Strafrechtsänderungsgesetz.

Vom 30. August 1951.


  Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

ARTIKEL 1
Strafvorschriften gegen Hochverrat,
Staatsgefährdung und Landesverrat

  In den Zweiten Teil des Strafgesetzbuchs werden folgende Abschnitte eingefügt:

"ERSTER ABSCHNITT
Hochverrat

§ 80

  [1] Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
  1. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder der Verfassung eines ihrer Länder beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern,
  2. das Bundesgebiet einem fremden Staate einzuverleiben oder einen Teil des Bundesgebietes loszureißen,
  3. das Gebiet eines Landes ganz oder teilweise einem anderen Lande der Bundesrepublik einzuverleiben oder einen Teil eines Landes von diesem loszureißen,
wird wegen Hochverrats,
wenn sich das Unternehmen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (Nr. 1, 2) richtet,
mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren,
wenn sich das Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (Nr. 3) richtet,
mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

  [2] Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann bei Taten nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 auf Zuchthaus, bei Taten nach Absatz 1 Nr. 3 auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden.

§ 81

  [1] Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 2) vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Gefängnis nicht unter einem Jahr erkannt werden.
  [2] Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (§ 80 Abs. 1   Nr. 3) vorbereitet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 82

  Das Gericht kann die in den §§ 80, 81 angedrohte Mindeststrafe unterschreiten, auf die nächstmildere Strafart erkennen oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter aus freien Stücken seine Tätigkeit aufgibt und den Erfolg abwendet. Unterbleibt der Erfolg ohne Zutun des Täters, so genügt sein ernstliches Bemühen den Erfolg abzuwenden.

§ 83

  [1] Wer einen Angriff auf Leib oder Leben des Bundespräsidenten begeht, wird wegen hochverräterischen Anschlags mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist.
  [2] Wegen hochverräterischen Zwanges wird, ebenso bestraft, wer den Bundespräsidenten seiner verfassungsmäßigen Befugnisse beraubt oder mit Gewalt oder durch rechtswidrige Drohung nötigt oder hindert, seine verfassungsmäßigen Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben.

§ 84

  Wer
  1. Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen, deren Inhalt den äußeren Tatbestand der §§ 80, 81 oder 83 erfüllt, herausgibt, herstellt, verbreitet oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält,
  2. Äußerungen oder Darstellungen solchen Inhalts durch Film, Funk oder sonst durch technische Vervielfältigung verbreitet,
obwohl er deren hochverräterischen Inhalt hätte erkennen müssen, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist.

§ 85

  Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden
neben den Strafen aus den §§ 80, 81 Abs. 1, 83 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe;
neben den Strafen aus den §§ 81 Abs. 2, 84 auf Geldstrafe;
neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten
für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte;
neben jeder wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Freiheitsstrafe
auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht.

§ 86

  [1] Gegenstände, die durch eine in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohte Handlung hervorgebracht oder zu ihrer Begehung gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden. Den Gegenständen stehen Vermögenswerte gleich, die an ihre Stelle getreten sind.
  [2] Gehörten die Gegenstände zur Zeit der Tat weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so ist dem Eigentümer angemessene Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren, es sei denn, daß er sich im Zusammenhang mit der Tat auf andere Weise strafbar gemacht hat.
  [3] Hat der Täter für die Begehung einer in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlung ein Entgelt empfangen, so ist das Entgelt oder ein ihm entsprechender Geldbetrag einzuziehen.
  [4] Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden.

§ 87

  Unternehmen im Sinne des Strafgesetzbuchs ist die Vollendung und der Versuch.

