Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement (SPD) zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers "Mut zum Frieden und zur Veränderung"

vom 14. März 2003


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass es im Augenblick des Wechsels in der Sitzungsleitung einen Zuruf aus den Reihen der Koalition an den Redner gegeben habe, den ich nicht gehört habe, den ich aber beanstanden müsste, wenn er tatsächlich so gefallen wäre. Wir werden das durch Einsicht in das Sitzungsprotokoll klären.

(Joseph Fischer, Bundesminister: Wer hat denn da gepetzt?)

Nun erteile ich dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern war ich in München.

(Ute Kumpf [SPD]: Ehrlich? Mutig!)

Ich habe mich dort, Herr Kollege Stoiber, sehr gastfreundlich aufgenommen gefühlt. Dafür bin ich natürlich dankbar. Als ich aber heute Ihrer Rede zugehört habe, musste ich meine ganze Kraft zusammennehmen, um nicht meinen Optimismus in Bezug auf Deutschland zu verlieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn einem hier Begriffe wie "Sanierungsfall Deutschland", "Ruin" und "Kollaps" um die Ohren fliegen, dann können nur noch ganz starke Charaktere dem standhalten und nicht in Depressionen verfallen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Stoiber, wenn wir gemeinsam daran arbeiten wollen, dass sich die Gallup-Umfragen verbessern, dass in Deutschland wieder gelacht werden darf, dann lassen Sie uns anders reden, als Sie es hier getan haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Stoiber, Sie haben gestern sogar gesagt - in etwas freundlicherer Tonlage; auch heute haben Sie es anklingen lassen -, dass uns andere Volkswirtschaften - Sie haben zum Beispiel Irland, Frankreich und England erwähnt - beim Pro-Kopf-Einkommen überholt hätten.

Zu einer wirklich sauberen Analyse, die Sie gefordert haben, gehört es, sich endlich wieder in Erinnerung zu rufen, dass Deutschland wie keine andere Volkswirtschaft in Europa oder in der Europäischen Union eine Leistung vollbringt,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

die sich leider im Pro-Kopf-Einkommen niederschlägt. Das wollen wir ändern. Ich spreche von der Leistung, dass diese Volkswirtschaft Jahr für Jahr immer noch 4 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für den Aufbau Ost, für den Aufbau Ostdeutschlands, aufbringt. Das ist gut so und das tun wir gern, aber diese Leistung muss bei einer halbwegs vernünftigen Analyse berücksichtigt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Stoiber, Sie haben dem Bundeskanzler abgesprochen, dass er über eine Mehrheit verfüge. Das haben Sie jedoch zu Recht eingeschränkt, denn Sie haben diese Mehrheit nicht. Hier reden Sie etwas anders als in München, jedenfalls wenn ich dabei bin. Herr Kollege Stoiber, Sie haben die Wahl am 22. September 2002 nicht gewonnen und können auch hier keinen anderen Eindruck erwecken. Deutschland hat Ihnen die zur Kanzlerschaft erforderliche Mehrheit nicht gegeben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden den Wahlkampf auch im Nachhinein nicht mehr gewinnen.

Vorhin ist mir auf der Regierungsbank etwas zugeflüstert worden. Herr Kollege Westerwelle, wir auf der Regierungsbank müssen einen starken Charakter haben. Es gehört eine enorme Charakterfestigkeit dazu, auch bei einer solchen Kritik von Ihrer Seite ruhig zu bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Minister, was bei präziser Betrachtung übrigens häufig nicht gelingt.


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Mit meinem Status sitzt man dort auf der Bank und darf sich noch nicht einmal zu Ihnen nach vorn bewegen. Das ist wirklich schwierig.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist in Ihrem Gehalt drin, Herr Minister!)

- Nein, das ist nicht alles darin enthalten. Früher bin ich schon besser behandelt worden als heute.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Michael Glos [CDU/CSU]: Wären Sie doch in Düsseldorf geblieben!)

- Sie können mich dort gern besuchen. Sie können dort noch viel lernen, Herr Kollege Glos. Ich bin aber in der letzten Zeit ziemlich häufig in Bayern.

Gehen wir einmal nach Niederbayern, Herr Kollege Stoiber, und sprechen wir über das, was in Passau gewesen ist. Für mich war es dort hochinteressant. Ich war jetzt in Vilshofen, also dort, wo der politische Aschermittwoch seinen Ursprung hat. Dort bin ich wie zu Hause. Der Kollege Stoiber war nebenan in Passau in einer Halle, die demnächst bzw. unmittelbar nach seiner Rede abgerissen wird.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das habe ich alles erst dort gelernt. Dazu war ich in Niederbayern und bin nun wirklich firm.

Der Kollege Stoiber hat in der Nibelungenhalle in Passau gesprochen,

(Michael Glos [CDU/CSU]: Gut!)

und zwar, wie ich gehört habe, lange und eindrucksvoll und noch länger als heute hier.

(Michael Glos [CDU/CSU]: Und noch besser!)

In den Zeitungen stand anschließend sofort das Versprechen: Die Halle wird jetzt abgerissen.

(Heiterkeit bei der SPD - Michael Glos [CDU/ CSU]: Was war daran jetzt originell?)

Herr Kollege Glos, sprechen wir über die Zeit des Wahlkampfes. Ich habe verstanden, dass Sie mit Blick auf den Irak für die Überflugrechte der Amerikaner in Deutschland sind. Mir ist gesagt worden, im Wahlkampf, insbesondere in Bayern, habe es aus Ihrem Munde anders geklungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man also über Beliebigkeit spricht, wie das gelegentlich geschieht, bitte ich darauf zu achten, dass mehrere Finger der eigenen Hand immer auf einen selbst zurückzeigen, wie uns das schon Bundespräsident Gustav Heinemann gelehrt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Stoiber, einen Begriff aus dem Wahlkampf halte ich heute für völlig widersinnig: Jetzt mit Blick auf die Situation im Irak, mit Blick auf das Ringen fast aller Staaten um die Verhinderung eines Krieges im Irak von einem "deutschen Sonderweg" zu sprechen, ist aus meiner Sicht an Abwegigkeit kaum zu überbieten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich wollte - Herr Kollege Glos, das hätte ich jetzt beinahe vergessen - noch etwas zu Niederbayern sagen. Das sage ich auch in Richtung des Kollegen Stoiber. Ich finde es ganz interessant, dass Sie in der gesamten Region Passau in Niederbayern eine Arbeitslosenquote von 11,8 Prozent haben. Das ist sehr bedrohlich. Die Vertreter des Betriebsrates des Siemens-Unternehmens in Passau waren bei mir, um mich und die Bundesregierung um Hilfe zu bitten. Die Situation dort ist sehr schwierig, das haben Sie richtig geschildert.

Aber die Menschen dort sagen mir auch etwas anderes: In Bayern war die gesamte Politik wie etwa die Investitionen, die Sie aufgrund der Vermögensveräußerungen seitens des Freistaates Bayern haben vornehmen können, sehr stark auf die exzellenten Gebiete wie den Großraum München konzentriert. In Niederbayern haben Sie vergleichsweise wenig getan. Das wird Ihnen dort vorgeworfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Ludwig Stiegler [SPD]: Oberpfalz und Niederbayern hat er immer vernachlässigt!)

- Ich bin jetzt in Bayern kundig.

Ich sage das auch deshalb, weil ich gut in Erinnerung habe, wie ich von Ihnen beispielsweise wegen mancher schwierigen Lagen in Nordrhein-Westfalen kritisiert worden bin. In Zukunft komme ich zu Ihnen. Dann sprechen wir über die schwierigen Lagen bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident [Bayern]: Sie müssen die makroökonomischen Bedingungen verändern!)

- Selbstverständlich werden wir die makroökonomischen Bedingungen verändern. Daran arbeiten wir und darüber diskutieren wir.

(Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident [Bayern]: Machen Sie es doch!)

Wenn ich Ihr "Akutprogramm" dem Programm, das Frau Kollegin Merkel heute vorgestellt hat, gegenüberstelle - ich habe versucht, zu erkennen, wo es Übereinstimmungen gibt -, dann muss ich sagen, dass ich fast mehr Übereinstimmungen bei dem Programm von Frau Merkel mit uns festgestellt habe als bei dem Programm des Kollegen Stoiber.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist additiv! Das ergänzt sich prima!)

