Erste Verordnung zur Volksabstimmung über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs
(Abstimmungsverordnung).

Vom 3. August 1934.


  Für die Volksabstimmung am 19. August 1934 wird auf Grund des § 18 Abs. 1 Satz 1 und des § 167 der Reichsstimmordnung vom 14. März 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 173) sowie des § 4 des Gesetzes über Volksabstimmung vom 14. Juli 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 479) folgendes verordnet:

I. Auslegung der Stimmlisten

§ 1

  Die Stimmlisten und Stimmkarteien für die am 19. August 1934 stattfindende Volksabstimmung sind am 11. und 12. August 1934 auszulegen.

II. Stimmscheine für Auslanddeutsche und Angehörige der Besatzung von See- oder Binnenschiffen.

§ 2

  Außer in den Fällen des § 9 der Verordnung über Reichswahlen und -abstimmungen (Reichsstimmordnung) vom 14. März 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 173) erhält einen Stimmschein auf Antrag ein Stimmberechtigter, der nicht in eine Stimmliste oder Stimmkartei eingetragen oder darin gestrichen ist,

  1. wenn er Auslanddeutscher ist und sich am Wahltag (Abstimmungstag) im Inland aufhält;
  2. wenn er zur Besatzung von See- oder Binnenschiffen gehört und für keinen festen Landwohnsitz polizeilich gemeldet ist.

§ 3

  (1) Auslanddeutsche im Sinne des § 2 Nr. 1 sind Reichsangehörige, die im Auslande ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Als Auslanddeutsche gelten auch Reichsangehörige, die im Ausland als Beamte, Angestellte oder Arbeiter des Reichs, eines deutschen Landes oder der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft angestellt sind oder als Familienangehörige und Hausangestellte in ihrem Haushalt leben.
  (2) Reichsdeutsche mit Wohnsitz im Saargebiet gelten nicht als Auslanddeutsche im Sinne des § 2 Nr. 1; sie können daher an der Volksabstimmung nicht teilnehmen.

§ 4

  Stimmscheine für Auslanddeutsche (§ 2 Nr. 1) stellt die für den Wohnort im Auslande zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung des Reichs oder die Gemeindebehörde des Aufenthaltsortes im Inlande, für See- oder Binnenschiffer (§ 2 Nr. 2) die Gemeindebehörde des Aufenthaltsortes aus.

§ 5

  (1) Die Antragsteller haben sich über ihre Berechtigung, den Antrag zu stellen und den Stimmschein in Empfang zu nehmen, gehörig auszuweisen. Auslanddeutsche weisen sich durch einen Reisepaß oder einen im kleinen Grenzverkehr eingeführten Ausweis aus. Beamte, Angestellte oder Arbeiter des Reichs, eines Landes oder der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft können sich durch die erwähnten Ausweispapiere oder einen Dienstausweis oder eine Bescheinigung der Beschäftigungsbehörde ausweisen. Seeleute weisen sich durch ihr Seefahrtsbuch aus; Binnenschiffer müssen ihren Beruf nachweisen.
  (2) Anträge auf Ausstellung von Stimmscheinen für Auslanddeutsche sind auch in größeren Gemeinden noch am letzten Tage vor der Abstimmung innerhalb der an diesem Tage üblichen Dienststunden entgegenzunehmen und zu erledigen.
  (3) Die Tatsache der Erteilung des Stimmscheins ist auf dem vorgelegten Ausweis, in Reisepässen möglichst auf der letzten Seite, unter Bezeichnung der Abstimmung durch die den Stimmschein ausstellende Behörde zu vermerken. Der Vermerk wird mit Amtsstempel versehen.

§ 6

  (1) Über die ausgestellten Stimmscheine führt die ausstellende Behörde ein Verzeichnis.
  (2) Die diplomatische oder konsularische Vertretung des Reichs, die Stimmscheine nach § 4 dieser Verordnung erteilt hat, zeigt die Zahl der ausgestellten Stimmscheine spätestens am Tage nach dem Abstimmungstage dem Reichswahlleiter an.

III. Stimmabgabe im Reiseverkehr

§ 7

  Für Reisende mit Stimmscheinen, denen sich keine Möglichkeit zur Stimmabgabe in einem allgemeinen Abstimmungsraum (§ 41 der Reichsstimmordnung) bietet, werden auf einigen großen Übergangsbahnhöfen des innerdeutschen Personenverkehrs sowie auf einigen Übergangsbahnhöfen an der Reichsgrenze besondere Stimmbezirke mit Abstimmungsräumen oder wenigstens besondere Abstimmungsräume eingerichtet (Stimmabgabe im Reiseverkehr), und zwar auf folgenden Bahnhöfen der Deutschen Reichsbahn:

Aachen Hbf.
Augsburg
Bentheim
Berlin Anhalter Bf.