ZWEITER ABSCHNITT
Staatsgefährdung

§ 88

  [1] Im Sinne dieses Abschnitts ist eine Handlung auf die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet, wenn sie darauf hinzielt, die Bundesrepublik Deutschland ganz oder teilweise unter fremde Botmäßigkeit zu bringen, ihre Selbständigkeit sonst zu beseitigen oder einen Teil des Bundesgebietes loszulösen. Als Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland im Sinne dieses Abschnitts gilt nicht die Teilnahme an einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, auf die die Bundesrepublik Deutschland Hoheitsrechte überträgt oder zu deren Gunsten sie Hoheitsrechte beschränkt.
  [2] Verfassungsgrundsätze im Sinne dieses Abschnitts sind

  1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zuwählen,
  2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  3. das Recht auf die verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  4. die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung,
  5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
  6. der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

§ 89

  [1] Wer es unternimmt, durch Mißbrauch oder Anmaßung von Hoheitsbefugnissen
  1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder
  2. einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen,

wird wegen Verfassungsverrats mit Zuchthaus bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf lebenslanges Zuchthaus erkannt werden.
  [2] Wer ein bestimmtes Unternehmen des Verfassungsverrats vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden.
  [3] Die Vorschrift des § 82 über die tätige Reue gilt entsprechend.

§ 90

  [1] Wer in der Absicht,
den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern,

  1. eine Eisenbahn, die Post oder dem öffentlichen Verkehr dienende Unternehmen oder Anlagen,
  2. eine öffentlichen Zwecken dienende Fernmeldeanlage,
  3. eine der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienende Anlage oder einen für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Betrieb oder
  4. der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Dienststellen, Einrichtungen, Anlagen oder Gegenstände

durch Aussperrung, Streik, Störmaßnahmen oder sonstige Handlungen, die nicht nach den §§ 316a, 317 strafbar sind, ganz oder teilweise außer Tätigkeit setzt oder den bestimmungsmäßigen Zwecken entzieht, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Der Versuch ist strafbar.
  [3] Die Vorschriften des § 49a über die Bestrafung der erfolglosen Anstiftung und anderer Vorbereitungshandlungen bei Verbrechen gelten entsprechend.
  [4] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden.
  [5] Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Beteiligung an einer solchen Tat von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen erden.

§ 90 a

  [1] Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit sich gegen die verfassungmässige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, oder wer die Bestrebungen einer solchen Vereinigung als Rädelsführer oder Hintermann fördert, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden.
  [3] Ist die Vereinigung eine politische Partei im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so darf die Tat erst verfolgt werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß die Partei verfassungswidrig ist.

§ 91

  [1] Wer auf Angehörige einer Behörde oder eines öffentlichen Sicherheitsorgans in der Absicht einwirkt, die pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutze des Bestandes oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung des Bundes oder eines Landes zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Der Versuch ist strafbar.
  [3] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden.

§ 92

  [1] Wer in der Absicht,
den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern,

für eine Dienststelle, eine Partei oder eine andere Vereinigung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, für eine verbotene Vereinigung oder für einen ihrer Mittelsmänner
über Verwaltungen, Dienststellen, Betriebe, Anlagen, Einrichtungen, Vereinigungen oder Personen, die sich im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden,

Nachrichten sammelt oder zu diesem Zwecke einen Nachrichtendienst betreibt, für eine solche Tätigkeit anwirbt oder sie unterstützt, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Der Versuch ist strafbar.
  [3] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden.

§ 93

  [1] Wer in den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne behördliche Genehmigung zum Zwecke der Verbreitung Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen einführt, durch deren Inhalt Bestrebungen herbeigeführt oder gefördert werden sollen, die darauf gerichtet sind,

den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,

wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Ebenso wird bestraft, wer Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen, die dem Verbot des Absatzes 1 zuwider in den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes eingeführt worden sind, ohne behördliche Genehmigung darin verbreitet oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält.
  [3] Der Versuch ist strafbar.

§ 94

  [1] Wird eine Tat, die nach den Vorschriften über
Angriffe gegen die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte oder Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 106 bis 122 b),
Angriffe gegen die öffentliche Ordnung (§§ 123 bis 139),
Störung des Gottesdienstes (§ 167), Körperverletzung (§§ 223 bis 229),
Vorbereitung einer Verschleppung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung oder politische Verdächtigung (§§ 234 a Abs. 3, 239 bis 241 a),
Begünstigung (§§ 257, 257 a),
Urkundenfälschung (§§ 267 bis 275, 281),
Sachbeschädigung (§§ 303 bis 305),
gemeingefährliche Handlungen (§§ 308, 311, 315, 316 a, 317, 321, 324) oder
Verletzung der Amtspflicht (§§ 332 bis 336, 340 bis 355, 357)
strafbar ist, in der Absicht begangen,
den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern,

so kann, soweit die Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder auf Gefängnis und, wenn die Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren erkannt werden.
  [2] Wird eine Tat nach den in Absatz 1 bezeichneten Vorschriften nur auf Antrag verfolgt, so entfällt unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das Erfordernis des Strafantrags.

