Reichsarbeitsdienstgesetz.

Vom 26. Juni 1935.


  Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

A b s c h n i t t  I
Der Reichsarbeitsdienst

§ 1

  (1) Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am Deutschen Volke.
  (2) Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts sind verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen.
  (3) Der Reichsarbeitsdienst soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen.
  (4) Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.

§ 2

  (1) Der Reichsarbeitsdienst untersteht dem Reichsminister des Innern. Unter ihm übt der Reichsarbeitsführer die Befehlsgewalt über den Reichsarbeitsdienst aus.
  (2) Der Reichsarbeitsführer steht an der Spitze der Reichsleitung des Reichsarbeitsdienstes; er bestimmt die Organisation, regelt den Arbeitseinsatz und leitet Ausbildung und Erziehung.

A b s c h n i t t  II
Die Arbeitsdienstpflicht der männlichen Jugend

§ 3

  (1) Der Führer und Reichskanzler bestimmt die Zahl der alljährlich einzuberufenden Dienstpflichtigen und setzt die Dauer der Dienstzeit fest.
  (2) Die Dienstpflicht beginnt frühestens nach vollendetem 18. und endet spätestens mit der Vollendung des 25. Lebensjahres.
  (3) Die Arbeitsdienstpflichtigen werden in der Regel in dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollenden, zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Freiwilliger Eintritt in den Reichsarbeitsdienst zu einem früheren Zeitpunkt ist möglich.
  (4) Freiheitsstrafen von mehr als 30 Tagen Dauer haben die Arbeitsdienstpflichtigen und Arbeitsdienstfreiwilligen nachzudienen, sofern sie nicht nach § 16 aus dem Reichsarbeitsdienst ausscheiden.

§ 4

  Die Arbeitsdienstpflichtigen werden durch die Ersatzdienststellen des Reichsarbeitsdienstes ausgehoben.

§ 5

  (1) Ausgeschlossen vom Reichsarbeitsdienst ist, wer
a) mit Zuchthaus bestraft ist,
b) nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte ist,
c) den Maßregeln der Sicherung und Besserung nach § 42a des Strafgesetzbuches unterworfen ist,
d) aus der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei wegen ehrenrühriger Handlungen ausgeschlossen ist,
e) wegen staatsfeindlicher Betätigung gerichtlich bestraft ist.

  (2) Der Reichsminister des Innern kann Ausnahmen zum Abs. 1 Buchstabe c und e zulassen.
  (3) Arbeitsdienstpflichtige, gegen die auf Aberkennung der Fähigkeit zum Bekleiden öffentlicher Ämter erkannt worden ist, dürfen erst nach Ablauf der im Urteil für diese Ehrenstrafe vorgesehenen Zeit einberufen werden.

§ 6

  (1) Zum Reichsarbeitsdienst nicht herangezogen werden Personen, die für den Reichsarbeitsdienst völlig untauglich sind.
  (2) Arbeitsdienstpflichtige, die im Ausland leben oder für längere Zeit ins Ausland gehen wollen, können bis zu zwei Jahren, in Ausnahmefällen dauernd, jedoch höchstens für die Zeit des Aufenthalts im Auslande von der Ableistung der Arbeitsdienstpflicht entbunden werden.

§ 7

  (1) Zum Reichsarbeitsdienst kann nicht zugelassen werden, wer nichtarischer Abstammung ist oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist. Wer als Person nichtarischer Abstammung zu gelten hat, bestimmen die Richtlinien des Reichsministers des Innern zu § 1 a Abs. 3 des Reichsbeamtengesetzes vom 8. August 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 575).
  (2) Nichtarier, die nach § 15 Abs. 2 des Wehrgesetzes für wehrwürdig erklärt werden, können auch zum Reichsarbeitsdienst zugelassen werden. Sie können jedoch nicht Vorgesetzte im Reichsarbeitsdienst werden.

§ 8

  Arbeitsdienstpflichtige können von der Einberufung zum Reichsarbeitsdienst bis zu zwei Jahren, bei Vorliegen zwingender beruflicher Gründe bis zu fünf Jahren zurückgestellt werden.

A b s c h n i t t  III
Die Arbeitspflicht der weiblichen Jugend

§ 9

  Die Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht der weiblichen Jugend bleiben besonderer gesetzlicher Regelung vorbehalten.

A b s c h n i t t  IV
Pflichten und Rechte der Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes

§ 10

  (1) Zu den Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes gehören
a) das Stammpersonal,
b) die einberufenen Arbeitsdienstpflichtigen,
c) die Arbeitsdienstfreiwilligen.
  (2) Zu bestimmten Dienstverrichtungen im Innendienst können auch Personen durch Dienstvertrag verpflichtet werden.

§ 11

  (1) Das Stammpersonal besteht aus den planmäßigen Führern und Amtswaltern sowie den Anwärtern auf diese Stellen. Die planmäßigen Führer und Amtswalter sind im Reichsarbeitsdienst berufsmäßig tätig.
  (2) Der Führeranwärter muß sich vor seiner Beförderung zum planmäßigen Truppführer schriftlich zu einer ununterbrochenen Dienstzeit von mindestens zehn Jahren verpflichten und den Nachweis arischer Abstammung führen; er muß weiter seiner aktiven Dienstpflicht in der Wehrmacht genügt haben.
  (3) Planmäßige Führer und Amtswalter scheiden grundsätzlich bei Erreichung bestimmter Altersgrenzen aus.
  (4) Beamten anderer Verwaltungen, die in den Reichsarbeitsdienst übertreten, bleiben die bis dahin erworbenen vermögensrechtlichen Ansprüche erhalten.
  (5) Der Führer und Reichskanzler ernennt und entläßt die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes von dem Range des Arbeitsführers an aufwärts. Die übrigen Angehörigen des Stammpersonals ernennt und entläßt der Reichsminister des Innern auf Vorschlag des Reichsarbeitsführers. Er kann diese Befugnis auf den Reichsarbeitsführer übertragen.