"

Friedrichstraße

"

Görlitzer Bf.

"

Lehrter Bf.

"

Potsdamer Bf.

"

Schlesischer Bf.

"

Stettiner Bf.

"

Zoologischer Garten
Bremen Hbf.
Breslau Hbf.
Charlottenburg
Cranenburg
Dt.-Eylau
Dresden Hbf.
Emmerich
Erfurt
Eydtkuhnen
Flensburg
Frankfurt/M. Hbf.
Freiburg/Br.
Freilassing
Friedrichshafen (Hafenbahnhof)
Griesen (Oberbayern)
Groß Boschpol (Pommern)
Hagenow Land
Hamburg Hbf.
Hannover Hbf.
Insterburg
Karlsruhe Hbf.
Kehl
Koblenz
Köln Hbf.
Königsberg
Leipzig Hbf.
Lindau
Marienburg
München Hbf.
Münster (Westf.) Hbf.
Nürnberg Hbf.
Passau
Regensburg
Saßnitz Hafen
Stettin
Stuttgart Hbf.
Tilsit
Trier
Warnemünde

§ 8

  Die zur Abgrenzung der Stimmbezirke berufenen Behörden (§ 165 Reichsstimmordnung), die für die im § 7 aufgeführten Bahnhöfe in Betracht kommen, setzen sich wegen Bereitstellung geeigneter Bahnhofsräume (in Wartesälen usw.) mit den zuständigen Reichsbahndirektionen in Verbindung. Die Abstimmungsräume sind durch Aushänge und Hinweistafeln kenntlich zu machen.

§ 9

  Für die Stimmabgabe im Reiseverkehr werden von der zur Abgrenzung der Stimmbezirke zuständigen Behörde nach Benehmen mit der zuständigen Reichsbahndirektion besondere Abstimmungszeiten den Bedürfnissen des Reiseverkehrs entsprechend festgesetzt. Die Abstimmungszeiten müssen innerhalb der 24 Stunden des allgemeinen Abstimmungstages liegen. Der Abstimmungsvorstand besteht aus dem Abstimmungsvorsteher oder seinem Stellvertreter und zwei bis drei Beisitzern. Für einzelne Zeitabschnitte können gesonderte Abstimmungsvorstände bestellt werden. Dem Abstimmungsleiter ist über Einrichtung der Stimmbezirke und Abstimmungszeiten Mitteilung zu machen.

§ 10

  (1) Bei Ablösung eines Abstimmungsvorstandes werden Stimmurne, Stimmscheine, Stimmzettel, Umschläge, Abstimmungsniederschrift usw. dem nächstfolgenden Abstimmungsvorstand übergeben. Hierbei wird festgestellt, daß die Stimmurne verschlossen ist und wieviel Stimmscheine bisher abgegeben sind. Die Übergabe ist in der Abstimmungsniederschrift zu vermerken. Der Vermerk wird von dem übergebenden und dem übernehmenden Abstimmungsvorstand durch Unterschrift anerkannt.
  (2) Wird die Stimmabgabe unterbrochen, so wird der Spalt der Stimmurne mit amtlichen Siegeln verschlossen. Die Stimmurne, die Stimmscheine, der Vorrat an Stimmzetteln und Umschlägen, die Abstimmungsniederschrift und sonstige Abstimmungspapiere werden bis zum Beginn der nächsten Abstimmungszeit amtlich verwahrt oder unter ständiger amtlicher Aufsicht gehalten. Im Falle der Unterbrechung genügt es, wenn von dem nächstfolgenden Abstimmungsvorstand der Abstimmungsvorsteher oder sein Stellvertreter und ein Beisitzer der Übernahme beiwohnen.

