Gränzvertrag zwischen dem Königreich Baiern und dem Königreich Würtemberg;

Paris den 18. Mai 1810.


  Se. Maj. der König von Württemberg und Se. Maj. der König von Baiern, von gleichem Wunsche beseelt, sowohl die bisher unberichtigt gebliebenen Gränzdifferenzen und sonstige gegenseitige Ansprüche mit einem Male und auf dauerhafte Weise zu beendigen, als auch diejenigen Stipulationen, welche in den beiderseitigen mit Frankreich neuerdings abgeschlossenen Tractaten festgesetzt worden sind, durch einen abschließenden Vertrag in Erfüllung zu bringen, haben zur Erreichung dieses Zweckes zu Ihren Bevollmächtigten ernannt;
- nämlich Se. Maj. der König von Würtemberg: Ihren Staats- und Cab.-Min. der auswärtigen Angell., Kammerherrn Ludwig Karl August, Grafen von Taube, etc.
- und Se. Maj. der König von Baiern: Ihren ersten Staats- und Conf.-Min. Maximilian Joseph, Grafen von Montgelas;
welche, nach vorhergegangener Auswechslung ihrer Vollmachten, über folgende Puncte übereingekommen sind:

  Art. I.  Die neue Gränzlinie zwischen den Staaten Sr. Maj. des Königs von Würtemberg und Sr. Maj. des Königs von Baiern wird folgendermaßen festgesetzt: Der Gränzzug nimmt seine Richtung von Süden nach Norden, und den Anfang am Bodensee, da wo sich die Landgerichte Tettnang und Lindau scheiden. Zwischen diesen beiden Landgerichten zieht sie sich fort, das Landgericht Tettnang westlich für Würtemberg, das Landgericht Lindau mit Wasserburg östlich für Baiern belassend. Sie folgt der Grenze des Landgerichts Lindau, die Herrschaft Neu-Ravensburg für Würtemberg ausschließend. Zwischen der Würtembergischen Herrschaft Neu-Ravensburg westlich, und dem Baierisch bleibenden Landgerichte Weiler östlich, läuft die Linie fort, an die Gränze des Landgerichts Wangen, und durchschneidet dasselbe dergestalt, daß die beiden Steuerdistricte Wombrechs und Thann mit 110 Familien bei Baiern verbleiben, das ganze übrige Landgericht aber an Würtemberg fällt. Von da zieht sich die Linie wieder an die Gränze zwischen dem südlich liegenden Landgerichte Weiler, und den nördlich liegenden Herrschaften Egloffs und Itzny, jenes bei Baiern, diese beiden bei Würtemberg belassend. Sodann durchschneidet die Linie die Graffschaft Trauchburg dergestalt, daß die Straße, welche von Sibratshofen über Wengen nach Kempten führt, mit den auf beiden Seiten anstoßenden Gemarkungen an Baiern fällt, der übrige Teil aber bei Würtemberg bleibt. Nun folgt die Linie der Gränzen zwischen dem Baierisch bleibenden Landgerichte Kempten und dem dermalig Königlich Würtembergischen Gebiete, um dieses letztere herum nach der Gränze des Baierisch bleibenden Landgerichts Grönenbach, sodann zwischen diesem und dem Landgerichte Leutkirch dergestalt hin, daß das letztere an Würtemberg zugetheilt wird. An der Gränze des Landgerichts Gronenbach, unterhalb der Gemarkung von Lautrach, zieht sich die Linie an die Iller, und folgt dem linken Ufer des Flusses gegen Norden fort, bis zu dem Puncte, wo sich derselbe in die Donau ergießt. Von hier zieht sich die Gränzlinie nach dem Thalwege der Donau hinab, so fort, daß die Stadt Ulm und was auf dem linken Ufer dieses Stroms gelegen ist, an Würtemberg fällt, alles aber, was rechts dem Thalwege sich befindet, bei Baiern verbleibt. Die Mitte der Ulmer Brücke über den Hauptstrom bildet dort die Gränze. Da wo die westliche Gränze des Landgerichts Elchingen den Strom berührt, verläßt die Linie die Donau, und zieht sich zwischen den hernach benannten Orten dergestalt durch, daß die östlich liegenden mit ihren Gemarkungen bei Baiern bleiben, die westlich gelegenen aber an Würtemberg fallen. An Würtenberg fallende Orte: Oberthalfingen, Göttingen, Langenau, Ramingen, Aßelfingen, Oberstozingen, Niederstozingen. Bei Baiern verbleibende: Unterthalfingen, Oberelchingen, Unterelchingen, Riedmühler Höfe, Riedmühl, Riedheim, Riedhausen, Schwarzwanghof. An der Gränze des Landgerichts Lauingen läuft nun die Linie gegen Norden fort, so daß Bechingen, Mödlingen, Bachhagel, Stauffen und Zöschingen bei Baiern, und Sontheim, Brenz, Hermaringen, Sachsenhausen, Waldbergerhof, Hochmemmingen, Oggenhausen und Fleinheim bei Würtemberg auch künftig verbleiben. Sodann läuft die Gränzlinie gegen Osten zwischen den Fürstl. Taxis’schen Besitzungen und den Landgerichten Lauingen, Dillingen und Höchstätt dergestalt fort, daß Tattenhausen, Ziertheim, Reistingen, Einingen, Amertingen und Sellbrunn bei Baiern verbleiben, und Balmertshofen, Trugenhofen, Demingen, Duttenstein, Eglingen und Baumgries an Würtemberg fallen. Von hier zieht sich die Linie nordwärts zwischen nachbenannten Orten mit ihren Gemarkungen so fort, daß die östlich liegenden bei Baiern bleiben und die westlich gelegenen für Würtemberg ausgeschieden werden. An Würtemberg fallen: Hofen, Kößingen, Schweindorf, Altenburg, Uzmemingen, Pflaumloch, Goldburghausen, Benzenzimmern, Ober- u. Unterwülfingen, Geißlingen, Ellrichbronn, Berigheim, Ober- u. Unterbronn, Eck, Strambach, Garhardt, Kaltenwang, Regersweiler. Bei Baiern verbleiben: Aufhausen, Forheim, Christgarten, Karthäuserhöfe, Weiler Anhausen, Hirnheim, Ederheim, Hollheim, Nähermemingen, Nördlingen, Baldingen, Oehringen, Wallerstein, Munzingen, Wengenhausen, Marktoffingen, Ramsteinhof, Minderoffingen, Enslingen, Raustetten, Grünhof, Ruhlingstetten, Gramstädterhof, Burschelhof, Reermühl, Wittenbach, Meisterhof, Mönchsrod, Dieterstetten, Winnenden, Haselbach. Nun betritt die Gränze den Rezatkreis und schneidet einen Theil des Landgerichts Dinkelsbühl dergestalt ab, daß folgende Orte an Würtemberg fallen: Dürrnstetten, Lustenau, Schönbrunn, Ober- und Unterdeufstetten, Buckenweiler, Lautenbach, Bernhardsweiler, Rädtlein, Neustädtlein, Geisbühl. Bei Baiern verbleiben: Sittlingen, Langensteinbach, Windstetten, Wolfersbrunn, Hard, Rauenstadt, Ketschenweiler, Steinweiler, Rödendorf, Weidelbach. Sodann durchschneidet die Linie einen Theil des Landgerichts Feuchtwang, und gibt an Würtemberg: Richelbach, Markt Lustenau, Unterstelzhausen, Kreßberg; beläßt bei Baiern: Hinderhöfe, Larrieden, Kinnhardt. Mit den Gemarkungen von Kreßberg und Oberstelzhausen (beide für Würtemberg einschließend) betritt die Linie das Landgericht Krailsheim, und schreitet zwischen diesem (solches an Würtemberg zutheilend) und dem Baierisch bleibenden übrigen Theile des Landgerichts Feuchtwang fort, bis an die Gränze des Landgerichts Gerhardsbronn, gibt die Orte Volkertshausen, Simonsberg, Schönbrunn und Michelbach an der Luke an Würtemberg, und beläßt Grimmschwinde , Gailroth und Leutsweiler, nebst dem an beiden Seiten der Straße gelegenen Forste bei Baiern. Von hier durchschneidet die Linie das Landgericht Rothenburg dergestalt, daß die nachbenannten Orte mit ihren Fluren an Würtemberg fallen: Weikertsholzen, Raidach, Reinsburg, Bügelhof, Kleinanspach, Buch, Metzholz, Steindorf, Gamhagen, Bossendorf, Enzenweiler, Heilgenbronn, Schwarzenbrunn, Reitsaren. Bei Baiern verbleiben: Wettringen, Leitenberg, Insingen, Lohrbach, Bettenfeld, Reisch, Burgstall, Schnepfendorf, Brunzendorf, Leuzenbronn, Hammendorf, Dürhof. Sodann folgt die Linie dem linken Ufer der Tauber bis an die nördliche Gränze des Landgerichts Rothenburg. Hier betritt sie das Landgericht Uffenheim, folgt noch eine kurze Strecke dem linken Tauberufer, und zieht sich nördlich zwischen den nachbenannten Orten hin; an Würtemberg fallen: Burgstall, Holdermühle, Archshofen, Schön, Freudenbach, Frauenthal, Lohrhof, Weidenhöfe, Waldmannshofen; bei Baiern verbleiben: Uhlenmühle, Tauberzell, Kleinharbach, Ecquardshofen, Hohlach, Wolkershofen, Aurenhofen.

