[Deutsch-russischer Vertrag
("Berliner Vertrag")
Vom 24. April 1926.[1]]
Die Deutsche Regierung
und
die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken,
von dem Wunsche geleitet, alles
zu tun, was zur Aufrechterhaltung des allgemeinen Friedens beitragen kann,
und in der Überzeugung, daß das Interesse des deutschen Volkes und der
Völker der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken eine stetige vertrauensvolle
Zusammenarbeit erfordert,
sind übereingekommen, die zwischen ihnen bestehenden freundschaftlichen
Beziehungen durch einen besonderen Vertrag zu bekräftigen, und haben zu diesem Zwecke zu
Bevollmächtigten ernannt:
Die Deutsche Regierung: |
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den Reichsminister des Auswärtigen |
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Herrn Dr. Gustav Stresemann, |
die Regierung der Union der Sozialistischen
Sowjet-Republiken: |
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den außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der
Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken |
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Herrn Nikolai Nikolajewitsch Krestinski, |
die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten nachstehende
Bestimmungen vereinbart haben. |
A r t i k e l 1
Die Grundlage der Beziehungen zwischen Deutschland und der
Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken bleibt der Vertrag von Rapallo.
Die Deutsche Regierung und die Regierung der Union der Sozialistischen
Sowjet-Republiken werden in freundschaftlicher Fühlung miteinander bleiben, um über alle
ihre beiden Länder gemeinsam berührende Fragen politischer und
wirtschaftlicher Art eine Verständigung herbeizuführen.
A r t i k e l 2
Sollte einer der vertragschließenden Teile trotz friedlichen
Verhaltens von einer dritten Macht oder von mehreren dritten Mächten
angegriffen werden, so wird der andere vertragschließende Teil während der ganzen
Dauer des Konfliktes Neutralität beobachten.
A r t i k e l 3
Sollte aus Anlaß eines Konfliktes der in Artikel 2
erwähnten Art oder auch zu einer Zeit, in der sich keiner der vertragschließenden Teile
in kriegerischen Verwicklungen befindet, zwischen dritten Mächten eine Koalition zu
dem Zwecke geschlossen werden, gegen einen der vertragschließenden Teile einen
wirtschaftlichen oder finanziellen Boykott zu verhängen, so wird sich der
andere vertragschließende Teil einer solchen Koalition nicht anschließen.
A r t i k e l 4
Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden
sollen in Berlin ausgetauscht werden.
Der Vertrag tritt mit dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft und gilt
für die Dauer von fünf Jahren. Die beiden vertragschließenden Teile werden sich
rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist über die weitere Gestaltung ihrer politischen
Beziehungen verständigen.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet.
Ausgefertigt in doppelter Urschrift in Berlin am 24. April 1926.
(gez.) Stresemann
(gez.) Krestinski
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