Mich interessiert, was wir gemeinsam zustande bringen können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie werden es mir nicht glauben

(Michael Glos [CDU/CSU]: Nein!)

- warten Sie es ab! -: Ich gehe ungeachtet dieser Beiträge ermutigt aus dieser Debatte. Ich bin überzeugt davon, dass wir in der Bundesrepublik jetzt die Chance haben, die notwendigen Veränderungen und die notwendige Wende, von der wir alle wissen, dass sie geschafft werden muss, tatsächlich zu vollziehen. Ich bin überzeugt davon, dass niemand, also keine nennenswerte gesellschaftliche Kraft, die politisch, wirtschaftlich, gewerkschaftlich oder anderweitig organisiert ist, in der Lage ist, sich dem zu entziehen, was zu tun ist.

Der Bundeskanzler hat heute genau dargestellt, in welche Richtung wir gehen müssen. Er hat gesagt, welche Schritte unternommen werden müssen, welche Opfer und welche Zumutungen damit verbunden sind und welche Beiträge von den verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft erwartet werden müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir darüber im Wesentlichen einig sind. In den Passagen, die ich von Frau Kollegin Merkel gehört habe, habe ich kaum einen Punkt erkannt, in dem Sie nicht wenigstens in der Richtung mit dem übereinstimmen, was der Bundeskanzler dargestellt hat. Deshalb sage ich: Wir werden diese Schritte tun müssen - wir werden sie auch tun - und Sie werden daran mitwirken.

Worum geht es, wenn der Bundeskanzler an das Selbstbewusstsein und an die Eigenverantwortung der Menschen, an die Selbstverantwortung der Institutionen und an den Mut zur Veränderung appelliert? Es geht zunächst darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern und uns nicht nur ganz vorn in Europa, sondern auch ganz vorn in der Welt zu platzieren. Das steht im Gegensatz zu dem, wie Sie die Lage darstellen, Herr Kollege Stoiber. Ich verstehe nicht, warum es sinnvoll sein soll, die Bundesrepublik Deutschland schlechter darzustellen, als sie ist, und die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland zu leugnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Bundesrepublik Deutschland ist die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt. Sie ist die zweitgrößte Exportnation der Welt. Unsere Nation ist erstens kein Sanierungsfall und zweitens Weltspitze in der Automobilindustrie und im Maschinenbau. Sie liegt noch vorn in der Chemieindustrie. Sie muss wieder nach vorne in der Pharmaindustrie. Wir sind nicht schlecht positioniert in der Bio- und Gentechnologie. Wir liegen in der Informationstechnologie, jedenfalls was die mobile Telekommunikation angeht, weltweit ganz vorne. Das muss man wissen. Darauf kann sich stützen. Genau das macht uns Mut, die Schritte nach vorn zu gehen, die in der Bundesrepublik fällig sind.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir werden alles tun, dass diese Schritte unternommen werden.

(Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Herr Präsident, der Kollege Hinsken will bloß eine Frage stellen, sonst würde ich gern ausreden.

(Heiterkeit bei der SPD)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wenn die Kooperationsbereitschaft inzwischen schon das Niveau erreicht hat, dass die Regierung Fragen beantworten will, bevor sie gestellt werden, dann sind das die besten Aussichten für den Einigungsprozess.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Hinsken, bitte.


Ernst Hinsken (CDU/CSU):
Herr Bundesminister Clement, können Sie mir ein Land auf dieser Welt sagen, in dem die Insolvenzrate in den letzten zwei Jahren höher war als in der Bundesrepublik Deutschland?


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Kollege Hinsken, darf ich Ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworten? Können Sie mir Länder nennen, in denen auch in einer schwierigen Lage die Gründungsquote höher ist als die Insolvenzrate, wie es in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hinsken, um das klar zu sagen: Für mich ist es nicht akzeptabel, wenn man, wie Herr Stoiber es tut, die hohe Zahl der Insolvenzen ständig vor sich herträgt. Jawohl, die hohe Zahl der Insolvenzen ist nicht nur ein Problem, sondern eine Katastrophe. Jede Insolvenz ist katastrophal, auch wenn wir heute ein Insolvenz-recht haben, das gelegentlich nahe legt, diesen Weg zu gehen, um dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, eine neue Perspektive zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir aber über Insolvenzen sprechen, dann müssen wir auch über das Kreditgewerbe in Deutschland und über die Frage sprechen, inwieweit beispielsweise die Banken mitwirken, unsere Unternehmen in dieser schwierigen Phase zu stärken.

Meine Bitte ist, dass Sie dann, wenn Sie die hohe Insolvenzrate ansprechen, im selben Atemzug dazusagen: Die Gründungsquote in Deutschland ist Gott sei Dank immer noch höher als die Insolvenzrate. Das heißt zu Deutsch: Es entstehen mehr neue Unternehmen, als Unternehmen vom Markt gehen. Das sind nicht genug; da sind wir beide gleich ehrgeizig. Wir wollen die Quote wieder dahin bringen, wo sie einmal war. Aber es ist wichtig, dies zu wissen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Es liegt an Ihnen, Herr Minister, ob Sie eine weitere Zusatzfrage gestatten wollen.


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Bitte sehr, Herr Kollege Hinsken.

(Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Mach nicht zu lange!)

- Nein, aber ich muss mit Herrn Kollegen Hinsken angemessen umgehen. Er ist im zuständigen Ausschuss und Mitglied des deutschen Parlaments.


Ernst Hinsken (CDU/CSU):
Herr Minister, Sie haben mir eine Frage gestellt. Nun möchte ich meine Frage in eine Antwort kleiden.

(Heiterkeit)

Ich kann Ihnen sofort zehn Nationen nennen, bei denen die Gründungsquote höher ist als in der Bundesrepublik Deutschland: Dänemark, Italien, Großbritannien, Frankreich.

In diesen Ländern und zum Beispiel in den USA ist die Gründungsquote fast doppelt so hoch wie bei uns. Sie aber wollen mir sagen, dass es keine Länder gibt, in denen die Gründungsquote höher ist als bei uns? Das stimmt nicht. Ich bitte Sie, hier bei der Wahrheit zu bleiben und auch das zu erwähnen. In den von mir genannten Ländern zum Beispiel ist es anders, als Sie behaupten.


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Der Bundeskanzler hat mich gewarnt, Sie noch weiter reden zu lassen. Er hätte hinzufügen müssen - dann hätte ich es sofort verstanden -: Wenn du einem Mitglied der bayerischen CSU den kleinen Finger reichst, dann hackt er dir die Hand ab.

Ich habe Sie verstanden; wir sind dort unterschiedlicher Meinung. Wichtig ist, dass Sie fähig sind, in Zukunft jeweils hinzuzufügen, dass auch die Gründungsquote genannt werden sollte. Diesen Optimismus strahlen Sie aus und dafür danke ich Ihnen, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Und für Sie: Immer schön bei der Wahrheit bleiben!)

Es geht darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern und unsere Unternehmen in der Weltspitze zu verankern. Es geht darum, heimische wie internationale Märkte zu öffnen. Deshalb führen wir entsprechende Verhandlungen in der WTO, der Welthandelsorganisation. Wir müssen Wachstum freisetzen und mehr Einkommen aus regulärer Arbeit schaffen. Notwendig ist, die Lohnnebenkosten zu senken, damit aus dem Einkommen schneller neue Jobs werden.

Wenn wir über Bürokratieabbau reden, dann geht es darum, jene Kräfte freizusetzen, die bisher durch Bürokratie und Regulierung gebunden waren. Diese Kräfte dürfen nicht nur im Bereich der sozial Schwachen gefordert und können nicht nur dort entfesselt werden. Nein, es geht um alle Bereiche des Lebens und Wirtschaftens in Deutschland. Vor allem müssen wir all die zum Handeln bewegen, die in Deutschland in der Mitverantwortung stehen. Peter Hartz hat Recht, wenn er diesen Appell an alle in Deutschland richtet.

Ich möchte nun noch zu einzelnen Punkten Stellung nehmen, die heute in der Debatte angesprochen worden sind, weil ich glaube, dass dies für die Klärung der Positionen wichtig ist.

