Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich.
["Reichsstatthaltergesetz"]
Vom 7. April 1933.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das
hiermit verkündet wird:
§ 1
(1) In den deutschen Ländern, mit Ausnahme von
Preußen, ernennt der Reichspräsident auf Vorschlag des Reichskanzlers Reichsstatthalter.
Der Reichsstatthalter hat die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Reichskanzler
aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Ihm stehen folgende Befugnisse der
Landesgewalt zu: |
- Ernennung und Entlassung des Vorsitzenden der Landesregierung und auf dessen Vorschlag
der übrigen Mitglieder der Landesregierung;
- Auflösung des Landtags und Anordnung der Neuwahl vorbehaltlich der Regelung des § 8 des Vorläufigen
Gleichschaltungsgesetzes vom 31. März 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 153);
- Ausfertigung und Verkündung der Landesgesetze einschließlich der Gesetze, die von der
Landesregierung gemäß § 1 des Vorläufigen Gleichschaltungsgesetzes vom 31. März 1933
(Reichsgesetzbl. I S. 153) beschlossen werden. Artikel 70
der Reichsverfassung vom 11. August 1919 findet sinngemäß
Anwendung;
- auf Vorschlag der Landesregierung Ernennung und Entlassung der unmittelbaren
Staatsbeamten und Richter, soweit sie bisher durch die oberste Landesbehörde erfolgte;
- das Begnadigungsrecht.
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(2) Der Reichsstatthalter kann in der Sitzungen der
Landesregierung den Vorsitz übernehmen.
(3) Artikel 63 der Reichsverfassung
vom 11. August 1919 bleibt unberührt. |
§ 2
(1) Der Reichsstatthalter darf nicht gleichzeitig Mitglied einer
Landesregierung sein. Er soll dem Lande angehören, dessen Staatsgewalt er ausübt. Er hat
seinen Amtssitz am Sitze der Landesregierung.
(2) Für mehrere Länder, deren jedes weniger als 2 Millionen Einwohner hat, kann
ein gemeinsamer Reichsstatthalter, der Angehöriger eines dieser
Länder sein soll, ernannt werden. Den Amtssitz bestimmt der Reichspräsident.
§ 3
(1) Der Reichsstatthalter wird für die Dauer einer
Landtagsperiode ernannt. Er kann auf Vorschlag des Reichskanzlers vom Reichspräsidenten
jederzeit abberufen werden.
(2) Auf das Amt des Reichsstatthalters finden die Vorschriften des
Reichsministergesetzes vom 27. März 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 96) sinngemäß Anwendung.
Die Dienstbezüge gehen zu Lasten des Reichs, die Festsetzung ihrer Höhe bleibt
vorbehalten.
§ 4
Mißtrauensbeschlüsse des Landtags gegen Vorsitzende und
Mitglieder von Landesregierungen sind unzulässig.
§ 5
(1) In Preußen übt der Reichskanzler die im § 1
genannten Rechte aus. Er kann die Ausübung der im § 1 Abs. 1 unter
Ziffer 4 und 5 genannten Rechte auf die Landesregierung übertragen.
(2) Mitglieder der Reichsregierung können gleichzeitig Mitglieder der Preußischen
Landesregierung sein.
§ 6
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Entgegenstehende Bestimmungen der [Weimarer] Reichsverfassung vom
11. August 1919 und der Landesverfassungen sind aufgehoben. Soweit Landesverfassungen
das Amt eines Staatspräsidenten vorsehen, treten diese Bestimmungen mit der Ernennung
eines Reichsstatthalters außer Kraft.
Berlin, den 7. April 1933.
Der Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
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