§ 95

  [1] Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen den Bundespräsidenten verunglimpft oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.
  [2] Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann das Gericht die Mindeststrafe unterschreiten, wenn nicht die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 187 a erfüllt sind.
  [3] Ist die Tat eine Verleumdung oder ist sie in der Absicht begangen, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten.
  [4] Die Tat wird nur mit Ermächtigung des Bundespräsidenten verfolgt.

§ 96

  [1] Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen

  1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht,
  2. ihre Farben, ihre Flagge, ihr Wappen oder ihre Hymne verunglimpft

oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Zeichen der Hoheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt o der unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.
  [2] Hat der Täter eine der in Absatz 1 und 2 genannten Taten in der Absicht begangen, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

§ 97

  [1] Wer in der Absicht, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen,

ein Gesetzgebungsorgan, die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes

insgesamt oder in einem ihrer Mitglieder als verfassungsmäßiges Organ in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise verunglimpft oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist.
  [2] Die Tat wird nur mit Ermächtigung des betroffenen Staatsorgans oder Mitglieds verfolgt.
  [3] Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden

neben der Strafe aus § 89
auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe;
neben den Strafen aus den §§ 90 bis 97
auf Geldstrafe;
neben einer Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten
für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte;
neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 89 bis 94
auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht.
  [4] § 86 gilt entsprechend.

DRITTER ABSCHNITT
Landesverrat

§ 99

  [1] Staatsgeheimnisse im Sinne dieses Abschnitts sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, insbesondere Schriften, Zeichnungen, Modelle oder Formeln, oder Nachrichten darüber, deren Geheimhaltung vor einer fremden Regierung für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist.
  [2] Verrat im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet.

§ 100

  [1] Wer ein Staatsgeheimnis verrät, wird wegen Landesverrats mit Zuchthaus bestraft.
  [2] Wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft, um es .zu verraten, wird wegen Ausspähung von Staatsgeheimnissen mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
  [3] Ein Abgeordneter des Bundestages, der nach gewissenhafter Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen sich für verpflichtet hält, einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes oder eines Landes im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse zu rügen, und dadurch ein Staatsgeheimnis öffentlich bekanntmacht, handelt nicht rechtswidrig, wenn er mit der Rüge beabsichtigt, einen Bruch des Grundgesetzes oder der Verfassung eines Landes abzuwehren.

§ 100 a

  [1] Wer durch Fälschung oder Verfälschung Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, die im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, herstellt, um sie in einer das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bestraft.
  [2] Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, Gegenstände oder Nachrichten darüber, die falsch, verfälscht oder unwahr sind, aber im Falle der Echtheit oder Wahrheit Staatsgeheimnisse wären, vorsätzlich als echt oder wahr an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet.
  [3] Wer Gegenstände, die falsch oder verfälscht sind, aber im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, sich verschafft, um sie in einer das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
  [4] Falschen, verfälschten oder unwahren Tatsachen, Gegenständen oder Nachrichten darüber (Absätze 2 und 3) stehen Staatsgeheimnisse gleich, die der Täter irrtümlich für falsch, verfälscht oder unwahr hält.

§ 100 b

  [1] Wer ein Beweismittel über eine Tatsache, die für die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland oder einem ihrer Länder einerseits und einem fremden Staate, einem Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung andererseits von Bedeutung ist, fälscht, verfälscht, vernichtet, beschädigt, beseitigt, unterdrückt oder sonst in seiner Verwendbarkeit beeinträchtigt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik, Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.
  [2] Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

§ 100 c

  [1] Wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch fahrlässig das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Wer fahrlässig ein Staatsgeheimnis, das ihm kraft seines Amtes oder seiner dienstlichen Stellung oder eines von einer Dienststelle erteilten Auftrages zugänglich war, an einen Unbefugten gelangen läßt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Die Tat wird nur mit Ermächtigung der Regierung des Bundes oder des Landes verfolgt, dessen Wohl gefährdet worden ist.