Erstens. Wir müssen den Arbeitsmarkt in Ordnung bringen. Das heißt, wir brauchen ein anderes Verständnis von Arbeitsmarktpolitik in Deutschland. Wir müssen umsteuern, also wirklich ernst machen mit dem, was in vielen, vielen Debatten - auch von uns - gesagt wurde: Es geht nicht darum, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern es geht darum, alle Kraft darauf zu verwenden, Menschen in Arbeit zu vermitteln. Das ist die Leitlinie.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Umsteuern wird, wie der Bundeskanzler gesagt hat, Auswirkungen haben, zum Beispiel im Bereich des Arbeitslosengeldes. Erwerbstätige werden von der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe betroffen sein. Ich möchte gerne, dass wir es schaffen, dies nicht als Opfer zu verstehen, sondern die Kräfte so zu bündeln, dass die Menschen, wenn irgend möglich, eben nicht nur in Arbeitslosigkeit entlassen werden. Es darf nicht sein, dass sie erst ein Jahr lang arbeitslos sind, bevor wir es schaffen, sie in den Arbeitsmarkt zurückzubringen. Vielmehr müssen sie direkt nach der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in einen neuen Job gebracht werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist sehr wichtig, an Diskussionen mit den Menschen teilzunehmen, die ganz konkret von dem betroffen sind, was wir hier diskutieren. Ich habe das in dieser und in der vergangenen Woche hier in Berlin getan. Ich war zu Diskussionen eingeladen, an denen auch diejenigen teilgenommen haben, die von dem betroffen sind, was hier so abstrakt klingt. Jedenfalls konnte man die Einzelschicksale erkennen. Da können einem Worte wie "Wir legen Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen und organisieren das neu" wirklich im Halse stecken bleiben. Wir reden über Menschen, die zum Teil erhebliche Probleme haben, sowohl mit uns als auch mit dem Einstieg in den Arbeitsmarkt nach langer Zeit der Arbeitslosigkeit. Manchmal haben sie auch Probleme mit sich selber. Auch das gibt es, wie wir alle wissen, in nicht geringer Zahl, und zwar nicht nur in unserer Gesellschaft, sondern in allen Gesellschaften.

Um diesen Menschen wieder eine berufliche Perspektive eröffnen zu können, brauchen wir in den Arbeitsverwaltungen, in den städtischen Sozialämtern und bei den freien Trägern Menschen, die sich ganz konkret um die Betroffenen kümmern und sie buchstäblich an die Hand nehmen, um sie wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen. Vor dem Hintergrund, dass, wenn es irgend geht, mehr als 4 Millionen Arbeitslose in Arbeit gebracht werden sollen, wissen wir, vor welcher Herausforderung wir stehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte es aber bei allen finanziellen Veränderungen, die der Bundeskanzler angesprochen hat, ungern so verstanden wissen, dass diese Menschen Opfer darstellen. Sie sind vielmehr ein Ansporn für uns alle, an einer Veränderung mitzuwirken. Diese Veränderung beschränkt sich nicht auf Gesetzesänderungen. Wir alle - ich möchte das Stichwort von den "Profis der Nation" aufgreifen, wie immer man das auch verstehen will -, die Unternehmensleiter, die Vorstände, die Manager, die Betriebs- und Personalräte und die Wissenschaftler, sind gefordert, wenn es darum geht, dass es in den Städten und Gemeinden, in den Betrieben tatsächlich zu Veränderungen kommt.

Das Gleiche gilt übrigens in Bezug auf die Ausbildungsplätze; der Bundeskanzler hat dies in der gebotenen Deutlichkeit gesagt. Wir haben in Deutschland wieder die Situation, dass uns Zehntausende von Ausbildungsplätzen fehlen. Es ist wirklich schwer zu verkraften, wenn wir hören müssen, dass das notwendige Angebot an Ausbildungsplätzen von Bedingungen abhängig gemacht wird. Nein, wir müssen die Unternehmer bitten und an sie appellieren - dafür werden wir sie heimsuchen; wir werden alles tun, um sie dazu zu bewegen -,

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: "Heimsuchen" ist ein gutes Wort!)

mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Westerwelle, "heimsuchen" ist wirklich ein gutes Wort. Ich lade Sie ein, mitzukommen. Ich habe meine Erfahrungen gesammelt. In meiner früheren Funktion habe ich etwa 300 Unternehmen in Nordrhein-Westfalen besucht, vor allen Dingen kleine. Ich bilde mir ein, mir einen gewissen Eindruck verschafft zu haben. Herr Hinsken weiß es genauso gut wie ich: Sie können durch Gespräche mit denen, die Mitverantwortung tragen und sich mitverantwortlich fühlen, mit Innungsmeistern und anderen, zu einer Veränderung des Verhaltens beitragen. Das geht aber nur, wenn wir nicht über ihre Köpfe hinwegreden, wie es gelegentlich in unseren politischen Diskussionen geschieht. Wir müssen ganz gezielt diejenigen vor Ort ansprechen, die dazu beitragen können, dass die Ausbildungsplatzfrage gelöst wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich werde alles tun, um das zu erreichen, was der Bundeskanzler angekündigt hat. Dazu gehört auch die Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von Ausbildungsplätzen.

Ich will noch einmal unterstreichen, was ich gesagt habe: Es geht nicht allein darum, Mittel zu kürzen; dies ist leider notwendig. Aber wir müssen die Lohnnebenkosten senken. Zu einer ehrlichen Analyse gehört, zu sagen, warum die Lohnnebenkosten in Deutschland so hoch sind. Wir haben so hohe Lohnnebenkosten, weil wir Anfang der 90er-Jahre - ich glaube, darüber besteht heute Konsens - eine falsche Richtungsentscheidung gefällt haben. Es war falsch, einen Großteil des Aufbaus Ost über die Lohnnebenkosten zu finanzieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir hätten diese Aufgabe allen Steuerbürgern auferlegen müssen. Das ist heute aber nicht mehr zu ändern. Trotzdem ist es Zeit, die Belastungen anders zu verteilen.

Es ist leichter, von dieser Stelle aus solche Erwartungen an andere zu richten, als zu wissen, was dies tatsächlich bedeutet. Was wir bei der Arbeitslosenhilfe beschlossen haben und was bereits Gesetzeskraft ist - Stichwort: Partnereinkommen und anzurechnendes Vermögen -, bedeutet für einzelne Arbeitslosenhilfebezieher eine Reduzierung ihres Einkommens, die in einem anderen Lebensbereich, zum Beispiel in einem Unternehmen, kaum jemand akzeptieren würde. Dies sind Belastungen in einer Größenordnung, die dort niemandem zugemutet würden. Bitte lassen Sie uns, wenn wir über das sprechen, was notwendig ist, auch über diese Menschen sprechen! Wir müssen sie gewinnen, auch dafür, mit uns gemeinsam alles zu versuchen, dass sie wieder in Arbeit kommen, soweit sie arbeitsfähig sind.

(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Ich will es noch einmal sagen: Wir reden über heute 4,7 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Es hängt alles entscheidend davon ab - davon bin ich überzeugt -, dass wir die Arbeitslosigkeit von Grund auf bekämpfen. "Von Grund auf" heißt in meinem Verständnis: vor allem bei den jungen Leuten. Der Kollege Müntefering hat das vorhin zu Recht angesprochen. Es sind 580 000 junge Leute unter 25 Jahren arbeitslos. Wenn da nichts getan würde, hieße das, die Arbeitslosigkeit schlichtweg fortzuschreiben. Wir müssen nicht nur einen Trend stoppen oder umkehren, sondern wir müssen der hohen Arbeitslosigkeit die Grundlage entziehen. Dazu muss es uns in einer gemeinsamen Anstrengung gelingen, zu verhindern, dass junge Leute unter 25 Jahren bei uns überhaupt in Arbeitslosigkeit gehen. Das ist das Ziel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wie können wir dieses Ziel realisieren? Wir müssen dafür sorgen - dazu brauchen wir die Unternehmen -, dass kein junger Mann und keine junge Frau, die ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind, ohne Ausbildungsplatz bleiben. Das ist die erste Aufgabe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die zweite Aufgabe. Wir müssen dafür sorgen, dass die jungen Leute dann auch einen Arbeitsplatz bekommen. Es macht keinen Sinn, sie an der so genannten zweiten Schwelle scheitern zu lassen. Sie müssen auch einen Arbeitsplatz bekommen. Wenn das nicht möglich ist, dann müssen wir ihnen eine Qualifikation anbieten. Kein junger Mann, keine junge Frau unter 25 Jahren darf in Deutschland ohne ein solches Angebot bleiben - alle diese Angebote sind zumutbar - : Ausbildungsplatz, Arbeitsplatz oder Qualifikation. Das ist das Ziel. Wenn wir das erreichen, dann haben wir der Arbeitslosigkeit in Deutschland tatsächlich die Grundlage entzogen. Deshalb müssen wir hier ansetzen und deshalb werden wir hier ansetzen. Das ist die wichtigste Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Woher kommen die Arbeitsplätze?)