  Art. II.  Bei der Gemarkung von Waldmannshofen schließt sich die Gränzlinie zwischen den Königreichen Würtemberg und Baiern, und Alles, was der bis jetzt beschriebenen Linie östlich liegt, gehört mit allen Territorial-, Lehen- und Patronats-Rechten der Krone Baiern, so wie das westlich dieser Linie gelegene Gebiet mit allen Territorial-, Lehen- und Patronats-Rechten der Krone Würtemberg.

  Art. III.  Die in den Händen der Privaten und Stiftungen befindlichen Patronatsrechte verbleiben jedoch denselben unter der Souverainetät und nach den Gesetzen desjenigen Monarchen, welchem das Gebiet zugewiesen ist.

  Art. IV.  Die bei der Besitzergreifung vorhandenen Salzvorräthe zu Ulm und Buchhorn verbleiben der Krone Baiern zur freien unbeschränkten Disposition.

  Art. V.  Die bis auf den Zeitpunct der gegenseitigen Besitzergreifung erlaufenden Arreragen, eben so wie die Einkünfte jeder Art, verbleiben beiden Theilen in den wechselseitig abzutretenden Besitzungen bis zur wirklichen Uebergabe, wogegen alle bis dahin verfallenen Zahlungen von dem dermaligen Besitzer geleitet werden.

  Art. VI.  Beide contrahirende Mächte nehmen sämmtliche auf den wechselseitig übergehenden Landestheilen haftenden, wie immer Namen habenden Schulden dergestalt auf sich, daß eine jede für den sie treffenden und nach dem Steuerkatastern zu berechnenden Antheil an Capital und Zinsen von dem Tage der vollzogenen gegenseitigen Ueberweisung einzustehen hat. Das Königl. Baierische allgemeine Landanlehen von 1809 ist, als in die Kategorie der Provinzialschulden gehörig, in diesen Bestimmungen mit begriffen.

