Gesetz über die Verantwortlichkeit von Mitgliedern ehemaliger
österreichischer Bundes- und Landesregierungen und ihrer Helfer.
Vom 17. August 1938.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hierdurch
verkündet wird:
§ 1
(1) Mitglieder ehemaliger österreichischer
Bundesregierungen, die sich bei ihrer Betätigung im öffentlichen Leben einer
Rechtsverletzung oder einer volksfeindlichen Handlung schuldig gemacht haben, und ihre
Helfer können vor einem Staatsgericht in Wien zur Verantwortung gezogen werden.
(2) Das gleiche gilt für die Mitglieder der ehemaligen Landesregierungen
(Bürgermeister der Stadt Wien) und ihre Helfer.
(3) Das Staatsgericht in Wien stellt fest, ob schuldhaft das Recht
verletzt oder eine volksfeindliche Handlung begangen ist.
§ 2
Die Anklage erhebt im Namen des Deutschen Volkes der
Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich.
§ 3
Der Reichsminister des Innern kann den nach der Feststellung des
Staatsgerichts Schuldigen das vorläufige Reichsbürgerrecht entziehen; er kann ihnen die
deutsche Staatsangehörigkeit aberkennen. Daneben kann er zum Zwecke der Wiedergutmachung
ihr Vermögen zugunsten des Deutschen Reichs einziehen.
§ 4
Verfahren vor anderen Gerichten und vor Verwaltungsbehörden
über dieselben Gegenstände werden bis zur Entscheidung des Staatsgerichts
unterbrochen. Die tatsächlichen Feststellungen des Staatsgerichts sind für die
Gerichte und für die Verwaltungsbehörden bindend.
§ 5
Die Mitglieder des Staatsgerichts werden auf Vorschlag des
Reichsministers des Innern vom Führer und Reichskanzler ernannt.
§ 6
Die näheren Bestimmungen über die Errichtung des Staatsgerichts,
sein Verfahren sowie die sonst zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen
Vorschriften erläßt der Reichsminister des Innern.
Berlin, den 17. August 1938.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei
Dr. Lammers
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