- Woher kommen die Arbeitsplätze?

Es wird eine gewaltige Aufgabe, diejenigen, die heute Sozialhilfe beziehen und erwerbsfähig sind, in die Arbeitsvermittlung hineinzunehmen. Es sind etwa 1 Million Menschen - das ist vorhin zu Recht gesagt worden -, die zusätzlich in Arbeit vermittelt werden müssen. Ein Großteil davon ist bereits heute bei der Arbeitsverwaltung, ein Teil nicht. Zusammen mit Familienangehörigen werden sie in ein gemeinsames System gebracht werden. Wir werden die Schizophrenie überwinden - das ist eine Schizophrenie -, dass zwischen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe unterschieden wird.

(Zuruf von der FDP: Wo bleiben die Arbeitsplätze?)

- Ich werde Ihnen gleich die Frage beantworten, wo die Arbeitsplätze sind.

Unter anderem ist auf das zu verweisen, was wir beispielsweise im Gesundheitssektor getan haben und was Sie bisher noch nicht angesprochen haben, weil Sie da offensichtlich noch sprachlos sind.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein! Überhaupt nicht!)

Wir werden Arbeitsplätze zu schaffen haben. Wir haben schon Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben neue Möglichkeiten für Dienstleistungen geschaffen. Wir haben mit dem, was wir hier beschlossen haben, Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Da hinein werden wir die Menschen vermitteln.

Wir werden das aber nicht schaffen, wenn sich die Städte und Gemeinden und die freien Träger, die heute mitwirken, zurückziehen. Was wir vor uns haben, geht nur im Zusammenwirken von Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsvermittlung, Kommunen und freien Trägern. Nur im Zusammenwirken dieser drei Kräfte wird das gelingen.

Weil es vermutlich nicht möglich sein wird, Herr Kollege, alle diejenigen, die erwerbsfähig sind und bisher Sozialhilfe beziehen, sofort in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen - jawohl, das wird nicht auf Anhieb gelingen -, müssen wir es schaffen, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden sowie den freien Trägern so etwas wie einen zweiten Arbeitsmarkt mit zumutbaren Arbeitsverhältnissen zu etablieren, in den wir diejenigen bringen können, die nicht auf Anhieb in den ersten Arbeitsmarkt kommen können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es geht darum, meine Damen und Herren, alle Hebel zu bedienen, die möglicherweise verhindern, dass Arbeitsplätze entstehen. Dazu gehört auch das Arbeitsrecht. Das ist die Diskussion, die wir führen. Der Bundeskanzler hat dazu meines Erachtens das Richtige gesagt. Der Kollege Stoiber ist jetzt leider nicht mehr hier.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er ist hinter Ihnen!)

- Herr Kollege Stoiber, Entschuldigung; ich habe Sie nicht gesehen. Sie sind also da.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er ist allgegenwärtig!)

- Wenn es spannend wird, dann ist er hier; das wissen wir doch.

Herr Kollege Stoiber, wenn Sie die Grenze von 20 Beschäftigten in einem Betrieb so starr setzen, wie Sie es hier formuliert haben, das heißt alles an der Grenze von 20 Beschäftigten in einem Betrieb festmachen, dann spalten Sie den Arbeits- und Wirtschaftsmarkt in Deutschland in einer Weise, die wir noch nie gehabt haben. Ich halte es für einen grundlegenden Fehler, so vorzugehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie wollen alles an der Grenze von 20 Beschäftigten festmachen. Sie werden dann eine Grenze haben, die den Arbeitsmarkt und viele Beschäftigungsverhältnisse treffen wird. Ich bin sicher, das werden Sie nicht durchhalten. Auf die Diskussion darüber bin ich gespannt.

Ich glaube deshalb, dass der Vorschlag, den der Bundeskanzler hier skizziert hat, nämlich Betrieben mit bis zu fünf Beschäftigten, die noch nicht dem Kündigungsschutz unterliegen, die Möglichkeit zu geben, zusätzlich befristete Arbeitsverhältnisse einzugehen, wobei diese nicht auf die in diesem Zusammenhang bestehende Beschäftigungsschwelle angerechnet werden, richtig ist. Er führt zu mehr Elastizität. Die Unternehmen, die zusätzlich einstellen wollen - dabei geht es um die kleinen Unternehmen -, sollten diese Möglichkeit erhalten.


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Minister, lassen Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Niebel zu?


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Ja, sehr gerne.


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte.


Dirk Niebel (FDP):
Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Minister, der Vorschlag, der vom Bundeskanzler und von Ihnen skizziert worden ist, besagt ja, dass Betrieben mit bis zu fünf Arbeitnehmern, um das Kündigungsschutzgesetz nicht wirken zu lassen, eine unbegrenzte Anzahl von befristeten Beschäftigungsverhältnissen ermöglicht werden soll und dass auch Zeitarbeitnehmer nicht auf den Schwellenwert angerechnet werden sollen. Ist es denn zum einen nicht so, dass schon heute Zeitarbeitnehmer nicht auf den nach dem Kündigungsschutzgesetz bestehenden Schwellenwert der Beschäftigten angerechnet werden? Was soll zum anderen daran besser sein, eine unbegrenzte Anzahl von auf höchstens 24 Monate befristeten und, wie Sie immer gesagt haben, prekären Beschäftigungsverhältnissen zu ermöglichen, anstatt dauerhaft einzustellen?


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Kollege, das heutige Recht ist so, dass befristete Arbeitsverhältnisse auf den Schwellenwert angerechnet werden, sodass ein Arbeitgeber, der fünf Beschäftigte hat und ein sechstes Arbeitsverhältnis eingeht, für all seine Beschäftigten den Kündigungsschutz auslöst. Das ist die heutige Rechtslage, die durch die Rechtsprechung belegt ist. Nur Aushilfskräfte werden nicht angerechnet, nicht aber befristete Beschäftigungsverhältnisse. Deshalb haben der Bundeskanzler und auch Herr Müntefering im Gegensatz zu Ihnen nur von befristeten Arbeitsverhältnissen gesprochen. So ist es korrekt.

Was soll unser Vorschlag bringen? Das führt dazu, dass ein Arbeitgeber mit bis zu zwei Jahren befristeten Arbeitsverhältnissen arbeiten kann. Er kann sogar innerhalb dieser zwei Jahre wechseln. Er kann mehrere Arbeitnehmer befristet beschäftigen und kann sich in dieser Zeit - da müssten Sie mir eigentlich zustimmen - klar darüber werden, ob er einen Schritt weiter geht oder ob er besser mit befristeten Arbeitsverhältnissen arbeiten kann. Das liegt so nüchtern und klar auf der Hand, dass ich es besser nicht beschreiben kann. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, dass ich dies so sehe und Ihnen so darstelle.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist also der Vorschlag, der dazu vorliegt. Es ist interessant: In Wahrheit gibt es keinerlei Beleg dafür, ob die eine oder die andere Ansicht richtig ist. Zur Zeit der Regierung Helmut Kohls gab es einen Schwellenwert von zehn Beschäftigten. Diese Regelung war drei Jahre in Kraft. Es ist im Nachhinein nicht eindeutig festgestellt worden, wie sie sich auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat. Es gibt bisher keine Nachweise - auch international kaum -, dass diese Grenze ihre Wirkung erzielt hat.

