Es ist unser vorrangiges Ziel, den Strukturwandel zugunsten einer modernen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstruktur als Grundlage für eine nachhaltige ökonomische Entwicklung der ostdeutschen Länder zu stärken.

In Ostdeutschland bilden sich zunehmend regionale Wachstumszentren heraus. Wie Ansiedlungserfolge in der Automobilindustrie in Sachsen und Thüringen, der Luftfahrtindustrie in Brandenburg, der Maritimen Verbundwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern oder der Chemieindustrie in Sachsen-Anhalt zeigen, entstehen dort Anknüpfungspunkte für weitere Investitionen in kleinen und mittleren Unternehmen. Entwicklungsimpulse strahlen in umliegende Regionen aus. Wir werden deshalb den besonderen Infrastrukturbedarf von Wachstumszentren berücksichtigen.

Die steuerliche Investitionszulage wird nach europäischem Recht Ende 2004 auslaufen. Wir werden eine gleichwertige Nachfolgeregelung zur Förderung von Investitionen in Ostdeutschland auf den Weg bringen. Dabei werden wir die Zielgenauigkeit und die Effizienz der Förderung weiter verbessern.



Innovationspotentiale nutzen

Mehr denn je entscheidet heute die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft über Erfolg und Wohlstand in der Zukunft.

In den vergangenen Jahren ist es gelungen, Innovationsnetzwerke mit überregionaler und internationaler Zusammenarbeit in Ostdeutschland zu bilden.

Wir halten an der Förderung von Innovationsprozessen im Betrieb und zwischen den Innovationspartnern auf regionaler Ebene fest. Diese Hilfen werden weiterentwickelt.

Der Ausbau der Forschungszentren in den ostdeutschen Ländern ist in den letzten Jahren vorangetrieben worden. Das betrifft Einrichtungen der Max-Planck-Gesell-schaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Helmholtz-Zentren, der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz und der Fraunhofer-Gesellschaft. Die Zentren sind wichtige Keimzellen für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Sie haben auch die Aufgabe, die Umsetzung neuer Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu fördern sowie die Gründung innovativer Unternehmen zu initiieren.

Wir wollen mit einer neuen Gründungsoffensive den Aufbau der ostdeutschen Forschungslandschaft weiter vorantreiben. Bei Entscheidungen über neu einzurichtende Großforschungszentren werden wir die ostdeutschen Länder vorrangig berücksichtigen.

Die Erweiterung der Europäischen Union bietet die große Chance, aus Ostdeutschland eine europäische Verbindungsregion zu machen, wenn wir die Strategien und Konzepte der Infrastrukturentwicklung, der Forschung und der Kultur auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit ausrichten und wenn wir die Erfahrungen der letzten Jahre gemeinsam mit den neuen Mitgliedern der EU nutzen und neue Netzwerke aufbauen. Das ist unser Ziel. Darum werden wir ein Osteuropa-Zentrum für Wirtschaft und Kultur in einem der ostdeutschen Länder aufbauen. Kooperationen zwischen Unternehmen in Ostdeutschland und Unternehmen in den Beitrittsstaaten wollen wir gezielt fördern.



Arbeit und Qualifikation

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Sicherung von Beschäftigung steht im Mittelpunkt unserer Politik. Nur so lässt sich auch die Abwanderung aus den ostdeutschen Ländern bremsen. Das Ziel in den ostdeutschen Ländern heißt vor allem mehr Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt.

Aktive Arbeitsmarktpolitik bleibt aber unverzichtbar. Im Jahr 2002 werden für aktive Arbeitsmarktpolitik in den ostdeutschen Ländern rd. 10 Mrd. Euro eingesetzt, beispielsweise bei beruflicher Aus- und Weiterbildung, für Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen sowie Eingliederungszuschüsse. Das sind rd. 1,0 Mrd. Euro mehr als 1998.

Wir wollen die Zielgenauigkeit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik weiter erhöhen und stärker als bisher auf den Bedarf in den Regionen orientieren. Damit werden die Vermittlungschancen in den ersten Arbeitsmarkt gerade auch für ältere Arbeitslose und Langzeitarbeitslose erhöht. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bleiben weiter erforderlich.

Wir haben ein Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit (JUMP) aufgelegt. Aufgrund seines Erfolgs wird das Programm bis 2003 fortgeführt. Ostdeutschland erhält 50 % der jährlich zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 1,0 Mrd. Euro (2 Mrd. DM).

Wir werden ein JUMP-Plus-Programm für Jugendliche als Beschäftigungsbrücke Ost nach der Erstausbildung entwickeln. Hierdurch sollen zusätzlich 100.000 Arbeitsplätze für Jugendliche u.a. in Beschäftigungsfeldern des gesellschaftlichen Bedarfs (Soziales, Kultur etc.) im Rahmen von Infrastrukturmaßnahmen sowie durch eine Verknüpfung von Altersteilzeit mit Jugendteilzeit geschaffen werden.

Talente an den ostdeutschen Hochschulen werden wir verstärkt fördern, um sie für die aktive Gestaltung des Innovationsprozesses in den neuen Ländern zu motivieren. Mit FuE-Personalkostenzuschüssen für Neueinstellungen, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, soll das Gehaltsgefälle zu Angeboten in den alten Bundesländern ausgeglichen werden. Wir werden Kompetenzzentren mit klarer Profilbildung in ausgesuchten Technologiefeldern schaffen, um so die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit und Attraktivität für Spitzenkräfte aus dem In- und Ausland zu erhöhen. In einer Gründungsoffensive werden wir über einen längeren Zeitraum Gründerstellen schaffen und zusätzliche Mittel für Gründungsbeauftragte bereitstellen.

Es gibt nach wie vor ein unterschiedliches Lohnniveau in West- und Ostdeutschland. Lohnanpassung muss zwar auch mit der Produktivität in Einklang stehen, damit wettbewerbsfähige Arbeitsplätze entstehen, aber die Menschen in Ostdeutschland haben auch die berechtigte Erwartung, dass sich diese Schere in den nächsten Jahren schließt. Wir wollen daher auch im öffentlichen Dienst bis 2007 den Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit durchsetzen.



Infrastruktur ausbauen

Mehr als die Hälfte der im Investitionsprogramm 1999 bis 2002 vorgesehenen Verkehrsinvestitionen mit einem Gesamtvolumen von rd. 35 Mrd. Euro entfallen auf die ostdeutschen Länder. Schwerpunkt der Verkehrsinvestitionen sind die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Alle 17 Projekte sind begonnen worden, viele Projekte und Projektabschnitte sind bereits in Betrieb. Viele Lücken im innerdeutschen Verkehrswegenetz sind bereits geschlossen. Und es geht zügig weiter mit dem Ausbau.

Erstmals sind Verkehrsinfrastrukturprojekte des Bundes für den Zeitraum 2000-2006 aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert worden. Das Programm in Höhe von über 3,1 Mrd. Euro leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer dauerhaft leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur insbesondere im Osten der Bundesrepublik.

Mit der Fortführung des Zukunftsinvestitionsprogramms bis einschließlich 2007 ist die langfristige Umsetzung wichtiger Verkehrsprojekte in den ostdeutschen Ländern gesichert. Wir werden im Jahr 2003 einen überarbeiteten Bundesverkehrswegeplan mit einem Schwerpunkt Ost vorlegen und die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) zügig fertig stellen

Mit dem Programm "Stadtumbau Ost" schaffen wir Impulse zur Verbesserung der Wohnqualität und der Stabilisierung der Wohnungsmärkte. Hierfür stellen Bund und Länder - neben den Mitteln, die die EU z. B. im Rahmen des Programms URBAN gegeben hat - bis 2009 rund 2,5 Mrd. Euro zur Verfügung. Damit können notwendige Maßnahmen zur Aufwertung von Stadtquartieren und bei dem unvermeidlichen Rückbau leerstehender, langfristig nicht mehr benötigter Wohngebäude finanziert werden.

Die Altschuldenproblematik ist das letzte gravierende Problem der deutschen Wiedervereinigung im Agrarbereich. Deshalb wollen wir die Möglichkeit eröffnen, die zu einer beschleunigten, an der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientierten Ablösung der Altschulden führt. In der Bodenpolitik haben wir die letzten Hemmnisse beim Flächenerwerb aus dem Weg geräumt und die Pachtzeiträume für BVVG(Bundes-Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaft)-Flächen deutlich erhöht.



Die Hälfte des Weges ist zurückgelegt

Wir wissen, dass erst die Hälfte des Weges in Ostdeutschland zurückgelegt ist. In einer Reihe von Bereichen brauchen wir zusätzliche Anstrengungen, um den notwendigen Nachholbedarf in den nächsten Jahren zu fördern.

Wir gehen entschlossen und mutig in den zweiten Teil der Strecke.

Mit Gerhard Schröder als Bundeskanzler und seiner Regierung hat der Aufbau Ost neue Impulse bekommen und die Deutsche Einheit festere Konturen. Diesen Weg wollen wir weitergehen und dabei die Interessen der Menschen mit Nachdruck vertreten.

Der Beschluss des Ost-Parteitags der SPD ist dabei Leitlinie für diesen Teil des Regierungsprogramms 2002-2006.




9. Lebensqualität in Städten und Gemeinden

Eine lebendige Demokratie braucht starke Städte und Gemeinden. Die Kommunen sind der Ort der unmittelbaren Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am politischen, sozialen und kulturellen Leben. Darin wollen wir unsere Städte und Gemeinden stärken.

Das dichte Netz intakter und lebendiger städtischer Zentren und ländlicher Räume ist für die Lebensqualität unersetzlich. Im Zeitalter umfassender Mobilität und weitgehender Globalisierung steigt die Bedeutung der kleinen Einheit, der Stadt, des Wohnbereichs, des Dorfes.



Kommunale Handlungsspielräume in Europa erhalten

Deshalb unterstützen wir die Städte und Gemeinden in ihrem Bemühen, ihren Platz in einem zusammenwachsenden Europa zu behaupten, wo nötig neu zu bestimmen. Wir treten ein für die bewährte kommunale Selbstverwaltung.

Das Subsidiaritätsprinzip gilt. Das Konnexitätsprinzip gilt. Die öffentliche Daseinsvorsorge behält ihre Funktion - bei aller notwendigen Öffnung zum Wettbewerb auch für diesen Bereich.



