Bekanntmachung, betreffend Beschlagnahme des auszuliefernden
Luftfahrzeuggeräts.
Vom 30. Dezember 1920.
Auf Grund des Gesetzes über Enteignungen und Entschädigungen aus Anlaß
des Friedensvertrags zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten vom
31. August 1919 (Reichs-Gesetzbl., S. 1527 ff.) und des Gesetzes,
betreffend Anmeldepflicht des zur Durchführung des Artikel 202 des Friedensvertrags
beschlagnahmten Luftfahrzeuggeräts, vom 30. Dezember 1920 (Reichs-Gesetzbl. 1921, S.
43) wird folgendes bestimmt:
1. Sämtliches Luftfahrzeuggerät, und zwar sowohl
dasjenige, welches sich im Besitze von Behörden, als auch dasjenige, welches sich im
Besitze von Privaten befindet, ist, soweit es auf Grund des Artikel 202 des Friedensvertrags ausgeliefert
werden muß, bereits durch die Bekanntmachung vom 24. Juni 1920 (Deutscher Reichsanzeiger
Nr. 137 vom 24. Juni 1920) beschlagnahmt.
2. Auszulieferndes Luftfahrzeuggerät im Sinne der Ziffer 1 sind folgende Gegenstände, soweit sie |
|
a) vor, während oder nach dem Kriege im Auftrag der Heeres- oder
Marineverwaltung gebaut worden sind,
b) in militärischem Gebrauche gewesen sind oder für diesen bestimmt waren, auch wenn sie
sich im Privatbesitze befinden, und
c) aus Halbfabrikaten hergestellt sind, welche vor, während oder nach dem Kriege im
Auftrag der Heeres- und Marineverwaltung gefertigt worden oder für militärische Zwecke
bestimmt gewesen sind: |
|
- Flugzeuge jeglicher Art, flugfähige und nicht flugfähige,
- Höhen-, Zeit- und Geschwindigkeitsmesser für Bordzwecke, Flugzeugkompasse,
- Flugzeugzellen, -flächen und rümpfe,
- Spezialwagen, Flugzeugtransportwagen, Flächentransportwagen,
- Luftfahrzeugmotoren, gebrauchsfähige oder nicht gebrauchsfähige jeglicher Art,
- Luftfahrzeugmotoren-Ersatzteile, nämlich Zylinder- und Kurbelgehäuse, Vergaser,
Zündungen,
- Speziallichtbildkammern für Luftfahrzeuge mit den dazugehörigen Kassetten,
- Bord-F-T-Gerät.
|
|
Hierdurch werden weiter beschlagnahmt: |
|
- Fesselballone, Motorwinden für Fesselballone mit Kabeln,
- Luftschiffergasflaschen.
|
Die Beschlagnahme hat die
Wirkung, daß ohne Zustimmung des Reichsschatzministers die Vornahme von Veränderungen an
den von der Beschlagnahme betroffenen Gegenstände verboten sind, und daß
rechtsgeschäftliche Verfügungen über sie verboten und nichtig sind. Den
rechtsgeschäftlichen Verfügungen stehen Verfügungen gleich, die im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollstreckung erfogen.
Die beschlagnahmten Gegenstände sind pfleglich zu behandeln.
Unbeschadet der Beschlagnahme dürfen diejenigen Gegenstände, welche auf Grund der
allgemeinen Anweisung der deutschen Luftfriedenskommission von den Unterkommissionen der
Interalliierten Luftfahrtüberwachungskommission bei den Besitzern angefordert werden,
dieser gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt werden.
Mit der Durchführung der Auslieferung der beschlagnahmten Gegenstände
einschließlich der vorläufigen Feststellung ihres Zustandes ist die
Reichstreuhandgesellschaft, A. G. beauftragt, die auch die im Einzelfalle notwendigen
Vereinbarungen treffen wird und der nach § 4 des Gesetzes vom 31. August 1919 die
geforderten Angaben zu machen sind. Die etwa notwendig werdende Enteignung erfolgt durch
das Reichsschatzministerium vorbehaltlich der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung. |
3. Jedermann wird hierdurch aufgefordert, unter
eingehender Darstellung der Eigentumsverhältnisse und der Lagerorte der nächsten
Zweigstelle der Reichstreuhandgesellschaft, A. G. das in seinem Besitze befindliche unter 2 aufgeführte Luftfahrzeuggerät listenmäßig bis zum 31. Januar 1921
anzugeben, sofern eine Anmeldung bisher noch nicht erfolgt ist.
4. Diese Zweigstellen befinden sich in: |
A. Zweigstellen: |
Berlin W 9, Potsdamer Straße 134, III,
Breslau, Junkerstraße 38-40,
Bremen, Langenstraße 23,
Cassel, Bahnhofstraße 1,
Dresden-N, Königsufer 2,
Frankfurt (Main), Bürgerstraße 16, parterre,
Frankfurt (Oder), Ziegelstraße 26-29,
Halle (Saale), Lindenstraße 83,
Hamburg, Neuer Wall 10,
Hannover, Goethestraße 46,
Karlsruhe (Baden), Stefanienstraße 51,
Königsberg (Ostpr.), Kaiser-Wilhelm-Damm, Neues Gerichtsgebäude,
Magdeburg, Augustastraße 22,
München, Promenadenplatz 6,
Münster (Westpf.), Ludgeriplatz 3 B,
Schwerin (Mecklbg.), Wismarsche Straße 91,
Stettin, Falkenwalder Straße 17,
Stuttgart, Königsbau,
Weimar, Watzdorffstraße 60 (Landgericht). |
B. Nebenstellen: |
Düsseldorf, Schadowstraße 23,
Essen, Burgplatz 5,
Kiel, Knooper Weg 27,
Wilhelmshaven, Wallstraße 21. |
5. Nach § 10 des Gesetzes vom 31. August 1919 bzw. nach § 4 des Gesetzes vom
30. Dezember 1920 wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe bis zu
einhunderttausend Mark oder mit einer dieser Strafen, sofern nicht nach den allgemeinen
Strafgesetzen höhere Strafen verwirkt sind, bestraft, wer
|
|
a) vorsätzlich der Beschlagnahme zuwiderhandelt, oder
b) die von ihm auf Grund des § 4 Abs. 1 des Gesetzes geforderte Auskunft nicht, oder
nicht innerhalb der bestimmten Frist, oder unrichtig oder unvollständig gibt, d. h. die
in Ziffer 3 dieser Bekanntmachung geforderte Liste unrichtig,
unvollständig oder nicht innerhalb der ihm bestimmten Frist einsendet, oder
c) der Vorschrift des § 4 Abs. 2 zuwider die Einsicht in seine Geschäftsbriefe,
Geschäftsbücher oder sonstige Urkunden oder die Besichtigung oder Untersuchung seiner
Räume verweigert. |
Nach § 11 des angezogenen Gesetzes
vom 31. August 1919 wird mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark bestraft, wer den
vorstehend erwähnten Verpflichtungen fahrlässig zuwiderhandelt.
Die bereits durch besondere Verfügung ausgesprochenen Beschlagnahmen bleiben von
dieser Bekanntmachung unberührt.
Wer durch Verzicht auf Übergabebescheinigung zu erkennen gibt, daß er auf eine
Entschädigung verzichtet, braucht weder seinen Namen noch die Herkunft des
Luftfahrzeuggeräts anzugeben. |
Berlin, den 30. Dezember 1920.
Der Reichsschatzminister |
In Vertretung |
Kautz
|
|