Weil es spannend und wichtig ist, sich ein bisschen Orientierung zu verschaffen, habe ich bei Forsa eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind interessant. Denn sie zeigen, Herr Kollege Stoiber, wie viele Menschen von den Regeln, über die wir hier diskutieren, betroffen sind. Es gibt in Deutschland 1,45 Millionen Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten. In dieser Umfrage, deren Ergebnis ziemlich erhellend war, haben 42 Prozent der Inhaber dieser Unternehmen gesagt, dass sie sich vorstellen können, ein bis zwei Beschäftigte zusätzlich einzustellen, wenn dies nicht den Kündigungsschutz auslöst. Sie sagen das nicht, weil sie prinzipiell gegen den Kündigungsschutz sind, sondern weil sie die damit verbundene rechtliche Einbindung besorgt.

Auch ich bin nicht gegen den Kündigungsschutz. Ich bin wie der Kollege Müntefering und meine Freunde innerhalb der Sozialdemokratie dafür, den Kündigungsschutz zu erhalten. Ich bin aber auch dafür, nach Wegen zu suchen, wie wir verhindern können, dass er sich zu einer Bremse entwickeln könnte. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn ich die von mir genannte Zahl von 1,45 Millionen Unternehmen hochrechnen würde, dann müsste ich sagen: Unser Vorschlag könnte, theoretisch gesprochen, einige 100 000 Arbeitsplätze schaffen. Weil ich aber bei allem Optimismus, zu dem ich mich trotz der vielen depressiven Veranstaltungen, die man in seinem Leben mitmachen muss,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

immer wieder aufraffe und dem ich mich verpflichtet fühle, versuche, ein Realist zu sein, sage ich: Wenn 10 Prozent dieser Unternehmen zusätzlich ein oder zwei Personen einstellen, dann ist das viel. Dann betrifft das immerhin einige 10 000 Menschen, die möglicherweise dadurch einen Arbeitsplatz erhalten können. Es lohnt sich also.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben nunmehr fünf Jahre lang darüber diskutiert, was gegen eine solche Regel sprechen könnte, haben evaluiert und haben versucht, festzustellen, ob sie etwas bringt oder nicht. Es wird Zeit, dass wir etwas tun und uns darüber klar werden, was geht und was nicht. Ich bin für eine Regelung.

Wir haben - das hat der Bundeskanzler schon dargestellt - auch ein Abfindungsrecht vorgesehen. Herr Kollege Stoiber, ich muss Ihnen ganz offen sagen - das sage ich auch an Ihre Adresse, Frau Kollegin Merkel -: Es ist, jedenfalls für die Arbeitnehmer, nicht fair, sich bei Vertragsunterzeichnung entscheiden zu müssen, ob eine Abfindungsregelung in den Vertrag aufgenommen wird oder nicht. Das ist der Vorschlag der Union. Wer sich in der heutigen Zeit angesichts der schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt um einen Arbeitsplatz bewirbt, ist in der Situation des Unterlegenen. Das gilt nicht für jeden, aber doch für viele. Man wird also bereit sein - das ist völlig klar -, einen solchen Vertrag zu unterschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb halten wir es für vernünftig, diese Entscheidung den Betroffenen erst dann anheim zu stellen, wenn die Kündigung ausgesprochen wird. Erst dann sollen gesetzliche Regelungen wirken. So haben wir es vorgesehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Tarifvertragsrecht. Zwischen Ihren und unseren Vorstellungen hierzu gibt es einen entscheidenden Unterschied. Wenn der Kollege Merz hier wäre, würde ich das noch etwas härter ausdrücken. Sie, Frau Merkel, sprechen dieses Thema sehr sanft an, weil Sie wissen, dass dies kein guter Weg für die CDU ist. Sie wissen, dass viele in der CDU bei dem, was der Kollege Merz dazu sagt, nicht mitgehen werden und nicht mitgehen können.

Herr Kollege Westerwelle, Sie bemühen sich erst gar nicht um die Unterstützung der Gewerkschaft. Deshalb muss ich mich mit Ihnen über dieses Thema gar nicht erst auseinander setzen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich komme auf Ihre Position, Frau Merkel, zurück. Hier besteht ein Widerspruch. Sie sprechen ständig von Deregulierung und wollen ein Gesetz hierzu machen. Aber auch die Arbeitgeber sagen: Lassen Sie uns einen Tarifvertrag über betriebliche Öffnungsklauseln abschließen. Ist Ihnen denn nicht klar, dass vertragliche Regelungen immer besser sind als gesetzliche Regelungen, erst recht da, wo es um Tarifautonomie geht? Das ist doch selbstverständlich. Sie haben über Freiheit gesprochen und dem Kanzler vorgeworfen, er hätte das Wort "Freiheit" nicht in den Mund genommen. Hätte er an der entsprechenden Stelle von Freiheit gesprochen, dann hätten Sie erkennen müssen, dass Sie eigentlich gegen ein Gesetz und für freie Vereinbarungen zwischen den Tarifparteien sein müssten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nur dann, wenn der Weg über vertragliche Regelungen wider Erwarten nicht gelingt, stellt sich die Situation anders dar. Aber, Herr Kollege Stoiber, es gibt in einer Vielzahl von Tarifverträgen in Nordrhein-Westfalen - ich weiß nicht, wie viele es sind - und mit Sicherheit auch in Bayern solche Öffnungsklauseln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist doch absurd, wenn von Ihnen, Herr Kollege Westerwelle, dargestellt wird, die Gewerkschaften und die Betriebsräte würden sich dem entziehen. Es gibt viele Tarifverträge mit solchen Öffnungsklauseln. Schauen Sie sich das in meiner Gewerkschaft an.

Sie fragen neuerdings nach, wer in welcher Gewerkschaft ist. Ich bin, damit Sie das wissen, in der IGBCE. Früher war ich in der Journalistengewerkschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dr. Guido Westerwelle [FDP]: 75 Prozent von Ihrer Partei sind in einer Gewerkschaft!)

- Diese 75 Prozent sind genauso unabhängig wie ich und fühlen sich unabhängiger als mancher, der für andere wichtige gesellschaftliche Gruppen eintritt, beispielsweise für die Arzneimittelindustrie.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Also lassen Sie das.

Das wollte ich Ihnen sowieso sagen. Wenn Sie in diesem Hohen Haus erwachsenen Leuten wie mir entsprechende Fragen stellen, mich auffordern, ich solle Auskunft darüber geben, ob ich in einer Gewerkschaft bin oder nicht, dann empfinde ich das als eine Zumutung. Das finde ich nicht in Ordnung. Lassen Sie das sein!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ich habe Sie das doch gar nicht gefragt!)

Ich beantworte solche Fragen nicht. Ich bin ein freier Mensch. Ich berufe mich so wie Frau Merkel auf die Freiheit. Solche Fragen werde ich nur dann beantworten, wenn es mir gefällt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Der Karneval ist vorbei!)

Die Tarifautonomie gegebenenfalls mit Gesetzeskraft einschränken zu wollen ist ein Thema, über das wir sehr ernsthaft nachdenken sollten. Die Tarifhoheit wird nämlich über die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 unseres Grundgesetzes geschützt. Ich würde damit nicht auf diese Weise umgehen, und ich sehe, dass manche von Ihnen ebenfalls sehr vorsichtig sind und große Hemmungen haben, auf diese Weise vorzugehen. Das kann man nur tun, wenn Not am Mann ist. Aber dafür spricht nichts. Die Vernunft der Gewerkschaften spiegelt sich in vielen betrieblichen Vereinbarungen wider. Sie werden sich auch in diesem Fall bewähren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schauerte?


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Das kann ich gar nicht verhindern; er ist schließlich Sauerländer. Franz Müntefering würde es mir verübeln, wenn ich ihn nicht seine Zwischenfrage stellen ließe.


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Die Sauerländer haben nach unserer Geschäftsordnung keine zusätzlichen Rechtsansprüche auf Redezeit. Insofern liegt die Entscheidung, ob Sie die Frage zulassen, ganz in Ihrem Ermessen.


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Präsident, Sie gehen sehr streng mit ihnen um.

Herr Kollege Schauerte, sammeln Sie sich.


Hartmut Schauerte (CDU/CSU):
Ich hoffe, ich brauche nicht die Zustimmung von Herrn Müntefering. Das würde ich als Belastung empfinden.