Gemeindefinanzreform

Die Kommunen brauchen finanzielle Planungssicherheit und eine aufgabenadäquate Finanzausstattung.

Wir haben mit der Vorbereitung einer grundlegenden Reform der Gemeindefinanzen begonnen. Sie hat die Aufgabe, die Einnahmen und die Ausgaben der Kommunen wieder in Einklang zu bringen. Sie muss vor allem die Planbarkeit der Einnahmen verbessern.

Die Gemeinden brauchen eine verfassungskonforme, wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit eigenem Hebesatzrecht. Damit lässt sich eine gerechte Verteilung der Gemeindesteuerlasten zwischen Großunternehmen, Mittelstand und Wohnbevölkerung erreichen.



Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe verzahnen

Zu einer nachhaltigen Gemeindefinanzreform gehört untrennbar eine Neuordnung im Bereich der Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Dabei wollen wir keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.



Sozialhilfe reformieren - Hilfe zur Selbsthilfe stärken

Die Vermittlung erwerbsloser Sozialhilfeempfänger in den ersten Arbeitsmarkt muss verbessert und die Eigenverantwortung der Unterstützungsempfänger muss mobilisiert werden. Wir entwickeln die Sozialhilfe zu einer aktivierenden, fallbezogenen Dienstleistung. Dabei steht das sozialstaatliche Existenzminimum selbstverständlich nicht zur Disposition.

Wir reformieren die Sozialhilfe mit dem Ziel, dass arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger schneller und sicherer in Arbeit kommen und gleichzeitig das Lohnabstandsgebot gewahrt bleibt.

Der Sozialstaat muss auch in diesem Bereich das Prinzip "Fördern und Fordern" konsequent umsetzen und die Betroffenen als wichtige Partner bei der sozialen Integration ernst nehmen. Er muss den Anspruch auf zweite und dritte Chancen sichern.

Eine Reform der Hilfe zum Lebensunterhalt muss daher
  • die finanziellen Leistungen transparent und bedarfsgerecht weiter entwickeln,
  • die Selbstverantwortung des Hilfeempfängers stärken und Verwaltung vereinfachen,
  • die aktivierenden Instrumente und Leistungen der Sozialhilfe verbessern,
  • die Integration in den Arbeitsmarkt verbessern,
  • Länder und Kommunen bei der Verwaltungsmodernisierung wirksam unterstützen.




Familienfreundliche Städte schaffen

Kinder brauchen Platz und sie brauchen Entwicklungschancen. Das entscheidet sich vor Ort. Ein bedarfsgerechtes Angebot der Kinderbetreuung ist vorrangig. Die Ganztagsschule hat dabei eine wichtige Funktion.



Soziale Stadt

Wir wollen Städte, die den Wohn- und Lebensbedürfnissen von Familien entsprechen. Gerade Stadtteile, in denen soziale und bauliche Probleme verstärkt auftreten, brauchen Unterstützung.

Mit den Programmen "Soziale Stadt" und "Stadtumbau Ost" werden erfolgreich lokale Bemühungen für die soziale Stadtentwicklung gefördert.

Die Revitalisierung der Innenstädte - in Zusammenarbeit mit dem lokalen Einzelhandel und örtlichen Initiativen - ist dabei ein Schwerpunkt. Und die persönliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in ihrer Stadt muss kompromisslos gewährleistet sein.



Bezahlbarer Wohnraum für alle

Das Bauen in Deutschland muss wieder einfacher werden. Wir wollen kostengünstiges und ökologisches Bauen erleichtern, indem wir das Baugesetzbuch und insbesondere die vielfältigen Planungsstufen straffen und effizienter machen.

Auch in Großstädten brauchen wir bezahlbaren Wohnraum für alle. Dabei wird der Stadtumbau gegenüber dem Neubau erheblich an Bedeutung gewinnen. Wertvolle Erfahrungen hierfür liefert das vorbildliche Programm "Stadtumbau Ost".

Wir fördern das selbstgenutzte Wohneigentum als Neubau, insbesondere in den Zentren aber auch im Bestand.

Mit der ersten Wohngeldreform seit 10 Jahren, der Stärkung der Mieterrechte und der Initiative zum kostenbewussten Bauen haben wir wichtige Rahmenbedingungen für bezahlbares Wohnen gesetzt.


Städte für unsere Kinder verkehrssicherer machen
Wir wollen die Verkehrssicherheit in unseren Städten und Gemeinden erhöhen und insbesondere den Schutz für Kinder verbessern.




10. Sport ist Spitze für alle

Sport ist aktive Freizeitgestaltung, Gesundheitsvorsorge und Therapie. Sport macht Freude und führt die Menschen zusammen. Wir unterstützen auch weiterhin Breiten- und Spitzensport. Die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen wir.

Breitensport ist eine große gesellschaftliche Bewegung. Er lebt vor allem durch das ausdauernde Engagement der Vereine vor Ort und die Initiative Einzelner. Besonders förderungswürdig ist dabei die Arbeit mit unseren Kindern und Jugendlichen. Wir stärken das Ehrenamt im Sport und haben deshalb die Übungsleiterpauschale erhöht. Wir plädieren für mehr Schulsport.

Sportstätten für den Hochleistungssport werden mit maßgeblicher Unterstützung des Bundes gebaut, modernisiert und erhalten. Allein hierfür stehen seit 1999 116,1 Mio. Euro Bundesmittel zur Verfügung. Der Sport kann sich auch in Zukunft auf uns verlassen.

Die Schattenseiten des Sports bekämpfen wir mit Nachdruck. Wer dopt, betrügt im Sport. Wir werden zur Bekämpfung des Dopings das Kontrollsystem, aber auch die Forschung weiter ausbauen und ein wirksames Anti-Doping-Gesetz schaffen.

Die Förderung von Sportanlagen in den ostdeutschen Ländern und im ehemaligen Ostteil Berlins setzen wir fort. Wir haben den Goldenen Plan Ost verlängert und annähernd verdoppelt und halten unser finanzielles Engagement auf hohem Niveau.

Wir unterstützen den Deutschen Fußballbund tatkräftig bei der Ausrichtung der WM 2006. Leipziger Zentralstadion und Berliner Olympiastadion werden mit Bundeshilfe zu modernen WM-Stadien ausgebaut. Frühzeitige Sicherheitsvorbereitungen sind wichtig und sind bereits angelaufen.

Deutschland soll international Spitze im Sport bleiben.

Große Sportereignisse müssen auch zukünftig für alle live und ohne besondere Gebühren im Fernsehen übertragen werden.




11. Familien im Zentrum

Familie ist, wo Kinder sind. Die Familien sind Leistungsträger unserer Gesellschaft. Sie leben Zusammenhalt, ermöglichen freie Entfaltung der Individuen und sind Lebensmittelpunkt. Die meisten Menschen wünschen und erleben Familie als Ort der Geborgenheit und der Sicherheit, viele auch des privaten Glücks.

In Familien übernehmen Eltern, Großeltern und Kinder Verantwortung füreinander. Familien sind die erste und wichtigste Instanz für Erziehung, Persönlichkeits- und Charakterbildung. Hier finden junge Menschen den Raum, in dem Vertrauen, Selbstbewusstsein und Bindung entstehen können. Im Zusammenleben in den Familien werden zentrale Werte, Tugenden und Regeln unserer Gesellschaft vermittelt.

Die Mitglieder einer Familie müssen eigenverantwortlich entscheiden, wie sie ihr Zusammenleben gestalten wollen. Politik hat da nicht hineinzureden.

Lebenspläne von Müttern und Vätern sind heute vielfältiger als in früheren Generationen. Vor allem wollen weit mehr junge Mütter als früher Familien- und Berufsleben miteinander verbinden, auch als Alleinerziehende.

Jedes von den Familien gelebte Modell verdient gleichermaßen gesellschaftliche Anerkennung.



Familienfreundliche Politik seit 1998

Wir haben den Familien zu mehr materieller Sicherheit verholfen durch den Ausbau des Familienleistungsausgleichs. Das Kindergeld wurde seit 1998 in mehreren Schritten um mehr als 40 Euro monatlich deutlich erhöht, ebenfalls die steuerliche Entlastung bei Betreuungskosten für Kinder.

Den Wünschen der Eltern nach mehr Flexibilität bei der Elternzeit und durch das Recht auf Teilzeit wurde entsprochen. Es gibt mehr Erziehungsgeld, mehr Bafög und mehr Wohngeld.

Wir haben den Schutz der Kinder und der Frauen vor Gewalt in der Familie verbessert. Wegen der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen müssen bei den weiteren familienpolitischen Maßnahmen zwingend Prioritäten gesetzt werden.



Kinderbetreuung - dringlichste Aufgabe

Ein anspruchsvolles, bedarfsorientiertes und verlässliches Betreuungsangebot für Kinder im Krippen-, Kindergarten- und Hortalter ist erforderlich und zu fördern.

Für die umfassende Lösung dieser wichtigen Aufgabe sind private Initiativen, betriebliches, privatwirtschaftliches und das Engagement von Ländern und Kommunen gleichermaßen erforderlich.

Wir streben an, im Einvernehmen mit den Ländern in den nächsten Jahren ein Programm "Zukunft Bildung und Betreuung" auch von Seiten des Bundes über vier Jahre mit jährlich 1 Mrd. Euro zu fördern.

Dem Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagseinrichtungen für Kinder aller Altersgruppen kommt wegen des großen Nachholbedarfs aktuell besondere Bedeutung zu: für die Kinder und deren Bildungschancen, aber auch im Interesse der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies ist zugleich die wirkungsvollste Strategie, Armut in Familien und von Kindern zu verhindern. Wir werden alle an Fragen der Kinderbetreuung Beteiligten - Bund, Länder, Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen - zu einem "Betreuungsgipfel" an einen Tisch holen. Ziel ist es, konkrete Absprachen darüber zu treffen, was gemeinsam zur besseren Betreuung der Kinder getan werden kann.



Arbeitswelt familienfreundlich gestalten

Eltern wollen und brauchen Zeit und Raum für Kinder und Partner oder Partnerin. Das Bündnis für Arbeit muss sich dem Ziel einer familienfreundlichen Arbeitswelt nachdrücklich annehmen.

Es geht um Möglichkeiten flexibler Arbeitszeit, Teilzeit, moderner Arbeitsorganisation, wie z. B. Telearbeitsformen, Weiterbildung und Kontakthalte- sowie Fortbildungsprogramme speziell während der Elternzeit, damit junge Eltern den Anschluss an die innerbetriebliche Entwicklung nicht verlieren.

