Spezial-Konvention zwischen Deutschland und Frankreich, die
Zahlung des Restes der französischen Kriegskosten-Entschädigung etc. betreffend.[1]
Vom 29. Juni 1872.
Seine Majestät der Deutsche
Kaiser und der Präsident der Französischen Republik haben beschlossen, die Ausführung
der Artikel 2 und 3 der Friedenspräliminarien von
Versailles, vom 26. Februar 1871, und der Artikels 7 des Frankfurter Friedensvertrages durch
eine Spezial-Konvention zu regeln und haben zu ihren Bevollmächtigten hierzu ernannt:
Seine Majestät der Deutsche Kaiser |
|
Allerhöchstihren Botschafter bei der Französischen Republik,
Grafen Harry von Arnim, |
|
|
und |
der Präsident der Französischen Republik, |
|
Herrn Charles de Rémusat, Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, |
welche, nachdem sie sich über die
Zeitpunkte und der Art der Zahlung der von Frankreich an Deutschland geschuldeten Summe
von drei Milliarden, sowie über die allmälige Räumung der von dem deutschen Heere
besetzten französischen Departements verständigt und nachdem sie ihre in guter und
regelrechter Form befundenen Vollmachten ausgetauscht, folgende Vereinbarung
getroffen haben: |
A r t i k e l 1.
[1] Frankreich verpflichtet sich, die
gedachte Summe von drei Milliarden an folgenden Terminen abzutragen, nämlich: |
|
1) eine halbe Milliarde Franken zwei Monate nach Austausch der
Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages;
2) eine halbe Milliarde Franken am 1. Februar 1873;
3) eine Milliarde Franken am 1. März 1874;
4) eine Milliarde Franken am 1. März 1875. |
[2] Frankreich ist jedoch befugt, die
am 1. Februar 1873, 1. März 1874 und 1. März 1875 zu zahlenden Summen theilweise, in
Beträgen von mindestens hundert Millionen Franken, oder vollständig vor Ablauf dieser
Termine zu zahlen.
[3] Im Fall einer antizipirten Zahlung, wird die französische der deutschen
Regierung einen Monat zuvor Kenntniß geben. |
A r t i k e l 2.
Die im dritten Alinea des siebenten Artikels des Friedensvertrages vom 10. Mai 1871 und
in den Separat-Protokollen vom 12. Oktober 1871[2]
getroffenen Verabredungen finden auf alle nach Maßgabe des vorstehenden Artikels zu
leistenden Zahlungen Anwendung.
A r t i k e l 3.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser wird vierzehn Tage nach
Zahlung einer halben Milliarde die Departements der Marne und der Oberen Marne, vierzehn
Tage nach Zahlung der zweiten Milliarde die Departements der Ardennen und der
Vogesen, und vierzehn Tage nach Zahlung der dritten Milliarde nebst den
Zinsen, welche noch zu zahlen sein werden, die Departements der Maas und der
Meurthe-Mosel, sowie das Arrondissement Belfort räumen lassen.
A r t i k e l 4.
Frankreich behält sich vor, nach erfolgter Zahlung von zwei
Milliarden für die dritte Milliarde nebst Zinsen finanzielle Garantien zu gewähren,
welche, wenn sie von Deutschland als ausreichend anerkannt werden, in
Gemäßheit des Artikels 3 der Friedenspräliminarien von
Versailles an die Stelle der Territorial-Garantie treten werden.
A r t i k e l 5.
[1] Die Verzinsung zu 5 pCt. der im Artikel 1
bezeichneten Summen, welche vom 2. März 1872 an läuft, wird in dem Maße aufhören,
in welchem die genannten Summen bezahlt sein werden, sei es an den durch die gegenwärtige
Konvention bestimmten Terminen, sei es vor denselben nach der im Artikel 1
verabredeten vorläufigen Benachrichtigung.
[2] Die Zinsen von den Summen, welche noch nicht bezahlt sein werden, sind auch
ferner am 2. März jedes Jahres, zuletzt mit Zahlung der letzten Milliarde, zu entrichten.
A r t i k e l 6.
Sollte die Stärke der deutschen Okkupations-Truppen nach
allmäliger Einschränkung der Okkupation vermindert werden, so werden die Kosten
für den Unterhalt dieser Truppen im Verhältniß der Zahl derselben ermäßigt
werden.
A r t i k e l 7.
[1] Bis zur vollständigen Räumung des französischen
Gebietes werden die im Artikel 3 bezeichneten, von den deutschen
Truppen allmälig geräumten Departements in militärischer Beziehung für
neutral erklärt und es werden dahin keine Truppen-Ansammlungen als die zur
Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendigen Garnisonen verlegt.
[2] Frankreich wird daselbst keine neuen Fortifikationen anlegen und die
vorhandenen nicht verstärken.
[3] Seine Majestät der Deutsche Kaiser wird in den von den deutschen Truppen
besetzten Departements keine anderen Befestigungen errichten lassen als jetzt
vorhanden sind.
A r t i k e l 8.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser behält sich das Recht vor,
die geräumten Departements in dem Falle wieder zu besetzen, wenn die in der
gegenwärtigen Uebereinkunft eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt werden sollten.
A r t i k e l 9.
Die Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages durch Seine Majestät den
Deutschen Kaiser einerseits und den Präsidenten der Französischen Republik andrerseits
werden zu Versailles binnen zehn Tagen oder womöglich früher ausgetauscht werden.[3]
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das
gegenwärtige Dokument unterzeichnet und ihre Siegel beigefügt.
Geschehen zu Versailles, den 29. Juni 1872
(L. S.)
(L. S.)
|
|
Arnim.
Rémusat.
|
|