Verordnung über Maßnahmen gegen die Kapitalabwanderung in das
Ausland.
Vom 21. November 1918.
§ 1
[1] Wertpapiere dürfen nur durch Vermittlung von Banken nach
dem Ausland versandt oder überbracht werden.
[2] Als Wertpapiere im Sinne dieser Verordnung gelten auch die unverzinslichen
Schatzanweisungen des Reichs oder der Bundesstaaten, Zins- und Gewinnanteilscheine,
Urkunden, durch welche die Beteiligung an einem Unternehmen verbrieft ist, sowie
Hypotheken, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe. Dagegen gelten im Sinne dieser Verordnung
nicht als Wertpapiere Papiergeld, Banknoten, Darlehnskassenscheine, Wechsel, Anweisungen
und Schecks.
[3] Als Banken im Sinne dieser Verordnung gelten alle Personen und
Unternehmungen einschließlich der Sparkassen und Genossenschaften, die gewerbsmäßig
Bank- oder Bankiersgeschäfte betreiben.
§ 2
[1] Banken dürfen Aufträge, wonach |
- Wertpapiere nach dem Ausland versandt oder überbracht, für einen Ausländer in
Verwahrung genommen oder ihm auf Stückekonto gutgeschrieben,
- Geldbeträge in in- oder ausländischer Währung einem Ausländer gutgeschrieben
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werden sollen, nur ausführen, wenn der Auftraggeber
eine Erklärung nach dem anliegenden Muster in doppelter Ausfertigung
einreicht.
[2] Die Banken haben ein Ausfertigung der Erklärung binnen einer Woche an das
für ihre Niederlassung (Zweigniederlassung) zuständige Besitzsteueramt weiterzugeben.
[3] Ausländer im Sinne dieser Verordnung sind Personen, die im Ausland ihren
Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, und Unternehmungen, soweit sie im Ausland
ihren Sitz haben. |
§ 3
Die Vorschriften im § 2 finden keine Anwendung, |
- wenn die Bank Wertpapiere im eigenen Namen nach dem Ausland versendet oder
überbringt oder für einen Ausländer in Verwahrung nimmt oder ihm auf Stückekonto
gutschreibt;
- wenn Wertpapiere nur zum Bezuge von Zins- oder Gewinnanteilscheinen, zum Austausch
oder zur Abstempelung bei Konversion oder ähnlichen Anlässen, oder zur Ausübung
von Stimm- und Bezugsrechten versandt oder überbracht werden;
- wenn der Auftraggeber ein Ausländer ist.
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§ 4
[1] Auf den Postanweisungs-, Postscheck-, Postnachnahme- und
Postauftragsverkehr finden die Vorschriften dieser Verordnung keine Anwendung.
[2] Das Reichsschatzamt kann weitere Ausnahmen zulassen.
§ 5
[1] Niemand darf bei einer Bank auf einen falschen oder
erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto einrichten lassen, Wertsachen
offen oder verschlossen hinterlegen oder ein Schließfach mieten.
[2] Bei Anträgen auf Errichtung eines Kontos oder Überlassung eines
Schließfachs hat die Bank sich über die Person des Antragstellers zu vergewissern.
§ 6
[1] Wer der Vorschrift im § 1 Abs. 1 oder
im § 5 Abs. 1 dieser Verordnung zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe von
einhundert bis zu einhunderttausend Mark bestraft. Daneben kann auf Gefängnis bis zu
drei Jahren und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist
strafbar.
[2] Die Vermögenswerte, auf die sich die strafbare Handlung bezieht,
können im Urteil für dem Reiche verfallen erklärt werden.
§ 7
Wer den Vorschriften im § 2 Abs. 1 und 2 oder im
§ 5 Abs. 2 dieser Verordnung zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu
zehntausend Mark bestraft.
§ 8
[1] Alle Geschäfte, Verabredungen und sonstige Handlungen, die
dazu bestimmt sind, die durch die Vorschriften in §§ 1 und 2
bezweckte Kenntnis der Steuerbehörde über das Verbringen von Vermögenswerten ins
Ausland zu vereiteln, sind verboten.
[2] Wer der Vorschrift im Abs. 1 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird, soweit nicht
nach anderen Gesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe von einhundert
bis zu einhunderttausend Mark und mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit einer
dieser Strafen bestraft. Der Versuch ist strafbar. § 6 Abs. 2 findet
Anwendung.
§ 9
Alle Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden sowie die Notare sind
verpflichtet, Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Verordnung, die ihnen zur
Kenntnis kommen, der Steuerbehörde mitzuteilen.
§ 10
Diese Verordnung tritt am Tage ihrer Verkündung in Kraft.[1]
Berlin, den 21. November 1918.
Der Rat der Volksbeauftragten |
Ebert |
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Haase |
Anlage
Doppelt auszufertigen; eine Ausfertigung ist für das
Besitzsteueramt bestimmt.
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(Datum) ........................., den
............................. 19....... |
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An |
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........................................................................... |
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in
.................................................. |
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Ich habe Sie beauftragt, das/ die
umstehend angeführte(n) Geschäft(e) für mich auszuführen und versichere hiermit unter
Bezugnahme auf die Verordnung über Maßnahmen gegen die Kapitalabwanderung in das Ausland
vom 21. November 1918, daß die gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen. |
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.............................................
(Unterschrift)
Erklärungen ohne Unterschrift gelten als nicht abgegeben. |
Gegenstand des Geschäfts
(Versendung, Hinterlegung, Gutschrift auf Stückekonto,
Gutschrift auf Konto) |
Bezeichnung der Wertpapiere1)
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Währung
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Betrag
(bei Wertpapieren Nennwert2) |
Name und Wohnort
(Sitz dem Empfängers) |
Zweck der Versendung, Überbringung, Gutschrift usw.
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1) Bei Gutschrift eines Geldbetrags ist diese Spalte nicht auszufüllen, es
genügt die Angabe des Geldbetrags in Spalte 3, 4.
2) Bei Wertpapieren ohne Nennwert genügt anderweite handelsübliche
Bezeichnung.
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