Gesetz über die Wahl des Reichspräsidenten.
Vom 4. Mai 1920.
Die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung hat das
folgende Gesetz beschlossen, das nach Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird:
§ 1
[1] Wahlberechtigt ist, wer das Wahlrecht zum Reichstag hat.
[2] Die Wahl ist unmittelbar und geheim. Jeder Wähler hat eine Stimme.
§ 2
Den Wahltag bestimmt der Reichstag; es muß ein Sonntag oder öffentlicher
Ruhetag sein.
§ 3
Der Stimmzettel muß den, dem der Wähler seine Stimme geben will,
bezeichnen und darf keine weiteren Angaben enthalten.
§ 4
[1] Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen
erhält.
[2] Ergibt sich keine solche Mehrheit, so findet ein zweiter Wahlgang statt, bei
dem gewählt ist, wer die meisten gültigen Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit
entscheidet das Los, das der Reichswahlleiter zieht.
§ 5
[1] Die Stimmen werden in den Reichstagswahlkreisen gezählt. Das
Ergebnis wird dem Reichswahlleiter mitgeteilt.
[2] Die Zählung besorgt der Wahlausschuß; er besteht aus dem Wahlleiter als
Vorsitzenden und vier Beisitzern, die dieser aus den Wählern beruft. Der Wahlausschuß
beschließt mit Stimmenmehrheit.
§ 6
[1] Der Reichswahlausschuß stellt das Wahlergebnis im Reiche
fest.
[2] Er besteht aus dem Reichswahlleiter als Vorsitzenden und sechs Beisitzern, die
dieser aus den Wählern beruft. Der Reichswahlausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit.
§ 7
[1] Das für den Reichstag gebildete Wahlprüfungsgericht prüft
das Wahlergebnis.
[2] Wird die Wahl für ungültig erklärt, so findet eine neue Wahl statt. Die
Ungültigkeitserklärung kann sich auf den zweiten Wahlgang beschränken.
§ 8
Die Vorschriften des § 2
Abs. 2, 3, der §§ 3, 8 bis 13,
§ 14 Abs. 1, §§ 26 bis 28,
§§ 39 und 41 des Reichswahlgesetzes
gelten sinngemäß.
§ 9
Das Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.[1]
Berlin, den 4. Mai 1920.
Der Reichspräsident
Ebert
Der Reichsminister des Innern
Koch
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