Einige Großunternehmen, aber auch mittelständische Betriebe setzen positive Signale. Sie unterstützen solche Initiativen. Und sie berücksichtigen die in der Familienarbeit erworbenen Kompetenzen in ihrer Personalpolitik.

Wir ermutigen die Betriebe, sich bei der Schaffung und Vermittlung von Betreuungsplätzen zu engagieren.

Das Netz familien- und haushaltsbezogener Dienstleister mit sozialversicherter Beschäftigung muss erweitert werden.



Familienförderung entwickeln

Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein. Das Kindergeld werden wir mittelfristig auf den Betrag von 200 Euro anheben. Dies entspricht der Steuerersparnis von Spitzenverdienern bei den Kinderfreibeträgen. Vorrang hat für uns die Verbesserung der Betreuungssituation. Mit einer erweiterten steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten bei Berufstätigkeit werden besonders Alleinerziehende entlastet. Wir führen mehr Transparenz in der Familienförderung herbei und erleichtern es Familien, die ihnen zustehenden Mittel zu erhalten.

Wir werden das Ehegattensplitting nicht abschaffen, aber zugunsten der Förderung von Kindern umgestalten. Steuereinnahmen, die sich daraus ergeben, werden für Familienförderung und Kinderbetreuung eingesetzt werden.



Gemeinsam für die Familie

Wir wollen eine gesellschaftliche Allianz für die Familie. Alle können und müssen dabei mithelfen.

Auch die Eltern und die Kinder. Fördern und Fordern ist für uns durchgängiges Prinzip auch in der Familien-, Kinder- und Jugendpolitik.

Deutschland soll ein kinder- und familienfreundliches Land werden. Wir werden deshalb bestehende und künftige gesetzliche Vorschriften auf ihre Kinder- und Familienfreundlichkeit überprüfen. So darf z.B. in einer kinderfreundlichen Gesellschaft Kinderlärm nicht wie andere Lärmquellen behandelt werden.

Familieneinrichtungen, Verbände und Beratungsstellen leisten wichtige Beiträge für die Familien. Dies gilt in besonderer Weise für Familien in Notsituation. Diese Beratungsleistung muss weiter in angemessener Weise unterstützt werden.




12. Zusammenhalt fördern - Gewalt ächten

Dieser Grundsatz muss gesellschaftlicher Konsens in unserem Land sein. Er ist zentraler Erziehungsgrundsatz. Er muss glaubwürdig vorgelebt werden.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind geschaffen, und das Leitbild einer gewaltfreien Erziehung setzt sich immer mehr im Bewusstsein der Menschen durch.

Der Ausgleich von Interessengegensätzen setzt die Fähigkeit und die Bereitschaft zum Dialog und zum Kompromiss voraus. Das muss gelehrt und gelernt werden. Regeln für das Austragen von Konflikten müssen geübt werden; Fairness auch in der Kontroverse gehört dazu.

Darstellungen realer Gewalt, viel mehr aber noch der - oft gezielt brutalen und illegalen - virtuellen Gewalt, die als Unterhaltung und Nervenkitzel angeboten wird, dürfen nicht ungefiltert und unmoderiert auf Kinder und junge Menschen einwirken. Gewalt darf nicht als normaler, üblicher Mechanismus der Konfliktregelung verstanden und dargestellt werden.

Gerade in der modernen Mediengesellschaft brauchen Kinder und Jugendliche einen festen Wertekanon, der ihnen klare Orientierung gibt. Es muss verhindert werden, dass sich junge Menschen aus persönlichen Problemen in eine virtuelle Welt flüchten und so den Kontakt zur Realität und zum menschlichen Mitfühlen verlieren.

Wir wollen als SPD Eltern und Erziehern helfen, die Rolle der Gewalt in unserer Gesellschaft zurückzudrängen und unsere Kinder vor gefährlichem Einfluss schützen. Deshalb schlagen wir vor:

  • dass die Erziehungskompetenz der Eltern weiter gestärkt wird. Institutionen wie Schule und Kindergarten sollen die Eltern bei der Erziehung unterstützen durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Eltern und Kinder- und Jugendhilfe. Damit werden wir auch die Eltern erreichen, die bisher weniger ansprechbar waren für Erziehungsberatung, und die Hilfe benötigen;
  • dass der Deutsche Bundestag noch in diesem Jahr eine Enquete-Kommission einsetzt, die unter Beteiligung der Länder und Kommunen Vorschläge zur Gewaltprävention unterbreitet. Die Kommission soll jährlich dem Deutschen Bundestag über die Ergebnisse ihrer Arbeit berichten;
  • dass die Bundesregierung eine "Allianz gegen Gewalt" ins Leben ruft und dazu eine Gründungsinitiative bildet, an der auch Vertreter der klassischen und der neuen Medien beteiligt sind;
  • dass diese Allianz gegen Gewalt jährlich Beispiele von vorbildlichem Engagement junger Menschen füreinander und gegen Gewalt bekannt macht und auszeichnet;
  • dass in den im neuen Jugendschutzgesetz geplanten Selbstkontrolleinrichtungen die Vertreter von Jugendschutz, Medienaufsicht und Medienanbietern gleiche und sichere Wertmaßstäbe entwickeln und die Chance nutzen, ein für Europa einmaliges und zukunftsweisendes System der Zusammenarbeit von staatlicher Regulierung und gesellschaftlicher Selbstregulierung aufzubauen;
  • dass man nach dem Vorbild der klassischen Medien ein gemeinsames Vorgehen von staatlichem Jugendschutz und Internet-Anbietern initiiert, das über freiwillige Selbstverpflichtungen und die Entwicklung von Qualitätsmaßstäben sowie neuartiger Filtertechnologien für Kinder und Heranwachsende sichere Räume schafft;
  • dass der UNESCO-Gipfel zur Informationsgesellschaft 2004 genutzt wird, um auch auf internationaler Ebene nach Wegen zu suchen, um auf eine mit der Natur des weltweiten Netzes verträglichen Art Missbrauch und Gewaltverherrlichung zu verhindern.





13. Generationen miteinander

Die Lebenschancen der Menschen stehen im Mittelpunkt des politischen Auftrags. Das gilt für alle Lebensphasen, gerade auch für die Zeiten vor und nach dem Erwerbstätigkeit.

Die individuelle Lebenszeit wächst. Die Menschen in Deutschland leben im allgemeinen deutlich länger als die Generationen zuvor. Der Wohlstand und unser leistungsfähiges Gesundheitswesen tragen wesentlich dazu bei.

Im Gegensatz zur individuellen Lebenszeit ist die Lebensarbeitszeit geschrumpft und zwar erheblich. Die Jungen treten später ins Erwerbsleben ein, die Älteren scheiden früher aus. Diese Tendenz muss umgekehrt werden.

Aber unabhängig davon gilt: Jugend dauert länger. Und Alter dauert länger. Das verändert unsere Gesellschaft.



Jugend braucht Chancen

Junge Menschen brauchen Chancen, Mädchen und Jungen in gleicher Weise. Sie brauchen materielle Sicherheit und Bildungsangebote, sie brauchen emotionale Zuwendung und Ansporn.

Am Anfang steht die Familie. Sie ist die wichtigste Erfahrung für Kinder und Jugendliche. Denn hier werden Werte gesetzt und wird Kultur gelernt, entstehen Vertrauen, Selbstbewusstsein und Bindung. In der Familie lernen junge Menschen die gegenseitige Verantwortung der Menschen füreinander. Wir stützen die Familie.

Betreuungsangebote für Kinder und Schüler sind wichtig für diese und für ihre Familien. Deshalb setzen wir in unserer Politik einen Schwerpunkt in der Ganztagsbetreuung. Diese ist bisher in Deutschland insgesamt noch unzureichend.

Die Lebensperspektiven der jungen Menschen hängen wesentlich ab von ihren Berufsperspektiven. Bildungs- und Ausbildungsangebote müssen dem entsprechen.

Kein Jugendlicher darf von der Schule in die Arbeitslosigkeit fallen. Jeder und jede erhalten ein Angebot für Ausbildung oder Beschäftigung.

Priorität hat die qualifizierte berufliche Bildung in Betrieben und Berufsschulen. Unsere Bemühungen der vergangenen Jahre zeigen Wirkung. Die Zahl der Ausbildungsplätze übersteigt insgesamt inzwischen wieder die Nachfrage. Aber es gibt noch große regionale Unterschiede zwischen West und Ost.

Deshalb werden wir ein JUMP-Plus-Programm für Jugendliche als Beschäftigungsbrücke Ost nach der Erstausbildung entwickeln. Hierdurch sollen 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Jugendliche u.a. in Beschäftigungsfeldern des gesellschaftlichen Bedarfs (Soziales, Kultur etc.) im Rahmen von Infrastrukturmaßnahmen sowie durch eine Verknüpfung von Altersteilzeit mit Jugendteilzeit geschaffen werden.

Auch Jugendliche ohne Schulabschluss müssen eine Chance haben. Eine gezielte Förderung von lernschwachen Jugendlichen ist für uns Ausdruck von Chancengleichheit. Teilzertifikate auf dem Weg zu einer vollen Berufsausbildung können dabei helfen.

Mit dem Programm "Jugendarbeit ans Netz" werden wir in den nächsten vier Jahren 50.000 Jugendfreizeiteinrichtungen ans Netz bringen.


Jugend - individuell und solidarisch
Unsere Gesellschaftspolitik will die Einzelnen stärken und ihnen Optionen eröffnen.

Mehr Jugendliche als je zuvor erhalten eine gute Ausbildung. Individuelle Lebensentwürfe werden möglich und akzeptiert. Die Mobilität erleichtert die Erfahrung des Anderen, auch Fremden. Die Informationsvielfalt, richtig genutzt, befördert spezifische Interessen und Zielsetzungen.

Neue Formen solidarischen Zusammenhalts und sozialer Verantwortungsbereitschaft entstehen. In tradierten und in neuen Initiativen der Gesellschaft, die sozialen, kulturellen oder sportlichen Aktivitäten gewidmet sind. Dem Engagement von Jugendlichen haben wir durch den Ausbau der Freiwilligendienste Rechnung getragen. Diesen Weg werden wir weitergehen.

