Verordnung des Reichspräsidenten zur Beschleunigung des
Verfahrens in Hochverrats- und Landesverratssachen.
Vom 18. März 1933.
Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2
der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:
Artikel 1
Überweisung von Hochverratssachen an die Oberlandesgerichte
§ 134 Abs. 2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes ist in folgender Fassung anzuwenden: |
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In Hochverrats- und Landesverratssachsen sowie bei
Verbrechen gegen die §§ 1, 3 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse
kann der Oberrreichsanwalt die Strafverfolgung an die Landesstaatsanwaltschaft
abgeben. Es sollen nur Strafsachen von minderer Bedeutung abgegeben werden. |
Artikel 2
Einschränkung der Voruntersuchung
Die Vorschrift des § 10 der Verordnung des Reichspräsidenten gegen Verrat am Deutschen
Volke und hochverräterische Umtriebe vom 28. Februar 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 85)
ist in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehörenden Strafsachen entsprechend
anzuwenden.
Artikel 3
Wegfall des Eröffnungsbeschlusses
§ 1
(1) In den zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der
Oberlandesgerichte gehörenden Strafsachen bedarf es keines Beschlusses über die
Eröffnung des Hauptverfahrens. An die Stelle des Antrag der Staatsanwaltschaft auf
Eröffnung des Hauptverfahrens tritt der Antrag auf Anordnung der Hauptverhandlung.
(2) Nach Ablauf der gemäß § 201 der Strafprozeßordnung bestimmten Frist
ordnet der Vorsitzende, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen für gegeben erachtet,
die Hauptverhandlung an. Er beschließt zugleich über die Anordnung oder Fortdauer
der Untersuchungshaft. Trägt der Vorsitzende Bedenken gegen die Anordnung der
Hauptverhandlung, erscheint ihm insbesondere die nachträgliche Eröffnung einer
Voruntersuchung geboten oder hat der Angeschuldigte die nachträgliche Eröffnung einer
Voruntersuchung beantragt, so ist eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(3) Einer Entscheidung des Gerichts bedarf es, wenn der Oberrreichsanwalt die
Überweisung an ein Oberlandesgericht beantragt. Das Reichsgericht ordnet in diesem Falle
zugleich mit der Überweisung die Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht an.
(4) Die in der Strafprozeßordnung an die Eröffnung des Hauptverfahrens
geknüpften Wirkungen treten mit der Einreichung der Anklageschrift ein. Die Wirkungen,
die nach der Strafprozeßordnung an die Verlesung des Eröffnungsbeschlusses geknüpft
sein, treten mit dem Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache ein.
§ 2
Für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niederer
Ordnung behält es bei den Vorschriften der Strafprozeßordnung über den
Eröffnungsbeschluß sein Bewenden.
§ 3
In den § 120 Abs. 1 und § 134 Abs. 3 des
Gerichtsverfassungsgesetzes fallen die Worte "bei der Eröffnung des
Hauptverfahrens" weg.
Artikel 4
Inkrafttreten der Verordnung
Die Verordnung tritt mit dem zweiten Tage nach der Verkündung in Kraft.[1]
Berlin, den 18. März 1933.
Der Reichspräsident
von Hindenburg
Der Reichsminister des Innern |
Zugleich für den Reichsminister
der Justiz |
Frick |
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