§ 100 d

  [1] Wer in der Absicht, einen Krieg, ein bewaffnetes Unternehmen oder Zwangsmaßregeln gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder herbeizuführen oder zu fördern, zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einer Person, die für eine solche Regierung, Partei, Vereinigung oder Einrichtung tätig ist, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, wird mit Zuchthaus bestraft.
  [2] Handelt der Täter in der Absicht, sonstige Maßnahmen oder Bestrebungen einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder eine Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes herbeizuführen oder zu fördern, die darauf gerichtet sind,

den Bestand (§ 88 Abs. 1) oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, so ist die Strafe Gefängnis. Der Versuch ist strafbar.

  [3] Wer in der Absicht, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Maßnahmen oder Bestrebungen herbeizuführen oder zu fördern, unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar.
  [4] In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 kann auf lebenslanges Zuchthaus, in besonders schweren Fällen der Absätze 2 und 3 auf Zuchthaus erkannt werden.

§ 100 e

  [1] Wer zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einer Person, die für eine solche Regierung, Partei, Vereinigung oder Einrichtung tätig ist, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, welche die Mitteilung von Staatsgeheimnissen oder eine der in § 100 d Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen zum Gegenstand haben, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Ebenso wird bestraft, wer für eine Regierung, eine Partei, eine andere Vereinigung oder eine Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes tätig ist und Beziehungen der in Absatz 1 bezeichneten Art zu einem anderen aufnimmt oder unterhält.

§ 100 f

  [1] Ein Beauftragter der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder, der ein Staatsgeschäft mit einer fremden Regierung, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung vorsätzlich zum Nachteil seines Auftraggebers führt, wird mit Zuchthaus bestraft.
  [2] Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

§ 101

  [1] Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden
neben den Strafen aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d Abs. 1, 100 f
auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe;
neben den Strafen aus den 100 c, 100 d Abs. 2 und 3, 100 e
auf Geldstrafe;
neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten
für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit
sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte;
neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d, 100 e auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht.
  [2] § 86 gilt entsprechend.".


ARTIKEL 2
Weitere Änderungen des Strafgesetzbuchs

  Das Strafgesetzbuch wird ferner wie folgt geändert:
  1. Im § 4 Abs. 3 erhält die Nr. 2 folgende Fassung:
"2. hoch- oder landesverräterische Handlungen gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder und Verbrechen des Verfassungsverrats;"
  1. Nach § 106 werden folgende Vorschriften eingefügt:

106 a

  [1] Wer innerhalb des befriedeten Bannkreises um das Gebäude eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder Aufzügen teilnimmt und dadurch vorsätzlich Vorschriften verletzt, die über den Bannkreis erlassen worden sind, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
  [2] Wer zu Versammlungen oder Aufzügen auffordert, die unter Verletzung der in Absatz 1 genannten Vorschriften innerhalb eines befriedeten Bannkreises stattfinden sollen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 106 b

  [1] Wer vorsätzlich gegen Anordnungen verstößt, die ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder dessen Präsident über das Betreten des Gebäudes des Gesetzgebungsorgans oder des dazu gehörenden Grundstücks oder über das Verweilen oder die Sicherheit und Ordnung im Gebäude oder auf dem Grundstück allgemein oder im Einzelfall erläßt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. Die Tat wird nur mit Ermächtigung des Präsidenten des Gesetzgebungsorgans verfolgt.
  [2] Die Strafvorschrift des Absatzes 1 gilt bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder des Bundestages noch für die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten, bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans, eines Landes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder der Gesetzgebungsorgane dieses Landes noch für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten."