Art. VII. Ebenso werden:

a) die auf die Besitzungen der vormaligen Bisthümer, Abteyenund Klöster reichschlußmäßig radicirten Pensionen der Bischöfe, Aebte, Canoniker und Conventualen, und zwar nach dem Betreffniß der übergehenden Theile dieser Besitzungen;
b) Die Befriedigung der auf Verträge und andere öffentliche Acte gegründeten Entschädigungsansprüche der unter die resp. Souverainetät übergehenden Mediatisirten; wie auch

  Art. VIII.  Das für die unmittelbare Verwaltung der übergehenden Districte angestellte Localpersonale, mit Belassung desselben bei dem ungeschmälerten Genusse der Dienstbeträgnisse und Emolumente, nicht weniger die auf solchen Districten speciell haftenden Persionen, wechselseitig übernommen.

  Art. IX.  Von dem für die Verwaltung ganzer Kreise angestellten Personal geht an Se. Maj. den König von Würtemberg eine Anzahl nach dem Verhältniß des Antheils über, der Allerhöchstdenselben durch gegenwärtigen Vertrag von einem jeden Kreise überwiesen wird.

  Art. X.  Den nach der neuen Gränzlinie in das Gebiet der contrahirenden Königreiche wechselseitig übergehenden Gemeinden, Stiftungen und Privaten bleibt der freie ungeschmälerte Genuß und Gebrauch aller ihrer in den Staaten des andern Souverains gelegenen Besitzungen.

  Art. XI.  Zum Besten solcher Mediatisirten oder anderen Güterbesitzer, deren Besitzungen durch gegenwärtigen Vertrag getrennt werden, wie auch für sämmtliche im Hof-, Militär- oder Civildienst Stehende, wird gegenseitig bedungen, daß dieselben rücksichtlich ihres Domicils, oder ihrer allenfallsigen Dienstverhältnisse, in keinem der beiderseitigen Staaten einem Zwang unterliegen, sondern, so lange sie in dem Dienst der beiden contrahirenden Staaten verbleiben, oder in deren Gebiet wohnen, ihre Güter und übrigen Einkünfte frei und ungeschmälert genießen sollen. Ferner

  Art. XII.  Wird allen wechselseitig durch den gegenwärtigen Staatsvertrag dem einen oder dem andern der beiden hohen Theile überlassenen Unterthanen eine Zeitfrist von drei Jahren gestattet, innerhalb welcher sie gegenseitig auswandern, ihre Güter und sonstiges vermögen veräußern und den Erlös davon abgabenfrei exportiren dürfen.

  Art. XIII.  Was die dermal in den beiderseitigen Armeen einrangirten Conscribirten betrifft, so soll es damit so gehalten werden, wie es bei der Abtretung von Wiesensteig beobachtet worden ist.

  Art. XIV.  Die Ueberweisung der in dem gegenwärtigen Vertrag erwähnten Objecte wird in dem Zeitpunct geschehen, in welchem Baiern den Besitz der ihm von Frankreich angewiesenen Acquisitionen erlangt, wo sodann Würtemberg gleichmäßig die für Baden bestimmten Cessionsobjecte an die dazu ernannten Kaiserl. Französischen Commissarien übergeben wird.[1]

  Art. XV.   Die Ratificationen des gegenwärtigen Staatsvertrags sollen in München binnen 14 Tagen, und wo möglich noch eher, ausgewechselt werden.


  So geschehen Paris, den 18. Mai 1810.


(L. S.)     Graf von Taube.                (L. S.)     Graf von Montgelas.

 

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Anmerkung:
[1] Die Überweisung wurde am 6. November 1810 zu Ulm vorgenommen.


Quelle: Corpus Juris Confoederationis Germanicae oder Staatsacten für Geschichte und öffentliches Recht des Deutschen Bunds, hrsg. v. Philipp Anton Guido Meyer, Teil 1. Staatsverträge, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1858, S. 122-124.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Gränzvertrag zwischen dem Königreich Baiern und dem Königreich Würtemberg (18.05.1810), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/nzjh/1810/grenzvertrag_baiern-wuertemberg.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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