§ 11

  (1) Wird die Abstimmung um 5 Uhr nachmittags oder früher beendet, so stellt der zuletzt tätige Abstimmungsvorstand nur die Zahl der abgegebenen Umschläge und Stimmscheine fest. Die ungeöffneten Umschläge versiegelt der Abstimmungsvorsteher oder sein Stellvertreter in Gegenwart der übrigen Mitglieder des Abstimmungsvorstandes in einem Paket, das er mit der Abstimmungsniederschrift und den abgegebenen Stimmscheinen unverzüglich dem Abstimmungsvorsteher des nächstgelegenen allgemeinen Stimmbezirks übergibt, der die Stimmen zusammen mit den Stimmen seines allgemeinen Stimmbezirks verrechnet.
  (2) Endigt die Abstimmung nach 5 Uhr nachmittags, so stellt der zuletzt tätige Abstimmungsvorstand das Ergebnis fest und gibt es nach § 124 Reichsstimmordnung weiter.

§ 12

  Im übrigen gelten die allgemeinen Abstimmungsvorschriften auch für die Stimmabgabe im Reiseverkehr.

§ 13

  Die durch Einrichtung der Stimmabgabe im Reiseverkehr den Gemeinden erwachsende Barauslagen werden voll vom Reiche getragen.

IV. Abstimmung der Seeleute

§ 14

  (1) Als Seeleute im Sinne des § 111 a Reichsstimmordnung sind besonders auch zu behandeln:
a) Handelsschiffskapitäne, die sich durch ihr Patent ausweisen, und alle sonstigen zur Besatzung eines Handelsschiffs gehörenden Personen mit Dauerausweis über ihren Beruf;
b) die Besatzung von fiskalischen Leuchttürmen und Wasserfahrzeugen auf Seewasserstraßen;
c) die Zivilbesatzung der Leuchttürme und der Schiffe der Reichsmarine (Werft-, Lotsendampfer, Wasserprähme, Feuerschiffe);
d) die Zivilbesatzung der Kriegsschiffe (Friseure, Köche, Kantinenpächter, Handwerker usw.) sowie alle sonstigen planmäßig oder überplanmäßig auf Kriegsschiffen eingeschifften Stimmberechtigten.

  (2) Die im Abs. 1 unter b bis d aufgeführten Personen sind zur Stimmabgabe nach § 111 a Reichsstimmordnung zuzulassen, wenn die neben dem Stimmschein eine Bescheinigung der zuständigen Dienststelle vorlegen, daß sie aus dienstlichen Gründen am Abstimmungstage ihr Stimmrecht an Land nicht ausüben können.

§ 15

  Die zur Abgrenzung der Stimmbezirke zuständigen Behörden werden ermächtigt, die Abstimmungszeit für Seeleute, abweichend von § 111 a Ziffer 4 Reichsstimmordnung, den örtlichen Bedürfnissen entsprechend festzusetzen. Die tägliche Abstimmungszeit muß mindestens zwei Stunden dauern.

V. Abstimmung auf Seefahrzeugen

§ 16

  Für deutsche Seefahrzeuge, die in das Schiffsregister eingetragen sind und am Abstimmungstage voraussichtlich fünfzig Stimmberechtigte an Bord haben, wird ein Abstimmungsbezirk gebildet, der zum Heimathafen des Schiffes zählt. Auch wird ein Abstimmungsvorsteher und ein Stellvertreter des Abstimmungsvorstehers ernannt. Die Bildung des Abstimmungsbezirks und die Ernennung des Abstimmungsvorstehers und seines Stellvertreters obliegt der für den Heimathafen nach § 165 Reichsstimmordnung zuständigen Behörde.

§ 17

  Die Gemeindebehörde des Heimathafens versorgt das Schiff mit Abstimmungsgeräten, mit Stimmzetteln, Umschlägen und Vordrucken zur Abstimmungsniederschrift. Für Seefahrzeuge, die vor dem Abstimmungstage nicht mit den allgemeinen Stimmzetteln versorgt werden können, werden die Stimmzettel an Bord durch Druck oder auf anderem Vervielfältigungswege hergestellt. Der für den Heimathafen zuständige Abstimmungsleiter teilt zu diesem Zwecke im Benehmen mit dem Schiffseigner dem Schiff den Inhalt des amtlichen Stimmzettels auf dem Funkwege mit.

§ 18

  (1) Zur Teilnahme an der Abstimmung an Bord (Bordabstimmung) sind berechtigt solche Passagiere, die im Besitze eines Stimmscheins sind.
  (2) Zur Teilnahme an der Bordabstimmung sind außerdem berechtigt die mit Stimmschein versehenen Angehörigen der Schiffsbesatzung, sofern für die Besatzung keine Möglichkeit besteht, in den zehn Tagen vor oder in den fünf Tagen nach dem allgemeinen Abstimmungstag (§ 111 a Reichsstimmordnung) an Land abzustimmen.

