Verordnung über das Zollwesen im Saarland.

Vom 13. Februar 1935.


  Auf Grund des § 7 des Gesetzes über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes vom 30. Januar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 66) wird im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern folgendes verordnet:

§ 1

  Das in der Anlage veröffentlichte deutsch-französische Abkommen über die Änderung der Zollhoheit im Saarland hat im Deutschen Reich gesetzliche Geltung.

§ 2

  Zu den reichsrechtlichen Vorschriften über Ein- und Ausfuhr von Waren, die nach Artikel 1 des anliegenden Abkommens im Saarland in Kraft treten, gehören auch die Vorschriften über die Verbrauchssteuern einschließlich des Branntweinmonopols.

§ 3

  Infolge Einbeziehung des Saarlandes in das deutsche Zollgebiet gilt nach dem 17. Februar 1935 die Ausfuhr von Waren in das Saarland nicht mehr als Ausfuhr im Sinne der Zoll- und Verbrauchssteuergesetze einschließlich des Gesetzes über das Branntweinmonopol.

§ 4

  Diese Verordnung tritt am 18. Februar 1935 in Kraft.


  Berlin, den 13. Februar 1935.

Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk

Anlage

Bestimmungen über die Änderung der Zollhoheit im Saarland[1]

  Die Deutsche und die Französische Regierung haben im Einvernehmen mit der Regierungskommission des Saargebiets folgende Bestimmungen über die Änderung der Zollhoheit im Saarland vereinbart:

A r t i k e l  1

  Die Einordnung des Saarlandes in das französische Zollsystem endigt mit dem 17. Februar 1935, 24 Uhr. Vom 18. Februar 1935, 0 Uhr, tritt das Saarland wieder als Bestandteil des deutschen Zollgebietes unter die deutsche Zollhoheit. Von diesem Zeitpunkt ab gilt im Saarland die deutsche Gesetzgebung auf dem Gebiet der Zölle einschließlich aller reichsrechtlichen Vorschriften, die die Rechtsstellung der Behörden und Beamten der Zollverwaltung, die Ein- und Ausfuhr von Waren und die Statistik des Warenverkehrs mit dem Auslande betreffen.

A r t i k e l  2

  [1] Die Vertreter der beiden Zollverwaltungen werden sich sobald als möglich unmittelbar ins Benehmen setzen, um die beiderseitigen Zolleinrichtungen an der neuen Zollgrenze unter tunlichster Wahrung der Verkehrsbedürfnisse zu treffen.
  [2] Es besteht Einverständnis darüber, daß die deutsche Zollverwaltung bereits vor Inkrafttreten des neuen Zollregimes zu jeder Zeit mit der Einrichtung ihrer Dienststellen beginnen kann.

A r t i k e l  3

  Die in der Zeit vom 18. bis 28. Februar 1935 einschließlich im Saarland erhobenen Zölle fließen nach Abzug der Erhebungskosten in die Kasse des Saarlandes.

A r t i k e l  4

  [1] Die Ansprüche der französischen Zollverwaltung auf Abgaben, Gebühren, Strafen und Kosten, die - wenn auch nur bedingt - vor dem 18. Februar 1935 zugunsten der Kasse des Saarlandes entstanden sind, gehen zu diesem Zeitpunkt mit allen Sicherheiten auf die deutsche Zollverwaltung über. Zu dem gleichen Zeitpunkt wird die französische Zollverwaltung alle nicht deklarierten, zurückbehaltenen, einstweilig niedergelegten oder beschlagnahmten Waren, die sich zugunsten der Kasse des Saarlandes in ihrer Hand befinden, der deutschen Zollverwaltung an Ort und Stelle übergeben.
  [2] Über die Erstattung der Abgaben, Gebühren, Strafen und Kosten, die zugunsten der Kasse des Saarlandes erhoben sind, entscheidet vom 18. Februar 1935 ab die deutsche Zollverwaltung nach ihren Verfahrensvorschriften. Die Erstattungen gehen bis zum 28. Februar 1935 einschließlich zu Lasten der Kasse des Saarlandes.

A r t i k e l  5

  [1] Die saarländischen Gerichte sind bis zum 28. Februar 1935 einschließlich zur Entscheidung der vor ihnen am 17. Februar 1935 anhängigen Zollsachen zuständig.
  [2] Die am 28. Februar 1935 noch nicht endgültig entschiedenen Angelegenheiten werden übergeleitet:

soweit sie die Kasse des Saarlandes betreffen, in das deutsche abgabenrechtliche Verfahren nach näherer Bestimmung der Deutschen Regierung,
soweit sie die französische Staatskasse betreffen, in ein Verfahren vor französischen Gerichten nach näherer Bestimmung der Französischen Regierung.

