[Schlußprotokoll über die Grenzfestsetzung der Kommission zur Festsetzung der deutsch-polnischen Grenzen.

Vom 18. Oktober 1924.[1]


(Übersetzung)]

A r t i k e l  I

  Gemäß den Bestimmungen des Artikel 87 des in Versailles am 28. Juni 1919 unterzeichneten Friedensvertrags zwischen den alliierten und assoziierten Mächten und Deutschland sind die unterzeichneten, von ihren Regierungen gebührend beglaubigten Mitglieder des in dem genannten Vertrage vorgesehenen Ausschusses zur örtlichen Festlegung der neuen Grenzen zwischen Deutschland und Polen zur Festsetzung dieser Grenzen geschritten.

A r t i k e l  II

  Die Grenzlinie ist festgelegt worden in Ausführung:
  1. der Artikel 27, 28, 88, 94, 95, 96, 97 des Vertrags von Versailles (28. Juni 1919);
  2. der vom Obersten Rat am 15. Oktober 1919 genehmigten und von der Botschafterkonferenz in ihrer Sitzung vom 22. Juni 1920 abgeänderten Richtlinie für die Grenzfestsetzungskommissionen sowie der später daran vorgenommenen Abänderungen;
  3. des Beschlusses der Botschafterkonferenz vom 12. August 1920 infolge der Volksabstimmungen in den Gebieten Allenstein und Marienwerder;
  4. des Beschlusses der Botschafterkonferenz vom 20. Oktober 1921 infolge der Volksabstimmung im Gebiet Oberschlesien.

A r t i k e l  III

  Die Grenzlinie ist in Abschnitte geteilt worden, die die folgenden Benennungen oder Bezeichnungen erhalten haben:

  1. auf der Grenzstrecke von der Ostsee bis zur tschechoslowakischen die Buchstaben: A, B, C, D, E, F, G, H, I, K, L, M, N, O;
  2. auf der als "Ostpreußischen Abschnitt" bezeichneten Grenzstrecke die Nummern: I, II, III, IV, V.
  Die Grenzlinie ist vermarkt und ausgemessen worden, und ihr Verlauf ist dargestellt:
a) auf einer Karte im Maßstab 1 : 100.000;
b) auf einer Karte im Maßstab 1 : 25.000; die den Standort und die Nummer der Grenzsteine nachweist;
c) auf einem Plane im Maßstab 1 : 5.000, dem Einzelrisse beigefügt sind, die alle für die Anbringung der Grenzsteine notwendigen Messungszahlen enthalten (Umschläge und Punktblätter für die Abschnitte A bis einschließlich K; Atlanten, Karten und Handrisse für die Abschnitte L bis einschließlich O in Oberschlesien und für die Abschnitte I bis einschließlich V in dem genannten Ostpreußischen Abschnitt).
Bemerkung: Für den Lauf der Netze (Abschnitt F) ist eine Karte im Maßstab 1 : 5.000 nicht angefertigt worden.

A r t i k e l  IV

  [1] Die Grenzen sind beschrieben:
a) in der Grenzbeschreibung, die bei der Beschlußfassung der Kommission für jeden Abschnitt aufgestellt wurde, und in den Nachträgen und Berichtigungen, die die späteren Abänderungen dieser ersten Grenzbeschreibung festlegen;
b) in der ausführlichen Grenzbeschreibung von Grenzstein zu Grenzstein;
c) in der gemäß den Vorschriften der Botschafterkonferenz vom 21. Mai 1924 aufgestellten allgemeinen Grenzbeschreibung.