  1. § 129 erhält folgende Fassung:

129

  [1] Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, strafbare Handlungen zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, sie sonst unterstützt oder zu ihrer Gründung auffordert, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden.
  [3] Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen werden.
  [4] Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer das Fortbestehen der Vereinigung verhindert oder von ihrem Bestehen einer Behörde so rechtzeitig Anzeige erstattet, daß eine den Zielen der Vereinigung entsprechende Straftat noch verhindert werden kann. Dies gilt auch für den, der sich freiwillig und ernstlich bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, wenn nicht sein Bemühen, sondern ein anderer Umstand dies erreicht."

  1. Nach § 129 wird folgende Vorschrift eingefügt:

"129 a

  [1] Hat das Bundesverwaltungsgericht oder das oberste Verwaltungsgericht eines Landes festgestellt, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, so wird jeder, der die Vereinigung fortführt, den organisatorischen Zusammenhalt auf andere Weise weiter aufrechterhält, sich an ihr als Mitglied beteiligt oder sie sonst unterstützt, mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist.
  [2] § 129 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
  [3] Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf Antrag der Bundesregierung, das oberste Verwaltungsgericht eines Landes auf Antrag der Landesregierung."

  1. § 135 wird aufgehoben.
  2. Nach § 187 wird folgende Vorschrift eingefügt:

187 a

  [1] Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen eine üble Nachrede (§ 186) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.
  [2] Eine Verleumdung (§ 187) wird unter den gleichen Voraussetzungen mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft."

  1. Nach § 316 wird folgende Vorschrift eingefügt:

316 a

  [1] Wer vorsätzlich den Betrieb

  1. einer Eisenbahn, der Post oder dem öffentlichen Verkehr dienender Unternehmen oder Anlagen,
  2. einer der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienenden Anlage oder eines für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Unternehmens oder
  3. einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Einrichtung oder Anlage

dadurch verhindert oder stört, daß er eine dem Betrieb dienende Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht oder die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzieht, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Der Versuch ist strafbar.
  [3] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden."

  1. § 317 erhält folgende Fassung:

317

  [1] Wer vorsätzlich den Betrieb einer öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldeanlage dadurch verhindert oder gefährdet, daß er eine dem Betrieb dienende Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht oder die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzieht, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Der Versuch ist strafbar.
  [3] In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden.
  [4] Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

  1. Die §§ 318 und 318 a werden aufgehoben.
  2. Nach § 353 wird folgende Vorschrift eingefügt:

353 a

  [1] Wer bei der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber einer fremden Regierung, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung einer amtlichen Anweisung vorsätzlich zuwiderhandelt oder in der Absicht, die Bundesregierung irrezuleiten, unwahre Berichte tatsächlicher Art erstattet, wird mit Gefängnis bestraft.
  [2] Die Tat wird nur mit Ermächtigung der Bundesregierung verfolgt."


ARTIKEL 3
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz wird wie folgt geändert und ergänzt:

  1. § 24 Abs. 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung:
"2. Vergehen, wenn nicht die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt oder die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 a oder des Bundesgerichtshofes nach § 134 begründet ist,"
  1. Nach § 74 wird folgende Vorschrift eingefügt:

74 a

  (1) Eine Strafkammer des Landgerichts, in dessen Bezirk das Oberlandesgericht seinen Sitz hat, ist für den Bezirk des Oberlandesgerichts als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig für die Vergehen und Verbrechen

der Verbreitung hochverräterischer Schriften (§ 84 des Strafgesetzbuchs),
der Staatsgefährdung (§§ 90 bis 97 des Strafgesetzbuchs),
der Agententätigkeit in den Fällen des § 100 d Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs,
der Beteiligung an verbotenen Vereinigungen (§§ 129, 129 a des Strafgesetzbuchs),
der Verschleppung (§ 234 a des Strafgesetzbuchs) und
der politischen Verdächtigung (§ 241 a des Strafgesetzbuchs).

  (2) Die Zuständigkeit der Strafkammer entfällt, wenn der Oberbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles vor der Eröffnung des Hauptverfahrens die Verfolgung übernimmt, es sei denn, daß durch Abgabe oder Überweisung nach § 134 a Abs. 2 oder 3 die Zuständigkeit der Strafkammer begründet wird.
  (3) Im Rahmen des Absatzes 1 erstreckt sich der Bezirk des Landgerichts auf den Bezirk des Oberlandesgerichts."

