Einführungsgesetz zum Militär-Strafgesetzbuche für das
Deutsche Reich.
Vom 20. Juni 1872.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen
etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und
des Reichstages, was folgt:
§. 1.
Das Militär-Strafgesetzbuch
für das Deutsche Reich tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Oktober
1872 in Kraft.
§. 2.
[1] Mit diesem Tage treten im ganzen Bundesgebietes alle
Militärstrafgesetze, insoweit sie materielles Strafrecht zum Gegenstande haben, außer
Kraft.
[2] In Kraft bleiben die Vorschriften über die Bestrafung der von
Landgendarmen begangenen strafbaren Handlungen, sowie die Vorschriften über die
Bestrafung der Fahnenflüchtigen im Wege des Ungehorsams- (Kontumazial-) Verfahrens.
[3] Dagegen finden die Bestimmungen des Militär-Strafgesetzbuches auch
auf die Offiziere à la suite Anwendung, welche nicht zum Soldatenstande gehören,
wenn und insolange sie zu vorübergehender Dienstleistung zugelassen
sind, sowie in Bezug auf Handlungen gegen die militärische Unterordnung, welche sie
begehen, während sie die Militäruniform tragen.
§. 3.
[1] Eine Bestrafung in Gemäßheit
des Militär-Strafgesetzbuches
kann nur auf Grund eines gerichtlichen Erkenntnisses erfolgen.
[2] In leichten Fällen können im Disziplinarwege geahndet werden: |
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1) Vergehen wider die §§. 64, 89 Absatz 1, 90, 91 Absatz 1, 92, 121 Absatz 1, 137, 141 Absatz 1, 146, 151; |
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2) Vergehen wieder §. 114, wenn die strafbare
Handlung nur in dem Borgen von Geld oder in der Annahme von Geschenken ohne Vorwissen des
gemeinschaftlichen Vorgesetzten besteht. |
[3] Jedoch darf im Disziplinarwege
keine andere Freiheitsstrafe, als Arrest festgesetzt werden, und die Dauern desselben vier
Wochen gelinden Arrestes oder Stubenarrestes, drei Wochen mittleren Arrestes oder vierzehn
Tage strengen Arrestes nicht übersteigen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Schloß Babelsberg, den 20. Juni 1872.[1] |
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(L. S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck.
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