Aufruf des geschäftsführenden Reichskanzlers Friedrich Ebert
"An die deutschen Bürger".
Vom 9. November 1918.
Mitbürger!
Der bisherige Reichskanzler Prinz Max von Baden hat mir unter
Zustimmung sämtlicher Staatssekretäre die Wahrnehmung der Geschäfte des Reichskanzlers
übertragen.[1] Ich bin im Begriff, die neue
Regierung im Einvernehmen mit den Parteien zu bilden und werde daher über das
Ergebnis die Oeffentlichkeit in Kürze berichten.
Die neue Regierung wird eine Volksregierung sein. Ihr Bestreben wird sein müssen,
dem deutschen Volke den Frieden schnellstens zu bringen und die Freiheit, die es
errungen hat, zu befestigen.
Mitbürger! Ich bitte euch alle um Eure Unterstützung bei der schweren Arbeit, die
unser harrt, Ihr wißt, wie schwer der Krieg die Ernährung des Volkes, die erste
Voraussetzung des politischen Lebens, bedroht.
Die politische Umwälzung darf die Ernährung der Bevölkerung nicht stören.
Es muß die erste Pflicht aller in Stadt und Land bleiben, die Produktion von
Nahrungsmitteln und ihre Zufuhr in die Städte nicht zu hindern, sondern zu fördern.
Nahrungsmittelnot bedeutet Plünderungen und Raub, mit Elend für alle! Die Aermsten
würden am schwersten leiden, die Industriearbeiter am bittersten getroffen werden.
Wer sich an Nahrungsmitteln oder sonstigen Bedarfsgegenständen oder an den für ihre
Verteilung benötigten Verkehrsmitteln vergreift, versündigt sich aufs schwerste an
der Gesamtheit.
Mitbürger! Ich bitte Euch alle dringend: Verlaßt die Straßen! Sorgt für Ruhe
und Ordnung!
Berlin, den 9. November 1918.
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Der Reichskanzler.
Ebert.
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