Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates unter
Einhaltung der Vorschrift des Artikels 79 Abs. 2
des Grundgesetzes das folgende Gesetz beschlossen:
Das Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Bundesgesetzbl. S. 1) wird wie
folgt ergänzt: |
- Artikel 1 Abs. 3 erhält folgende Fassung:
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"(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende
Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht." |
- Artikel 12 erhält folgende Fassung:
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"Artikel 12
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und
Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen
einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem
Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des
Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der
Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des
Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der
Streitkräfte steht.
(3) Frauen dürfen nicht zu einer Dienstleistung im Verband der Streitkräfte
durch Gesetz verpflichtet werden. Zu einem Dienst mit der Waffe dürfen sie in keinem
Falle verwendet werden.
(4) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig."[1] |
- Nach Artikel 17 wird folgender Artikel 17 a
eingefügt:
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"Artikel 17 a
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen,
daß für die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes während der Zeit des
Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu
äußern und zu verbreiten (Artikel 5
Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit es das Recht gewährt, Bitten
oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der
Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen, daß die Grundrechte der
Freizügigkeit (Artikel 11) und der
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13)
eingeschränkt werden." |
- Artikel 36 erhält folgende Fassung:
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"Artikel 36
(1) Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus allen
Ländern in angemessenem Verhältnis zu verwenden. Die bei den übrigen Bundesbehörden
beschäftigten Personen sollen in der Regel aus dem Lande genommen werden, in dem sie
tätig sind.
(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des Bundes in Länder und ihre
besonderen landsmannschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen." |
- Nach Artikel 45 werden folgende Vorschriften
als Artikel 45 a und Artikel 45 b eingefügt:
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"Artikel 45 a
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswärtige
Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung. Die beiden Ausschüsse werden auch
zwischen zwei Wahlperioden tätig.[2]
(2) Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte eines
Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht,
eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.
(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem
Gebiet der Verteidigung keine Anwendung.
Artikel 45 b
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei
der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages
berufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz."[2] |
- Artikel 49 erhält folgende Fassung:
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"Artikel 49
Für die Mitglieder des Präsidiums, des ständigen Ausschusses,
des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für Verteidigung
sowie für deren erste Stellvertreter gelten die Artikel 46, 47
und die Absätze 2 und 3 des Artikels 48 auch
für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden."[3] |
- Nach Artikel 59 wird folgender Artikel 59 a
eingefügt:
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"Artikel 59 a
(1) Die Feststellung, daß der Verteidigungsfall eingetreten ist,
trifft der Bundestag. Sein Beschluß wird vom Bundespräsidenten verkündet.
(2) Stehen dem Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse
entgegen, so kann bei Gefahr im Verzug der Bundespräsident mit Gegenzeichnung des
Bundeskanzlers diese Feststellung treffen und verkünden. Der Bundespräsident soll zuvor
die Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates hören.
(3) Der Bundespräsident darf völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehen des
Verteidigungsfalles erst nach Verkündung abgeben.
(4) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden."[3] |
- Artikel 60 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
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"(1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt die Bundesrichter,
die Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere, soweit gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist." |
- Nach Artikel 65 wird folgender Artikel 65 a
eingefügt:
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"Artikel 65 a
(1) Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und Kommandogewalt
über die Streitkräfte.
(2) Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und
Kommandogewalt auf den Bundeskanzler über."[4] |
- Nach Artikel 87 werden folgende Vorschriften
als Artikel 87 a und Artikel 87 b eingefügt:
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"Artikel 87 a
Die zahlenmäßige Stärke der vom Bunde zur Verteidigung
aufgestellten Streitkräfte und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem
Haushaltsplan ergeben.[5]
Artikel 87 b
(1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung mit
eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Sie dient den Aufgaben des Personalwesens und der
unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Aufgaben der
Beschädigtenversorgung und des Bauwesens können der Bundeswehrverwaltung nur
durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, übertragen werden. Der
Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze, soweit sie die
Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen in Rechte Dritter ermächtigen; das gilt nicht für
Gesetze auf dem Gebiete des Personalwesens.
(2) Im übrigen können Bundesgesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, daß sie ganz oder teilweise in bundeseigener Verwaltung mit
eigenem Verwaltungsunterbau oder von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt
werden. Werden solche Gesetze von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt, so
können sie mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß die der
Bundesregierung und den zuständigen obersten Bundesbehörden auf Grund des Artikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise
Bundesoberbehörden übertragen werden; dabei kann bestimmt werden, daß diese Behörden
beim Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften gemäß Artikel 85 Abs. 2 Satz 1 nicht der Zustimmung des
Bundesrates bedürfen."[6] |
- Artikel 96 Abs. 3
erhält folgende Fassung:
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"(3) Der Bund kann für Dienststrafverfahren gegen
Bundesbeamte und Bundesrichter Bundesdienststrafgerichte sowie für Dienststrafverfahren
gegen Soldaten und für Verfahren über Beschwerden von Soldaten Bundesdienstgerichte
errichten."[7] |
- Nach Artikel 96 wird folgender Artikel 96 a
eingefügt:
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"Artikel 96 a
(1) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte als
Bundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit nur im Verteidigungsfalle
sowie über Angehörige der Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder an
Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(2) Die Wehrstrafgerichte gehören zum Geschäftsbereich des
Bundesjustizministers. Ihre hauptamtlichen Richter müssen die Fähigkeit zum Richteramt
haben.
(3) Oberes Bundesgericht für die Wehrstrafgerichte ist der
Bundesgerichtshof." [8] |
- Artikel 137 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
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"(1) Die Wählbarkeit von Beamten,
Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit
und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden kann gesetzlich beschränkt
werden." |
- Folgende Vorschrift wird als Artikel 143 eingefügt:
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"Artikel 143
Die Voraussetzungen, unter denen es zulässig wird, die
Streitkräfte im Falle eines inneren Notstandes in Anspruch zu nehmen, können nur durch
ein Gesetz geregelt werden, das die Erfordernisse des Artikels 79 erfüllt."[9] |
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 19. März 1956.