  [2] Die von der Kommission hergestellten Atlanten und Punktblätter geben eine ausführliche Beschreibung der Grenze.
  [3] Für den Fall, daß der Wortlaut der Grenzbeschreibungen von den kartographischen Urkunden (Atlanten, Plänen, Handrissen, Punktblättern) abweicht, sind die Angaben der kartographischen Urkunden über Strecken- und Winkelmaße maßgebend, insoweit diese Angaben mit den Maßen übereinstimmen, die von Brechpunkt zu Brechpunkt der die Landesgrenze darstellenden gebrochenen Linie ermittelt worden sind, oder mit den diesen entsprechenden Angaben (Winkeln, Absziffern, Ordinaten; Hilfsmaßen).
  [4] Falls die in den kartographischen Urkunden enthaltenen und die neuerdings örtlich festgestellten Maße trotz erfolgter Nachprüfung voneinander abweichen, obwohl die Steine (Haupt-, Normal- und Zwischensteine) an den dafür bestimmten Stellen stehen, so werden die von den Technikern beider Staaten angegebenen und von ihnen nachgeprüften neuen Maße auf einer Handzeichnung vermerkt, die der fraglichen Stelle der aufgestellten Urkunden beigefügt wird.

A r t i k e l  V

  [1] Den Abgrenzungsurkunden ist beigefügt worden:
a) ein Zusatzprotokoll gemeinschaftlicher Wasserläufe und Wege);
b) ein Protokoll über die Brücken und Schleusen, die die Grenze schneidet.
  [2] Die Protokolle über die Regelung der juristischen Fragen, die durch die Grenzziehung hervorgerufen worden sind, sind Gegenstand unmittelbarer Abkommen zwischen den beteiligten Regierungen gewesen oder werden es sein.

A r t i k e l  VI

  [1] Die Unterhaltung und Instandhaltung der Steine und Merkmale, die die Grenze bezeichnen, wird Gegenstand eines besonderen Abkommens zwischen den beteiligten Regierungen sein.
  [2] Zwischen Deutschland und Polen ist ein vorläufiges Abkommen getroffen worden, wonach die Unterhaltung der Grenzsteine mit ungeraden Nummern Deutschland obliegt, ebenso die der Zwischensteine oder -zeichen von einem Grenzstein mit ungerader Nummer bis zum folgenden Grenzstein mit gerader Nummer, während die Unterhaltung der Grenzsteine mit geraden Nummern sowie die der Zwischensteine oder -zeichen von einem Grenzstein mit gerader Nummer bis zum folgenden Grenzstein mit ungerader Nummern Polen obliegt.

A r t i k e l  VII

  Nachdem die Grenzkommission sich davon überzeugt hat:
daß der örtliche Grenzverlauf den Entscheidungen der Kommission entspricht,
daß die aufgekommenen kartographischen Urkunden mit dem Gelände übereinstimmen,
daß die Angaben über die Anbringung der Grenzsteine zutreffen, nachdem sie die Übergabe der Grenze an die beiden beteiligten Regierungen an Ort und Stelle vorgenommen hat,

  nachdem sie sich davon überzeugt hat, daß die drei für die Botschafterkonferenz, für Deutschland und für Polen bestimmten Ausfertigungen der beiliegenden Urkunden gleichlautend sind,
  und in der Erwägung, daß gemäß der Entscheidung der Botschafterkonferenz vom 28. März 1923 das Protokoll trotz der Nichtbeteiligung des japanischen Kommissars, der die Kommission im Februar 1923 verlassen hat, seinen vollen Wert behält,
  erklärt sie einstimmig, daß die Grenzen zwischen Deutschland und Polen von der Ostsee bis zu dem gemeinschaftlichen Grenzpunkt der drei Staaten Deutschland, Polen und Tschechoslowakei sowie von dem gemeinschaftlichen Grenzpunkt der drei Staaten Deutschland, Litauen und Polen bis zu dem gemeinschaftlichen Grenzpunkt Deutschland, Polen und Freie Stadt Danzig in den diesem Protokoll beiliegenden Grenzbeschreibungen, Karten, Handzeichnungen und Handrissen angegeben sind.

