Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat.
["Reichstagsbrandverordnung"]
Vom 28. Februar 1933.
Auf Grund des Artikels 48
Abs. 2 der Reichsverfassung wird zur Abwehr kommunistischer
staatsgefährdender Gewaltakte folgendes verordnet:
§ 1
Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153
der Verfassung des Deutschen Reichs werden bis auf weiteres
außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts
der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und
Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis,
Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkungen des Eigentums
auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig.
§ 2
Werden in einem Lande die zur Wiederherstellung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen, so kann die Reichsregierung
insoweit die Befugnisse der obersten Landesbehörde vorübergehend wahrnehmen.
§ 3
Die Behörden der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) haben
den auf Grund des § 2 erlassenen Anordnungen der Reichsregierung im
Rahmen ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten.
§ 4
[1] Wer den von den obersten Landesbehörden oder den ihnen
nachgeordneten Behörden zur Durchführung dieser Verordnung erlassenen Anordnungen oder
den von der Reichsregierung gemäß § 2 erlassenen Anordnungen
zuwiderhandelt oder wer zu solcher Zuwiderhandlung auffordert oder anreizt, wird, soweit
nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist, mit
Gefängnis nicht unter einem Monat oder mit Geldstrafe von 150 bis zu 15 000
Reichsmark bestraft.
[2] Wer durch Zuwiderhandlung nach Abs. 1 eine gemeine Gefahr für Menschenleben
herbeiführt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter
sechs Monaten und, wenn die Zuwiderhandlung den Tod eines Menschen verursacht, mit dem
Tode, bei mildernden Umständen mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Daneben
kann auf Vermögenseinziehung erkannt werden.
[3] Wer zu einer gemeingefährlichen Zuwiderhandlung (Abs. 2) auffordert oder
anreizt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei
Monaten bestraft.
§ 5
[1] Mit dem Tode sind die Verbrechen zu
bestrafen, die das Strafgesetzbuch in den §§ 81 (Hochverrat),[1]
229 (Giftbeibringung), 307 (Brandstiftung), 311 (Explosion), 312 (Überschwemmung), 315
Abs. 2 (Beschädigung von Eisenbahnanlagen), 324 (gemeingefährliche Vergiftung) mit
lebenslangem Zuchthaus bedroht.
[2] Mit dem Tode oder, soweit nicht bisher eine schwerere Strafe angedroht ist, mit
lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren wird bestraft: |
- Wer es unternimmt, den Reichspräsidenten oder ein Mitglied oder einen Kommissar der
Reichsregierung oder einer Landesregierung zu töten oder wer zu einer solchen Tötung
auffordert, sich erbietet, ein solches Erbieten annimmt oder eine solche Tötung mit einem
anderen verabredet;
- wer in den Fällen des § 115 Abs.2 des Strafgesetzbuchs (schwerer Aufruhr) oder des §
125 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (schwerer Landfriedensbruch) die Tat mit Waffen oder in
bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Bewaffneten begeht;
- wer eine Freiheitsberaubung (§ 239 des Strafgesetzbuchs) in der Absicht begeht, sich
des der Freiheit Beraubten als Geisel im politischen Kampfe zu bedienen.
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§ 6
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.[2]
Berlin, den 28. Februar 1933.
Der Reichspräsident
von Hindenburg
Der Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
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