  1. § 120 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:

  "Die Oberlandesgerichte sind zur Verhandlung und Entscheidung im ersten und letzten Rechtszug in den Strafsachen zuständig, die nach § 134 a Abs. 1 von dem Oberbundesanwalt an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben werden oder in denen der Bundesgerichtshof nach § 134 a Abs. 3 bei Eröffnung des Hauptverfahrens die Verhandlung und Entscheidung dem Oberlandesgericht überweist."

b) Als Absatz 3 wird folgende Vorschrift eingefügt:

  "(3) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache diesem vorzulegen."

  1. Dem § 122 Abs. 2 wird folgender Satz 2 angefügt:

"Im ersten Rechtszug entscheiden sie in dieser Besetzung auch darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder der Angeschuldigte außer Verfolgung zu setzen oder das Verfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen ist."

  1. An die Stelle des § 134 treten folgende Vorschriften:

134

  (1) In Strafsachen ist der Bundesgerichtshof zuständig für die Untersuchung und Entscheidung im ersten und letzten Rechtszug:

bei Hochverrat und Verfassungsverrat in den Fällen der §§ 80 bis 83 und 89 des Strafgesetzbuchs,
bei Landesverrat in den Fällen der §§ 100 bis 100 c, 100 d Abs. 1, 100 e und 100 f des Strafgesetzbuchs
bei Parlamentsnötigung nach § 105 des Strafgesetzbuchs und
bei Nichterfüllung der Pflichten nach § 139 des Strafgesetzbuchs, wenn die Unterlassung eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes gehört.

  (2) Der Bundesgerichtshof ist ferner für die Untersuchung und Entscheidung im ersten und letzten Rechtszug zuständig bei den in § 74 a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Oberbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
  (3) In den Sachen, in denen der Bundesgerichtshof nach Absatz 1 und 2 zuständig ist, trifft er auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Er entscheidet ferner über die Beschwerde gegen eine Verfügung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes (§ 168 a der Strafprozeßordnung).

§ 134 a

  (1) Richtet sich eine in § 134 Abs. 1 bezeichnete Tat überwiegend gegen die Interessen eines Landes, so soll der Oberbundesanwalt das Verfahren an die Landesstaatsanwaltschaft abgeben, sofern nicht besondere Umstände entgegenstehen. Der Oberbundesanwalt kann auch andere Sachen abgeben; er soll von dieser Befugnis nur bei Sachen minderer Bedeutung Gebrauch machen.
  (2) Der Oberbundesanwalt kann eine Sache, die er nach § 74 a Abs. 2 übernommen hat, wieder an die Landesstaatsanwaltschaft abgeben.
  (3) Der Bundesgerichtshof kann bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Verhandlung und Entscheidung in den Sachen, in denen er nach § 134 Abs. 1 zuständig ist, dem Oberlandesgericht und in den Sachen, in denen er nach § 134 Abs. 2 zuständig ist, dem Landgericht überweisen."

  1. Dem § 139 wird folgender Absatz 2 angefügt:

  "(2) Die Strafsenate entscheiden im ersten Rechtszug außerhalb der Hauptverhandlung in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden. Dies gilt nicht für den Beschluß, durch den darüber entschieden wird, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder der Angeschuldigte außer Verfolgung zu setzen oder das Verfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen ist."


ARTIKEL 4
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung wird wie folgt geändert und ergänzt:

  1. Nach § 153 wird folgende Vorschrift eingefügt:

153 a

  (1) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Gericht von Strafe absehen könnte, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts, das für die Hauptverhandlung zuständig wäre, von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen.
  (2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht bis zum Beginn der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen."

  1. § 153 a der bisherigen Fassung wird § 153 b.
  2. Nach § 168 wird folgende Vorschrift eingefügt:

168 a

  (1) In Sachen, die zur Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes im ersten Rechtszug gehören, können die im vorbereitenden Verfahren dem Amtsrichter obliegenden Geschäfte auch durch einen oder mehrere Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes wahrgenommen werden.
  (2) Der Präsident des Bundesgerichtshofes bestellt die Ermittlungsrichter und regelt die Verteilung der Geschäfte für die Dauer eines Geschäftsjahres. Zum Ermittlungsrichter kann jedes Mitglied eines deutschen Gerichts und jeder Amtsrichter bestellt werden."

