Meldeordnung
der Deutschen Demokratischen Republik.

Vom 6. September 1951


§ 1

  Jede Person, die sich in der Deutschen Demokratischen Republik aufhält, ist meldepflichtig.

§ 2

  (1) Die Meldepflicht wird bei den örtlich zuständigen Meldestellen oder Meldeämtern der Deutschen Demokratischen Republik erfüllt.
  (2) Örtlich zuständig ist die Meldestelle am Ort des jeweiligen meldepflichtigen Aufenthaltes oder das Meldeamt, zu dem der betreffende Ort gehört.

§ 3

  (1) Für Personen, die ihren ständigen Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik haben, sind für die Meldung nur folgende Ausweise gültig:

a) der Deutsche Personalausweis für deutsche Staatsangehörige,
b) der Deutsche Personalausweis für Staatenlose,
c) die Aufenthaltserlaubnis für Ausländer.

  (2) Für Personen, die ihren ständigen Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik haben, sind die für ihren Wohnsitz gültigen Personalausweise vorzulegen.

§ 4

  (1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb von 3 Tagen bei der Meldestelle anzumelden. Erfolgt der Zuzug aus einer anderen Gemeinde, so muß im Personalausweis die Abmeldung eingetragen sein.
  (2) Wird die bisherige Wohnung beibehalten, so ist bei der Anmeldung besonders darauf zu verweisen.
  (3) Wohnung im Sinne dieser Verordnung ist jeder Wohnraum, auch die Schlafstelle.

§ 5

  (1) Wer aus einer Wohnung auszieht, hat sich innerhalb von 3 Tagen bei seiner Meldestelle abzumelden. Dabei ist gleichzeitig die neue Wohnung oder der zukünftige Aufenthalt anzugeben.
  (2) Bei Wohnungswechsel innerhalb der Gemeinde bedarf es keiner Abmeldung; es genügt die Anmeldung der neuen Wohnung nach § 4 Abs. 1.
  (3) Wer aus einer Wohnung auszieht und die Abmeldung unterläßt, wird spätestens nach 3 Monaten von Amts wegen abgemeldet.
  (4) Mit der Abmeldung von Amts wegen wird gleichzeitig der Personalausweis für ungültig erklärt.

§ 6

  (1) Die Ab- und Anmeldung hat der Umziehende unter Vorlegung des Personalausweises vorzunehmen. Für Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr hat der Erziehungs- oder Pflegeberechtigte, für Entmündigte der gesetzliche Vertreter die Meldung vorzunehmen. Befinden sich diese Verpflichteten nicht an dem Ort, an dem die Meldung vorzunehmen ist, so obliegt die Meldepflicht dem Wohnungsgeber.
  (2) Ist der Meldepflichtige verhindert, so kann er sich bei der Ab- und Anmeldung durch einen ausweispflichtigen Familienangehörigen vertreten lassen.
  (3) Beim Wohnungswechsel einer Familie ist der Meldepflicht aller Familienangehörigen genügt, wenn sie durch ein ausweispflichtiges Familienmitglied erfüllt wird und dabei die Personalausweise der anderen Familienmitglieder mit vorgelegt werden.
  (4) In besonderen Fällen hat der Meldepflichtige auf Verlangen der Meldestelle zu erforderlichen Auskünften oder zur Vorlage von Urkunden persönlich zu erscheinen.

§ 7

  Die Ab- und Anmeldung wird von der Meldestelle im Personalausweis des Meldepflichtigen auf den dafür vorgesehenen Seiten eingetragen.