Wir brauchen die politische Arbeit junger Menschen im Gemeinwesen. Deshalb wollen wir jungen Menschen mehr Möglichkeiten geben und Anreize schaffen, auch im politischen Raum mitzuwirken und mitzuentscheiden.

Gemeinsam mit den Ländern und Kommunen streben wir ein internationales Jugendaustauschprogramm an, durch das jeder Jugendliche in Deutschland die Möglichkeit erhält, in seiner Schulzeit im Ausland Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln.

Zu den Aktivposten unserer Gesellschaft zählen die Jugendverbände in ihrer ganzen Vielfalt. Wir werden die Träger der Jugendarbeit bei ihrer Suche nach zeitgemäßen Angeboten weiter unterstützen.



Die Chancen des längeren Lebens

In den letzten 100 Jahren hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung verdoppelt und sie steigt weiter. Die Geburtenrate ist jedoch seit Jahrzehnten dauerhaft niedrig.

Die Chancen dieser demographischen Entwicklung wollen wir nutzen, ihre Risiken minimieren. Betroffen sind fast alle gesellschaftlichen Bereiche.

Die Menschen leben nicht nur länger, sie sind auch länger fit und mobil. Die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren wird immer größer in unserer Gesellschaft.


Alterssicherung gewährleistet
Alt sein heißt in unserer Gesellschaft nicht automatisch arm sein. Insgesamt haben die Älteren mehr als Generationen zuvor. Unsere sozialen Sicherungssysteme bewähren sich. Und nicht Wenige haben darüber hinaus etwas ansparen können, in Form von Wohneigentum oder als Kapital.

Das Wichtigste aber: Wir haben mit der Rentenreform einen großen Schritt getan, die Alterssicherung langfristig zu stabilisieren. Wir haben die gesetzliche Rentenversicherung von der Finanzierung versicherungsfremder Leistungen befreit und die Renten auf hohem Niveau zukunftssicher gemacht. Dabei wird die jüngere Generation nicht überfordert.

Mit dem Aufbau einer kapitalgedeckten und staatlich geförderten privaten oder betrieblichen Säule der Alterssicherung schaffen wir zusätzliche Sicherheit für ein sorgenfreies Alter.


Für Qualifizierung ist es nie zu spät
Auch nach dem Eintritt ins Rentenalter wird die Bildung, Fortbildung und Qualifizierung zunehmend eine Chance - unabhängig von vordergründiger beruflicher Verwendbarkeit. In der Wissensgesellschaft wird es eine größere Integration der Älteren ins Bildungssystem geben müssen, vermehrt aber auch Akademien, Fachschulen und Unis für Seniorinnen und Senioren.


Gut wohnen
Der Wohlstandsgewinn der vergangenen 50 Jahre zeigt sich in wenigem deutlicher als in der Wohnqualität. Die meisten wohnen gut. Und der Trend bei der älteren Generation geht eindeutig dahin, im Alter eigenständig zu wohnen und zu leben. Meist in Wohnungen und in Umgebungen, die man kennt und wo man zu Hause ist.

Und fast immer lassen sich Wohnungen relativ preiswert alten- und behindertengerecht so einrichten, dass die Bewohner nichts an der Wohnqualität missen müssen. Im Alter gut wohnen ist etwas, wofür die Einzelnen und die Politik viel tun können und sollten. Und es ist volkswirtschaftlich und sozialpolitisch vernünftig.


Zusammenhalt der Gesellschaft mit aktiven Senioren
Unsere Gesellschaft braucht die neuen Ideen der Jungen, wenn sie vorwärts kommen will. Und sich braucht die Erfahrung der Älteren, wenn sie vorhandenes Wissen umfassend nutzen will. Es gibt viele Aufgaben in unserem Land, bei denen Erfahrung und Umsicht gebraucht werden. Das gilt über das Erwerbsleben hinaus.

Das ehrenamtliche Engagement ist unverzichtbar und bei vielen Älteren vorbildlich. Das freiwillige soziale Jahr wurde für junge Menschen kreiert. Aber es muss nicht auf sie begrenzt sein.


Schutz und Hilfe für ältere Menschen
Wir haben die Weichen gestellt, damit die Menschen auch in Zukunft in Würde und selbstbestimmt alt werden können. Die Qualität in der Pflege wurde verbessert, die Rechte von Heimbewohnern wurden gestärkt. Wir werden die Altenhilfestrukturen auch in Zukunft weiter entwickeln.




14. Gleichstellung der Geschlechter

Soziale Gerechtigkeit heißt auch: Chancengleichheit der Geschlechter. Die Chancen der Frauen müssen weiter verbessert werden.

Unsere Politik zielt auf ein selbstbestimmtes, selbstverständlich partnerschaftliches Miteinander von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Wir haben seit 1998 die Chancengleichheit von Frauen und Männern ein gutes Stück vorangebracht.

Mit dem Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst, mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit, mit der Novellierung des Bundeserziehungsgeldgesetzes, mit der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, mit dem Einstieg in eine eigenständige Alterssicherung der Frau sowie der Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes und dem Gewaltschutzgesetz haben wir wesentliche rechtliche Verbesserungen zum Abbau von geschlechtsspezifischen Benachteiligungen geschaffen.

Diesen gleichstellungspolitischen Kurs wollen wir fortsetzen. So streben wir an, das Berufsspektrum für Frauen zu erweitern, insbesondere in der IT-Branche und in technischen Berufen. Bis zum Jahr 2005 wollen wir den Frauenanteil in den entsprechenden Studiengängen auf 40 % steigern. Den Frauenanteil am wissenschaftlichen Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen wollen wir deutlich erhöhen.

Die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern an der Erwerbsarbeit, an der Familienarbeit und in Gesellschaft und Politik bleibt unser Ziel:

  • Die erklärte Bereitschaft der Unternehmen, die Berufschancen von Mädchen und Frauen in der Privatwirtschaft umfassend zu verbessern und Frauen gleichberechtigten Zugang zu Führungspositionen einzuräumen, muss bald zu positiven Ergebnissen führen. Sonst werden wir der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft 2003 mit gesetzlichen Regelungen zum Durchbruch verhelfen.
  • Junge Frauen verfügen heute über hervorragende Qualifikationen, die in der Arbeitswelt aber noch zu wenig anerkannt werden. Wir können in Deutschland international aber nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn erstklassig ausgebildete und leistungsbereite Frauen ihre Fähigkeiten auch beruflich nutzen können.
  • Die Frauenerwerbsquote muss auf das Niveau vergleichbarer Industrieländer steigen. Wir werden deshalb durch mehr Betreuungsangebote für Kinder die Chancen der Mütter zur Erwerbstätigkeit verbessern.
  • Frauen, die den Sprung in die Selbständigkeit wagen wollen, werden wir gezielt unterstützen.

Die Gleichstellung der Geschlechter ist eine Querschnittsaufgabe, die bei allen politischen Entscheidungsprozessen im Sinne des Gender Mainstreaming mit bedacht werden muss. Die Bundesregierung wird regelmäßig mit einem Bericht über den Stand der Gleichstellung in Deutschland informieren.

Mindestens einmal in einer Legislaturperiode wird der Bundeskanzler zusätzlich eine "Regierungserklärung zur Lage der Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland" abgeben, um noch bestehende Defizite offen zu legen, Fortschritte aufzuzeigen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen darzulegen.

Darüber hinaus wollen wir ein "Gender-Institut" des Bundes errichten, das die gesellschaftliche Entwicklung beobachtet und analysiert, Fachwissen sammelt und aufbereitet und Vorschläge für den weiteren Weg zur Chancengleichheit entwickelt.

Mit dem nationalen Aktionsplan haben wir der Gewalt gegen Frauen erfolgreich den Kampf angesagt. Gemeinsam mit allen beteiligten Institutionen werden wir diesen Weg fortsetzen.




15. Für ein leistungsfähiges und solidarisches Gesundheitswesen

Gesundheit ist für jeden Menschen ein kostbares Gut. Deshalb ist eine erstklassige medizinische Versorgung besonders wichtig.

Wer im Gesundheitswesen die Solidarität erhalten und die Qualität stärken will, muss zu mutigen Reformen bereit sein. Dazu ist es unverzichtbar, die solidarische Wettbewerbsordnung im Gesundheitswesen auszubauen und die Transparenz zu verbessern.

Daran haben wir die ersten Reformschritte orientiert: Die Gesundheitsreform 2000, der Risikostrukturausgleich, die aktive Prävention, die Dämpfung der Arzneimittelkosten und ganz besonders die Fallpauschalen im Krankenhaus bremsen die Kostenentwicklung und weisen in die richtige Richtung.



Solidarität erhalten

Das Prinzip der solidarischen Ausrichtung des Gesundheitswesens bleibt richtig - die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken; ebenso die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Zu den solidarischen Stärken unseres Gesundheitssystems zählen: Umfassender Versicherungsschutz für alle, ein vom Einkommen unabhängiger Leistungsanspruch, die strikte Orientierung am medizinisch Notwendigen, Versorgung ohne Wartelisten.

Diese Vorzüge werden wir erhalten. Deshalb lehnen wir die Aufteilung der Leistungen in Grund- und Wahlleistungen ab. Eine Zwei-Klassen-Medizin wird es mit uns nicht geben.



Qualität sichern und stärken

Ärztliches und pflegerisches Können sowie Leistungskraft und Vielzahl medizinischer Einrichtungen und Unternehmen sichern bisher eine gute Versorgung. Wissenschaft und Forschung tragen wesentlich dazu bei.

Unter-, Über- oder Fehlversorgungen müssen vermieden werden. Und die Versorgung muss finanzierbar sein. Dazu braucht das System mehr Wettbewerb im Rahmen einer solidarischen Ordnung.

