[Schlußprotokoll der Konferenz von Locarno
Vom 16. Oktober 1925.
(Übersetzung.)]
Die Vertreter der Deutschen, Belgischen, Britischen,
Französischen, Italienischen, Polnischen und Tschechoslowakischen Regierung, die vom 5.
bis 16. Oktober 1925 in Locarno versammelt waren, um gemeinsam die Mittel zum Schutze
ihrer Völker vor der Geißel des Krieges zu suchen und für die friedliche Regelung von
Streitigkeiten jeglicher Art, die etwa zwischen einigen von ihnen
entstehen könnten, zu sorgen, haben ihre Zustimmung zu den Entwürfen der sie
betreffenden Verträge und Abkommen gegeben, die im Laufe der gegenwärtigen Konferenz
ausgearbeitet worden sind und sich aufeinander beziehen:
Vertrag zwischen Deutschland, Belgien,
Frankreich, Großbritannien und Italien (Anlage A)
Schiedsabkommen zwischen Deutschland
und Belgien (Anlage B)
Schiedsabkommen zwischen Deutschland
und Frankreich (Anlage C)
Schiedsabkommen zwischen Deutschland und
Polen (Anlage D)
Schiedsabkommen zwischen
Deutschland und der Tschechoslowakei (Anlage E)
Diese Urkunden, die schon jetzt »ne varietur« paraphiert werden,
sollen das heutige Datum tragen. Die Vertreter der beteiligten Parteien kommen überein,
am 1. Dezember d. J. in London zusammenzutreten, um in einer Sitzung die förmliche
Unterzeichnung der sie betreffenden Urkunden vorzunehmen.
Der Französische Minister der auswärtigen Angelegenheiten macht Mitteilung
davon, daß im Anschluß an den obenerwähnten Entwürfe von Schiedsverträgen Frankreich,
Polen und die Tschechoslowakei in Locarno gleichfalls Entwürfe zu Abkommen aufgestellt
haben, um sich gegenseitig den Nutzen dieser Verträge zu sichern. Diese Abkommen werden
regelrecht beim Völkerbund hinterlegt werden; Herr Briand hält aber schon jetzt
Abschriften davon zur Verfügung der hier vertretenen Mächte.
Der Großbritannische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten schlägt
vor, daß zur Beantwortung gewisser, vom Deutschen Reichskanzler und Außenminister
gestellter Forderungen nach Aufklärung über den Artikel 16
der Völkerbundssatzung das im Entwurf hier gleichfalls
angeschlossene Schreiben (Anlage F)
gleichzeitig mit der förmlichen Unterzeichnung der obenerwähnten Urkunden an sie
gerichtet wird. Dieser Vorschlag wird angenommen.
Die Vertreter der hier vertretenen Regierungen erklären ihre feste
Überzeugung, daß die Inkraftsetzung dieser Verträge und Abkommen in hohem Maße
dazu beitragen wird, eine moralische Entspannung zwischen den Nationen herbeizuführen,
daß sie die Lösung vieler politischer und wirtschaftlicher Probleme gemäß den
Interessen und Empfindungen der Völker stark erleichtern wird, und daß sie so, indem sie
Frieden und Sicherheit in Europa festigt, das geeignete Mittel sein wird, in wirksamer
Weise die im Artikel 8 der Völkerbundssatzung
vorgesehenen Entwaffnung zu beschleunigen.
Sie verpflichten sich, an dem vom Völkerbund bereits
aufgenommenen Arbeiten hinsichtlich der Entwaffnung aufrichtig mitzuwirken und
die Verwirklichung der Entwaffnung in einer allgemeinen Verständigung anzustreben.
Geschehen zu Locarno am 16. Oktober 1925.
|
(gez.) |
Dr. Luther
Stresemann
Emile Vandervelde
A. Briand
Austen Chamberlain
Benito Mussolini
A. Skrzynski
Dr. Eduard Benes
|
|