Siebzehntes Gesetz
zur Ergänzung des Grundgesetzes
["Notstandsgesetze"]
Vom 24. Juni 1968
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende
Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
§ 1
Das Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Bundesgesetzbl. S. 1) wird wie
folgt ergänzt: |
- Artikel 9 Abs. 3 wird durch folgenden Satz
ergänzt:
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"Maßnahmen nach den Artikeln 12 a,
35 Abs. 2 und 3, Artikel 87 a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1
geführt werden." |
- Artikel 10 erhält folgende Fassung:
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"Artikel 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind
unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient
die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des
Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz
bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle
des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt." |
- Artikel 11 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
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"(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine
ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere
Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den
Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder
eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder
besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um
strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist." |
- Artikel 12 erhält folgende
Fassung:
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"Artikel 12
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und
Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen
einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig." |
- Nach Artikel 12 wird folgender neuer Artikel 12 a eingefügt:
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"Artikel 12 a
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum
Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband
verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann
zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf, die Dauer
des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der
Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des
Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der
Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2
herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung
einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind nur
zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis
erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse nach Satz 1 können bei den
Streitkräften, im Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung
begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse im Bereiche der Versorgung der
Zivilbevölkerung sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen Bedarf zu decken
oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im
zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen
Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen
vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden.
Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach
Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80 a Abs. 1 begründet
werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse
oder Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die
Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit
keine Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in
Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so
kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausübung eines Berufs
oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5 Satz 1
entsprechend." |
- Artikel 19 Abs. 4 wird durch folgenden Satz
ergänzt:
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"Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt
unberührt." |
- Artikel 20 wird folgender Absatz 4 angefügt:
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"(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese
Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe
nicht möglich ist." |
- Der bisherige Wortlaut des Artikels 35 wird
Absatz 1; folgende Absätze 2 und 3 werden angefügt:
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"(2) Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe
oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer
Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und
der Streitkräfte anfordern.[1]
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als
eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen
Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen,
Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des
Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen.
Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf
Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr
aufzuheben." |
- Nach Artikel 53 wird folgender neuer Abschnitt
IV a eingefügt:
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"IV a. Gemeinsamer Ausschuß
Artikel 53 a
(1) Der Gemeinsame Ausschuß besteht zu zwei Dritteln aus
Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die
Abgeordneten werden vom Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen
bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören. Jedes Land wird
durch ein von ihm bestelltes Mitglied des Bundesrates vertreten; diese Mitglieder sind
nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen Ausschusses und sein Verfahren
werden durch eine Geschäftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen ist und
der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuß über ihre
Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten. Die Rechte des Bundestages und
seiner Ausschüsse nach Artikel 43 Abs. 1
bleiben unberührt." |
- Artikel 59 a wird
aufgehoben.
- Artikel 65 a Abs. 2 wird
gestrichen.
- In Artikel 73 Nr. 1
werden die Worte "der Wehrpflicht für Männer vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr
an und" gestrichen.
- Nach Artikel 80 wird folgender neuer Artikel
80 a eingefügt:
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"Artikel 80 a
(1) Ist in diesem Grundgesetz
oder in einem Bundesgesetz über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der
Zivilbevölkerung bestimmt, daß Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels
angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur
zulässig, wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt oder wenn er
der Anwendung besonders zugestimmt hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und
die besondere Zustimmung in den Fällen des Artikels 12 a Abs. 5 Satz
1 und Abs. 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen
Stimmen.
(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach Absatz 1 sind aufzuheben, wenn
der Bundestag es verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften auch auf
der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig, der von einem
internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der
Bundesregierung gefaßt wird. Maßnahmen nach diesem Absatz sind aufzuheben,
wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt." |
- Artikel 87 a erhält
folgende Fassung:
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"Artikel 87 a
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre
zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem
Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit
dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die
Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen,
soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann
den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz
ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die
Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche
demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung,
wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die
Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur
Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten
und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer
einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der
Bundesrat es verlangen." |
- Artikel 91 erhält folgende Fassung:
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"Artikel 91
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die
freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann ein Land
Polizeikräfte anderer Länder sowie Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen und
des Bundesgrenzschutzes anfordern.