So werden wir das deutsche Gesundheitswesen zukunftsfähig machen und seine Qualität sichern und stärken:

  • Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt einheitlich und gemeinsam für alle Krankenkassen und umfasst das medizinisch Notwendige. Er wird auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse an den medizinischen Fortschritt angepasst. Ausbildung und Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte müssen dem genügen.
  • Für die wichtigsten Krankheitsbilder und insbesondere für chronische Krankheiten werden auf der Basis allgemein anerkannter Standards Behandlungsleitlinien formuliert.
  • Die Behandlungsleitlinien und die Fortschreibung des Leistungskatalogs werden von einer öffentlichen Institution unabhängiger Sachverständiger vorbereitet. Sie sind bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen.
  • Mehr Vertragsfreiheit für Ärztinnen und Ärzte, für die Krankenhäuser und sonstigen Leistungserbringer, aber auch für die Krankenkassen.
  • Die Anbieter von Gesundheitsleistungen und die Kassen sollen Einzelverträge neben den bisherigen Kollektivverträgen abschließen können.
  • Die Kassen sollen Verträge mit denjenigen Leistungsanbietern schließen können, die ein festgelegtes Qualitätsniveau zu angemessenen Kosten garantieren. Der Kontrahierungszwang wird entsprechend modifiziert.
  • Für die Versicherten ist der Zugang zu den medizinisch notwendigen Leistungen jederzeit wohnortnah sichergestellt.


Das gewährleisten die gesetzlichen Krankenversicherungen gemeinsam mit den Vereinigungen der Ärzte und Ärztinnen (Kollektivverträge) und ergänzend mit einzelnen, ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten (Einzelverträge). Wo nötig werden auch stationäre Einrichtungen und andere Gesundheitsberufe in die Sicherstellung einbezogen.

  • Zukünftig sollen bevorzugt Systeme der integrierten Versorgung aufgebaut und eine bessere Abstimmung zwischen stationärem und ambulantem Bereich ermöglicht werden.
  • Für die Versicherten bleibt die freie Arztwahl erhalten.
  • Die Kassen können Versicherten, die sich bereit erklären, den Hausarzt als Lotsen im System zu nutzen, besondere Tarife anbieten.
  • Der Prävention messen wir größere Bedeutung bei und bauen sie zu einer eigenständigen Säule neben der Akutbehandlung und der Rehabilitation aus. Vorrangige Präventionsmaßnahmen sind ein nationales Herz-Kreislaufprogramm, ein Anti-Tabakprogramm und ein Früherkennungsprogramm für Krebserkrankungen.
  • Wir regeln die Versorgung mit Arzneimitteln so, dass sie auch in Zukunft hochwertig ist und Innovationen ermöglicht.
  • Die gesetzliche Krankenversicherung wird höhere Kosten für neu zugelassene Arzneimittel nur dann erstatten, wenn durch unabhängige Sachverständige ein Zusatznutzen bestätigt wird. Der Vertrieb und die Preisbildung für Arzneimittel werden liberalisiert und fortentwickelt.
  • Der Patientenschutz in der Medizin bekommt einen höheren Stellenwert (Information, Beratung, Stärkung der Patientenrechte).
  • Wir führen auf freiwilliger Basis den Gesundheitspass ein. Patientinnen und Patienten wird so mehr Transparenz, mehr Leistungssicherheit und ein besserer Einblick in die jeweiligen Behandlungen ermöglicht. Darüber hinaus schützt der Gesundheitspass vor unnötigen Doppeluntersuchungen, vermindert unerwünschte Nebenwirkungen und stärkt die Datensicherheit der Patienten.




Die Finanzierungsgrundlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sichern

Die hohe Qualität der medizinischen Versorgung für alle Patientinnen und Patienten muss finanzierbar bleiben. Qualität in der Versorgung und Wettbewerb im System dienen diesem Ziel. Wirtschaftlichkeit stabilisiert die Beitragssätze.

Die Beitragszahler können mit Recht erwarten, dass alle Effizienzreserven mobilisiert werden. Die Behandlungskosten müssen für die Patienten transparent sein.

Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit und der demografisch bedingten Veränderungen ist es nötig, den Kreis der gesetzlich Versicherten zu verbreitern. Deshalb wird die Versicherungspflichtgrenze für neue Mitglieder der GKV angepasst. Bei der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung gibt es keine Änderungen.



Wirtschaftsfaktor Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen in Deutschland ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der zu Wohlstand und Beschäftigung erheblich beiträgt. Auch deshalb werden wir Bemühungen um Spitzenleistungen in der medizinischen Forschung und in der Versorgung unterstützen. Die alters- und geschlechtsspezifischen Erfordernisse sind dabei besonders zu berücksichtigen.

Angemessene Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Gesundheitswesen, insbesondere im unmittelbaren Dienst an Kranken, sind ein beachtlicher Wert an sich, aber auch Voraussetzung für hohe Versorgungsqualität. Unzumutbare Belastungen müssen abgebaut, die geltenden Normen des Arbeitszeitrechts umgesetzt werden.



Pflege

Die Pflegeversicherung bleibt ein wesentlicher Zweig der Sozialversicherungen.

Wir werden die Leistungen der Pflege entsprechend der Notwendigkeit einer älter werdenden Gesellschaft gezielt fortentwickeln. Es geht um Qualität und um eine bedarfsgerechte Versorgungsinfrastruktur, ambulant und stationär.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich in der Pflegeversicherung wird umgesetzt.

Wir gestalten die Schnittstellen zwischen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, zwischen Pflege und Rehabilitation, aber auch die Rolle der Pflege in der integrierten Versorgung im Interesse der Pflegebedürftigen neu. Hierzu gehört auch die Schaffung zielgerichteter Übergänge von der Krankenhausbehandlung in die häusliche Pflege.

Unsere besondere Sorge gilt der Pflege demenziell Erkrankter. Ihnen und den pflegenden Angehörigen müssen weitere Verbesserungen zuteil werden.

Bei all dem ist wichtig, die Rechte der Pflegebedürftigen zu stärken und ihre Bedürfnisse zum Maßstab moderner Pflege zu machen.




16. Verbraucherschutz

Wir nehmen Verbraucherinteressen ernst. Mit der Einrichtung des Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft haben wir Konsequenzen aus den Versäumnissen und Krisen der Vergangenheit gezogen: die Zuständigkeiten wurden gebündelt, Kontrollen verstärkt und die Information der Verbraucher verbessert. Nachdem wir die Rechte der Verbraucher im Wirtschafts- und Zivil-, Wettbewerbs- und Verfahrensrecht umfassend gestärkt haben, stärken wir mit dem Verbraucherinformationsgesetz jetzt auch die Informationsrechte der Verbraucher. Die Behörden können rechtzeitig auf Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften öffentlich hinweisen.

Wir wollen die Weichen vom reparierenden zum vorsorgenden Verbraucherschutz stellen und Chancengleichheit zwischen Verbrauchern und Anbietern erreichen. Leitgedanken sind das Vorsorgeprinzip und die Verantwortung des Anbieters.

Deshalb werden wir den Verbraucherschutz zur Querschnittsaufgabe der Bundesregierung machen.
Gesetze und Vorhaben der Bundesregierung müssen in jedem Fall frühzeitig die Konsequenzen für die VerbraucherInnen darstellen und die Auswirkungen abwägen.

Der Anspruch auf Verbraucherschutz gilt für alle Lebensbereiche. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollen darauf vertrauen können, nur gesunde und hochwertige Nahrungsmittel zu bekommen. Wir wollen eine konsequente Qualitäts- und Herkunftssicherung. Diese entwickeln wir zusammen mit allen Beteiligten in der Lebensmittelkette vom landwirtschaftlichen Betrieb bis hin zur Ladentheke. Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften oder gegen Richtlinien für Öko-Produkte werden mit Strafen belegt.

Verbraucherschutz umfasst weit mehr als nur Lebensmittelsicherheit. Er betrifft eine Vielzahl von Konsum- und Lebensbereichen - angefangen von grundlegenden Fragen wie Preisangaben und Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Sicherheit und den Schutz vor schädlichen Chemikalien bei Konsumgütern wie Möbeln; Spielzeug oder bei Arzneimitteln bis hin zu unterschiedlichsten Dienstleistungen wie Banken und Versicherungen, Reisen, Energieversorgung, Online-Handel, Gesundheitsangeboten, der Insolvenzschutz für private Bauherren und die private Altersvorsorge.

Wir wollen die Rechte der Verbraucher stärken:
  • als Versicherungsnehmer: Die Informationspflichten der Versicherungsunternehmen und ihrer Makler werden ausgebaut. Im Streitfall muss die Versicherung nachweisen, ihrer Informationspflicht ( z.B. über Deckungslücken oder Haftungsausschlüsse) nachgekommen zu sein.
  • bei Finanzdienstleistungen: Es werden Mindeststandards für vertragliche Vereinbarungen, Produktinformationen und die Konkurssicherung von Versicherungsansprüchen entwickelt und gesetzlich vorgegeben. Der Anlegerschutz für Privatanleger wird verbessert. Vermögensverwalter werden für durch ihre Tätigkeit den Kunden entstandenen Schäden schadensersatzpflichtig.
  • als private Bauherren: Der Schutz vor Pleiten der Bauunternehmen oder irreführenden Leistungsbeschreibungen. Bauunternehmen werden gesetzlich verpflichtet, private Bauherren für den Fall der Insolvenz finanziell zu sichern und zu gewährleisten, dass Bauvorhaben fertiggestellt oder festgestellte Mängel durch Drittunternehmen zu beseitigen sind.
  • als Patienten im Gesundheitswesen: Die Bundesregierung wird einen Patientenschutzbeauftragten einsetzen, der Ansprechpartner für alle Patienten ist, durch einen jährlichen Patientenschutzbericht Öffentlichkeit für die Probleme von Patienten schafft, Modellprojekte vorantreibt und den Problemen der Patienten politisch Gehör verschafft.

Unverzichtbar ist darüber hinaus eine unabhängige Verbraucheraufklärung. Dazu wollen wir die Verbraucherorganisationen stärken.
Wir wollen es dem einzelnen Verbraucher außerdem erleichtern, seine Rechte durchzusetzen. Dazu ist zu überprüfen, ob die heutigen Verbandsklagebefugnisse ausreichend sind. Mit dem Ausbau von verbraucherfreundlichen Beschwerdesystemen wollen wir daher den Weg für schnelle und faire Verfahren in der außergerichtlichen Streitschlichtungen ebnen.

Den Verbrauchern wollen wir bei irreführender Werbung und falschen Versprechen ein Vertragsauflösungsrecht einräumen.

Im Falle wettbewerbswidrigen Verhaltens sollen Verbraucher Anspruch auf individuellen Schadensersatz erhalten.

Wir werden außerdem dafür sorgen, dass aus unlauterer Werbung entstandene Gewinne abgeschöpft werden.