§ 19

  (1) Befinden sich am Abstimmungstage auf einem Schiffe, für das ein Abstimmungsbezirk gebildet worden ist (§ 16), mindestens fünfzig nach § 18 zur Teilnahme an der Bordabstimmung berechtigte Stimmscheininhaber, so hat der an Bord befindliche Abstimmungsvorsteher die Bordabstimmung anzusetzen. Er beruft einen Abstimmungsvorstand und gibt spätestens am Tage vor dem Abstimmungstag durch Anschlag den Abstimmungsraum und die Abstimmungszeit bekannt. Die Abstimmungszeit ist nach der Zahl der Stimmscheininhaber zu bemessen und soll so gelegt werden, daß allen Stimmscheininhabern Gelegenheit gegeben ist, an der Bordabstimmung teilzunehmen. Unter Umständen kann die Abstimmungshandlung unterbrochen werden. Für die Dauer der Unterbrechung ist der Spalt der Stimmurne mit Siegeln zu verschließen.
  (2) Während des Aufenthalts des Schiffes im Hafen eines fremden Staates oder in seinen Hoheitsgewässern findet eine Bordabstimmung nicht statt.

§ 20

  Der Schiffskapitän meldet möglichst möglichst vor oder alsbald nach Antritt der Reise dem Abstimmungsleiter, erforderlichenfalls durch Funkspruch, ob an Bord seines Schiffes eine Bordabstimmung stattfindet.

§ 21

  Das Abstimmungsergebnis wird nach den allgemeinen Vorschriften festgestellt und vom Abstimmungsvorsteher dem Abstimmungsleiter des Heimathafens unverzüglich, erforderlichenfalls durch Funkspruch, übermittelt. Die Abstimmungsniederschrift mit ihren Anlagen und die gültigen Stimmzettel (§ 126 Reichsstimmordnung) werden mit der nächsten Post dem Abstimmungsleiter übermittelt.

§ 22

  Im übrigen gelten die allgemeinen Abstimmungsvorschriften auch für die Bordabstimmung.

§ 23

  Die durch die Abstimmung auf Seefahrzeugen erwachsenden Barauslagen werden voll vom Reiche getragen.

VI. Beteiligung der Insassen von Arbeitsdienstlagern an der Volksabstimmung

§ 24

  (1) Die Insassen von Arbeitsdienstlagern, die sich bei der Gemeindebehörde ihres letzten Aufenthaltsortes abgemeldet haben und die in der Gemeinde des Arbeitsdienstlagers nur als Fremde – mit vorübergehenden Aufenthalt – geführt werden, sind auf Antrag in die Stimmliste (Stimmkartei) der Gemeinde des Arbeitsdienstlagers aufzunehmen, wenn die Gemeindebehörde des letzten Aufenthaltsortes bestätigt, daß der Stimmberechtigte dort polizeilich abgemeldet ist und in der Stimmliste (Stimmkartei) nicht geführt wird.
  (2) Für Insassen von Arbeitsdienstlagern, die in der Stimmliste (Stimmkartei) ihres letzten Aufenthaltsortes geführt werden, stellt die Gemeindebehörde dieses Ortes einen Stimmschein aus, falls der Stimmberechtigte wegen der Entfernung von diesem Orte dort nicht wählen kann.

VII. Abstimmungszeit

§ 25

  In ländlichen Stimmbezirken mit weniger als 1.000 Einwohnern kann die zur Abgrenzung der Stimmbezirke zuständige Behörde, abweichend von § 112 Satz 2 Reichsstimmordnung, den Beginn der Abstimmungszeit auch früher, jedoch nicht früher als auf 6 Uhr vormittags, oder auch später, jedoch nicht später als 11 Uhr vormittags festsetzen; die gekürzte Abstimmungszeit muß ununterbrochen mindestens sechs Stunden dauern und darf nicht vor 2 Uhr nachmittags schließen.


  Berlin, den 3. August 1934.[1]

Der Reichsminister des Innern
Frick

 

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Anmerkung:
[1] Diese Abstimmungsverordnung des Reichsinnenministers Frick wurde am 3. August 1934 verkündet.


Quelle: Reichsgesetzblatt 1934 I, S. 759-763.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Erste Verordnung zur Volksabstimmung über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs [Abstimmungsverordnung] (03.08.1934), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1934/staatsoberhaupt-volksabstimmung_vo01.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.06.2004
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