§ 12

  (1) Ein planmäßiger Führer oder Amtswalter kann jederzeit aus dem Dienstverhältnis entlassen werden,
  a) in begründeten Fällen auf eigenen Antrag,
  b) wenn er die zur Ausübung seines Berufs erforderlichen körperlichen oder geistigen Kräfte nicht mehr besitzt und nach arbeitsdienstärztlichem Gutachten eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb Jahresfrist nicht zu erwarten steht,
  c) wenn er nach dem Urteil seiner übergeordneten Führer die für seine dienstliche Verwendung nötige Befähigung nicht mehr besitzt.
  (2) Eine Entlassung muß erfolgen, wenn nachträglich ein Hinderungsgrund für die Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst nach § 5 oder § 7 festgestellt wird.
  (3) Die Absicht der Entlassung ist in den Fällen des Absatzes 1 Buchstabe b und c den Angehörigen des Stammpersonals, die länger als fünf Jahre dienen, drei Monate, den übrigen Angehörigen des Stammpersonals ein Monat vorher unter Angabe der Gründe bekanntzugeben. In allen übrigen Fällen bedarf die Entlassung keiner befristeten Kündigung.

§ 13

  Die Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst dauert vom Tage des Eintritts oder der Einberufung (Gestellungstag) bis zum Ablauf des Entlassungstags.

§ 14

  Die Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst begründet kein Arbeits- oder Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und des § 11 der Fürsorgepflichtverordnung.

§ 15

  Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes unterstehen der Dienststrafordnung für den Reichsarbeitsdienst.

§ 16

  (1) Arbeitsdienstpflichtige und Arbeitsdienstfreiwillige können vorzeitig aus dem Reichsarbeitsdienst entlassen werden
  a) auf Antrag, wenn nach der Einberufung ein Zurückstellungsgrund nach § 8 eingetreten ist,
  b) wenn sie die zur Ausübung des Dienstes erforderlichen körperlichen und geistigen Eigenschaften nicht mehr besitzen.
  (2) Eine vorzeitige Entlassung von Arbeitsdienstpflichtigen und Arbeistdienstfreiwilligen muß erfolgen, wenn nachträglich ein Hinderungsgrund für die Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst nach § 5 oder § 7 festgestellt wird.

§ 17

  (1) Angehörige des Reichsarbeitsdienstes, die der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei zugehören, dürfen sich im Dienste der Partei oder ihrer Gliederungen nicht betätigen.
  (2) Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes bedürfen zum Erwerb oder zur Ausübung der Mitgliedschaft in Vereinigungen jeder Art sowie zur Bildung von Vereinigungen innerhalb und außerhalb des Reichsarbeitsdienstes der Genehmigung. Der Erwerb der Zugehörigkeit zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bedarf keiner Genehmigung.

§ 18

  Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes bedürfen zur Verheiratung der Genehmigung.

§ 19

  Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes bedürfen der Genehmigung zur Übernahme des Betriebs eines Gewerbes für sich und ihre Hausstandsmitglieder sowie zur Übernahme einer mit Vergütung verbundenen Nebenbeschäftigung.

§ 20

  (1) Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes könne die Übernahme des Amtes eine Vormundes, Gegenvormundes, Pflegers, Beistandes oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Reichs-, Landes- oder Gemeindedienst oder im Parteidienst ablehnen.
  (2) Zur Übernahme eines solchen Amtes ist die Genehmigung erforderlich. Sie darf nur in zwingenden Fällen versagt werden.

§ 21

  Angehörige des Reichsarbeitsdienstes haben bei Krankheiten und Unfällen Anspruch auf frei ärztliche Behandlung und Krankenpflege nach Maßgabe besonderer Bestimmungen.

§ 22

  Die Gebührnisse der Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes regelt die Besoldungsordnung für den Reichsarbeitsdienst.

§ 23

  (1) Für die vermögensrechtlichen Ansprüche aus der Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst finden die für Reichsbeamte geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung. Oberste Dienstbehörde im Sinne dieser Bestimmungen ist der Reichsarbeitsführer.
  (2) Die Entscheidung der Dienststellen des Reichsarbeitsdienstes über Einstellung (§§ 5, 6, 7), Zurückstellung (§ 8) und Entlassung (§§ 12 und 16) ist für die Gerichte bindend. Das gleiche gilt für die Entscheidung über vorläufige Dienstenthebung.

§ 24

  Die Versorgung der Dienstbeschädigten und des nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit ausscheidenden Stammpersonals und der Hinterbliebenen regelt das Reichsarbeitsdienstversorgungsgesetz.

§ 25

  (1) Der Führer und Reichskanzler oder die von ihm ermächtigte Stelle kann der ausscheidenden Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes das Recht zum Tragen des Tracht des Reichsarbeitsdienstes widerruflich verleihen.
  (2) Dieses Recht wird in der Regel nur nach einer in Ehren geleisteten Dienstzeit von mindestens zehn Jahren verliehen.

A b s c h n i t t  V
Schlußbestimmungen

§ 26

  Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

§ 27

  (1) Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
  (2) Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, für einzelne Vorschriften dieses Gesetzes einen späteren Zeitpunkt des Inkrafttretens zu bestimmen.


  Berlin, den 26. Juni 1935.

Der  Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick

 

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Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I, S. 769-771.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Reichsarbeitsdienstgesetz (26.06.1935), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ns/1935/rad_ges.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.02.2004
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