17. Innere Sicherheit

Sicherheit: Ein Bürgerrecht

Sicherheit vor Gewalt und Willkür ist die Grundlage einer jeden freiheitlichen Gesellschaft.

Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Verbrechen, Gewalt und Extremismus ist eine zentrale Aufgabe unseres Rechtsstaats. Nur wer entschlossen gegen Kriminalität und ihre Ursachen vorgeht, kann Freiheit und Demokratie garantieren. Für uns Sozialdemokraten ist auch Sicherheit ein Bürgerrecht.

Deutschland ist mittlerweile eines der sichersten Länder der Welt. Die Kriminalität sinkt und gleichzeitig steigt die Aufklärungsrate. Das ist vor allem ein Verdienst unserer Polizei, die engagierte Arbeit leistet und für deren aufgabengerechte Ausstattung immer wieder neu gesorgt werden muss.

Bei der Bekämpfung der Alltagskriminalität gibt es deutliche Erfolge. Sie wirken sich positiv auf das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger aus. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist ebenso rückläufig wie die der Auto- und Taschendiebstähle.

Raubdelikte und Morde werden weniger. Die organisierte Kriminalität bekämpfen wir erfolgreich durch erhöhten und effizienten Personaleinsatz und modernste Technik.

Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass für uns Sozialdemokraten Innere Sicherheit eine Sicherheit für alle ist - und nicht nur für die, die sich private Sicherheit finanziell leisten können.



Vorbeugen ist der beste Schutz

Durch präventive Maßnahmen können Verbrechen bereits im Vorfeld wirkungsvoll verhindert werden.

Wie versprochen, haben wir im Jahr 2001 erstmalig einen periodischen Sicherheitsbericht erstellt. Er erfasst das gesamte Spektrum der Kriminalität und bezieht die Arbeit von Polizei, Justiz und Strafvollzug umfassend ein. Er zeigt: Weiterführende präventive Maßnahmen ermöglichen eine effektivere Verbrechensbekämpfung. Repression ist notwendig. Aber Repression allein genügt nicht.

Dies gilt ganz besonders, wenn es darum geht, das Abgleiten von Kindern und Jugendlichen in die Kriminalität zu verhindern. Hier sind die verantwortlichen Eltern besonders gefordert. Wo sie zum Eingreifen nicht bereit oder in der Lage sind, müssen die zum Handeln berufenen staatlichen Institutionen eingreifen.

Aber auch hier gilt: Bei strafbarem Verhalten ist eine rasche Reaktion von Polizei und Justiz, aber auch der Kinder- und Jugendhilfe gefragt. Wegsehen hilft nicht. Verantwortlich handeln heißt eingreifen. Auch rechtzeitige Repression hat präventive Wirkung.



Wir bekämpfen Korruption

Korruption ist ein Krebsübel, auch in entwickelten Industrieländern. Wir bekämpfen sie auch in unserem Rechtsstaat mit Konsequenzen. Die Legitimität demokratischer Gesellschaften und die Glaubwürdigkeit ihrer Politiker können nur gewahrt werden, wenn politische und administrative Entscheidungen nicht käuflich sind.

Die Möglichkeiten des Strafrechts zur Bekämpfung von Korruption sind begrenzt: Auch hier gebührt der Prävention Vorrang. Wir ergreifen deshalb alle notwendigen Maßnahmen, Korruption auf allen Ebenen wirkungsvoll zu bekämpfen.

Organisationsstrukturen und Entscheidungsprozesse müssen transparent sein. Dies kann z. B. durch die Berücksichtigung des Vier-Augen-Prinzips bei der Auftragsvergabe, durch eine personale Trennung von Leistungsausschreibung und Zuschlagserteilung, durch das Rotationsprinzip bei den öffentlichen Auftraggebern und in den Entscheidungsstellen, durch einen befristeten Ausschluss von der Korruption überführter Firmen oder durch die Einrichtung eines zentralen Korruptionsregisters erreicht werden. Harte Strafen für Korruption sind unverzichtbar. Die Wirtschaftsverbände und Institutionen sind ebenfalls gefordert, dem Unwesen der aktiven Bestechung zu Leibe zu rücken, z. B. mit einem Ehrenkodex für das Unternehmensmanagement.



Sichere Wege - sichere Städte

Unser Konzept "Sichere Kommune" sorgt für mehr Sicherheit im unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeld. Das private Sicherheitsgewerbe ist an manchen Orten ergänzend nötig. Wir wollen aber, dass nur qualifiziertes Personal tätig werden darf. Deshalb haben wir erstmals eine Rechtsgrundlage für das private Sicherheitsgewerbe geschaffen.

Der offene Einsatz von Videokameras an Kriminalitätsbrennpunkten trägt dazu bei, dass die Vorbeugung verstärkt, die Zahl der Verbrechen reduziert, die Aufklärung und das Sicherheitsgefühl verbessert werden. Im Rahmen ihrer Verantwortung hat die Bundesregierung u.a. für Bahnhöfe neue gesetzliche Grundlagen geschaffen.

Wir wollen - mit den Ländern - die Videokameraüberwachung verantwortbar einsetzen. Dabei werden datenschutzrechtliche Belange beachtet.

Zur Bekämpfung der Drogenkriminalität haben wir neue Wege eingeschlagen. Wir schützen unsere Kinder vor den Versuchungen der Droge, vor unverantwortlichen Drogenhändlern und vor Verwahrlosung und Beschaffungskriminalität.

Unsere Drogenpolitik steht heute auf vier Säulen: Weitgefächertes Präventionssystem, Hilfe für Süchtige, Überlebenshilfen, konsequentes Vorgehen gegen Drogendealer und die hinter ihnen stehenden internationalen kriminellen Kartelle.

Das hat sich bewährt: Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Rauschgifttodesfälle deutschlandweit erstmals seit 1997 um etwa 9,6 %.

Wir haben das Waffenrecht modernisiert und bekämpfen so den Missbrauch von Waffen. Waffen dürfen nur in die Hände absolut zuverlässiger Personen.



Unsere Kinder schützen

Die Verbrechen gefährlicher Sexualstraftäter haben Kindern das Leben gekostet und bringen unermessliches Leid über ihre Familien. Wir müssen eine möglichst optimalen Schutz vor derartigen Verbrechen gewährleisten.

Eine wirksame Rückfallprophylaxe und bessere Prävention stehen deshalb im Zentrum unseres resozialisierenden Straf- und Maßregelvollzugs.

Um Kinder wirksamer zu schützen, haben wir den Anwendungsbereich der Sicherungsverwahrung rechtsstaatlich erweitert und damit die Gefahr verringert, die von Wiederholungsstraftätern ausgeht. Sicherheit geht vor, daran halten wir fest.

Den Missbrauch des Internets für Straftaten, insbesondere auch zur Nutzung von Kinderpornographie, und erst recht ihre Herstellung bekämpfen wir mit den gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln.

Darüber hinaus werden wir bei schweren Delikten Nutzen und Risiken einer Erweiterung sowohl der Überwachung der Telekommunikation als auch der Eintragungsvoraussetzungen für die DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes überprüfen.



International kooperieren

Wir haben die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesgrenzschutz (BGS) und den Länderpolizeien verbessert. Auch die internationale Kooperation des BGS mit Italien, Frankreich, Polen und vielen anderen europäischen Staaten wurde intensiviert.

Die polizeiliche Zusammenarbeit mit den Bundesländern und unseren europäischen Nachbarn wird gefestigt. Gegen die organisierte Kriminalität wird unnachsichtig vorgegangen.

Dem dienen auch der Aufbau von Ermittlungsteams, eines Expertenteams gegen Terrorismus, einer europäischen Grenzpolizei und die Bekämpfung illegaler Finanzströme.

Wir machen ernst mit dem Gedanken grenzüberschreitender Zusammenarbeit, weil auch das Verbrechen keine Grenzen kennt.

Dabei kommt gerade auch der internationalen Kooperation von Staatsanwaltschaften und Gerichtsbarkeit in Europa und darüber hinaus eine wachsende Bedeutung zu. Durch die Modernisierung von Recht und Justiz erhöhen wir zugleich die Qualität der internationalen Zusammenarbeit und die Bedeutung der rechtsstaatlichen Grundsätze.



Dem Terrorismus den Boden entziehen

Der 11. September hat in erschreckender Weise gezeigt, dass der Schutz der Bürgerinnen und Bürger ein neues und umfassendes Sicherheitsmanagement erfordert. Deshalb haben wir sofort und umfassend reagiert.

Der Sicherheitsbereich wurde im Jahr 2002 um über 350 Millionen Euro und 2.320 zusätzliche Kräfte aufgestockt.

Die Kontrollen an Grenzen, Flughäfen und sicherheitsempfindlichen Einrichtungen wurden verstärkt. In den Flugzeugen reisen seit dem 24. September 2001 bei Bedarf bewaffnete Beamte mit. Pässe und Personalausweise erhalten neue Sicherheitsmerkmale und werden so noch fälschungssicherer. Außerdem werden wir die. Aufnahme biometrischer Merkmale gesetzlich regeln - unter strikter Berücksichtigung der Belange des Datenschutzes.

Das Sicherheitsmanagement nach den Anschlägen in den USA und angesichts der neuen Gefahr des Bioterrorismus hat den Ausbau des Zivilschutzes und der Notfallkoordinierung erforderlich gemacht.

Informationsfluss und die Koordinierung zwischen Bund und Ländern wurden erheblich verbessert. Logistik und Ausstattung der Katastrophenschutzeinrichtung auch. Neu eingerichtet wurden öffentliche Warnsysteme über die modernen Medien und eine Zentralstelle für bioterroristische Gefahren beim Robert-Koch-Institut in Berlin.

Informationen zu schwerwiegenden Straftaten aus ganz Europa werden zusammengeführt und zentral ausgewertet. Die Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften und der Justiz haben zur Wirksamkeit der Bekämpfung deutlich beigetragen.



Hilfe für Opfer verbessern

Mit dem Gewaltschutzgesetz und dem Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung haben wir erfolgreich die Weichen zur Bekämpfung von Gewalt gestellt. Wir haben auch die Rechte für die Opfer von Straftaten entscheidend verbessert. Sie können zukünftig im Strafprozess ihre immateriellen und finanziellen Interessen verstärkt einbringen.

