Vorläufiges Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem
Reich.
Vom 31. März 1933.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das
hiermit verkündet wird:
Vereinfachung der Landesgesetzgebung
§ 1
(1) Die Landesregierungen sind ermächtigt, außer in den in den
Landesverfassungen vorgesehenen Verfahren Landesgesetze zu beschließen. Dies gilt auch
für Gesetze, die den in Artikel 85 Abs. 2 und 87 der Reichsverfassung
bezeichneten Gesetzen entsprechen.
(2) Über Ausfertigung und Verkündung der von den Landesregierungen beschlossenen
Gesetze treffen die Landesregierungen Bestimmung.
§ 2
(1) Zur Neuordnung der Verwaltung, einschließlich der
gemeindlichen Verwaltung, und zur Neuregelung der Zuständigkeiten können die von den
Landesregierungen beschlossenen Landesgesetze von den Landesverfassungen abweichen.
(2) Die Einrichtung der gesetzgebenden Körperschaften als solche darf nicht
berührt werden.
§ 3
Staatsverträge, die sich auf Gegenstände der Landesgesetzgebung
beziehen, bedürfen nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten
Körperschaften. Die Landesregierungen erlassen die zur Durchführung dieser Verträge
erforderlichen Vorschriften.
Volksvertretungen der Länder
§ 4
(1) Die Volksvertretungen der Länder (Landtage, Bürgerschaften)
werden mit Ausnahme des am 5. März 1933 gewählten Preußischen Landtags hiermit
aufgelöst, soweit dies nicht bereits nach Landesrecht geschehen ist.
(2) Sie werden neu gebildet nach den Stimmenzahlen, die bei der Wahl zum Deutschen
Reichstag am 5. März 1933 innerhalb eines jeden Landes auf die Wahlvorschläge entfallen
sind. Hierbei werden die auf Wahlvorschläge der Kommunistischen Partei entfallenden Sitze
nicht zugeteilt. Dasselbe gilt für Wahlvorschläge von Wählergruppen, die als Ersatz von
Wahlvorschlägen der Kommunistischen Partei anzusehen sind.
§ 5
(1) In den Ländern Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden werden
den Wählergruppen so viele Sitze zugewiesen, als die Verteilungszahl in der Gesamtzahl
der für ihre Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen enthalten ist. Dabei wird ein Rest von
mehr als der Hälfte der Verteilungszahl der vollen Verteilungszahl gleichgeachtet.
(2) Die Verteilungszahl wird festgesetzt für Bayern und Sachsen auf je 40 000,
für Württemberg auf 25 000 und für Baden auf 21 000.
§ 6
(1) In den Ländern Thüringen, Hessen, Hamburg,
Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Bremen, Lippe, Lübeck,
Mecklenburg-Strelitz und Schaumburg-Lippe darf die Zahl der Mitglieder der neu zu
bildenden Landtage (Bürgerschaften) die folgenden Höchstziffern nicht überschreiten:
Thüringen 59
Hessen 50
Hamburg 128
Mecklenburg-Schwerin 48
Oldenburg 39
Braunschweig 36 |
Anhalt 30
Bremen 96
Lippe 18
Lübeck 64
Mecklenburg-Strelitz 15
Schaumburg-Lippe 12. |
(2) Die den Wählergruppen nach Abs. 1 zustehenden
Abgeordnetensitze werden nach dem geltenden Landeswahlrecht ermittelt. Nach
Landeswahlrecht festgesetzte Verteilungszahlen werden indessen so erhöht, daß die durch
Abs. 1 bestimmte Höchstzahl von Mitgliedern nicht überschritten wird.
§ 7
(1) Die Sitze werden den Bewerbern auf Grund von Wahlvorschlägen
zugewiesen, die die Wählergruppen bis spätestens 13. April 1933 einzureichen haben. Zur
Einreichung von Wahlvorschlägen sind alle Wählergruppen befugt, auf deren Wahlvorschlag
am 5. März 1933 Stimmen entfallen sind; dies gilt nicht für die Kommunistische Partei
und solche Wählergruppen, deren Wahlvorschläge als Ersatz von Wahlvorschlägen der
Kommunistischen Partei anzusehen sind.
(2) Verbindungen und Anschlüsse sind nur insoweit zulässig, als sie bei der
Reichstagswahl am 5. März 1933 getätigt waren.
(3) Wahlbewerbern, die bis zum 5. März 1933 zur Kommunistischen Partei gehörten,
werden Sitze nicht zugewiesen.
§ 8
Die neuen Landtage (Bürgerschaften) gelten mit dem 5. März 1933
als auf vier Jahre gewählt. Eine vorzeitige Auflösung ist unzulässig. Dies gilt auch
für den am 5. März 1933 gewählten Preußischen Landtag.
§ 9
Die Neubildung der Landtage (Bürgerschaften) nach diesem Gesetz
muß bis zum 15. April 1933 durchgeführt sein.
§ 10
Die Zuteilung von Sitzen auf Wahlvorschläge der Kommunistischen
Partei für den Reichstag und den Preußischen Landtag auf Grund des Wahlergebnisses vom
5. März 1933 ist unwirksam. Ersatzzuteilung findet nicht statt.
§ 11
Eine Auflösung des Reichstags bewirkt ohne weiteres die
Auflösung der Volksvertretungen der Länder.
