Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz.
Vom 25. Juli 1938.
Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. September 1935
(Reichsgesetzbl. I S. 1146) wird folgendes verordnet:
§ 1
Bestallungen (Approbationen) jüdischer Ärzte erlöschen am 30. September
1938.
§ 2
Der Reichsminister des Innern oder die von ihm ermächtigte
Stelle kann auf Vorschlag der Reichsärztekammer Ärzten, deren Bestallung auf Grund des
§ 1 erloschen ist, die Ausübung des Ärzteberufes
widerruflich gestatten. Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden.
§ 3
(1) Juden, deren Bestallung (Approbation) erloschen und denen eine
Genehmigung nach § 2 nicht erteilt ist, ist es verboten, die Heilkunde
auszuüben,
(2) Ein Jude, dem eine Genehmigung nach § 2 erteilt ist, darf,
abgesehen von seiner Frau und seinen ehelichen Kindern, nur Juden behandeln.
(3) Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen des Abs. 1 oder 2
zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer
dieser Strafen bestraft.
§ 4
Die Bestallung als Arzt kann einem Juden nicht erteilt werden.
§ 5
(1) Ärzten, deren Bestallung (Approbation) nach den Bestimmungen
dieser Verordnung erloschen ist, kann bei Bedürftigkeit und Würdigkeit von der
Reichsärztekammer ein jederzeit widerruflicher Unterhaltszuschuß gewährt werden,
wenn sie Frontkämpfer gewesen sind.
(2) Das Nähere bestimmt die Reichsärztekammer im Einverständnis mit dem
Reichsminister des Innern und dem Reichsminister der Finanzen.
§ 6
Dienstverträge, die ein von § 1 betroffener
jüdischer Arzt als Dienstberechtigter geschlossen hat, können von beiden Teilen
unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen für den 31. Dezember 1938
auch dann gekündigt werden, wenn nach den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen
die Auflösung des Dienstverhältnisses erst zu einem späteren Zeitpunkt zulässig wäre.
Gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen, wonach eine Kündigung des Dienstvertrags
schon zu einem früheren Zeitpunkt zulässig sind, bleiben unberührt.
§ 7
(1) Auf die Kündigung von Mietverhältnissen über Räume, die
ein durch § 1 betroffener jüdischer Arzt für sich, seine Familie oder
für seine Berufsausübung gemietet hat, finden die Vorschriften des Gesetzes über das
Kündigungsrecht der durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
betroffenen Personen vom 7. April 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 187), im Lande
Österreich die Vorschriften des § 13 der Verordnung zur Neuordnung des
österreichischen Berufsbeamtentums vom 31. Mai 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 607)
entsprechende Anwendung. Die Kündigung muß für den 30. September 1938 erfolgen und dem
Vermieter spätestens am 15. August 1938 zugehen. Ein Widerspruch des Vermieters gegen die
Kündigung ist unzulässig, wenn dem Vermieter durch die Reichsärztekammer oder die von
ihr bestimmte Stelle ein anderer ärztlicher Mieter nachgewiesen wird.
(2) Der Vermieter kann das Mietverhältnis unter den gleichen Voraussetzungen
innerhalb der gleichen Frist kündigen. Dem Mieter steht ein Widerspruchsrecht nicht zu.
(3) Die Vorschriften des Abs. 1 Satz 1 gelten entsprechend für Dienstverpflichtete
von jüdischen Ärzten, wenn sie infolge des Erlöschens der Bestallung (Approbation) des
Dienstberechtigten stellungslos geworden sind.
(4) Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem
Reichsminister der Justiz durch Verordnung Bestimmungen über die Auflösung von
Mietverhältnissen über die im Abs. 1 genannten Räumlichkeiten zu treffen.
§ 8
Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, die
Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1433) durch Bekanntmachung
entsprechend abzuändern.
Bayreuth, den 25. Juli 1938.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Stellvertreter des Führers
R. Heß
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
Der Reichsminister der Finanzen |
In Vertretung |
Reinhardt
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