Vertrag
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen
über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen
["Warschauer Vertrag"
Vom 7. Dezember 1970][1]
Die Bundesrepublik Deutschland
und
die Volksrepublik Polen
IN DER ERWÄGUNG, daß mehr als 25 Jahre seit Ende des Zweiten
Weltkrieges vergangen sind, dessen erstes Opfer Polen wurde und der über die Völker
Europas schweres Leid gebracht hat,
EINGEDENK DESSEN, daß in beiden Ländern in zwischen eine neue Generation
herangewachsen ist, der eine friedliche Zukunft gesichert werden soll,
IN DEM WUNSCHE, dauerhafte Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben und die
Entwicklung normaler und guter Beziehungen zwischen ihnen zu schaffen,
IN DEM BESTREBEN, den Frieden und die Sicherheit in Europa zu festigen,
IN DEM BEWUSSTSEIN, daß die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der
territorialen Integrität und der Souveränität aller Staaten in Europa in ihren
gegenwärtigen Grenzen eine grundlegende Bedingung für den Frieden sind,
SIND wie folgt übereingekommen:
Artikel I
(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik
Polen stellen übereinstimmend fest, daß die bestehende Grenzlinie, deren Verlauf im
Kapitel IX der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz vom 2.
August 1945 von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder
entlang bis zur Einmündung der Lausitzer Neiße und die Lausitzer Neiße
entlang bis zur Grenze mit der Tschechoslowakei festgelegt worden ist, die
westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen bildet.
(2) Sie bekräftigen die Unverletzlichkeit ihrer bestehenden Grenzen jetzt und in
der Zukunft und verpflichten sich gegenseitig zur uneingeschränkten Achtung ihrer
territorialen Integrität.
(3) Sie erklären, daß sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und
solche auch in Zukunft nicht erheben werden.
Artikel II
(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die
Volksrepublik Polen werden sich in ihren gegenseitigen Beziehungen sowie
in Fragen der Gewährleistung der Sicherheit in Europa und in der Welt von den Zielen
und Grundsätzen, die in der Charta der Vereinten
Nationen niedergelegt sind, leiten lassen.
(2) Demgemäß werden sie entsprechend den Artikeln 1 und 2
der Charta der Vereinten Nationen alle ihre
Streitfragen ausschließlich mit friedlichen Mitteln lösen und sich in Fragen, die die
europäische und internationale Sicherheit berühren, sowie in ihren gegenseitigen
Beziehungen der Drohung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt enthalten.
Artikel III
(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik
Polen werden weitere Schritte zur vollen Normalisierung und umfassenden Entwicklung ihrer
gegenseitigen Beziehungen unternehmen, deren feste Grundlage dieser Vertrag bildet.
(2) Sie stimmen darin überein, daß eine Erweiterung ihrer
Zusammenarbeit im Bereich der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen,
wissenschaftlich-technischen, kulturellen und sonstigen Beziehungen in ihrem
beiderseitigen Interesse liegt.
Artikel IV
Dieser Vertrag berührt nicht die von den Parteien früher
geschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen oder mehrseitigen
internationalen Vereinbarungen.
Artikel V
Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation und tritt am Tage des
Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft, der in Bonn stattfinden soll.[2]
ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten der Vertragsparteien diesen
Vertrag unterschrieben.
GESCHEHEN zu Warschau am 7. Dezember 1970 in zwei Urschriften, jede in
deutscher und polnischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
Für die Bundesrepublik Deutschland
Willy Brandt
Walter Scheel
Für die Volksrepublik Polen
J. Cyrankiewicz
St. Jedrychowski
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