§ 8

  (1) Neben dem Ein- und Ausziehenden sind
a) der Hauseigentümer für alle Hausbewohner,
b) der Wohnungsgeber für die bei ihm wohnenden Personen

meldepflichtig.
  (2) Hauseigentümer und Wohnungsgeber sind verpflichtet, den Personalausweis des Einziehenden darauf zu prüfen, ob die Anmeldung ordnungsgemäß erfolgt ist.
  (3) Zieht ein Mieter (Untermieter) aus einer Wohnung, so hat der Hauseigentümer oder Wohnungsgeber dessen Personalausweis darauf zu prüfen, ob die Abmeldung erfolgt ist.
  (4) Wird durch die Einsichtnahme in den Personalausweis festgestellt, daß die An- oder Abmeldung durch den Meldepflichtigen unterlassen wurde, oder wird die Einsicht in den Personalausweis verweigert, so hat der Hauseigentümer oder Wohnungsgeber die Meldestelle innerhalb von 24 Stunden nach dem Zuzug oder Wegzug hiervon zu verständigen.
  (5) Ist für das Grundstück ein Verwalter bestellt, so obliegt diesem die Meldepflicht des Hauseigentümers.

§ 9

  (1) Wer nach § 4 in einer Gemeinde der Deutschen Demokratischen Republik gemeldet ist und sich besuchsweise in einer anderen Gemeinde bei Verwandten oder Bekannten, die nicht gewerbsmäßig Gäste beherbergen, aufhält, hat sich nach dreitägigem Aufenthalt in der Besuchsgemeinde an- und abzumelden, ohne daß er darüber eine polizeiliche Bestätigung erhält (formlose An- und Abmeldung).
  (2) Übersteigt der besuchsweise Aufenthalt die Dauer von 2 Monaten, so tritt die Meldepflicht nach § 4 ein.

§ 10

  Die Landesbehörde der Volkspolizei kann anordnen, daß
  1. für bestimmte Gemeinden oder Kreise die formlose An- und Abmeldung (§ 9) entfällt oder die festgelegte Frist von 3 Tagen verlängert wird,
  2. für einzelne Gemeinden oder Kreise die allgemeine Meldepflicht (§§ 4 und 5) bis auf 24 Stunden verkürzt wird.

§ 11

  (1) Von der Meldepflicht sind befreit
a) Ausländer, die im Besitz eines vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik ausgestellten Diplomatenausweises oder eines Ausweise für nichtdiplomatische Mitarbeiter sind;
b) Ausländer, die in ihren Pässen einen Registriervermerk der Protokollabteilung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik haben.

  (2) Für Mitglieder ausländischer Delegationen, die sich auf Einladung der zentralen Leitung einer demokratischen Organisation der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten, obliegt die Meldepflicht der einladenden Organisation.

§ 12

  Von der Meldepflicht sind ferner Personen befreit, die sich in Straf- oder Untersuchungshaft, in Sicherheitsverwahrung oder in Polizeigewahrsam befinden.

§ 13

  (1) Inhaber von Unternehmen, die der gewerbsmäßigen oder gemeinnützigen Beherbergung oder dem Aufenthalt von Personen dienen (z. B. Hotels, Gasthöfe, Fremdenheime, Übernachtungs- und Erholungsräume) sowie die Leiter der Schulen von Verwaltungen, Parteien und demokratischen Massenorganisationen, von Klöstern, Ordensniederlassungen, Exerzitienhäusern und Heimen von Religionsgesellschaften sind verpflichtet, die beherbergten Personen innerhalb 24 Stunden nach ihrem Eintreffen auf dem vorgeschriebenen Meldeschein für Beherbergungsstätten bei der Meldestelle anzumelden. Sport- und Wanderheime des Deutschen Sportausschusses und seiner Trägerorganisationen (FDJ, FDGB) sind hiervon ausgenommen.
  (2) Die Landesbehörde der Volkspolizei kann anordnen, daß die Meldescheine zu bestimmten Zeiten zum Abholen bereitzuliegen haben oder den Meldestellen einzureichen sind.