A r t i k e l 6

  [1] Die französische Zollverwaltung übergibt der deutschen Zollverwaltung sobald als möglich nach dem 17. Februar 1935 zusammen mit allen dazugehörigen Titeln oder mit beglaubigter Abschrift dieser Titel:

a) eine Aufstellung der am 17. Februar 1935 zugunsten der Kasse des Saarlandes geschuldeten Abgaben, Gebühren, Strafen und Kosten einschließlich der bedingt geschuldeten;
b) eine Aufstellung der am 17. Februar 1935 zugunsten der französischen Kasse fälligen Abgaben, Gebühren, Strafen und Kosten, soweit die Schuldner im deutschen Zollgebiet ihren Wohnsitz haben;
c) eine monatliche Aufstellung der zugunsten der französischen Kasse jeweils fällig werdenden Abgaben, Gebühren, Strafen und Kosten, soweit sie von Personen geschuldet werden, die ihren Wohnsitz im deutschen Zollgebiet haben, und sofern sie auf rechtskräftigen Entscheidungen oder Verpflichtungserklärungen in einem vor dem 18. Februar 1935 eingeleiteten Zollverfahren beruhen;
d) eine Aufstellung der am 17. Februar 1935 bei den saarländischen Gerichten schwebenden Zollsachen.

  [2] Die französische Zollverwaltung übernimmt auf Ersuchen und für Rechnung der deutschen Zollverwaltung nach Maßgabe der französischen Verfahrensvorschriften die Einziehung der in a aufgeführten Forderungen, soweit sie von Personen geschuldet werden, die ihren Wohnsitz im französischen Zollgebiet haben. Sie kann auf Ersuchen der deutschen Zollverwaltung im einzelnen Fall ablehnen, wenn sie nach vorangegangener Prüfung zu der Ansicht kommt, daß die Einziehung den eigenen Verwaltungsgrundsätzen widerstreiten würde.
  [3] Die deutsche Zollverwaltung übernimmt auf Ersuchen und für Rechnung der französischen Zollverwaltung nach Maßgabe der deutschen Verfahrensvorschriften die Einziehung der unter b und c aufgeführten Forderungen. Sie kann das Ersuchen der französischen Zollverwaltung ablehnen, wenn sie nach vorangegangener Prüfung zu der Ansicht kommt, daß die Einziehung den eigenen Verwaltungsgrundsätzen widerstreiten würde.

A r t i k e l  7

  Zwecks Durchführung vorstehender Bestimmungen werden die beiden Zollverwaltungen unmittelbar miteinander in Fühlung treten.

A r t i k e l  8

  Dieses Abkommen tritt am heutigen Tage in Kraft.


Geschehen im Rom in doppelter Urschrift am 11. Februar 1935.

Für die Deutsche Regierung
Ulrich von Hassell

Für die Französische Regierung
Charles de Chambrun

 

Dieses Dokument ist Bestandteil von
Zur documentArchiv.de-Hauptseite

Weitere Dokumente finden Sie in den Rubriken


19. Jahrhundert

Deutsches Kaiserreich

Weimarer Republik

Nationalsozialismus

Bundesrepublik Deutschland

Deutsche Demokratische Republik

International

 

1 Im folgende wird nur der deutsche Text der Bestimmungen wiedergegeben. Im Original ist neben dem deutschen Text auch die französische Übersetzung abgedruckt.


Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 182-185.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Verordnung über das Zollwesen im Saarland (13.02.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/saarland_zoll_vo.html, Stand: aktuelles Datum.


Diese Dokumente könnten Sie auch interessieren:
Gesetz über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes (30.01.1935)
Gesetz über die Vertretung des Saarlandes im Reichstag (30.01.1935)
Verordnung zur Überleitung der Strafrechtspflege im Saarland (21.02.1935)
Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes (22.02.1935)
Verordnung zur Einführung reichsrechtlicher Vorschriften im Saarland aus dem Gebiete der allgemeinen und inneren Verwaltung (22.02.1935)
Verordnung über die Rechtsverhältnisse der Beamten des Saarlandes (22.02.1935)
Verordnung über die vorläufige Regelung der Gerichtsverfassung im Saarland (22.02.1935)
Verordnung über die Einführung der Reichswährung im Saarland (25.02.1935)
Gesetz über die Straffreiheit für das Saarland (28.02.1935)


Dieses Dokument drucken!
Dieses Dokument weiterempfehlen!
Zur Übersicht »Nationalsozialismus/Drittes Reich« zurück!
Die Navigationsleiste von documentArchiv.de laden!


Letzte Änderung: 03.02.2004
Copyright © 2001-2004 documentArchiv.de