  1. In § 354 Abs. 1 werden nach den Worten "gesetzlich niedrigste Strafe" die Worte "oder das Absehen von Strafe" eingefügt.
  2. In § 374 Abs. 1 Nr. 2 wird die Zahl 187 durch die Zahl 187 a ersetzt.
  3. Dem § 395 wird folgender Absatz 3 angefügt:

  "(3) Im Falle des § 95 des Strafgesetzbuchs steht dem Bundespräsidenten und im Falle des § 97 des Strafgesetzbuchs der betroffenen Person die Befugnis zu, sich der öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen."

  1. § 433 erhält folgende Fassung:

  "(1) Das im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes befindliche Vermögen eines Beschuldigten, gegen den wegen eines Verbrechens des Hochverrats, des Verfassungsverrats oder des Landesverrats (§§ 80 bis 83, 89, 100 bis 100 b, 100 d Abs. 1 und 100 f des Strafgesetzbuchs) die öffentliche Klage erhoben oder Haftbefehl erlassen worden ist, kann mit Beschlag belegt werden. Die Beschlagnahme umfaßt auch das Vermögen, das dem Beschuldigten später zufällt. Sie wirkt, wenn sie nicht vorher aufgehoben wird, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens.
  (2) Die Beschlagnahme wird durch den Richter angeordnet. Bei Gefahr im Verzug kann die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme vorläufig anordnen; die vorläufige Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Richter bestätigt wird.
  (3) Die Vorschriften der §§ 291 bis 293 gelten entsprechend."


ARTIKEL 5
Übergangsvorschriften

  1. Für die nach § 129 a des Strafgesetzbuchs zu treffenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts tritt bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Bundesverwaltungsgericht seine Tätigkeit aufnimmt, an seine Stelle ein Senat des Bundesgerichtshofes, der für die Untersuchung und Entscheidung von Strafsachen im ersten Rechtszug zuständig ist.
  2. Die Geschäftsverteilung bei den Gerichten kann im Laufe des Geschäftsjahres 1951 geändert werden, soweit dies durch die Zuständigkeitsregelung dieses Gesetzes erforderlich wird.


ARTIKEL 6
Schutz des Landes Berlin

  [1] Die in diesem Gesetz zugunsten des Bundes und der Länder der Bundesrepublik, ihrer verfassungsmäßigen Ordnung, ihrer Staatsorgane und deren Mitglieder erlassenen Strafvorschriften gelten auch zugunsten des Landes Berlin, seiner verfassungsmäßigen Ordnung, seiner verfassungsmäßigen Staatsorgane und deren Mitglieder.
  [2] Dieses Gesetz gilt auch in Berlin, sobald das Land Berlin gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung dieses Gesetzes in Berlin beschließt.


ARTIKEL 7
Schlußvorschriften

  [1] Artikel 143 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland tritt außer Kraft.
  [2] Folgende Vorschriften werden aufgehoben:

  1. Kap. III des Achten Teils der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten vom 8. Dezember 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 699, 743);
  2. die §§ 3 und 4 des im Lande Nordrhein-Westfalen erlassenen Gesetzes über die Befriedung des Hauses des Landtages vom 23. Dezember 1949 (Gesetz- und Verordnungsbl. 1950 S. 13).


ARTIKEL 8
Inkrafttreten

  Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.[1]


  Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.
  Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.


  Bonn, den 30. August 1951.

Der Bundespräsident
Theodor Heuss

Der Bundeskanzler
Adenauer

Der Bundesminister der Justiz
Dehler

 

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Anmerkung:
[1] Dieses Bundesgesetz wurde am 31. August 1951 verkündet.


Quelle: Bundesgesetzblatt 1951 I, S. 739-747.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Strafrechtsänderungsgesetz (30.08.1951), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/brd/1951/strafrechtsaenderungsgesetz.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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