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der
Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande
und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen sowie Einheiten des
Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen
jederzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben. Erstreckt sich die Gefahr auf das
Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur
wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen; Satz 1
und Satz 2 bleiben unberührt." |
- Nach Artikel 115 wird folgender neuer Abschnitt X a eingefügt:
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"X a. Verteidigungsfall
Artikel 115 a
(1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt
angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft
der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der
Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen,
mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem
rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist
er nicht beschlußfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß diese Feststellung mit einer
Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner
Mitglieder.
(3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten gemäß Artikel 82 im Bundesgesetzblatte verkündet. Ist dies nicht
rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer Weise; sie ist im
Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald die Umstände es zulassen.
(4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die
zuständigen Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1
zu treffen, so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dein Zeitpunkt verkündet,
in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt bekannt,
sobald die Umstände es zulassen.
(5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkündet und wird das
Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen, so kann der Bundespräsident völkerrechtliche
Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung des Bundestages
abgeben. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 tritt an die Stelle des Bundestages
der Gemeinsame Ausschuß.
Artikel 115 b
Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und
Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über.
Artikel 115 c
(1) Der Bund hat für den Verteidigungsfall das Recht der
konkurrierenden Gesetzgebung auch auf den Sachgebieten, die zur
Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung
des Bundesrates.
(2) Soweit es die Verhältnisse während des Verteidigungsfalles erfordern, kann
durch Bundesgesetz für den Verteidigungsfall
- bei Enteignungen abweichend von Artikel 14
Abs. 3 Satz 2 die Entschädigung vorläufig geregelt werden,
- für Freiheitsentziehungen eine von Artikel 104
Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 abweichende Frist, höchstens jedoch eine solche von vier
Tagen, für den Fall festgesetzt werden, daß ein Richter nicht innerhalb der für
Normalzeiten geltenden Frist tätig werden konnte.
(3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbar
drohenden Angriffs erforderlich ist, kann für den Verteidigungsfall durch Bundesgesetz
mit Zustimmung des Bundesrates die Verwaltung und das Finanzwesen des Bundes und der
Länder abweichend von Abschnitt VIII und den
Artikeln 106 bis 115 geregelt werden, wobei die Lebensfähigkeit
der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht,
zu wahren ist.[2]
(4) Bundesgesetze nach den Absätzen 1 und 2 Nr. 1 dürfen zur Vorbereitung ihres
Vollzuges schon vor Eintritt des Verteidigungsfalles angewandt werden.
Artikel 115 d
(1) Für die Gesetzgebung des Bundes gilt im Verteidigungsfalle
abweichend von Artikel 76 Abs. 2, Artikel 77 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4, Artikel 78 und Artikel 82 Abs. 1 die Regelung der Absätze 2 und 3.
(2) Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die sie als dringlich bezeichnet, sind
gleichzeitig mit der Einbringung beim Bundestage dem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag und
Bundesrat beraten diese Vorlagen unverzüglich gemeinsam. Soweit zu einem Gesetze die
Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, bedarf es zum Zustandekommen des Gesetzes der
Zustimmung der Mehrheit seiner Stimmen. Das Nähere regelt eine Geschäftsordnung, die vom
Bundestage beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(3) Für die Verkündung der Gesetze gilt Artikel 115 a Abs.
3 Satz 2 entsprechend.
Artikel 115 e
(1) Stellt der Gemeinsame Ausschuß im Verteidigungsfalle mit
einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit
seiner Mitglieder fest, daß dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages
unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder daß dieser nicht beschlußfähig
ist, so hat der Gemeinsame Ausschuß die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt
deren Rechte einheitlich wahr.
