Dienststrafordnung für die Angehörigen des Freiwilligen
Arbeitsdienstes.
Vom 8. Januar 1935.
Auf Grund der §§ 1 und 3 des Gesetzes über den Freiwilligen
Arbeitsdienst vom 13. Dezember 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 1235) wird verordnet:
§ 1
Der Dienststrafordnung unterworfen sind alle Angehörigen des
Arbeitsdienstes. Die Zugehörigkeit zum Arbeitsdienst dauert so lange, bis die
übernommene Dienstverpflichtung abgelaufen oder vorschriftsmäßig gelöst ist.
§ 2
(1) Alle Handlungen und Unterlassungen, die |
- die Ehre der Gemeinschaft und das öffentliche Ansehen des Arbeitsdienstes, oder die
Kameradschaft im Arbeitsdienst verletzen oder gefährden, oder
- gegen Zucht und Ordnung im Arbeitsdienst verstoßen,
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sind nach dieser Dienststrafordnung zu verfolgen.
(2) In besonders leichten Fällen kann an Stelle einer Strafe Zurechtweisung
erfolgen. |
§ 3
Die Dienststrafen
Dienststrafen sind: |
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a) Kleine Dienststrafen: |
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- Dienstverrichtung im Innendienst außer der Reihe oder außer der Zeit, jedoch nur zur
Wiedergutmachung nachlässiger Dienstverrichtungen gleicher Art.
- Einfacher Verweis.
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b) Förmliche Dienststrafen: |
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- Strenger Verweis.
- Lagerarrest bis zu 4 Wochen.
- Stubenarrest bis zu 4 Wochen.
- Verschärfter Stubenarrest bis zu 10 Tagen, zulässig nur bis zum Obervormann
einschließlich.
- Zellenarrest (in Gefängniszelle) von 1 bis zu 8 Monaten.
- Aberkennung des Dienstgrades gegen Vormänner und Obervormänner.
- Zurücksetzung in der Beförderung.
- Androhung der Entlassung.
- Entlassung.
- Fristlose Entlassung.
- Ausstoßung aus dem Arbeitsdienst.
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§ 4
Arreststrafen dürfen nur nach vollen Tagen verhängt werden.
§ 5
(1) Wegen des nämlichen Dienstvergehens darf nur einmal und mit einer
Dienststrafe vorgegangen werden.
(2) Die Androhung der Entlassung und die Aberkennung des Dienstgrades gegen
Vormänner und Obervormänner können als Zusatzstrafe mit einer anderen Dienststrafe
verbunden werden.
§ 6
Die Strafbefugnis steht den Führern der Arbeitsdiensteinheiten
vom Abteilungsführer an aufwärts gegenüber allen Angehörigen des Arbeitsdienstes zu,
die ihrer Befehlsgewalt unterstehen.
§ 7
(1) Zuständig für die Verhängung der
Dienststrafe ist der unmittelbare Dienststrafvorgesetzte des Täters.
(2) Höhere Vorgesetze sind jedoch zuständig, wenn die Dienstverfehlung |
- unter ihren Augen begangen oder sonst zu ihrer unmittelbaren Kenntnis gelangt ist,
- gegen ihr dienstliches Ansehen begangen ist,
- von Angehörigen verschiedener Arbeitsdienstverbände ihres Befehlsbereichs begangen
ist,
- ihnen zur Entscheidung oder Bestimmung der Strafe gemeldet ist.
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(3) Der höhere Dienststrafvorgesetzte kann die
Erledigung dem unmittelbaren Strafvorgesetzten des Täters überlassen. |
§ 8
Tritt ein Wechsel in der Person des Dienststrafvorgesetzten vor
Erledigung des Falles ein, so steht die Entscheidung dem neuen Dienststrafvorgesetzten zu.
§ 9
Den Umfang der Strafbefugnis der mit Dienststrafgewalt versehenen
Führer des Arbeitsdienstes regelt unbeschadet der Bestimmungen des § 15
der Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst.
§ 10
Die Kranken unterstehen auch während ihres Aufenthalts in der
Krankenstube der Dienststrafbefugnis ihres Arbeitsdienstvorgesetzten.
§ 11
Die Arbeitsdienstärzte vom Arbeitsgruppenarzt an aufwärts haben
die Dienststrafbefugnis über das Heildienstpersonal ihres Dienstbereiches wegen
Verfehlungen gegen ärztliche Anordnungen und sonstige heildienstlichen Pflichten.
§ 12
Dem Beschuldigten muß vor Festsetzung der Strafe die Möglichkeit gegeben
werden, sich zu rechtfertigen.
§ 13
Hält ein Dienststrafvorgesetzter eine höhere Strafe für
angemessen, als seiner Strafbefugnis entspricht, so hat er den Strafausspruch zu
unterlassen und den Fall mit einem Berichte an den nächsthöheren Dienststrafvorgesetzten
weiterzugeben.