Gemeindliche Selbstverwaltungskörper
§ 12
(1) Die gemeindlichen Selbstverwaltungskörper (Kreistage,
Bezirkstage, Bezirksräte, Amtsversammlungen, Stadträte, Stadtverordnetenversammlungen,
Gemeinderäte usw.), auf welche die Grundsätze nach Artikel 17 Abs. 2 der Reichsverfassung
Anwendung finden, werden hiermit aufgelöst.
(2) Sie werden neu gebildet nach der Zahl der gültigen Stimmen, die bei der Wahl
zum Deutschen Reichstag am 5. März 1933 im Gebiet der Wahlkörperschaft abgegeben worden
sind. Dabei bleiben Stimmen unberücksichtigt, die auf Wahlvorschläge der Kommunistischen
Partei oder solche entfallen sind, die als Ersatz von Wahlvorschlägen der Kommunistischen
Partei anzusehen sind.
§ 13
(1) Bei den
Vertretungskörperschaften in der unteren Selbstverwaltung (Gemeinde-, Stadträte usw.)
darf die Zahl der Mitglieder die folgenden Höchstziffern nicht überschreiten: |
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in Gemeinden bis zu 1.000 Einwohnern 9
in Gemeinden bis zu 2.000 Einwohnern 10
in Gemeinden bis zu 5.000 Einwohnern 12
in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern 16
in Gemeinden bis zu 15.000 Einwohnern 20
in Gemeinden bis zu 25.000 Einwohnern 24
in Gemeinden bis zu 30.000 Einwohnern 26
in Gemeinden bis zu 40.000 Einwohnern 29
in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern 31
in Gemeinden bis zu 60.000 Einwohnern 33
in Gemeinden bis zu 80.000 Einwohnern 35
in Gemeinden bis zu 100.000 Einwohnern 37
in Gemeinden bis zu 200.000 Einwohnern 45
in Gemeinden bis zu 300.000 Einwohnern 53
in Gemeinden bis zu 400.000 Einwohnern 58
in Gemeinden bis zu 500.000 Einwohnern 63
in Gemeinden bis zu 600.000 Einwohnern 68
in Gemeinden bis zu 700.000 Einwohnern 73
in Gemeinden von mehr als 700.000 Einwohnern 77. |
(2) Die übrigen
Vertretungskörperschaften der gemeindlichen Selbstverwaltung sind gegenüber ihrem
Bestand vor der Auflösung (§ 12) möglichst um fünfundzwanzig vom
Hundert zu verkleinern. |
§ 14
(1) Die den Wählergruppen nach § 12 Abs. 2
zustehender Sitze werden nach dem geltenden Landesrecht ermittelt. Nach Landesrecht
bestehende Verteilungszahlen sind entsprechend festzusetzen. Die Sitze werden den
Bewerbern auf Grund von Wahlvorschlägen zugewiesen, die die Wählergruppen einzureichen
haben. Auch hier gilt § 7 Abs. 3.
(2) Zur Einreichung von Wahlvorschlägen sind alle Wählergruppen befugt, auf deren
Wahlvorschlag im Gebiet der Wahlkörperschaft am 5. März 1933 Stimmen entfallen sind;
dies gilt nicht für die Kommunistische Partei und solche Wählergruppen, deren
Wahlvorschläge als Ersatz von Wahlvorschlägen der Kommunistischen Partei anzusehen sind.
(3) Eine zur Einreichung von Wahlvorschlägen berechtigte Wählergruppe (Abs. 2)
kann sich mit anderen oder allen Wählergruppen zu Einreichung eines gemeinsamen
Wahlvorschlags verbinden.
§ 15
Die neuen gemeindlichen Selbstverwaltungskörper gelten mit dem 5.
März 1933 als auf vier Jahre gewählt.
§ 16
Die Neubildung der gemeindlichen Selbstverwaltungskörper nach
diesem Gesetz muß bis zum 30. April 1933 durchgeführt sein.
§ 17
Die §§ 12 bis 16 finden auf
die gemeindlichen Selbstverwaltungskörper in Preußen keine Anwendung. Indessen gilt § 10 für sie entsprechend.
Gemeinsame Bestimmungen
§ 18
Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, Bestimmungen zur
Ergänzung und Ausführung dieses Gesetzes zu erlassen. In übrigen obliegt die
Ausführung des Gesetzes, soweit es sich um Angelegenheiten des Reichs handelt, dem
Reichsminister des Innern, soweit es sich um Angelegenheiten der Länder handelt, den
Landesregierungen. Der Reichsminister des Innern kann allgemeine Anweisungen erlassen und
auf Antrag einer Landesregierung Ausnahmen von dem Gesetz zulassen.
§ 19
Die Vorschriften der §§ 1 bis 3
und des § 18 finden auch auf solche Regierungen in den Ländern
Anwendung, die aus Kommissaren oder Beauftragten des Reichs bestehen.
Berlin, den 31. März 1933.
Der Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
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