Luftschutzgesetz.
Vom 26. Juni 1935.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
(1) Der Luftschutz ist Aufgabe des Reichs; er obliegt dem
Reichsminister der Luftfahrt.
(2) Der Reichsminister der Luftfahrt bedient sich bei der Durchführung des
Luftschutzes neben den Dienststellen der Reichsluftfahrtverwaltung der ordentlichen
Polizei- und Polizeiaufsichtsbehörden; auch kann er andere Dienststellen und
Einrichtungen der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstigen Körperschaften
des öffentlichen Rechts in Anspruch nehmen. Der Reichsminister der Luftfahrt handelt
hierbei in Fällen grundsätzlicher Art im Einvernehmen mit den zuständigen
Reichsministern.
(3) Falls den Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen
Körperschaften des öffentlichen Rechts durch die Inanspruchnahme für Zwecke des
Luftschutzes besondere Kosten entstehen, trägt sie der Reichsminister der Luftfahrt.
§ 2
(1) Alle Deutschen sind zu Dienst- und Sachleistungen
sowie zu sonstigen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen verpflichtet, die zur
Durchführung des Luftschutzes erforderlich sind (Luftschutzpflicht).
(2) Ausländer und Staatenlose, die im Deutschen Reich
Wohnsitz, Aufenthalt oder Vermögen haben, sind
luftschutzpflichtig, soweit nicht Staatsverträge oder allgemein anerkannte
Regeln des Völkerrechts entgegenstehen.
(3) Luftschutzpflichtig sind ferner alle juristischen Personen, nichts
rechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten und Einrichtungen des öffentlichen und
privaten Rechts, soweit sie im Deutschen Reich Sitz, Niederlassung oder Vermögen haben.
§ 3
Personen, die infolge ihres Lebensalters oder ihres
Gesundheitszustandes ungeeignet erscheinen, dürfen zu persönlichen Diensten im
Luftschutz nicht herangezogen werden. Das gleiche gilt für Personen, deren Heranziehung
mit ihren Berufspflichten gegenüber der Volksgemeinschaft, insbesondere mit den Pflichten
eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, nicht zu
vereinbaren ist.
§ 4
Umfang und Inhalt der Luftschutzpflicht werden in den
Durchführungsbestimmungen festgelegt. Die dauernde Entziehung oder Beschränkung von
Grundeigentum richtet sich nach den Enteignungsgesetzen.
§ 5
Die Heranziehung zur Luftschutzpflicht erfolgt, soweit die
Durchführungsbestimmungen nichts anderes vorschreiben, durch polizeiliche Verfügung.
§ 6
Ob und in welchem Umfange bei Erfüllung der Luftschutzpflicht
Vergütung oder Entschädigung zu gewähren ist, wird in den Durchführungsbestimmungen
geregelt. Für die Leistung persönlicher Dienste wird grundsätzlich keine Vergütung
gewährt.
§ 7
Die im Luftschutz tätigen Personen dürfen Geschäfts- und
Betriebsverhältnisse, die sie bei Wahrnehmung ihres Dienstes
erfahren, nicht unbefugt verwerten oder an andere mitteilen; über andere Tatsachen, an
deren Nichtbekanntwerden die Betroffenen ein berechtigtes Interesse haben, ist
Verschwiegenheit zu bewahren.
§ 8
Wer Gerät oder Mittel für den Luftschutz vertreiben oder über
Fragen des Luftschutzes Unterricht erteilen, Vorträge halten, Druckschriften
veröffentlichen oder sonst verbreiten, Bilder oder Filme öffentlich vorführen oder
Luftschutzausstellungen veranstalten will, bedarf der Genehmigung des Reichsministers der
Luftfahrt oder der von ihm bestimmten Stellen.
§ 9
(1) Wer den Bestimmungen der §§ 2
oder 8 oder den darauf beruhenden Rechtsverordnungen und Verfügungen
zuwiderhandelt, wird, wenn nicht andere Gesetze schwerere Strafen androhen, mit Haft oder
mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark bestraft.
(2) Wer die Tat begeht, nachdem er bereits wegen Zuwiderhandlung gegen §§ 2 oder 8 rechtskräftig bestraft worden ist, oder wer gegen
die Bestimmung des § 7 verstößt, wird mit Gefängnis und Geldstrafe
oder einer dieser Strafen bestraft.
§ 10
Wer die Erfüllung der einem anderen nach den §§ 2, 7 oder 8 obliegenden Pflichten hindert
oder zu hindern sucht oder zu einer Zuwiderhandlung nach § 9
öffentlich auffordert oder anreizt, wird, wenn nicht andere Gesetze schwerere
Strafen androhen, mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. In
besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus erkannt werden.
§ 11
Die Reichsversicherungsordnung wird wie folgt
geändert: |
- Im § 537 Abs. 1 fallen in der Nr. 5 die Worte
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"die Betriebe im Geschäftsbereich des
Reichsluftfahrtministeriums" weg. |
- Im § 537 Abs. 1 wird hinter Nr. 5 folgende Nummer eingefügt:
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"5a) die Betriebe im Geschäftsbereich des
Reichsluftfahrtministeriums einschließlich der hoheitlichen Betriebe des Luftschutzes und
die vom Reichsminister der Luftfahrt anerkannten Luftschutzübungen oder Betriebe zur
Luftschutzausbildung," |
- Als § 545 d wird nach § 545 c eingefügt:
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"§ 545 d |
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Bei den nach § 537 Abs. 1 Nr. 5 a versicherten, vom Reichsminister der
Luftfahrt anerkannten Luftschutzübungen gilt der Versicherungsschutz nur, soweit Personen
durch eine Aufforderung der hierzu berufenen Stellen zu besonderen Tätigkeiten
herangezogen werden." |
- Im § 554 c treten hinter "(537 Abs. 1 Nr. 4 a)" die Worte:
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"bei einem hoheitlichen Betriebe des Luftschutzes und bei den vom
Reichsminister der Luftfahrt anerkannten Luftschutzübungen oder Betrieben zur
Luftschutzausbildung (§ 537 Abs. 1 Nr. 5 a)". |
- Im § 569 b erhält Abs. 1 folgende Fassung:
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"Als Jahresarbeitsdienst gilt bei Versicherten, die im
Feuerwehrdienst, in Betrieben zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen, in hoheitlichen
Betrieben des Luftschutzes und in den vom Reichsminister der Luftfahrt anerkannten
Luftschutzübungen oder Betrieben zur Luftschutzausbildung beschäftig sind, ohne daß
diese Beschäftigung das Erwerbseinkommen, das sie in dem Kalenderjahre vor dem Unfall
gehabt haben." |
- Als § 624 a wird hinter § 624 eingefügt:
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"§ 624 a |
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Das Reich ist ferner Träger der Versicherung für die vom Reichsminister
des Luftfahrt anerkannten Luftschutzübungen oder Betriebe zur Luftschutzausbildung, auch
wenn sie nicht für Rechnung des Reichs gehen. Dies gilt nicht für Betriebe und
Tätigkeiten, die Bestandteile eines anderen der Unfallversicherung unterliegenden
Betriebs sind." |
§ 12
Der Reichsminister der Luftfahrt wird ermächtigt, im Einvernehmen
mit den zuständigen Reichsministern zur Durchführung dieses Gesetzes Rechtsverordnungen
und allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Darin kann angeordnet werden, daß der
Reichsminister der Luftfahrt die ihm nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse auf eine
andere Behörde übertragen kann.
Berlin, den 26. Juni 1935.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister der Luftfahrt
Göring
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