A r t i k e l  VII

  Mit der Unterzeichnung des vorliegenden Protokolls kommen die Arbeiten der Kommission zur Festsetzung der deutsch-polnischen Grenzen zum Abschluß.

  Ausgestellt in Paris in drei Urschriften, die für die Botschafterkonferenz, für die Deutsche und die Polnische Regierung bestimmt sind.


  Den 18. Oktober 1924.


Major Etzel
Deutscher Kommissar
gez. Etzel

Oberstleutnant Boger
Britischer Kommissar
gez. R. A. Boger


Graf Szembek
Polnischer Kommissar
gez. Szembek

Oberstleutnant Tonini
Italienischer Kommissar
gez. Tonini


Oberstleutnant Gradan
Französischer Kommissar, Präsident der Kommission
gez. Gardan

[...]



(Übersetzung)
Zusatzprotokoll[1]

  I. Die durch die Abgrenzungskommission festgesetzte und vermarkte Grenzlinie, wie sie in den amtlichen Urkunden angegeben ist, wird von den beteiligten Staaten als Landesgrenze angenommen. Das gleiche gilt in allen Fällen, wo die in den Grenzprotokollen beschriebene und örtlich vermarkte Grenzlinie mit den Angaben der Katasterurkunden über die Parzellengrenzen nicht übereinstimmt.

  II. An den Stellen, wo die Grenze sich in einem Wasserlaufe befindet, wird die Landesgrenze durch die Mittellinie des Wasserlaufs bei gewöhnlichem Wasserstande bestimmt.
Die also festgelegte Landesgrenze folgt den allmählichen, natürlichen Veränderungen der Wasserläufe. Sollte ein Wasserlauf sich plötzlich erheblich verändern, so folgt die Landesgrenze bis zum Abschluß eines endgültigen Übereinkommens zwischen den beiden beteiligten Staaten der Mittellinie, wie sie vor der Veränderung bestand.

  III. Was die Grenzwege betrifft, die in den amtlichen Urkunden als "beiden Staaten gemeinschaftlich" bezeichnet werden, so wird die Mittellinie dieser Wege als Landesgrenze anerkannt.


  Paris, den 16. Oktober 1924.


Der Deutsche Kommissar
gez. Etzel

Der Englische Kommissar
gez. R. A. Boger


Der Italienische Kommissar
gez. M. Tonini

Der Polnische Kommissar
gez. Szembek


Der Französische Kommissar
Präsident
gez. Gardan



(Übersetzung)
Protokoll über die Brücken und Schleusen, die die Grenze schneidet[1]

  Bezüglich der Brücken aller Art und der Schleusen, die die Grenze schneidet, werden die ursprünglichen von der Kommission angenommenen Beschlüsse aufgehoben und durch den folgenden ersetzt:

  Der Verlauf der Grenze an den im vorigen Absatz erwähnten Stellen ist in den kartographischen Urkunden großen Maßstabs angegeben, die für die Teilung der Brücken und Schleusen maßgebend sind.

  Zwischen den beiden beteiligten Regierungen wird bezüglich der Unterhaltung dieser Anlagen ein Abkommen getroffen werden.


  Paris den 18. Oktober 1924.

Der Deutsche Kommissar
gez. Etzel

Der Englische Kommissar
gez. R. A. Boger

Der Polnische Kommissar
gez. Szembek

Der Italienische Kommissar
gez. M. Tonini


Der Französische Kommissar
Präsident
gez. Gardan

 

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Anmerkung:
[1] Ebenfalls abgedruckt ist der Originaltext in französischer Sprache, welcher hier nicht wiedergegeben wird.


Quelle: Reichsgesetzblatt 1926 II, S. 734-738.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Schlußprotokoll über die Grenzfestsetzung der Kommission zur Festsetzung der deutsch-polnischen Grenzen (18.10.1924), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/wr/1924/deutsch-polnische-grenzkommission_schlussprotokoll.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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