(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf das Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise
außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden. Zum Erlaß von Gesetzen nach
Artikel 24 Abs. 1 und Artikel 29 ist der Gemeinsame Ausschuß nicht befugt.[3]
Artikel 115 f
(1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit es die Verhältnisse
erfordern,
- den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiete einsetzen;
- außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen und, wenn sie es für dringlich
erachtet, den Landesbehörden Weisungen erteilen und diese Befugnis auf von
ihr zu bestimmende Mitglieder der Landesregierungen übertragen.
(2) Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuß sind
unverzüglich von den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.
Artikel 115 g
Die verfassungsmäßige Stellung und die Erfüllung der
verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes und seiner Richter dürfen
nicht beeinträchtigt werden. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch ein
Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert werden, als dies auch nach
Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlaß eines solchen Gesetzes kann das
Bundesverfassungsgericht die zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes
erforderlichen Maßnahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und Satz 3 faßt das
Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit der anwesenden Richter.
Artikel 115 h
(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des
Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des
Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des Bundespräsidenten
sowie bei vorzeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse durch den
Präsidenten des Bundesrates enden neun Monate nach Beendigung des
Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des
Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
(2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den Gemeinsamen Ausschuß
erforderlich, so wählt dieser einen neuen Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner
Mitglieder; der Bundespräsident macht dem Gemeinsamen Ausschuß einen Vorschlag. Der
Gemeinsame Ausschuß kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen,
daß er mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.
(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des
Bundestages ausgeschlossen.
Artikel 115 i
(1) Sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, die
notwendigen Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu treffen, und erfordert die Lage
unabweisbar ein sofortiges selbständiges Handeln in einzelnen Teilen des Bundesgebietes,
so sind die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Behörden oder Beauftragten
befugt, für ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen im Sinne des Artikels 115 f Abs. 1 zu treffen.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 können durch die Bundesregierung, im Verhältnis zu
Landesbehörden und nachgeordneten Bundesbehörden auch durch die Ministerpräsidenten der
Länder, jederzeit aufgehoben werden.
Artikel 115 k
(1) Für die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze nach den
Artikeln 115 c, 115 e und 115
g und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergehen, entgegenstehendes
Recht außer Anwendung. Dies gilt nicht gegenüber früherem Recht, das auf Grund der
Artikel 115 c, 115 e und 115
g erlassen worden ist.
(2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuß beschlossen hat, und Rechtsverordnungen,
die auf Grund solcher Gesetze ergangen sind, treten spätestens sechs Monate nach
Beendigung des Verteidigungsfalles außer Kraft.
(3) Gesetze, die von Artikel 106
und 107 abweichende Regelungen
enthalten, gelten längstens bis zum Ende des zweiten Rechnungsjahres, das auf die
Beendigung des Verteidigungsfalles folgt. Sie können nach Beendigung des
Verteidigungsfalles durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden, um
zu der Regelung gemäß Abschnitt X
überzuleiten.[4]
Artikel 115 l
(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des Bundesrates
Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben. Der Bundesrat kann verlangen, daß der
Bundestag hierüber beschließt. Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene Maßnahmen des
Gemeinsamen Ausschusses oder der Bundesregierung sind aufzuheben, wenn der Bundestag und
der Bundesrat es beschließen.
(2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates jederzeit durch einen vom
Bundespräsidenten zu verkündenden Beschluß den Verteidigungsfall für beendet
erklären. Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag hierüber beschließt. Der
Verteidigungsfall ist unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen
für seine Feststellung nicht mehr gegeben sind.
(3) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden." |
- Artikel 142 a und
Artikel 143 werden
aufgehoben.
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§ 2
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.[5]
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 24. Juni 1968
Der Bundespräsident
Lübke
Der Bundeskanzler
Kiesinger
Der Bundesminister des Innern
Benda
Der Bundesminister des Auswärtigen
Brandt
Der Bundesminister der Justiz
Dr. Heinemann
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung
Hans Katzer
Der Bundesminister der Verteidigung
Schröder
Der Bundesminister für Angelegenheiten
des Bundesrates und der Länder
Schmid
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