(Lachen bei der SPD)

Ich komme zu meiner Frage. Sie haben gerade so engagiert über die Freiheit und die Notwendigkeit, unnötige Gesetze und unnötigen gesetzlichen Druck zu vermeiden, gesprochen. Bei der Umsetzung des Hartz-Konzeptes gab es bei der Frage, wie die entliehenen Arbeitnehmer bezahlt werden könnten, genau diese Debatte.

(Dirk Niebel [FDP]: Jawohl!)

Sie haben bei diesem Thema eindeutig auf die gesetzliche Regelung gesetzt und die tarifliche Freiheit eingeschränkt. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Kollege Schauerte, ich bin so konsequent, wie man überhaupt nur sein kann. Deshalb setze ich auch bei den Zeit- und Leiharbeitsverträgen auf die Vernunft der Tarifparteien. Wie Sie wissen, sind die Tarifparteien zurzeit dabei - das ist ein sehr spannender Prozess -, Tarifverträge abzuschließen. Noch ist es nicht zu den Tarifverträgen gekommen. Es scheint aber so zu sein, dass ich mit meiner Prognose Recht gehabt habe, dass es nämlich zu tariflichen Vereinbarungen kommen wird. Diese werden auch Peter Hartz befriedigen. Ich bin mir noch nicht ganz so sicher - ich glaube es aber -, dass ich das auch bei Ihnen schaffe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch hier setze ich auf die Vernunft der Tarifparteien und nicht auf das Gesetz.

Herr Kollege Schauerte, der Grundsatz, der im Gesetz vorgesehen ist, dass nämlich in Deutschland und in ganz Europa der gleiche Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird - in English: Equal Pay -, soll für ganz Europa gelten. Das legt die Europäische Kommission gerade in einer Richtlinie fest. Sie werden dieser Richtlinie später genauso zustimmen wie ich auch. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Nun zum Handwerksrecht, das sehr spannend ist. Ich höre Sie immer über die Felder sprechen, in denen es wirklich - das muss ich Ihnen so deutlich sagen - um die Schwächeren geht. Herr Kollege Hinsken, wir müssen natürlich genauso hart und deutlich - der Bundeskanzler hat das beispielsweise mit dem Bereich der Gesundheit getan; er hat über Ärzte und andere gesprochen - über das Handwerk und das Handwerksrecht sprechen. Auch hier stellt sich die Frage, ob wir Türen verschlossen haben, die wir öffnen müssen, um mehr Unternehmen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Ich wurde vorhin durch einen Zwischenruf gefragt, wo denn die Arbeitsplätze sind. Hier stellt sich die Frage, ob unser heutiges Handwerksrecht geeignet ist, zusätzliche Unternehmen und damit auch zusätzliche Arbeitsplätze entstehen zu lassen. Die Diskussion ist teilweise emotional und ausgesprochen intensiv. Wir haben sie gestern in München und ich habe sie schon vorher mit dem Handwerk geführt. Dies werden wir auch weiterhin tun.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das Kind mit dem Bade ausschütten!)

Wir müssen bald zu Ergebnissen kommen.

Ich habe überall gesagt: Lassen Sie uns mit allem, was wir können, versuchen, im Konsens zu sein. Lassen Sie uns versuchen, gemeinsam mit dem Handwerk eine Lösung zu finden. Wir müssen diese Lösung finden. Es kann nicht sein, dass wir uns immer wieder einem Punkt nähern und dann vor der Lösung wieder zurückschrecken. Ich verstehe, dass das für das Handwerk sehr schwierig ist. Es ist ein sehr stolzer und sehr wichtiger Sektor unserer Wirtschaft mit einer großen Tradition. Ich mag diese Tradition und das Handwerk und ich bin - das habe ich schon oft gesagt - ein Anhänger der Handwerkskammern und erst recht der dualen Berufsausbildung. Ich finde den Meisterbrief wunderbar. An zwei Feststellungen führt aber kein Weg vorbei; denn das Handwerksrecht wird von zwei Seiten unter Druck kommen:

Erstens nenne ich den kleingewerblichen Bereich, der jetzt unter anderem mit der Ich-AG und anderem entsteht. Es besteht gar kein Zweifel, dass wir diesen kleingewerblichen Bereich brauchen.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Unterlaufen der Handwerkskammer!)

Herr Kollege, Sie fragen, wo die Arbeitsplätze sind. Ich sage Ihnen, dass sie nicht nur, aber auch dort sind. Der Dienstleistungssektor in Deutschland ist unterentwickelt.

Herr Kollege Hinsken, Sie müssen auch Folgendes bedenken - das muss auch das Handwerk beschäftigen -. Einerseits ist es sehr wichtig und schön, in den einzelnen Gewerken und Handwerkssektoren organisiert und vertreten sowie fachlich so hervorragend zu sein wie unsere Handwerker. Sie sind - auch das ist ein solcher Bereich - wirklich Weltspitze. Das straffe Recht hat aber den Nachteil, dass neue Märkte nicht entwickelt werden. Wie kommt es, dass das Handwerk beispielsweise nicht schon längst im Handel tätig ist? Diese Grenzen müssten wir längst übersprungen haben. Solche Entwicklungen brauchen wir, wenn wir dort neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen wollen.

Der zweite Punkt ist, dass aus allen Richtungen Europas - wir haben neun Nachbarstaaten - Unternehmen auf uns zukommen, die im Handwerk tätig sind und diese strengen Voraussetzungen nicht haben. In diesen muss man keinen Meisterbrief haben. Wer in Belgien, Polen, Frankreich oder einem anderen unserer Nachbarstaaten seit sechs Jahren ein Unternehmen führt - unter welchen rechtlichen Bedingungen auch immer -, der kann in die Bundesrepublik Deutschland kommen und hier dem Handwerksberuf nachgehen. Das führt schlicht und ergreifend zu dem, was Juristen als drohende Inländerdiskriminierung bezeichnen. Ich habe in Passau und Vilshofen erlebt, wie ernst dieses Thema ist. Es ist schwierig, eine Lösung dafür zu finden, dass aus der Tschechischen Republik hervorragende Handwerker nach Deutschland kommen, die aber nicht alle die gleichen Voraussetzungen wie die deutschen Handwerker haben.

Es bringt also nichts zu sagen: Der Meisterbrief darf nicht angetastet werden. Wir müssen vielmehr einen Weg finden, die Pflicht zum Meisterbrief auf die Bereiche zu konzentrieren, die rechtlich unangreifbar sind und bei denen auch kein Druck aus dem Ausland droht. Das haben unsere Experten als gefahrengeneigte Handwerke definiert. Aber es kann sein, dass in anderen Bereichen die Meisterprüfung nicht mehr verpflichtend, sondern freiwillig ist. Sie verliert deshalb nicht an Qualität. Im Handwerk müssen wir durchsetzen, dass die freiwillige Qualifikation nicht als mindere Qualifikation angesehen wird. Sie hat die gleiche qualitative Kraft wie die verpflichtende Meisterprüfung. Das müssen wir zuwege bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Small Business Act haben wir vorgesehen, dass einfache Tätigkeiten nicht mehr dem Handwerksrecht unterliegen. Das ist in Wahrheit nicht mehr als eine rechtliche Klarstellung; denn in der Rechtsprechung wird es bereits heute so gehandhabt. Der nächste Schritt, den wir mit der Reform der Handwerksordnung vor der Sommerpause auf den Weg bringen müssen, geht wirklich an die Substanz. Mit dieser Reform werden verschiedene Punkte aufgegriffen. Ich bin überzeugt, dass uns das gelingt, ohne dass das Handwerk deshalb an Bedeutung verliert.

Wir müssen die Betriebe mobilisieren. Wir hatten einmal fast 700 000 Handwerksunternehmen in Deutschland.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)

Zurzeit haben wir auch wegen der ökonomischen Lage - das ist unbestreitbar - 560 000 Unternehmen. Es spricht wenig dafür, dass wir unter dem Druck der europäischen Entwicklung die Zahl von früher erreichen werden. Deshalb müssen wir gemeinsam neue Wege gehen. Für diese neuen Wege werbe ich. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will etwas zu den Existenzgründern sagen, über die auch der Bundeskanzler gesprochen hat. Wir müssen prüfen, ob über die Regelung der Beitragsfreiheit für Existenzgründer hinausgehend - das hat der Bundeskanzler vorgeschlagen - Existenzgründungen in diesem Bereich gefördert werden können. Möglicherweise könnten die Handwerkskammern entsprechende Existenzgründerpakete anbieten, die dazu führen, dass vor allen Dingen mehr junge Leute den Weg in die Selbstständigkeit wagen.

