Zweite Verordnung zur Durchführung der Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes.

Vom 7. Februar 1933.


  Auf Grund des § 25 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutzes des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 35) wird hiermit verordnet:

§ 1

  Der gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutzes des deutschen Volkes bestimmte Senat des Reichsgerichts ist zuständig für die Entscheidung darüber,

  1. ob der Beschwerde gegen das Verbot einer periodischen Druckschrift stattzugeben ist, wenn der Reichsminister des Innern ihr nicht abgeholfen hat (§ 10 Abs. 2 Satz 4, § 11 Abs. 3 der Verordnung);
  2. ob die Entscheidung des Reichsministers des Innern, die der Beschwerde gegen das Verbot einer periodischen Druckschrift abgeholfen hat, aufrechtzuerhalten ist (§ 10 Abs. 2 Satz 5, § 11 Abs. 3 der Verordnung);
  3. ob die oberste Landesbehörde einem Ersuchen des Reichsministers des Innern um das Verbot einer periodischen Druckschrift entsprechen muß (§ 10 Abs. 3, § 11 Abs. 2 der Verordnung).

§ 2

  [1] Der Senat entscheidet auf Grund der ihm von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen. Zu ihrer Ergänzung kann er von den Beteiligten schriftliche Äußerungen einholen und weitere Erhebungen anstellen, insbesondere Zeugen und Sachverständige eidlich vernehmen. Auf solche Vernehmungen finden die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung. Die Gerichte sind zur Rechtshilfe nach den Bestimmungen des Titels 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes verpflichtet.
  [2] Der Senat kann mündliche Verhandlungen anordnen, zu der die Beteiligten zu laden sind. Die mündliche Verhandlung ist öffentlich. Die Vorschriften der §§ 172, 174 bis 179, 183 und des Titels 15 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden Anwendung.
  [3] Zwischen der Zustellung der Ladung und der mündlichen Verhandlung muß eine Frist von mindestens drei Tagen liegen. Mit Zustimmung der Beteiligten ist Abkürzung dieser Frist zulässig.

§ 3

  Auf die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden die Vorschriften des 1. Buches, 1. Abschnitts, Titels 4 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung.

§ 4

  Die Entscheidung des Senats über das Verbot einer periodischen Druckschrift soll innerhalb einer Woche nach dem Tage ergehen, an dem das Ersuchen um die Entscheidung des Senats bei ihm eingegangen ist.

§ 5

  [1] Die Entscheidungen des Senats erfolgen mit einfacher Mehrheit der Stimmen.
  [2] Die Entscheidungen sind schriftlich zu begründen und den Beteiligten zuzustellen.

§ 6

  [1] Als Beteiligte gemäß §§ 2 und 5 gelten
  1. im Falle des § 1 Nr. 1
a) der Reichsminister des Innern,
b) die oberste Landesbehörde,
c) die Landesbehörde, die das Verbot der periodischen Druckschrift angeordnet hat,
d) der verantwortliche Schriftleiter und der Verleger der periodischen Druckschrift;
im Falle des § 1 Nr. 2 und 3
a) der Reichsminister des Innern,
b) die oberste Landesbehörde.
  [2] Die Beteiligten können sich in dem Verfahren durch Bevollmächtigte vertreten lassen.

§ 7

  Die Zustellung der Ladungen und der Entscheidungen erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellung von Amts wegen (§§ 208 ff.)

§ 8

  Die Verfahren werden durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.

§ 9

  Wird im Falle des § 1 Nr. 1 die Beschwerde ganz oder teilweise verworfen, so hat der Beschwerdeführer eine Gebühr zu zahlen, die vom Senat durch besonderen Beschluß festgesetzt wird. Der Senat kann zugleich dem Beschwerdeführer auferlegen, die Auslagen des Gerichts ganz oder teilweise zu erstatten.

§ 10

  [1] Die Gebühr beträgt mindestens 30 Reichsmark und höchstens 600 Reichsmark.
  [2] Für die Auslagen gelten die Vorschriften der §§ 71 bis 73 des Gerichtskostengesetzes.
  [3] Die Einziehung der Gebühren und Auslagen erfolgt nach den Vorschriften über die Gerichtskosten in reichsgerichtlichen Verfahren.

§ 11

  Ein Verfahren, das bei Inkrafttreten der Verordnung des Reichspräsidenten vom 4. Februar 1933 auf Grund des § 6 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 548) eingeleitet war, wird nach den Vorschriften der Verordnung vom 4. Februar 1933 und dieser Durchführungsverordnung fortgesetzt; jedoch finden die Bestimmungen der §§ 9 und 10 der Durchführungsverordnung über die Gebühren und Auslagen in dem Verfahren vor dem Senat des Reichsgerichts keine Anwendung.


  Berlin, den 7. Februar 1933.

Der Reichsminister des Innern
Frick

Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 53-54.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Zweite Verordnung zur Durchführung der Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes (07.02.1033), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/schutz-dt-vlk02.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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