Erste Verordnung
zur Ausführung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit.
Vom 23. November 1949
Auf Grund des § 8 des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit vom 9.
November 1949 (GBl. S. 60) wird verordnet:
§ 1
Der Straferlaß (§§ 1
und 2 des Gesetzes)
erstreckt sich auch auf solche Strafen, auf die wegen einer Tat, die vor dem 7. Oktober
1949 begangen worden ist, in der Zeit vom 7. Oktober 1949 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes rechtskräftig erkannt worden ist.
§ 2
(1) In Jugendgerichtssachen findet das Gesetz Anwendung, soweit auf Jugendgefängnis von
nicht mehr als sechs Monaten, auf Jugendarrest oder auf Geldbuße erkannt worden ist.
(2) Auf sonstige Zuchtmittel und auf Erziehungsmaßregeln findet das Gesetz keine Anwendung.
§ 3
Ist in den Fällen des § 1
des Gesetzes in dem Urteil die Festsetzung der an
die Stelle der nicht beitreibbaren Geldstrafe tretenden Ersatzfreiheitsstrafe unterlassen
worden, so ist vor der Entscheidung über die Anwendung der Amnestie die Geldstrafe von
dem Gericht in die entsprechende Freiheitsstrafe umzuwandeln.
§ 4
Rückständige Bußen werden, soweit sie den Betrag von 5000 DM
nicht übersteigen und nicht an den Verletzten zu zahlen sind, auch dann erlassen, wenn
sie dem Beschuldigten im Zusammenhang mit der Einstellung eines Verfahrens, insbesondere
auf Grund des § 153 der Strafprozeßordnung, auferlegt worden sind.
§ 5
Die für die Einziehung geltenden Vorschriften (§ 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 3 Gesetzes)
finden auch auf die Abführung des Mehrerlöses nach § 4 der Preisstrafrechtsverordnung
vom 3. Juni 1939 in der Fassung vom 26. Oktober 1944 (Reichsgesetzbl. I S. 264) Anwendung.
§ 6
(1) Verfahren gegen Jugendliche sind nicht einzustellen, wenn die
Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder von anderen Zuchtmitteln als Jugendarrest oder
Geldbußen erforderlich erscheint.
(2) Wird ein Privatklageverfahren eingestellt, so sind die Gerichtskosten
niederzuschlagen und die notwendigen Ausgaben des Privatklägers und des Beschuldigten
angemessen zu verteilen oder einem von ihnen ganz aufzuerlegen.
§ 7
(1) Den nach § 6 Abs.
1 Ziffer 1 und Abs. 3 Gesetzes zu bildenden
Kommissionen sind solche Sachen nicht vorzulegen, in denen mit Wahrscheinlichkeit
eine höhere Strafe oder Gesamtstrafe als Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe
bis zu 5000 DM zu erwarten ist.
(2) Die Entscheidungen des Gerichts über die Einstellung anhängiger Verfahren
nach § 6 Abs. 1 Ziffer 2 des Gesetzes ergehen innerhalb der Hauptverhandlung
durch Urteil, außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.
§ 8
(1) Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 des Gesetzes
gilt nur für Wirtschaftsstrafverfahren im Sinne der Wirtschaftsstrafverordnung vom 23.
September 1948 (ZVOBl. S. 439).
(2) Die Kommissionen entscheiden |
- über die Einstellung anhängiger Wirtschaftsstrafverfahren,
- über den Erlaß bereits ausgesprochener Wirtschaftsstrafbescheide, soweit, insbesondere
mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 5 Abs.
2 des Gesetzes, Zweifel über die Anwendung der
Amnestie bestehen.
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(3) In allen übrigen Fällen entscheiden die Dienststellen der
Verwaltung allein. |
§ 9
Von einem Straferlaß oder von der Einstellung eines gegen ihn
anhängigen Strafverfahrens ist der Beschuldigte zu benachrichtigen.
§ 10
Die Verordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.
Berlin, den 23. November 1949
Ministerium der Justiz
Fechner
Minister
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Ministerium des Innern
I. V. Warnke
Staatssekretär
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