Ein anderes Thema ist der Bürokratieabbau. Frau Kollegin Merkel, ich finde es wichtig, dass nun auch Sie dieses Thema aufgenommen haben. Willkommen im Klub!

(Siegfried Scheffler [SPD]: Besser spät als nie! - Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Was?)

Es ist wirklich wichtig, dieses Thema voranzutreiben. Dies ist, wie ich weiß und wie es auch alle anderen wissen, eine sehr diffizile Aufgabe. Es geht dabei aber nicht nur um das Handwerksrecht, sondern um alle Regeln und Regularien, die sich die verschiedenen Berufsstände in Deutschland zugelegt haben. Zu fragen, ob alle diese Regeln vernünftig sind, ist ebenfalls Deregulierung und Entbürokratisierung.

Einige Fragen, die mir gerade in den Sinn kommen, sind: Ist es richtig, dass wir eine Honorarordnung für Architekten und Ingenieure haben? Was spricht dafür, dass der Staat eine solche Honorarordnung festlegt? Können dies auch andere tun? Frau Kollegin Merkel hat das Beispiel mit den Schornsteinfegern gebracht. Ich weiß nicht, wie sie darauf gekommen ist, aber ihr Einwand ist berechtigt. Diese Frage kann man aufwerfen. Man kann dies an verschiedenen Berufsständen festmachen.

Wichtig ist mir zurzeit vor allen Dingen eine Angelegenheit, die mit der Frage der Ausbildung zusammenhängt. In Westdeutschland verfügen 44 Prozent der Unternehmen nicht über eine Ausbildereignung, in Ostdeutschland sind es 53 Prozent. Wer sich das vor Augen führt, der wird sich nicht wundern, dass wir nicht genügend Ausbildungsplätze haben. Das ist natürlich nicht der einzige Grund. Aber es ist vermutlich ein Grund, weil außer Meistern, Ingenieuren und Beamten ab einer bestimmten Qualifikation alle anderen erst eine Ausbildereignungsprüfung machen müssen. Diese Prüfung ist nicht so ganz einfach und erfordert einen großen Kraftaufwand. Auch muss man seine Scheu gegenüber der Bürokratie ablegen, die es gelegentlich auch in Kammern geben soll.

Ich erwähne diese Scheu vor der Bürokratie deshalb, weil ich dabei an Unternehmen mit einem ausländischen Gründer denke. Zehntausende von Ausländern führen bei uns ein Unternehmen. In Nordrhein-Westfalen sind es 57 000; das weiß ich aus der Erinnerung. Aber nur ganz wenige von ihnen bilden aus. Sie bilden nicht aus, weil sie vermutlich davor zurückschrecken, sich an die Kammern mit ihrer Bürokratie zu wenden, und Sorge haben, mit anderen zu kollidieren. Deshalb versuchen sie, dem zu entgehen. Aus diesem Grunde brauchen wir uns nicht zu wundern, dass zu viele ausländische Jugendliche - es sind wesentlich mehr als deutsche Jugendliche - keine vernünftige Ausbildung bei uns machen. Deshalb müssen wir auch in diesem Sektor zu Veränderungen kommen. Das ist Entbürokratisierung, die Sinn macht. Das bedeutet - das hat der Bundeskanzler gesagt -, dass wir von den differenzierten Regelungen, Prüfungen und Prüfungswiederholungen wegkommen wollen. Wir sagen: Jemand, der ein Unternehmen fünf Jahre lang in Deutschland erfolgreich geführt hat, ist auch geeignet auszubilden. Wir nehmen an, dass er die Ausbildereignung hat, und werden ihn auch so behandeln.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das machen wir nicht mit!)

Es hat mich übrigens gefreut, von Kollegin Merkel etwas über die Reform des Föderalismus zu hören. Über diese Reform wird seit zwei Jahren zwischen dem Bund und den Ländern diskutiert, zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten, zwischen dem Bundesinnenminister und seinen Kollegen in den Ländern. Diese Gespräche werden, soweit ich orientiert bin, im April fortgesetzt. Ich halte sehr viel davon, zu fragen, ob die föderalen Strukturen in Deutschland wirklich noch auf der Höhe der Zeit sind. Ich sage dies vor dem Hintergrund meiner ehemaligen Funktion, die noch nicht so lange zurückliegt, als dass ich nicht wüsste, worüber ich rede. Es ist sehr wichtig, dass wir uns fragen, ob die vielfachen Verflechtungen zwischen der Bundes- und der Länderebene noch Sinn machen, oder ob wir dort zu Veränderungen kommen sollten.

Ich fühle mich für einen Vorschlag, der sowohl im Zusammenhang mit dem Bürokratieabbau, als auch mit der Föderalismusreform diskutiert wird, ein wenig mitverantwortlich: die so genannte Experimentierklausel. Im Rückgriff auf eine Äußerung von Helmut Schmidt habe ich in meiner ersten Rede in meiner jetzigen Funktion hier etwas dazu gesagt. Deshalb will ich heute das sagen, was ich gestern den Wirtschaftsministern der Länder gesagt habe: Ich habe sie gebeten, keine Irrwege einzuschlagen. Wir reden in Deutschland sicher nicht - das würde ich auch nicht empfehlen - über "Sonderwirtschaftszonen". Dieser Begriff steckt Leuten meines Alters noch so tief in den Knochen, dass sie ihn gar nicht hören wollen. Es geht auch nicht um Sonderwirtschaftszonen oder -regionen in Deutschland. Es kann nicht darum gehen, in einigen Ländern Sonderrecht zu schaffen.

Von Kollegen - je weniger Einwohner ihre Länder haben, desto größer ist der Mut - habe ich gehört, dass sie am liebsten sofort das gesamte Arbeitsrecht abschaffen würden. Ich habe gesagt: Wenn ein solcher Vorschlag überhaupt übernommen wird - wir erörtern das zurzeit in der Bundesregierung; danach wird darüber weiter zu diskutieren sein -, dann kann er sich bezüglich des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern nur um Verwaltungs- und Verfahrensfragen drehen. Er kann sich nicht um materielles Recht drehen. Er kann sich nur um Verwaltungs- und Verfahrensfragen drehen, weil die Länder auf diesem Gebiet eine originäre Zuständigkeit haben. Wenn man experimentieren und eine solche Innovationsklausel einführen will, liegt es nahe, den Ländern das für diesen Sektor anheim zu stellen. Im Übrigen ist die Erwartung zu äußern, dass auch die Länder in ihren Regionen solche Experimente durchführen, wie das in einzelnen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland geschieht. Ich sage das nur, um für Klarheit zu sorgen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Neben dem, was dem Einzelnen zugemutet werden muss, was er an Opfern und Beiträgen erbringen muss, geht es vor allen Dingen darum, die Kräfte, die es - das wissen wir alle - in unserem Land gibt, zu wecken, um mehr junge Leute - aber nicht nur junge Leute - zu motivieren, den Weg in die Selbstständigkeit zu riskieren. Bei aller Bedrängnis, die das Problem der Arbeitslosigkeit aufwirft, finde ich es ermutigend, dass im vergangenen Jahr 123 000 Menschen den Weg aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit gewagt haben. Dieser Weg ist nicht von vornherein erfolglos, sondern in vielen Fällen Erfolg versprechend.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist ein ganz erfolgreiches Programm!)

Deshalb ist der Weg der Ich-AG richtig. Das ist nicht der einzige Weg, aber es ist ein Weg. Wir brauchen mehr Unternehmen.