Täter sollen in größerem Maße als bislang bereits im Strafprozess zum Schadenersatz verurteilt werden können. Opfer müssen dann dazu keinen eigenen Prozess mehr führen; sie sollen mit ihrer Entschädigung künftig nicht mehr zurückstehen müssen, bis der Täter die Geldstrafe bezahlt hat.

Durch eine Reform der Strafprozessordnung werden wir die Verfahren modernisieren und beschleunigen. Opfer als Zeugen werden besser als bisher vor unnötigen Belastungen geschützt. Wir wollen den verstärkten Einsatz von Bild- und Tonaufnahmen. So werden quälende Mehrfachvernehmungen vermieden. Im Zuge der Verbesserung des Sanktionensystems stellen wir sicher, dass endlich genügend Geld (10 % der Geldstrafe) für Organisationen zur Verfügung gestellt wird, die sich in besonderer Weise um Hilfe für die Opfer kümmern.



Datenschutz und IT-Sicherheit gewährleisten

Die Sicherheit in offenen Datennetzen wie dem Internet und die Weiterentwicklung des Datenschutzes sind Grundlage für die Gewährleistung moderner Bürgerrechte in der Informationsgesellschaft. IT-Sicherheit und Datenschutz sind gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für eCommerce und eGovernment. Wir werden deshalb die informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Zugang zu Informationen sicherstellen. Wir setzen verstärkt auf die Entwicklung sicherer Software (Opensource- Lösungen). Wir wollen Vertrauen schaffen. Dafür haben wir gemeinsam mit den Anbietern eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Internetsicherheit umgesetzt und europaweit die modernsten rechtlichen Grundlagen für Anbieter und Verbraucher geschaffen. Wir haben den Aufbau einer nationalen Infrastruktur von sogenannten "Computernotfallteams" (CERT) begonnen. Als nächstes werden wir eine CERT-Infrastruktur schaffen, die auch den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar zur Verfügung steht. Damit sie die neuen Dienstleistungen im Internet sicher nutzen können.




18. Zuwanderung

Deutschland ist ein weltoffenes und ausländerfreundliches Land. Von insgesamt 7,3 Mio. Ausländern lebten mehr als die Hälfte bereits seit 10 Jahren und länger bei uns. Etwa zwei Drittel der hier lebenden ausländischen Kinder und Jugendlichen sind in Deutschland geboren. Das zeigt: Zur sozialdemokratischen Integrationspolitik, die auf Verständigung und Toleranz baut, gibt es keine Alternative.



Integration braucht Bereitschaft

Eine erfolgreiche Integration braucht den Erfolgswillen beider Seiten. Sie braucht die Zustimmung der Deutschen und sie setzt bei den Zuwanderern den ernsthaften Willen zur Integration in die deutsche Gesellschaft voraus.

Wir sind gegen jede Verfestigung kultureller Parallelgesellschaften. Dazu hat das neue Staatsangehörigkeitsrecht aus dem Jahre 2000 einen wichtigen Beitrag geleistet.

In der Vergangenheit war Zuwanderung nicht durch hinreichende Integration begleitet. Wir verstärken nun die staatlichen Anstrengungen und werben um bürgerschaftliches Engagement. Wir wollen verpflichtende staatliche Integrationsangebote und - kurse für Neuzuwanderer. Und Anreize für bereits hier lebende Migrantinnen und Migranten. Der Bund wird sich an den Kosten beteiligen.



Zuwanderung steuern und begrenzen

Im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe geht es nicht um das "ob" von Zuwanderung, sondern darum, wie sie im Interesse Deutschlands gesteuert werden kann. Eine vernünftige Arbeitsmigration begrenzt die Zuwanderung daher auf das volkswirtschaftlich sinnvolle und am Arbeitsmarkt notwendige, ohne die Aufnahmefähigkeit des Landes zu überfordern. Die Green-Card-Regelung hat sich bewährt. Wir stellen aber sicher, dass auch weiterhin nur solche Arbeitsplätze durch Arbeitsmigranten besetzt werden, für die sich keine inländischen Interessenten finden lassen.

Unser Zuwanderungsgesetz garantiert das.



Asylrecht schützen - Missbrauch verhindern

Wir stehen uneingeschränkt zum Grundrecht auf Asyl, das wir auch als kulturelle Errungenschaft und moralische Verpflichtung der deutschen Nachkriegsdemokratie begreifen. Wer auf Rettung angewiesen ist, soll sie erfahren.

Asylmissbrauch werden wir hingegen nicht tolerieren. Unser neues Zuwanderungsgesetz gibt uns die nötigen Mittel an die Hand, besser und schneller dagegen vorzugehen. Wir werden sie ausschöpfen, auch damit wir die Kraft haben, den wirklich Verfolgten effektiven Schutz geben zu können.



Ein einheitliches europäisches Asylrecht schaffen

Auf europäischer Ebene werden wir uns darüber hinaus für eine gerechtere Lastenverteilung und ein einheitliches Asylrecht einsetzen, so dass die Mitgliedstaaten gleichmäßiger belastet werden. Gleichzeitig werden wir uns in den Krisenregionen engagieren, um den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive zu eröffnen und zu verhindern, dass Menschen verfolgt und vertrieben werden.




19. Moderner Staat

Verlässlicher Partner

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von ihrer Verwaltung zu recht, dass ihre Angelegenheiten schnell und unkompliziert erledigt werden.

In unserer Regierungszeit haben wir mit dem Programm "Moderner Staat - Moderne Verwaltung" den Wandel des hoheitlichen Staates zu einem kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen eingeleitet.

So wird unser Leitbild vom "aktivierenden Staat" zur Wirklichkeit. Den eingeschlagenen Weg setzen wir fort: Bürokratieabbau, modernes Management, Wettbewerb zwischen den Behörden, größere Eigenverantwortung, betriebswirtschaftliche Kosten- und Leistungsrechnung, effizienter Personaleinsatz. Damit die Bürgerinnen und Bürger den Staat an ihrer Seite und nicht vor ihrer Nase haben.

Mit erfolgreicher Public Private Partnership - wie der Initiative "Schulen ans Netz" - wird der aktivierende Staat zu einem Partner in einer lebendigen Zivilgesellschaft. Daran werden wir anknüpfen. Es gibt eine Vielzahl von Aufgaben, die wir zusammen mit privaten Unternehmen und gesellschaftlichen Akteuren besser und vielfach kostengünstiger erledigen können.



Verwaltung geht online

Mit der eGovernment-Initiative BundOnline wollen wir bis 2005 alle 376 internetfähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung online zur Verfügung stellen.

Schon heute stellt die Bundesregierung die wichtigsten Gesetze und Verordnungen kostenlos ins Netz. Mit dem größten eGovernment-Projekt in Europa reduzieren wir die Kosten der staatlichen Bürokratie um 400 Millionen Euro jährlich. Der Bund wird so zum Schrittmacher auf dem Weg in die Informationsgesellschaft und erhöht die Transparenz beispielsweise bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.



Dienstrecht

Unsere moderne Dienstleistungsverwaltung braucht ein modernes Dienstrecht. Leistung und Kreativität müssen sich stärker lohnen.

Aus diesem Grund werden wir die Leistungsbezahlung und ein modernes Personalmanagement in der Verwaltung weiter ausbauen.



Klare Zuständigkeiten

Der deutsche Föderalismus hat sich bewährt - auch im Zuge einer fortschreitenden europäischen Integration. Aber Bürgernähe, Demokratie und eine moderne Verwaltung brauchen klare Regelung der Verantwortung. Das wird in den nächsten vier Jahren eine wichtige Aufgabe sein. Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen werden wir Zug um Zug entflechten, damit die Verantwortlichkeiten für Entscheidungen transparenter werden und die Eigenverantwortung dominiert.



Modernes Recht - moderne Justiz

Wir haben im Bereich der Rechtspolitik den quälenden Reformstau aufgelöst. Das Gebot unserer Verfassung zur Stärkung der Rechte Schwächerer haben wir sowohl im Bereich des Mietrechts wie auch beim Schutz der Kreativen und Urheber gesichert.

Wir haben den Schutz gegen häusliche Gewalt erhöht.

Durch das neue Haftungsrecht haben wir nicht nur Arzneimittelopfer und Unfallopfer besser gestellt. Mit der Modernisierung unseres Rechts, insbesondere auch der Juristenausbildung sichern wir Recht und Justiz den Platz, den sie in unserem Gemeinwesen innehaben.

Durch die Modernisierung unseres Schuldrechts und anderer wichtiger Rechtsbereiche sind wir wieder zu Schrittmachern der Schaffung eines europäischen Zivilrechts geworden. Diese wichtige Politik setzen wir fort.




20. Politik für ein demokratisches Land mit offener Kultur und freien Medien

Demokratie bestimmt politische Partizipation

Demokratie braucht Parteinahme. Mitentscheiden, mitgestalten und mitverantworten: Darauf ist Demokratie angewiesen. Die aktive Teilnahme an Wahlen gehört dazu.

Politik ist keine Garantie für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit, aber sie bietet die Chance dazu. Deshalb brauchen wir starke demokratische Parteien.

Wir wollen aber ebenso mehr unmittelbare Beteiligungsrechte für Bürgerinnen und Bürger auch auf der Bundesebene. Die repräsentative Demokratie bleibt in ihrer Verantwortung. Aber das Grundgesetz soll zukünftig auch eine breitere Bürgerbeteiligung ermöglichen, ergänzend zu den Parlamentswahlen: Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid sollen auf der Grundlage sinnvoller Quoren auch auf der Bundesebene möglich sein.


Attraktives Ehrenamt
Ein demokratischer Staat braucht bürgerschaftliches Engagement. Etwa 22 Millionen Menschen sind in Deutschland in Vereinen und Verbänden, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Initiativen und Projekten aktiv. Sie setzen ihre Zeit und oft auch privates Geld ein für freiwillig übernommenen Aufgaben. Ohne sie wäre unsere Gesellschaft weniger menschlich. Ihr Einsatz ist unverzichtbar und unbezahlbar. Er ist Ausdruck einer vitalen Bürgergesellschaft.

Zum Zeichen unserer Anerkennung wird das Ehrenamt mit einer erhöhten Übungsleiterpauschale von 150 Euro monatlich unterstützt. Wir haben sie auch auf Betreuerinnen und Betreuer ausgeweitet und ihre Anwendung entbürokratisiert.

