Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Bildung einer
vorläufigen Reichsmarine.
Vom 16. April 1919.
§ 1
Die vorläufige Reichsmarine steht unter dem Oberbefehl des Reichspräsidenten.
§ 2
Die Ausübung der Befehlsgewalt wird, vorbehaltlich der
unmittelbaren Befehlserteilung durch den Reichspräsidenten, dem Reichswehrminister und
dem Chef der Admiralität übertragen. Sie sind dem Reichspräsidenten für die Art ihrer
Kommandoführung verantwortlich.
§ 3
Die Befehlsgewalt bei den höheren Verbänden, auf den in Dienst
gestellten Schiffen und Fahrzeugen, bei den Truppen, Behörden und sonstigen Dienststellen
üben die Führer und Schiffskommandanten aus. Sie sind ihren Vorgesetzten für ihre
Tätigkeit verantwortlich. Der Reichspräsident kann jeder Kommandostelle einen
Regierungsbeauftragten zur Mitwirkung bei der Lösung besonderer militär-politischer
Aufgaben zuteilen, dessen Rechte und Pflichten er von Fall zu Fall bestimmt.
§ 4
Beim Erlasse von Anordnungen, die sich auf die Fürsorge für die
Truppe, auf Urlaubs- und Beschwerdeangelegenheiten beziehen, wirken Vertreter mit, die von
allen Angehörigen der betreffenden Besatzung, Truppe, Behörde oder sonstigen Formationen
gewählt sind. Diese gewählten Vertreter sind berechtigt, Beschwerden, auch solche
allgemeiner Art, auf dem vorgeschriebenen Wege anzubringen und im Berufungsverfahren bis
zur Entscheidung durch den Reichspräsidenten durchzuführen. Die näheren Bestimmungen
über die Form dieser Vertretung, den Umfang ihrer Tätigkeit und das Wahlverfahren
erläßt der Reichswehrminister.
§ 5
[1] Für die Ernennung, Beförderung, Versetzung und Entlassung
der Offiziere bleiben die bisherigen Stellen zuständig. Offiziere in Flaggoffizierstellen
werden vom Reichspräsidenten unter Gegenzeichnung des Reichswehrministers auf Vorschlag
des Chefs der Admiralität ernannt, befördert, versetzt und entlassen.
[2] Gewählte Führer in angegliederten Verbänden bedürfen der Bestätigung durch
die sonst für die Ernennung zuständigen Stellen.
§ 6
Deckoffiziere und Unteroffiziere können zu Offizieren befördert
werden, wenn sie ihre Eignung hierzu durch ihre bisherige Tätigkeit nachgewiesen haben.
Die hierfür nötigen Bedingungen werden vom Reichswehrminister festgesetzt. Der Eintritt
in die Offizierslaufbahn steht im übrigen allen Angehörigen der vorläufigen
Reichsmarine offen, die bei entsprechender Befähigung und Leistung die vorgeschriebenen
Berufsprüfungen bestanden haben.
§ 7
Für die vorläufige Reichsmarine ist ein besonderer Etat
aufzustellen. Ihre Gliederung und Einteilung bestimmt nach Anweisung des
Reichswehrministers der Chef der Admiralität.
§ 8
[1] Der Reichswehrminister wird ermächtigt, zu bestimmen, welche
von den bestehenden Freiwilligenverbänden in die vorläufige Reichsmarine aufzunehmen
oder ihr anzugliedern sind.
[2] Für Freiwilligenverbände, die nicht bis zu einem vom Reichswehrminister zu
bestimmenden Zeitpunkt der vorläufigen Reichsmarine angegliedert sind, dürfen
Reichsmittel nicht mehr in Anspruch genommen werden.
§ 9
Die Freiwilligen werden durch die Stationskommandos angeworben.
§ 10
Offiziere, Deckoffiziere, Unteroffiziere, Kapitulanten und Beamte,
die in die vorläufige Reichswehr übertreten, werden mit ihren bisherigen Rechten
übernommen. Die Zugehörigkeit zu der vorläufigen Reichsmarine gilt als Fortsetzung
ihres bisherigen Dienstverhältnisses.
§ 11
Alle Personen des Soldatenbestandes der vorläufigen Reichswehr
werden durch ein Gelöbnis mit folgendem Wortlauf verpflichtet:
"Ich gelobe, daß ich mich als tapferer und ehrliebender Soldat und Seemann
verhalten, dem Dienste des Deutschen Reichs und seiner Verteidigung zu jeder Zeit und an
jedem Orte meine ganze Kraft widmen, die vom Volke gewählte Regierung schützen und den
Befehlen meiner Vorgesetzten Gehorsam leisten will."
§ 12
Alle Mannschaften sind zunächst auf sechs Monate zu verpflichten.
Die Verpflichtung verlängert sich jeweils um weitere drei Monate, wenn nicht von einem
Teile mit einmonatiger Frist gekündigt wird. Außerhalb der heimischen Gewässer ruht die
Kündigungsfrist, bis ordnungsmäßige Ablösung sichergestellt ist.
§ 13
Die Handhabung der Disziplin und des Beschwerderechts in der
vorläufigen Reichsmarine regelt der Reichswehrminister.
§ 14
[1] Die bisherige Marine ist zunächst bis auf die Teile
aufzulösen, die erforderlich sind, um die Abwicklung der Auflösungsarbeiten zu
gewährleisten und die Ergänzung der vorläufigen Reichsmarine an Personal und Material
sicherzustellen.
[2] Behörden und Einrichtungen, dir für die zukünftige Reichsmarine benötigt
werden, bleiben gleichfalls bestehen.
§ 15
Die vorläufige Reichsmarine führt bis zur endgültigen Regelung
die völkerrechtlich anerkannte Kriegsflagge und die Kommandozeichen der bisherigen
Marine.
§ 16
Die nähren Ausführungsbestimmungen erläßt der Reichswehrminister im Einvernehmen mit dem Chef der Admiralität.
Berlin, den 16. April 1919.
Der Reichspräsident
Ebert
Der Reichswehrminister
Noske
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