§ 14
Die Dienststrafe darf nach der Bekanntgabe an den Beschuldigten
von der Dienststelle, die sie verhängt hat, nicht mehr aufgehoben oder abgeändert
werden, es sei denn, daß nach Verhängung der Strafe vor Rechtskraft Umstände bekannt
werden, die eine andere Beurteilung der Tat rechtfertigen.
§ 15
(1) Bei Verfehlungen nach § 2 Ziffer 1
entscheidet über die Schuldfrage eine besondere Kammer, die aus dem für die Bestrafung
zuständigen Führer als Vorsitzenden und zwei Beisitzern gebildet wird. Die Beisitzer
sollen möglichst dem Dienstrange des Beschuldigten angehören, nötigenfalls sind sie aus
dem nächsthöheren Dienstgrad zu ergänzen.
(2) Die Beisitzer bestimmt der Vorsitzende zu Beginn jeder Gerichtsperiode (6
Monate).
(3) In bezug auf Strafmilderungs- oder Strafverschärfungsgründe sind die
Beisitzer Berater des Dienststrafvorgesetzten.
(4) Die Entscheidung über Art und Maß der Strafe hat der Dienststrafvorgesetzte
allein.
(5) Bei Verfehlungen gegen § 2 Ziffer 2 findet diese Bestimmung
Anwendung, wenn eine Bestrafung mit Zellenarrest, Entlassung, fristloser Entlassung oder
Ausstoßung zu erwarten ist.
§ 16
Der Strafausspruch darf erst am nächsten Tage, nachdem der
Dienststrafvorgesetzte von der Tat Kenntnis erlangt hat, stattfinden.
§ 17
Beschwerden gegen Dienststrafen wegen Verfehlungen nach § 2 Ziffer 2 haben keine aufschiebende Wirkung, wenn eine der im § 3 Ziffer 1 bis 6 genannten Strafen verhängt worden ist. In diesen Fällen
wird die Strafe sofort nach Ausspruch vollzogen. In allen übrigen Fällen tritt der
Strafvollzug erst nach rechtskräftiger Feststellung der Strafe ein.
§ 18
Der Dienststrafvorgesetzte kann aus dringenden Gründen den
Vollzug der Dienststrafe aufschieben oder unterbrechen.
§ 19
Die Art des Strafvollzugs regelt sich nach der Strafvollzugsordnung (§ 27).
§ 20
Alle förmlichen Dienststrafe sind im Strafbuch einzutragen.
§ 21
Wenn die Gesamtdauer der innerhalb eines Jahres verhängten
Freiheitsstrafen mehr als vier Wochen beträgt, so kann die Strafzeit von der Dienstzeit
abgerechnet werden.
§ 22
Die Strafvollstreckung verjährt in einem Jahre. Die Frist beginnt
mit dem Tag, an dem die Strafe dem Verurteilten bekanntgeben ist.
§ 23
Gegen jede Dienststrafe steht dem Verurteilten der Beschwerdegang
nach Maßgabe der Beschwerdeordnung offen (§ 27).
§ 24
(1) Während einer strafgerichtlichen Untersuchung muß ein wegen
derselben Tatsachen etwa eingeleitetes Dienststrafverfahren ausgesetzt werden, bis das
strafgerichtliche Verfahren beendet ist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn im
strafgerichtlichen Verfahren eine Hauptverhandlung nicht stattfinden kann, weil der
Beschuldigte abwesend ist.
(2) Wenn das strafgerichtliche Urteil auf Freisprechung lautet, so darf in einem
etwa noch notwendigen Dienststrafverfahren nur noch geprüft werden, ob der in dem
strafgerichtlichen Urteil festgestellte Tatbestand eine strafbare Handlung im Sinne der
Dienststrafordnung enthält.
§ 25
Jeder Führer des Arbeitsdienstes vom Untermeister an aufwärts
ist berechtigt, die ihm dienstlich Unterstellten oder im Dienstgrade unter ihm Stehenden
vorläufig festzunehmen oder ihre vorläufige Festnahme zu bewirken, wenn die
Aufrechterhaltung der Manneszucht es zwingend erfordert. Eine solche vorläufige Festnahme
ist sofort dem Dienststrafvorgesetzten des Festgenommenen zu melden, der das Erforderliche
anordnet.
§ 26
Angehörige des Arbeitsdienstes, gegen die ein
Dienststrafverfahren oder ein Strafverfahren eingeleitet ist, können von ihrem Amt
vorläufig enthoben werden. Dem Angehörigen ist vor seiner Amtsenthebung Gelegenheit zu
geben, sich zu der Beschuldigung zu äußern.
§ 27
Die Strafvollzugsordnung (§ 19), die
Beschwerdeordnung (§ 23) und sonst notwendigen
Durchführungsanordnungen erläßt der Reichskommissar für den Freiwilligen
Arbeitsdienst. Diese Verordnungen und Anordnungen sind im Verordnungsblatt für den
Freiwilligen Arbeitsdienst bekanntzugeben.
Berlin, den 8. Januar 1935.
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst
Hierl
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