Mit dem neuen Stiftungsrecht haben wir auch das ehrenamtliche Engagement attraktiver gemacht. Wir begrüßen die Vorschläge der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, die junge Generation für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen.

Wir wollen ein gesellschaftliches Klima, in dem bürgerschaftliches Engagement allgemein anerkannt ist. Und in dem ein solches Engagement sich auch in der beruflichen Vita als förderlich erweist. Soziale Kompetenz muss auch ein Einstellungs- und Beförderungskriterium für das berufliche Fortkommen sein.

Unternehmen, die das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fördern, verdienen gesellschaftliche Anerkennung.

Wer in den Reihen von Freiwilligendiensten arbeitet, verdient nicht nur unseren Respekt, sondern auch Anerkennung und Unterstützung. Wir werden die Entwicklung einer bundesweiten Plattform unterstützen, die das bürgerschaftliche Engagement verbreitern hilft.


Anderssein akzeptieren
Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft. Fundamente einer solchen Gesellschaft sind gegenseitige Anerkennung und gegenseitiger Respekt.

Als Partei der Gerechtigkeit hat sich die SPD immer gegen Ausgrenzung und Ausbeutung gestellt. Wir stellen uns auch gegen die, die Angst gegen Menschen anderer Herkunft schüren. Ein friedliches Miteinander setzt voraus, dass die Vielzahl der Kulturen in Deutschland als gleichwertig anerkannt wird.

Der Geist unserer Verfassung ist geprägt von Toleranz und Achtung der Menschenwürde. Wer in Deutschland lebt, muss diese Verfassung achten und die Gesetze einhalten, mit allen Rechten und Pflichten.


Rechte der Minderheiten stärken
Die Förderung und der Schutz der autochtonen (alteingesessenen) Minderheiten und Volksgruppen der Dänen, Friesen, Sorben und der Sinti und Roma ist uns politische Verpflichtung. Wir werden weiterhin im Rahmen langfristiger politischer Programme und in Abstimmung mit den betroffenen Bundesländern konkrete Projekte unterstützen. Die bestehenden Gremien der Minderheiten und Volksgruppen bei der Bundesregierung wollen wir stärken und zusammen mit den Vertretern des Deutschen Bundestages auch durch direkte Ansprechpartner für die Vertreter der Minderheiten und Volksgruppen koordinieren.


Modernes Staatsangehörigkeitsrecht
Mit dem von uns geschaffenen Staatsbürgerrecht ist die gesellschaftliche Realität anerkannt. Die Integration der Zuwanderer und Zuwanderinnen ist leichter möglich. Eindeutige Kriterien für die Erlangung deutscher Staatsbürgerschaft sind nun gesetzlich festgelegt. Die Einbürgerung der hier Geborenen wurde wesentlich erleichtert. Wir haben den Anspruch einer aufgeklärten Demokratie eingelöst und unser Land in die moderne europäische Wirklichkeit geführt.


Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften
Mit unserem Gesetz über die Lebenspartnerschaften haben wir die Anerkennung von Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung in unserer Gesellschaft endlich durchgesetzt.

Heute ist Rechtssicherheit für alle gegeben, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft füreinander mit Rechten und Pflichten einstehen wollen.


Gegen Rassismus
Wir haben dem Rassismus den Kampf angesagt. Und wir streben das Verbot rechtsextremistischer Organisationen an, die mit ihren Parolen und ihren Taten Intoleranz verbreiten.

Wir begrüßen die breite Unterstützung - gerade von Jugendlichen und ihren Verbänden - im Vorgehen gegen Rassismus und Extremismus und fördern sie mit entsprechenden Programmen.



Kultur - offen und fürs ganze Land

Kultur ist ein unverzichtbares gesellschaftliches Gut. Sie trägt dazu bei, unserer Gesellschaft ein humanes Gesicht zu geben. Mit dem Regierungswechsel von 1998 entstand eine neue Offenheit von Politik und Kultur.

Wir haben uns zur kulturpolitischen Verantwortung des Bundes bekannt. Das bereichert unseren Kulturföderalismus und bewahrt unser vielfältiges nationales Kulturerbe.

Die Einrichtung eines Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag und die Berufung eines Staatsministers im Kanzleramt haben zu einer verstärkten Förderung kultureller Einrichtungen beigetragen, nicht zuletzt in den neuen Ländern und in der Hauptstadt.

Mit dem "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" an symbolischer Stelle mitten in Berlin setzen wir ein Zeichen für eine Kultur des Erinnerns.

Die Verbesserung der Lage vieler Kulturschaffender durch eine Novellierung der Künstlersozialversicherung und die Reform des Urhebervertragsrechts war uns ein wichtiges Anliegen.

Die Neukonzeption der auswärtigen Kulturpolitik als dritte Säule unserer Außenpolitik hat unsere Aktionsplattform für den Dialog der Kulturen und die kritische Begleitung des Globalisierungsprozesses erweitert. Das gilt auch für die Neustrukturierung der Deutschen Welle und die konzeptionelle Weiterentwicklung der Goethe-Institute.

Durch eine Reform des Stiftungssteuerrechts haben wir für Mäzene und Stifter neue Möglichkeiten der Förderung von Kunst und Kultur eröffnet. Die neu geschaffene Bundeskulturstiftung ist Ausdruck kultureller Weltoffenheit, die sich zur Bewahrung des nationalen kulturellen Erbes bekennt. Das schließt die europäische Dimension mit ein.

Denn ein wirtschaftlich und politisch geeintes Europa wäre ein Torso ohne kulturelle Identifikation. Eine der Demokratie verhaftete Zivilgesellschaft setzt historisches Bewusstsein, aber auch Offenheit für Neues, die Pflege kultureller Traditionen und gleichzeitig die Bereitschaft zu Veränderung voraus.

Es ist gelungen, die Buchpreisbindung zu verteidigen. Neue Akzente in der Filmförderung sollen den deutschen Film auf dem internationalen Markt stärken.

Wir sind uns bewusst, dass gerade die Populärkultur eine wichtige Ausdrucksform und Themengeberin für eine breite Bevölkerungsgruppe ist. Deshalb werden wir den bereits begonnenen intensiven Dialog zwischen der SPD-geführten Bundesregierung und Künstlern aus dem Pop-Bereich fortsetzen und ausbauen.


Selbstbewusst und weltoffen
Der Anfang ist gemacht. Aber es ist noch manches zu tun. Wir werten die Politik für Kultur weiter auf.

Dazu vertiefen wir auch den Dialog zwischen Bund und Ländern.

Und wir kümmern uns um die Rolle der Kultur in der europäischen Dimension. Sie muss kulturell begründetes nationales Bewusstsein mit europäischen Identität verbinden.

Minderheiten müssen sich verstärkt in der Kunst und in der Alltagskultur wiederfinden können. Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.



Medienvielfalt

Medien werden immer vielfältiger. Wir begrüßen das als eine große Chance für Information, Bildung, Kultur, Wissenschaft und Unterhaltung.

Wir bejahen den Wettbewerb von öffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern als Bereicherung einer sich ausweitenden Medienlandschaft. Beide sind feste Standbeine der Medien- und der Kulturwirtschaft. Den neuen Herausforderungen globaler und digitalisierter Medien wollen wir mit einer modernen Informations- und Kommunikationsordnung begegnen.

ARD und ZDF als öffentlich-rechtliche Anbieter müssen teilhaben können an neuen Entwicklungen und Marktchancen. Sie sind unverzichtbar für unsere demokratische Kultur und Meinungsbildung. Mit dem Kulturkanal ARTE, dem Ereigniskanal Phoenix, dem Kinderkanal und 3Sat werden von der öffentlich-rechtlichen Senderfamilie Minderheiteninteressen abgedeckt.

Wir stehen uneingeschränkt zur Pressefreiheit und dem Grundprinzip der Unabhängigkeit der Medien. Freiheit der Medien verträgt sich nicht mit Monopolen. Wir werden die Entwicklung aufmerksam beobachten und nötigenfalls sicherstellen, dass wirtschaftliche Macht nicht in marktbeherrschende Medienmacht und erst recht nicht in politische Macht umschlagen darf. Auch nicht von außen! Daher brauchen wir europäisches Handeln zur Sicherung von Meinungsvielfalt und Pluralismus, und deshalb fordern wir den Konvent auf, die Staatsferne als europaweit geltendes Prinzip festzuschreiben.

Der Umgang mit einer Vielzahl und Vielfalt der Medien im Zeitalter der Digitalisierung muss erlernt werden. Die Vermittlung von Medienkompetenz ist eine Herausforderung für Politik und Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung. Auch in den Familien und in der Arbeitswelt will die verantwortliche Nutzung von Internet und einer wachsenden Zahl von Medienkanälen geübt sein.

Der Weg in die Informations- und Wissensgesellschaft muss begleitet sein von einem offenen und öffentlichen Diskurs über die Chancen und Risiken dieser Entwicklung. Ziel ist es, in der Vielfalt von Informationen Orientierung zu vermitteln, zu gewinnen und zu behalten.




SPD: POLITIK DER MITTE - POLITIK FÜRS LAND

Das Ziel der SPD für die Bundestagswahl am 22. September 2002 ist eindeutig:

Gerhard Schröder soll Kanzler bleiben.

Die SPD-Fraktion soll stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag bleiben:

Damit wir die guten politischen Schritte der Jahre seit 1998 mit sicherer Mehrheit fortführen können. Solide und mit dem Mut zu Neuem.

Damit es nicht rückwärts geht in Deutschland.

Die Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen hat sich bewährt. Wenn das Wahlergebnis es erlaubt, setzen wir sie fort. Eine direkte oder indirekte Form der Regierungszusammenarbeit mit der PDS wird es für uns auf der Bundesebene nicht geben.

Mit den politischen Mitbewerbern werden wir uns im Wahlkampf deutlich aber fair auseinandersetzen. Der Disput um den richtigen Weg ist Teil der Demokratie.

Unser Weg ist klar:

ERNEUERUNG UND ZUSAMMENHALT!

WIR IN DEUTSCHLAND!

 

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Quelle: Regierungsprogramm 2002-2006 der SPD.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Wahlprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) für die Bundestagswahl 2002 (02.06.2002), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/brd/2002/wahlprogramm_spd_2002.html, Stand: aktuelles Datum.


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Gemeinsames Wahlprogramm der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) und der Christlich Sozialen Union (CSU) für die Bundestagswahl 2002 (Mai 2002)


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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