Außerdem müssen wir erreichen - mir ist es sehr wichtig, was der Bundeskanzler zu den Themen Wissenschaft und Forschung sowie öffentliche und private Mittel gesagt hat -, dass wir in den Spitzentechnologien weiterhin in der Weltspitze bleiben. Das ist die wichtigste Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb wehre ich mich dagegen, dass hier der Eindruck erweckt wird, Deutschland sei in der Automobilbranche, in der Automobiltechnologie und im Maschinenbau nicht Weltspitze. Wir befinden uns in diesen Bereichen durchaus in der Weltspitze. Wir müssen mehr tun, um auch in den Feldern, die über die Wachstumsmärkte der Zukunft entscheiden, ebenfalls in der Weltspitze zu sein. Dazu brauchen wir mehr öffentliche und private Investitionen. In diesem Haushalt müssen wir in diesem Sektor eine kleine Atempause einlegen. Wie der Bundeskanzler ausgeführt hat, sind mehr öffentliche Investitionen, auch der Länder, notwendig. Aber es sind auch sehr viel mehr private Investitionen erforderlich. Es ist nicht von Vorteil, dass die deutsche Wirtschaft ihre Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung drosselt, dass das Wachstum in diesem Bereich im vergangenen Jahr nur noch 1,7 Prozent betragen hat und dass es in diesem Jahr noch weiter sinken soll.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist nicht damit getan, immer nur Erwartungen gegenüber der Politik zu äußern. Sie haben sich daran gewöhnt, alle Schuld und Verantwortung bei Rot-Grün - meistens bei der rot-grünen Bundesregierung - zu suchen. Schauen Sie sich einmal in den Bereichen um, in denen Sie Verantwortung tragen! Fragen Sie doch in den Unternehmen und in der Kreditwirtschaft, was dort geschieht! Fragen Sie in der Pharmaindustrie, warum wir trotz der hohen Arzneimittelpreise in der Forschung nicht so gut sind, wie wir sein könnten! Es gehört mehr dazu, als nur immer mit dem Finger auf andere zu zeigen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist notwendig, die Kräfte zu mobilisieren und über Qualifikation zu reden. Wir müssen in der Tat über Bildung und Wissenschaft wie auch über die Ausbildung und Qualifikation der Bürgerinnen und Bürger reden.

(Markus Löning (FDP): Etwas tun, nicht reden!)

Der Kollege Stoiber hat beklagt, dass junge Leute ins Ausland gehen. In welcher Welt leben wir eigentlich? Ich finde das, ehrlich gesagt, nicht dramatisch. Ich habe selber eine Tochter an die USA verloren. Aber ich habe noch nicht einmal ideologische Einwände dagegen erhoben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann doch kein Problem darstellen. Wir wollen schließlich nicht wieder zu den alten Formen des Zusammenlebens zurückkehren.

Ich freue mich sehr, dass seit der Einführung der Ju-niorprofessuren in Deutschland der Ausländeranteil, der früher 5 Prozent betragen hat, auf 15 Prozent gestiegen ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wichtig ist, dass wir einen Austausch zustande bringen und dass wir dafür sorgen, dass ein bisschen Luft in das System kommt. Darauf, dass ab und zu jemand ins Ausland geht, können wir doch stolz sein. Wenn deutsche Akademiker beispielsweise in den USA gesucht werden, kann unser Bildungssystem so schlecht nicht sein. Der amerikanische Vorteil besteht darin, dass die Amerikaner Experten aus Asien und Europa die Türen öffnen. Das müssen Sie beim Zuwanderungsrecht auch machen. Genau darum geht es.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es geht auch um die Ausbildungsplätze. Bei diesem Thema kann ich nicht lockerlassen. Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar dafür, dass und wie er es zur Sprache gebracht hat. Ich gehe davon aus, dass vor allem von außen - das wird aus den ersten Reaktionen deutlich; zwar nicht in jedem Fall, aber bei den meisten hat man es zwischen den Zeilen lesen können - verstanden worden ist, dass diese Regierungserklärung das Signal zu den entscheidenden Veränderungen in Deutschland bedeutet, dass wir eine neue Weichenstellung vornehmen müssen und dass alle aufgefordert sind, daran mitzuwirken.

Wenn das der Fall ist - wir werden die Gespräche fortsetzen, mit den Gewerkschaften und Arbeitnehmern wie mit der unternehmerischen Seite, mit Wissenschaftlern und allen, die Mitverantwortung tragen, und zwar auf allen Ebenen -, erwarte ich auch, dass die Unternehmen der deutschen Wirtschaft Maßnahmen ergreifen, damit wir diese Ausbildungskalamität überwinden. Wir werden vonseiten der Bundesregierung die notwendigen Schritte einleiten, soweit wir das können. Aber wir wissen auch, dass das nicht allein aus unserer Kraft möglich ist, sondern dass wir dazu die Mitwirkung der Unternehmen brauchen und die Bereitschaft aller, darauf zu drängen.

Wir brauchen übrigens auch - weil wir so oft über den Mittelstand sprechen - die Mitwirkung der Kreditwirtschaft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Kreditwirtschaft muss sich langsam, aber sicher in Form bringen. Ich meine das nicht zurückblickend mit irgendwelchen Vorwürfen verbunden, aber es ist tatsächlich vor allem ein Manko der heutigen Mittelstandspolitik, dass die Kreditwirtschaft bzw. die Banken nur bedingt bewegungsfähig sind, wenn es um Kredite und Eigenkapitalbildung in kleinen und mittleren Unternehmen geht. Das - vor allem die Eigenkapitalbildung - ist eines der Hauptthemen, mit denen wir uns beschäftigen müssen.

Ich gehe davon aus, dass es ausgehend von dieser Regierungserklärung in Deutschland zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung kommt, der sich keine Seite entziehen kann. Das Reformfenster ist jetzt geöffnet worden und wir haben keine Zeit zu verlieren. Deshalb bin ich sehr froh, dass auch der Kollege Müntefering deutlich gemacht hat, dass die wichtigsten Reformen im Arbeitsmarkt, im Gesundheitsbereich und in allen Sektoren, die heute eine Rolle gespielt haben, bis zum Sommer hinsichtlich ihrer Strukturen feststehen müssen. Wir müssen wissen, was wir wollen. Wir wissen das auch.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie wissen auch, dass es zu wenig ist, was Sie machen!)

Wir müssen wissen, was wir gemeinsam erreichen wollen, und das dann so rasch wie irgend möglich in geltendes Recht umsetzen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen von uns.

Unser Programm für eine Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft - darum geht es unverändert - liegt vor. Das ist das, was heute zur Diskussion steht und was jetzt die Grundlage des Handelns in Deutschland sein muss. Das ist - um es klar zu sagen - keine "neue soziale Marktwirtschaft", von der Frau Kollegin Merkel einmal gesprochen hat; denn diese richtet sich - diesen Eindruck gewinne ich, wenn ich Herrn Merz und anderen zuhöre - offensichtlich in erster Linie gegen die Gewerkschaften. Das empfinde ich als unhistorisch. Manche Historiker in Ihren Reihen - nicht wenige, die aus der Arbeiterbewegung kommen, sind historisch bewandert und haben sich damit sehr intensiv beschäftigt - wissen ganz genau, dass das nicht gut gehen kann.

Uns geht es darum, die soziale Marktwirtschaft in ihrer Substanz zu erhalten, sie nicht aufs Spiel zu setzen. Deshalb wollen wir sie nicht durch eine neue ersetzen lassen. Uns geht es darum, eine europäisch orientierte soziale Marktwirtschaft zu begründen, die auch in diesem Jahrhundert ein tragfähiges Fundament für Wohlstand nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa sein kann und - davon bin ich überzeugt - sein wird.

Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

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Quelle: Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, Stenographischer Bericht der 32. Sitzung vom 14.03.2003.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement (SPD) zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers "Mut zum Frieden und zur Veränderung" (14.03.2003), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/brd/2003/rede_clement_03-14.html, Stand: aktuelles Datum.


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- Dr. Angela Merkel, Bundesvorsitzende der CDU und Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion
- Franz Müntefering, Vorsitzender der SPD-Fraktion
- Dr. Guido Westerwelle, Bundesvorsitzender der FDP
- Katrin Dagmar Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen
- Dr. Edmund Stoiber (CSU), Ministerpräsident des Freistaats Bayern
- Dr. Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der FDP-Fraktion
- Dr. Thea Dückert, stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitischen Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Dr. Gesine Lötzsch (PDS), fraktionslos


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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