§ 14

  (1) Die nach § 13 zu meldenden Personen haben sich mit den Ausweispapieren nach § 3 dem Inhaber der Beherbergungsstätte gegenüber auszuweisen. Der Meldeschein ist von ihnen selbst auszufüllen und zu unterschreiben. Die Angaben auf dem Meldeschein müssen mit den Personalien im Ausweis übereinstimmen.
  (2) Für jede Person muß ein gesonderter Meldeschein ausgefüllt werden. Die sich in ihrer Begleitung befindenden nicht ausweispflichtigen Kinder werden nur nach ihrer Zahl auf dem gleichen Meldeschein angegeben.
  (3) Wird die Vorlage der Ausweispapiere, das Ausfüllen des Meldescheines oder die Unterschrift von einem Gast verweigert, so darf dieser nicht beherbergt werden. Die Volkspolizei ist hiervon sofort zu verständigen.

§ 15

  (1) Übersteigt der Aufenthalt in einer der im § 13 bezeichneten Beherbergungsstätte die Dauer von 2 Monaten, so ist der Beherbergte nach den §§ 4 und 5 meldepflichtig.
  (2) Für den Wohnungsgeber findet der § 8 entsprechende Anwendung.

§ 16

  (1) Die Inhaber der im § 13 genannten Beherbergungsstätten sind verpflichtet, ein Fremdenverzeichnis in Buchform zu führen, das die im Meldeschein enthaltenen Angaben und den Tag der Abreise aufweist. Bevor es in Gebrauch genommen wird, ist es der Meldestelle zum Abstempeln vorzulegen.
  (2) Das Fremdenverzeichnis ist der Volkspolizei, auf Anordnung der Landesbehörde der Volkspolizei auch anderen Verwaltungsstellen, auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen und 5 Jahre, vom Tage der letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren.

§ 17

  Ist der Inhaber behindert, so obliegen die in den §§ 13 bis 16 genannten Pflichten dem Leiter des Unternehmens oder seinem Vertreter; bei einer juristischen Person obliegen sie dem Vertretungsberechtigten.

§ 18

  (1) Die Landesbehörde der Volkspolizei kann für einzelne Kreise oder Gemeinden anordnen, daß die §§ 13 ff. auch für andere Personen, die Reisende, Fremde oder Erholungssuchende beherbergen, entsprechend angewandt werden.
  (2) Die Landesbehörde der Volkspolizei kann für einzelne Gemeinden oder Kreise mit starkem sonntäglichen Ausflugs- und Wochenendverkehr anordnen, daß von den in den §§ 13 und 17 genannten Wohnungsgebern für diejenigen Personen keine Meldescheine vorgelegt werden, die nur von der Nacht vor bis zum Morgen nach dem Sonn- oder Feiertage beherbergt werden. In diesem Falle erübrigt sich das Ausfüllen des Meldescheines durch den Beherbergten, wenn die Eintragung in das Fremdenbuch erfolgt.

§ 19

  (1) Die Leiter von Sport- und Wanderheimen des Deutschen Sportausschusses und seinen Trägerorganisationen sind verpflichtet, ein Fremdenbuch zu führen, das die dem § 14 entsprechenden Angaben und den Tag der Abreise des Beherbergten enthalten muß.
  (2) Bei Wandergruppen mit mehr als 10 Teilnehmern, die Mitglieder einer demokratischen Organisation sind und deren Leiter im Besitz eines Jugendleiterausweises ist, genügt die Eintragung der Personalien des Leiters und der Teilnehmerzahl der von ihm geführten Gruppe.
  (3) Das Fremdenbuch ist der Volkspolizei, auf Anordnung der Landesbehörde der Volkspolizei auch anderen Verwaltungsstellen, auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen und 5 Jahre, vom Tage der letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren.

§ 20

  (1) Die Leiter von Krankenhäusern, Kliniken, Entbindungsanstalten, Kuranstalten, Sanatorien, Heilstätten u. ä. Anstalten sind verpflichtet, folgende Personen sofort zu melden:

a) Personen, die mit Schuß-, Stich- oder Hiebverletzungen oder in einem sonstigen auf eine strafbare Handlung hindeutenden Zustand eingeliefert werden. Bei der Meldung ist die Art der Verletzung oder des Zustandes anzugeben;
b) Personen, bei denen die Umstände ihrer Aufnahme oder ihre eigenen Angaben erkennen lassen, daß sie geisterschwach, dem Erziehungsberechtigten entlaufen sind oder sich der Strafverfolgung durch die Flucht entzogen haben;
c) Personen über 15 Jahre, die ohne gültigen Personalausweis Aufnahme finden.

  (2) Die Meldung der im Abs. 1 genannten Personen hat auf dem "Meldeschein für Krankenhäuser" zu erfolgen.
  (3) Die Leiter der im Abs. 1 genannten Anstalten sind ferner verpflichtet, über alle aufgenommenen Personen ein Verzeichnis in Buch-, Kartei- oder Blockform zu führen. Dieses Verzeichnis muß die genauen Personalien sowie den Tag der Aufnahme und der Entlassung enthalten. Das Verzeichnis ist der Meldestelle auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen und 5 Jahre, vom Tage der letzten Eintragung gerechnet, aufzubewahren.

§ 21

  (1) Für die Leiter von Irren-, Pflege-, Bewahr-, Erziehungs- und ähnlichen Anstalten gilt der § 20 entsprechend.
  (2) Übersteigt der Aufenthalt in einer der im Abs. 1 genannten Anstalten die Dauer von 2 Monaten, so gelten die allgemeinen Meldevorschriften nach § 4 ohne Rücksicht auf das Alter der aufgenommenen Personen. Für die Erfüllung dieser Meldepflicht ist der Anstaltsleiter verantwortlich.

§ 22

  Personen, die, ohne im Inland nach § 4 gemeldet zu sein und ohne nach § 4 oder § 13 Wohnung zu nehmen, von Ort zu Ort ziehen, haben sich umgehend, spätestens am Vormittag nach ihrem Eintreffen, bei der zuständigen Meldestelle zu melden und hierbei den Personalausweis vorzulegen.

§ 23

  Jeder Aufenthaltswechsel, der durch Unterbringung in Untersuchungs- oder Strafhaft bedingt ist, muß durch die zuständige Verwaltungsstelle der Volkspolizei oder Justiz, die die Einlieferung oder den Aufenthaltswechsel vornimmt, dem Meldeamt des bisherigen Wohnsitzes mitgeteilt werden.

§ 24

  Eine allgemeine Regelung der polizeilichen Meldepflicht für Seeleute und Binnenschiffer bleibt vorbehalten. Näheres regeln die Durchführungsbestimmungen.

§ 25

  Mit Geldstrafe bis zu 150 DM oder mit Haft bis zu 6 Wochen wird bestraft, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. die ihm für sich oder einen anderen auf Grund dieser Meldeordnung obliegenden Melde- oder Anzeigepflicht nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt,
  2. die ihm auf Grund dieser Meldeverordnung obliegende Pflicht zur Mitwirkung bei einer Meldung nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt,
  3. der Pflicht zum persönlichen Erscheinen auf Grund des § 6 Abs. 4 nicht nachkommt,
  4. bei der Meldung oder der Mitwirkung an ihr unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben macht,
  5. sich für eine Wohnung anmeldet, in der er nicht wohnt, oder bei einer solchen Anmeldung mitwirkt.

§ 26

  Durchführungsbestimmungen erläßt das Ministerium des Innern der Deutschen Demokratischen Republik.

§ 27

  (1) Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.
  (2) Gleichzeitig treten alle früheren Bestimmungen über das Meldewesen außer Kraft.


  Berlin, den 6. September 1951

Die Regierung der
Deutschen Demokratischen Republik
Der Ministerpräsidenten Ministerium des Innern

Grotewohl

I. V.: Warnke

Staatssekretär

 

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Quelle: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1951, S. 835-838.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Meldeordnung der Deutschen Demokratischen Republik (06.09.1951), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ddr/1951/ddr-meldeordnung.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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